In unserem Textarchiv finden Sie alle Artikel aus der deutschen Ausgabe seit 1995. Ausgenommen sind die Artikel der letzten drei Ausgaben.
Aktuelle Ausgaben
Befristetes Kurzabo
Ausgabe vom 13.06.1997
Obwohl die Lage in der Region äußerst gespannt ist und in unmittelbarer Nachbarschaft der algerische Bürgerkrieg tobt, scheint Marokko im Begriff, einen friedlichen Machtwechsel zu vollziehen. Die Kommunalwahlen, die am 13. Juni stattfinden sollen, könnten erstmals in einer Atmosphäre wirklicher Transparenz durchgeführt werden. Möglicherweise wird das Ergebnis zum Testfall, wie weit die Machthaber bereit sind, sich an das mit der Opposition geschlossene Abkommen zu halten und der Demokratie den Weg zu bahnen. Wenn alles glattgeht, finden im September dann die Parlamentswahlen statt, bei denen es um weit mehr gehen wird: Wie viele Stimmen die Islamisten erhalten, bleibt unklar, aber die Umfragen zeigen, daß die Linke gute Aussichten hat, die Wahlen zu gewinnen und mit der Umsetzung ihres Programms (gemäßigter) Reformen zu beginnen. Eine solche Entwicklung – in einem Land mit großer sozialer Ungleichheit und starken inneren Spannungen – wäre ein historisches Ereignis für die gesamte arabische Welt.Von
ZAKYA DAOUD
und
BRAHIM OUCHELH
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VOM 9. bis 20. Juni konferieren Delegierte der 136 Staaten, die das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Cites) ratifiziert haben, in Simbabwe über die Zukunft zahlreicher Tierarten und entscheiden über Fortsetzung, Lockerung oder Aufhebung der Handelsverbote. Bei diversen Tierarten wächst der Druck zugunsten einer Wiederaufnahme des internationalen Handels, obwohl diese sich noch nicht einmal von den Massakern der Vergangenheit erholt haben.Von
ALAIN ZECCHINI
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Bei der Verleihung von 441 Nobelpreisen für Naturwissenschaften sahen sich 430 Männer geehrt. Marie Curie und Maria Goeppert-Mayer sind die einzigen Physikerinnen unter den elf Frauen, die überhaupt innerhalb der letzten hundert Jahre für naturwissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet wurden. Die Amerikanerin Barbara McClintock, die mit einer grundlegenden Entdeckung bewies, daß Chromosomen die Träger der Identität sind, mußte bis zum Alter von 82 Jahren auf den Nobelpreis warten. Und wer erinnert sich noch an die deutsche Mathematikerin Emmi Noether, die Erfinderin der modernen Algebra? Oder an Sonja Kowalewskaja, die erste Professorin für Mathematik an der Universität Stockholm?Es bleibt ärgerlich genug, daß Frauen in Europa – bis auf die nordischen Länder – in der Politik immer noch schwer Fuß fassen, und daß sie auch in anderen Spitzenpositionen (in den Naturwissenschaften, im Ingenieurswesen oder in den neuen Technologien) so gut wie gar nicht vertreten sind, ist bestürzend. Die Funktionsweise der beiden Gehirnhälften war zur Erklärung solcher Umstände immer ein beliebtes Medienthema. Doch erlaubt die Forschung hier keine voreiligen Schlüsse. Woher rührt die weitverbreitete Abneigung von Mädchen den sogenannten harten Wissenschaften gegenüber? Warum verlieren so viele Mädchen am Ende der Schullaufbahn die Lust an naturwissenschaftlichen Fragestellungen? Warum wagen so wenige begabte Frauen den Sprung ins Studium und schaffen später den Aufstieg in einem solchen Beruf?Von
INGRID CARLANDER
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Von unserer Korrespondentin
VICTORIA BRITTAIN
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DAS Mobutu-Regime ist gestürzt, und Zaire hat sich in die Demokratische Republik Kongo verwandelt. Trotz seiner gewaltigen Bodenschätze, die begehrliche Blicke ausländischer Investoren auf sich ziehen, ist das Land ausgeblutet. Demgegenüber weisen die Wirtschaftsdaten des Internationalen Währungsfonds für Schwarzafrika insgesamt eine angebliche Verbesserung der allgemeinen Lage aus. Allerdings hat die Politik der strukturellen Anpassung, der Privatisierungen und der Deregulierung, wie sie derzeit wieder in Simbabwe durchgesetzt wird, bislang nur dazu geführt, daß viele Länder unter der Schuldenlast zusammenbrechen und dem Spekulationskapital ausgeliefert sind, während die Masse der Bevölkerung immer weiter in die Armut absinkt.Von
SANOU MBAYE
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SECHS Jahre nach dem Ende des Golfkriegs scheint die arabische Welt merkwürdig erstarrt. Während sich überall die liberalen und demokratischen Formen durchgesetzt haben, bleiben im Nahen Osten und im Maghreb die autoritären Regimes an der Macht, ohne daß ernsthafte Reformen versucht würden. Dieser „arabische Sonderfall“ hat weniger mit irgendwelchen „kulturellen Eigenheiten“ zu tun als vielmehr mit der Politik des Westens, der sich den Zugang zu billigen Erdölreserven sichern will und den wachsenden Einfluß der islamistischen Opposition fürchtet.Von
GILBERT ACHCAR
