Der Konflikt um den Heilbutt zwischen Kanada und der Europäischen Union, die für die Interessen Spaniens eintrat, konnte – endlich – am 15. April mit einem Abkommen beigelegt werden. Insbesondere in Galicien ließ das Abkommen die Fischer auf die Barrikaden steigen. Das Bruttoinlandsprodukt der Küstenprovinzen hängt bis zu knapp 30 Prozent von den Fischfangerträgen ab. Doch nicht allein ihre Situation ist dramatisch; ihre „Gegner“ in diesem Fischkrieg, die neufundländischen Fischer, sind längst mit assenarbeitslosigkeit konfrontiert, und Millionen von lokalen Berufsfischern in der ganzen Welt, von der Bretagne bis nach Senegal, von Indien bis Chile kämpfen mit ungleichen Waffen gegen die Raubzüge der industriellen Fischereiflotten. Die simple Tatsache, daß der Fisch dem gehört, der ihn fängt, und der unterschwellige blinde Glaube, daß die Ressourcen des Meeres unerschöpflich seien, haben zu einer weltweit verantwortungslosen Fischereipolitik geführt. Eines ist gewiß: Die globale Fangkapazität legt weit über der ökologisch vertretbaren Fischausbeute. Die Überfischung gefährdet das Überleben ganzer Fischarten. Die für die Fortpflanzung wichtigen Laichgründe im küstennahen Habitat werden durch Umweltverschmutzung, durch die Erschließung der Uferstreifen und manchmal – so paradox es klingt – auch durch die kommerzielle Fischzucht zerstört. Hauptsächlich in den Fischerdörfern in Asien hängt das Überleben von Dutzenden von Millionen Bewohnern und Bewohnerinnen von der sich in großer Not befindnden traditionellen Küstenfischerei ab, denn der Fisch ist ihr Grundnahrungsmittel. Zwei Zahlen verdeutlichen das Ausmaß der Plünderung: Laut Schätzungen der Food and Agricultural Organization (FAO) „entsorgen“ vor allem Industrieflotten 40 Prozent ihrer Fänge als sogenannten Beifang, das heißt sie werfen die toten und unbrauchbaren Fische über Bord. Würde ein Bruchteil der als Tierfutter (vor allem für Haustiere) verwerteten weltweiten Fänge für die menschliche Nahrung verwendet, so könnte die Protenversorgung um 40 Prozent erhöht werden. Man darf sich also keinen Illusionen hingeben: Soll es zwischen der kommerziellen Fischerei und den traditionellen Berufsfischern eines Tages wieder ein Gleichgewicht geben, dann gebieten die Zwänge von Beschäftigung, Sicherung der Nahrungsmittelversorgung und Erhaltung oder Erholung der Fischbestände, sich für die traditionelle Küstenfischerei zu entscheiden. Trotz der Bemühungen von UNO und FAO, eine verantwortungsbewußte Fischerei zu fördern, hat es ganz en Anschein, als ob der nichtindustrialisierte Süden einmal mehr zum Opfer der Mächtigeren wird: entweder versiegen die Fischbestände, die für die Ernährung der Bevölkerungen vor allem an den Küstenstreifen lebensnotwendig sind, weil sie zur Abtragung der Auslandsschulden verhökert werden müssen, oder die lokalen Fischer spezialisieren sich darauf, ausfuhrtaugliche Fische zu fangen. Aber auch die Kombination beider Phänomene ist denkbar.
■ Von ANDRÉ LINARD