13.06.1997

Abrahams liebste Kinder

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Abrahams liebste Kinder

„Der Kern des Oslo-Abkommens ist zerbrochen“, hat Martin Indyk, der amerikanische Botschafter in Israel, kürzlich erklärt. Aus dieser Einsicht scheinen die Vereinigten Staaten lediglich den Schluß zu ziehen, daß man allen Beteiligten Zeit lassen muß, die Sache zu überdenken. Aber mit jedem Tag wächst die Spannung in den immer noch besetzten Gebieten. Und jeden Tag lassen sich dort neue Siedler nieder, in der Überzeugung, daß ihnen dieses Land von Gott gegeben und ihr Eigentumsrecht im Alten Testament verbrieft ist.

Die Kolonien sind zwar in der Regel staatlich subventionierter Wohnungsbau, und ihre Verwaltung liegt bei der israelischen Armee. Aber die religiös motivierten Siedler verstehen sich als autonome Werkzeuge eines historischen Auftrags, der in ihrem Verständnis der Bibel wurzelt. Deshalb ist ihnen der besiedelte Boden buchstäblich heilig. Da dieses Heilige Land nicht mit einem anderen Volk geteilt werden kann, ist ein palästinensischer Staat für die meisten Siedler undenkbar.

Von unserem Korrespondenten PATRICK COUPECHOUX *

DAVID SCHAPIRA hat sich die Kopfhörer zurechtgerückt und seine Notizen auf dem Tisch bereitgelegt. Seine Stimme ist unsicher. Er ist noch kein Radioprofi, obwohl er meint, daß er im Laufe der letzten Monate doch Fortschritte am Mikrofon gemacht hat. In den Studios mit dickem Teppich, bequemen Sitzmöbeln und Klimaanlage herrscht eine angenehme Atmosphäre, man fühlt sich wohl. David arbeitet am Computer, jeden Abend spricht er auf französisch die Tagesnachrichten, die auf hebräisch ausgestrahlt werden. Zwischen zwei Grünpflanzen im Hintergrund läuft in einem Fernseher mit abgestelltem Ton rund um die Uhr CNN.

Es ist 19 Uhr, die rote Lampe leuchtet auf: „Die Schlagzeilen: Am Vorabend seiner Reise nach Washington wird Bibi vom Bezirksrat Judäa-Samaria aufgefordert, hart zu bleiben; Clinton mischt sich in der Frage Har-Homa in innerisraelische Angelegenheiten ein.“ Anschließend ein Bericht über eine Demonstration der Linken in Jerusalem. Dann hat Nadia Matar das Wort, eine junge Frau belgischer Herkunft, Sprecherin der Vereinigung „Frauen in Grün“, die sich bei der Besetzung von Gebieten im Westjordanland durch israelische Siedler hervorgetan hat. Hier nennt man sie liebevoll „die Königin der Hügel“ oder „die Jeanne d'Arc der Siedler“. Im Interview verurteilt sie die Israelis, „die es wagen, die Hand des Mörders Arafat zu schütteln“.

Es war Davids Idee, auf Arutz Schewa – Kanal 7, einem Sender, der von amerikanischen Spenden lebt – ein französisches Programm zu bringen. Da private Radiosender in Israel verboten sind, sendet Arutz Schewa jetzt von einem Frachtschiff im Mittelmeer. Doch er hat auch ein Studio auf dem Festland, in Beit El, einer jüdischen Enklave, 18 Kilometer nördlich von Jerusalem und kaum zwei Kilometer vom palästinensisch verwalteten Ramallah im besetzten Westjordanland entfernt. Hier lebt und arbeitet David. „Wir wollen einen Radiosender bieten, der jüdisch und positiv ist, wir wollen den offiziellen Sendern etwas entgegensetzen, deren Journalisten, wie überall auf der Welt, immer stärker nach links tendieren.“ Sein Beispiel: „Ist es gerecht, zu melden, daß ein israelischer Soldat einen Palästinenser verwundet hat, ohne klarzustellen, daß dieser vorher einen Molotowcocktail nach ihm geworfen hatte?“