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„Der Kern des Oslo-Abkommens ist zerbrochen“, hat Martin Indyk, der amerikanische Botschafter in Israel, kürzlich erklärt. Aus dieser Einsicht scheinen die Vereinigten Staaten lediglich den Schluß zu ziehen, daß man allen Beteiligten Zeit lassen muß, die Sache zu überdenken. Aber mit jedem Tag wächst die Spannung in den immer noch besetzten Gebieten. Und jeden Tag lassen sich dort neue Siedler nieder, in der Überzeugung, daß ihnen dieses Land von Gott gegeben und ihr Eigentumsrecht im Alten Testament verbrieft ist.Die Kolonien sind zwar in der Regel staatlich subventionierter Wohnungsbau, und ihre Verwaltung liegt bei der israelischen Armee. Aber die religiös motivierten Siedler verstehen sich als autonome Werkzeuge eines historischen Auftrags, der in ihrem Verständnis der Bibel wurzelt. Deshalb ist ihnen der besiedelte Boden buchstäblich heilig. Da dieses Heilige Land nicht mit einem anderen Volk geteilt werden kann, ist ein palästinensischer Staat für die meisten Siedler undenkbar.Von unserem Korrespondenten
PATRICK COUPECHOUX
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BIRMA gilt gewöhnlich als der größte Opium- und Heroinproduzent der Welt. Seine militärische Führung, die in diese Geschäfte verwickelt ist, regiert im Lande mit eiserner Faust. Am 20. Mai dieses Jahres begann erneut eine Verhaftungswelle gegen die Anhänger von Aung San Suu Kyi, der führenden Oppositionellen des Landes. Trotz der weltweiten Kritik, begleitet von einem US-amerikanischen Investitionsverbot gegen Birma, das zur selben Zeit in Kraft trat, wird Birma ab Ende Juli dem Asean-Bündnis beitreten – nicht zuletzt um den Einfluß Chinas zurückzudrängen.Von
ANDRÉ
und
LOUIS BOUCAUD
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NOCH immer büßt Japan für seine Spekulationswut der späten achtziger Jahre – und ein Ende der Krise ist nicht in Sicht. Die Aufstockung der Wirtschaftsförderungsmittel um ein Vielfaches (über 900 Milliarden Mark für den Zeitraum von 1992 bis 1995) konnte die Wirtschaftskonjunktur nicht wieder ankurbeln. 1995 und 1996 stieg die Zahl der Firmenkonkurse auf Rekordhöhe, gleichzeitig verschlechterte sich die Lage der Staatsfinanzen dramatisch. Eine allzu pessimistische Prognose der japanischen Entwicklung wird jedoch relativiert durch die Dynamik neuer Industriebranchen, einen wachsenden Handelsbilanzüberschuß und den Ehrgeiz der jungen Generation, die Gesellschaft von Grund auf umzubauen.Von
CHRISTIAN SAUTTER
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Nach siebenjähriger Präsidentschaft des Sozialisten Ion Iliescu haben die Rumänen am 17. November 1996 einen neuen Präsidenten gewählt. Die Entscheidung für den Liberalen Emil Constantinescu bedeutet zugleich einen beschleunigten Übergang zur Marktwirtschaft. Der neue Regierungschef Victor Ciorbea hat im Februar dieses Jahres ein umfangreiches Strukturanpassungsprogramm vorgelegt, das sich an den Vorgaben des IWF orientiert und die Sanierung des öffentlichen Haushalts, beschleunigte und erweiterte Privatisierungen sowie eine auf Dezentralisierung abzielende Verwaltungsreform vorsieht.Es bleibt jedoch abzuwarten, ob diese Maßnahmen ein längerfristiges Wirtschaftswachstum sichern können und ob die Bevölkerung der neuen Regierung auch dann die Treue hält, wenn einschneidende unpopulärere Maßnahmen fällig werden. Daran wird sich entscheiden, ob in Rumänien eine Krise vermieden werden kann, wie sie derzeit Albanien oder Bulgarien erleben. Die Regierung Ciorbea ist sich darüber im klaren, daß der Erfolg des angestrebten Wandels entscheidend davon abhängt, ob der Reformprozeß in den ländlichen Regionen gelingt. Dabei geht es um nichts weniger als den Wandel von der Tausch- zur Geldwirtschaft.Von
JEAN-YVES POTEL
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ZUGANG zu einem Computer mit Drucker besitzt heute fast jeder, Kopien kosten nur wenige Pfennige – es steht also allen Interessierten offen, eine eigene Zeitung herzustellen und zu vertreiben. In den USA gibt es bereits Tausende solcher Freizeitjournalisten, die ihre eigene Zeitung produzieren und sich auf diese Weise vom Einheitsdenken der großen Blätter abgrenzen. Als publizistische Kleinstunternehmungen richten sie sich ausschließlich an einen engen Kreis von Gleichgesinnten und arbeiten nicht kommerziell. Diese bunten Ränder der Presselandschaft sind von den Werbeagenturen nicht unentdeckt geblieben. Ständig auf der Suche nach neuen Ideen und Trends, finden sie hier witzige Einfälle und eine oft unpolitische, spaßorientierte Originalität, die sich ausgezeichnet übernehmen läßt, um einem Produkt das Image des Unkonventionellen anzuheften. Eine individuelle Rebellion gegen den Mainstream wird so zur Inspirationsquelle für den kommerziellen Medienmarkt.Von
MATHIEU O`NEIL
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NOCH vor Mekka ist Lourdes mit fünf Millionen Besuchern pro Jahr das größte Pilgerzentrum der Welt. Erstmals in der Geschichte haben sich Wallfahrtsstätte und Stadtverwaltung auf ein Gemeinschaftsprojekt zur Verbesserung des Zugangs wie der Krankenversorgung geeinigt. Doch hinter der hübschen Fassade, die aus diversen wirtschaftlichen Interessen gehegt und gepflegt wird, schwelt ein Ehestreit, der so alt ist wie die Erfolgsgeschichte des ungleichen Paares.Von
HUBERT PROLONGEAU
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