Das Studio von Arutz Schewa befindet sich nicht von ungefähr in Beit El: die Produzenten des Senders waren auch Mitbegründer der Kolonie. Zeev Magnis wohnt seit zehn Jahren hier. „Nach der Wahl von Menachem Begin im November 1977 entschlossen sich einige Pioniere, in Judäa-Samaria Siedlungen zu gründen“, erzählt er. Eine davon ist Beit El. Die Wahl war nicht zufällig. „Eine Leiter war auf die Erde gestellt, und die Spitze reichte bis an den Himmel, und Engel Gottes stiegen auf und ab an ihr. Und der Ewige erschien an ihrer Spitze und sagte: ,Ich bin der Ewige, Gott Abrahams und Isaaks, das Land, auf dem du liegst, dir und deinen Nachkommen werde ich es geben‘“, lehrt uns das Buch Genesis. Jakob errichtete daraufhin einen Altar und nannte den Ort Beit El, Haus des Herrn.

Hat man einmal das gelbe Schiebegitter passiert, das von bewaffneten Posten von einem Wachturm aus betätigt wird, wirkt das Dorf wie das Gefilde der Glückseligen. Die Gebäude, Einfamilienhäuser oder kleine Wohnblocks, durchweg adrett und komfortabel, sind aus dem wunderbaren hellen Stein von Jerusalem erbaut. Auf den sauberen Straßen sieht man Eltern, die Kinderwagen vor sich herschieben, und Gruppen fröhlicher Kinder, die zur Schule gehen. Am Kindergarten wird ein Schwätzchen gehalten – hier kennt jeder jeden. Ein junger Mann sitzt im Schatten eines Baumes, auf seinen Knien liegt ein aufgeschlagenes Buch, neben ihm die automatische Uzi-Maschinenpistole. Heute hat er Sicherheitsdienst. Das Dorf ist „eine große Familie, ein Ghetto, das vor Verbrechen geschützt wird“, sagt Miriam Maguy, eine Malerin, die hier seit zehn Jahren lebt. „Die Wohnungstüren sind nie abgeschlossen“, erklärt Nathalie Blum, eine junge Mutter. „Meine Kinder gehen allein zur Schule. Wir sind hier auf dem Lande!“

Ein merkwürdiges Landleben, im Schutz von Wachtürmen und Gitterzäunen rundum. Auf der anderen Seite der Straße von Ramallah nach Nablus, am Fuße der Hügel, liegen palästinensische Dörfer. Hier und da stehen arabische und jüdische Häuser Wand an Wand. „Die Menschen leben auch so, nebeneinander her, ohne jemals ein Wort miteinander zu wechseln“, erläutert Zeev Magnis. In den Jahren der Intifada war diese Straße Schauplatz harter Auseinandersetzungen. „Man saß im Auto, und von einem Augenblick zum nächsten war die Straße mit brennenden Autoreifen blockiert, von vorne und von hinten tauchten Jugendliche auf und begannen, Steine zu werfen. Jetzt ist alles aus, dachte man sich, jetzt mußt du sterben.“ Erst vor kurzem wurde ein Molotowcocktail auf einen Armeelaster geschleudert. Der Lastwagen ging in Flammen auf, es gab zwölf Verletzte. Die Armee besetzte darauf ein palästinensisches Dorf in der Nachbarschaft.

„Die Palästinenser sind ein zusammengewürfeltes Volk“

EINE große Kaserne grenzt direkt an die Kolonie, doch außer an den Vorabenden des Sabbat, wenn die jungen Soldaten bewaffnet in einem der beiden kleinen Lebensmittelgeschäfte einkaufen gehen, ist auf den Straßen von Beit El kaum etwas von der Armee zu sehen. Zwar hat der Bau einer jüdischen Siedlung am Har-Homa-Berg in Ost-Jerusalem vereinzelte Gewalttätigkeiten ausgelöst, doch die Intifada ist nurmehr eine böse Erinnerung. Erst recht, seit im Gefolge der Verträge von Oslo eine neue Straße für die Israelis gebaut wurde, die sich wie ein blaugraues Band von der Kolonie durch die steinige und öde Hügellandschaft bis nach Jerusalem zieht. Vorher mußte man den Weg über die palästinensischen Dörfer und durch Ramallah nehmen.

Nun können sich die Bewohner von Beit El jeden Tag am Stadtausgang von Jerusalem aufstellen und per Anhalter nach Hause fahren. Wer ein Auto hat, fährt immer dort vorbei, um die Landsleute mitzunehmen, die zu Fuß unterwegs sind. „Hier herrscht ein echter Gemeinschaftsgeist“, erklärt Chaim Sultan, der „Bürgermeister“ des Dorfes, genauer der Vorsitzende des Ortsausschusses. Beit El ist keine selbständige Gemeinde. Mit 4000 Einwohnern – Rabbiner, Lehrer, Handwerker und Angestellte, die in Jerusalem arbeiten – reicht es dazu nicht. Verwaltet wird sie vom Regionalausschuß der jüdische Siedlungen von Benjamin, der für 34 Kolonien verantwortlich ist. Der Ortsausschuß besteht aus fünf Mitgliedern, die alle drei Jahre von den 400 Familien – eine Stimme pro Familie – gewählt werden, und darf den Etat verwalten.

„Judäa-Samaria untersteht der direkten Verantwortung der Armee“, erklärt David Schauat, der Leiter des Gemeindehauses, das eine ähnliche Funktion hat wie ein Bürgermeisteramt. „Wir leben hier unter drei Rechtssystemen: dem englischen, dem ottomanischen und dem jordanischen, aber das letzte Wort hat immer die Armee.“ Chaim Sultan zufolge sind 30 Prozent des (vormals jordanischen) Landes im Besitz des israelischen Staates, 30 Prozent in Privatbesitz, „und der Rest gehört den Verschwundenen, das ist Land, das niemand beansprucht“. Daniel Levy, einer der einflußreichsten Rabbiner der Kolonie, drückt sich deutlicher aus: „Das Land gehört denen, die darauf pinkeln.“

Die neuen Einwanderer, die nach Beit El kommen – laut Chaim Sultan sind es zwei Familien pro Woche – werden in Wohnwagen untergebracht. Später können sie eine Wohnung mieten oder kaufen. Zeev Magnis zum Beispiel hat seine Wohnung mit zwei hellen Schlafzimmern, Wohnzimmer, Küche und Bad, für 45000 Dollar gekauft. „Das ist ein Drittel dessen, was man in Jerusalem bezahlt.“ 32 neue Häuser sind in Bau, die Arbeiter sind Palästinenser. „Sie sind billiger und sie arbeiten gut.“ Aber die Bewohner von Beit El würden ihre Siedlung gerne vergrößern. Im Sommer 1995 bildeten sie den Stoßtrupp im „Hügelkrieg“. Sie besetzten einen Hügel in der Umgebung , der von der Armee dann – sehr behutsam – geräumt werden mußte. In der israelischen Presse gab es einigen Wirbel um die Geschichte.

Außer für Grund und Boden und die Neuankömmlinge ist der Ortsaussschuß auch für die Sicherheit zuständig. Ein Reserveoffizier, der von der Armee ernannt und bezahlt wird, ist für die Organisation der Sicherheit zuständig. Jeder Einwohner ist verpflichtet, alle sechs Wochen drei Stunden Wachdienst zu leisten. „Die Berechtigung, eine Maschinenpistole zu tragen, muß man beim Reserveoffizier beantragen“, erklärt David Schauat. „Man wird medizinisch untersucht, legt einen psychologischen Test ab und muß einen Unbescholtenheitsnachweis beibringen. Sobald es irgendwelche Probleme gibt, wird die Waffe entzogen.“ Viele Einwohner tragen einen Revolver am Gürtel. „Das Genehmigungsverfahren ist ähnlich, wird aber vom Innenministerium durchgeführt.“

Kommt es zu Zwischenfällen? David Schauat bestreitet es. 1993 allerdings hatten die Einwohner nach dem Tod eines jungen Mannes eine Strafexpedition gegen palästinensische Dörfer unternehmen wollen. „Wir konnten sie schließlich davon abbringen.“ Chaim Sultan räumt ein, daß es in der Vergangenheit einige häßliche Vorfälle gegeben hat, wie zum Beispiel im Februar 1994, als der jüdische Extremist Baruch Goldstein, ein Siedler aus Kirjat Arba, am Grab der Patriarchen in Hebron 29 Palästinenser tötete. „Dabei handelte es sich um die Tat eines seelisch gestörten Menschen.“ Doch sein Grab ist zur Pilgerstätte für zahlreiche Siedler geworden.

Tatsächlich lebt das Dorf mehr oder weniger im ständigen Kriegszustand. „Sechs Familien im Ort haben während der Intifada ein Mitglied verloren“, versichert Zeev Magnis. Aber das dämpft ihre Entschlossenheit keineswegs. Beit El ist eine Gründung religiöser Siedler. Keine Orthodoxen mit Schläfenlocken und langem Bart, aber: „Es sind Leute, die sich entschlossen haben, als Juden zu leben.“

Das gilt auch für Menachem Cohen, einen jungen Mann, der vor sechs Monaten die alijah angetreten hat – die Heimkehr. Jeden Tag steht er morgens um halb sechs auf, geht zum Morgengebet um 6 Uhr in die Synagoge, dann zur Arbeit im Lebensmittelgeschäft von 7 bis 14 Uhr. Den Nachmittag verbringt er damit, in Jerusalem eine Arbeit zu suchen, die seiner Ausbildung – ein abgeschlossenes Managementstudium an der Sorbonne – angemessen ist. Um 16 Uhr 30 ist Nachmittagsgebet, um 19 Uhr 30 ein Kurs über jüdisches Denken, dann Rückkehr nach Hause zu Frau und Sohn, „der hier in Israel noch einmal geboren worden ist“. Einen Fernsehapparat gibt es nicht. „Vor dem Fernseher zu sitzen ist egoistisch gegenüber der Familie.“ Aber er wehrt sich gegen die Behauptung, daß er ein zurückgezogenes Leben führe. „Ich habe meine Freunde, ich gehe in Jerusalem spazieren, ich lese Zeitung.“ Er hat sich für Israel entschieden, „um jüdisch leben zu können, denn in Frankreich macht das keinen Sinn. Dort assimiliert sich die Diaspora und wird letzten Endes verschwinden.“

Jüdisch leben bedeutet vielleicht vor allem ein Leben in Gemeinschaft. „Ich bin hierhergekommen, um eine andere Gesellschaft zu finden“, erklärt ein Bewohner der Siedlung. Und der Kitt dieser Gesellschaft ist die Religion. Auf vierhundert Familien kommen hundert Rabbiner, „die weltweit höchste Dichte“, witzelt Zeev Magnis. Es gibt drei Synagogen und eine Jeschiwa (Talmudschule) mit über 150 Studenten. Natürlich wird kein Neuankömmling zur Religiosität gezwungen, doch um aufgenommen zu werden, muß man in einem Interview mit dem Ortsausschuß unter Beweis stellen, „daß man sich dem Gemeinschaftsleben anpassen kann“.

Gemeinschaft heißt hier auch gemeinsames politisches Engagement. Die nationalreligiöse Partei kann auf 75 Prozent der Stimmen rechnen, der Rest geht an Netanjahus Likud. Keine einzige Stimme für die Arbeiterpartei. Benny Eilon lebt hier, ein Abgeordneter der rechtsextremen Moledet-Partei, und seine Frau Emuna, die Beraterin des Premierministers ist. Und die Verlobte von Jigal Amir, dem Mörder von Jitzhak Rabin. „Für uns bedeutete Politik immer etwas Positives“, erklärt Zeev Magnis. „Jedes Attentat haben wir mit einer neuen Siedlung beantwortet. Außer in der Zeit, als Rabin starb.“ – „Rabin – Verräter“ konnte man damals auf Häuserwänden in Beit El lesen. „Nach seinem Tod gingen die Meinungen auseinander: Schlomo Avilner, ein Rabbiner, der hier großen Einfluß hat, meinte, wir seien alle mitverantwortlich und müßten unsere Fehler bereuen, andere meinten, wir hätten gar nichts damit zu tun.“

Jüdisches Leben bedeutet für Daniel Levy, daß man die einfache Definition – ein Land, ein Volk, eine Religion – nie in Frage stellt. Das Land ist ein elementarer Bestandteil des jüdischen Lebens. David Schauat zum Beispiel zitiert den kürzlich verstorbenen israelischen Präsidenten Chaim Herzog mit den Worten: „Im Boden des eroberten Landes finden wir die Spuren unserer Vorfahren.“ Er nennt Zahlen: „Auf der Hochebene von Golan haben die Archäologen 350 alte jüdische Siedlungsstätten freigelegt, und wenn man wissen will, wem Jerusalem gehört, braucht man nur in die Bibel zu schauen.“ Das Land, das Abraham versprochen wurde, „erstreckt sich vom Nil bis zum Euphrat, bis zur türkischen Grenze im Norden, aber wir haben Zeit. Wir haben zweitausend Jahre lang gewartet.“

Jüdisch leben heißt auch, die Existenz des auserwählten Volkes anzuerkennen, das ins Land seiner Vorväter zurückkehren will. Daniel Levy zweifelt nicht daran, daß es gelingen wird. „Vor sechzig Jahren hieß es: Hitler und die Juden können nicht gleichzeitig auf der Welt existieren. Hitler ist verschwunden, wie die Römer, die Juden sind immer noch da.“ Eine israelische Identität ist also zwangsläufig eine jüdische Identität. „Die Probleme, mit denen wir es derzeit zu tun haben, sind jüdische Probleme: Wir durchleben eine tiefe Krise, die bereits zum Zeitpunkt der Verträge von Camp David deutlich wurde – damals haben wir angefangen, Land abzutreten, und damit war der Weg zu den Oslo-Abkommen vorgezeichnet. Die Juden werden ihre Identität wiederfinden, wenn sie nicht mehr danach streben, so zu leben wie in Amerika.“ Zeev Magnis ereifert sich, wenn er erzählt, wie Mosche Dajan 1967 die Schlüssel zu den heiligen Stätten des Islam in Jerusalem – Felsendom und al-Aksa-Moschee – an den Waqf, die muslimische Behörde für die religiösen Stiftungen übergeben hat.

Allerdings ist offensichtlich, daß es in diesem Land noch ein anderes Volk gibt. „Ein zusammengewürfeltes Etwas“, empört sich Daniel Levy. „Das Wort Palästina ist ein englisches Wort; was ist das für ein Volk, das für sich nicht einmal einen Namen in seiner eigenen Sprache hat?“ In jedem Fall „kann ein Land nicht zwei Völker gleichzeitig haben“, erläutert er. „Das hat es noch nie gegeben.“ Mehr noch: Die Araber müssen das Unrecht wiedergutmachen, das seit Jahrhunderten an den Juden verübt worden ist, und die Welt hat sich daran zu gewöhnen, „daß Juden nicht nur Verfolgte sind“. – „Heute ist die Rückkehr in dieses Land keine Eroberung, sondern eine Befreiung!“ Aber was soll mit den Palästinensern geschehen? Eine jordanische Lösung? Warum nicht? meint Zeev Magnis, 70 Prozent der Bevölkerung Jordaniens seien ja Palästinenser. Unmöglich? „Es war auch unmöglich, daß das jüdische Volk so viele Prüfungen übersteht, und doch hat es überlebt!“

Im Grunde hat er nichts gegen die Existenz einer palästinensischen Verwaltung. „Sie können sich ruhig selbst verwalten, das ist eine Belastung weniger für uns. Jedes Volk hat eine Daseinsberechtigung“, erklärt Daniel Levy. „Wir sprechen auch dem arabischen Volk dieses Recht nicht ab. Der Abt Gregor hat gesagt: ,Wir geben den Juden alles als Bürger und nichts als Nation.‘ Das gilt auch für die Araber.“ Wenn der Tempel in Jerusalem wiedererbaut wird, werde man allen erlauben, dort zu beten, „unter der Bedingung, daß es keine Götzenanbetung ist“. Bei der Götzenanbetung, gegen die sich die religiösen Juden wenden, kann es sich auch um Sex oder Geld handeln, wie in den westlichen Ländern. Ein Einwohner von Beit El drückt es anders aus: „Alles wird einfach, sobald die Araber einsehen, das Isaak Abrahams Lieblingssohn war und nicht Ismael ...“

dt. Esther Kinsky

* Journalist

Le Monde diplomatique vom 13.06.1997, von PATRICK COUPECHOUX