In unserem Textarchiv finden Sie alle Artikel aus der deutschen Ausgabe seit 1995. Ausgenommen sind die Artikel der letzten drei Ausgaben.
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Befristetes Kurzabo
Ausgabe vom 14.05.2004
Seit dem 1. Mai zählt die Europäische Union 25 Mitglieder. Im bisher größten Erweiterungsschub wurden die baltischen Staaten, Ungarn, Polen, Tschechien, die Slowakei, Slowenien, Zypern und Malta aufgenommen. Dieser 1. Mai 2004 ist nicht nur für Europa ein historisches Datum, sondern auch für die USA. Denn Washington erhofft sich von den Beitrittsländern eine Stärkung des US-amerikanischen Einflusses auf die europäischen Angelegenheiten. Doch der Machtwechsel in Spanien und die Krise in Polen haben diese Erwartungen bereits geschmälert. Und die Krise im Irak wird nicht nur viele Bürger, sondern auch etliche Regierungen in den neuen EU-Ländern auf die Idee bringen, dass sie im alten Europa gut aufgehoben sind. Zumal auch Geld ein Stück Identität stiftet, und das kommt letzten Endes aus Brüssel. Von
THOMAS SCHREIBER
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ZUM 50-jährigen Jubiläum der französischen Ausgabe von „Le Monde diplomatique“ fand am 8. Mai – gleichzeitig auch Feiertag zum Waffenstillstand von 1945 – im Pariser Palais des Sports eine große Veranstaltung statt, die unter dem Motto „Stimmen des Widerstands“ stand. Dieser Artikel basiert auf dem Vortrag von Albert Jacquard, der aus der Perspektive des Naturwissenschaftlers dazu aufruft, die natürlichen Ressourcen unseres bedrohten Planeten endlich als genauso schützenswertes Erbe zu würdigen wie die architektonischen Weltwunder der Menschheitsgeschichte. Denn das Nein zur Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts impliziert ein Ja zur Solidarität mit den kommenden Generationen, für deren Zukunft wir heute verantwortlich sind – nicht nur individuell jeder für sich, sondern auch in den internationalen Institutionen.Von
ALBERT JACQUARD
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DAS Referendum über den Annan-Plan sollte die Teilung Zyperns noch vor dem EU-Beitritt am 1. Mai 2004 überwinden. Das Ergebnis hat nicht nur in Brüssel enttäuscht: 76 Prozent der griechischen Zyprioten stimmten mit Nein. Bei den türkischen Zyprioten dagegen gab es, rechnet man die Stimmen der türkischen Siedler aus dem Votum heraus, 75 Prozent Jastimmen. Darin drückt sich die Hoffnung auf eine Zukunft aus, die durch das „Ochi“ der Inselgriechen auf absehbare Zeit blockiert wird. Deren Nein resultiert dagegen aus einer Unsicherheit, die von der Regierung Papadopoulos systematisch verstärkt und ausgenutzt wurde. Von
NIELS KADRITZKE
In Paris kämpfen Aktivisten verschiedenster Couleur gegen die Überhandnahme von Werbung im öffentlichen Raum. Allerdings hat auch die Werbebranche selbst ein wohl begründetes Interesse an derartigen Aktionen.Von
FRANÇOIS BRUNE
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DER kriegerische Konflikt im Süden des Sudan zerreißt das Land seit über zwanzig Jahren. Jetzt eskaliert ein weiterer Bürgerkrieg im Westen des Landes: „Arabische“ Nomaden, die Wasser- und Weideland für ihre Tiere brauchen, kämpfen gegen „afrikanische“ Bauern, die die kargen Erträge ihres Bodens schützen wollen. Regierungstruppen unterstützen die „Araber“ nach Kräften, die Bauern wiederum tun sich mit den Aufständischen im Süden zusammen. So vielfältig die Interessen sind, so eindeutig leidet vor allem die Zivilbevölkerung unter ihnen.Von
JEAN-LOUIS PÉNINOU
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WER schon einmal im fremdsprachigen Ausland seinen Personalausweis oder Pass verloren hat, der weiß, wie schwierig es ist, die Kontrolle über die eigene Identität zurückzuerobern. Manchmal kann es dann unerhört hilfreich sein, auf jenes kleine rechteckige Stück Plastik zurückgreifen zu können, das im Alltag in den USA und in Teilen Westeuropas den Personalausweis de facto zu ersetzen begonnen hat: die Kreditkarte. Kein Zufall, dass sich die Ausweisdokumente seit dem Ende des 20. Jahrhunderts in ihrer technischen Machart wie in ihrer äußeren Form immer stärker der Kreditkarte angleichen; denn mit der Frage der Identität von Personen steht immer – das war schon im europäischen Mittelalter so und gilt heute für die „sans papiers“ in der EU – deren legaler Status auf dem Spiel.Von
VALENTIN GRÖBNER
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DIE neoliberale Globalisierung ist weder vom Himmel gefallen noch ein zwingender Schritt in der Entwicklung von Wirtschaft und Technik. Sie ist vielmehr die Folge politischer Entscheidungen. Deshalb kann sie auch wieder rückgängig gemacht oder verändert werden. Die Bewegung für eine andere Globalisierung, die für eine neue soziale, wirtschaftliche und politische Ordnung kämpft, kann dies auf ganz verschiedenen Handlungsebenen anpacken: international, national, individuell. Denn eine andere Welt ist möglich.Von
JACQUES NIKONOFF
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Die israelische Sperranlage im Westjordanland trennt palästinensische Gebiete ab. Sie sollen nun zu Gewerbegebieten umgewandelt werden, zu unregulierten Sonderwirtschaftszonen neuer Art.Von
MERON RAPOPORT
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Im Irak gehen die Besatzungstruppen gleichzeitig gegen schiitische und sunnitische Widerstandszentren vor. Das eint noch keine Nation, verbindet aber die beiden islamischen Gruppen.Von
JUAN COLE
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DIE Lage der US-Regierung im Irak wird immer komplizierter. Durch Aufstände, Anschläge und Überfälle auf In- und Ausländer ist die Sicherheitslage katastrophal. Die Misshandlung von Gefangenen macht die behauptete „Mission für Demokratie“ zu einer Farce. Und noch ist völlig offen, wie viel Macht einer irakischen Zivilregierung am 1. Juli 2004 übertragen werden kann. Die allgemeine Unsicherheit untergräbt aber auch das ökonomische Kalkül. Die von der Bush-Regierung bevorzugten US-Konzerne beginnen sich zu sorgen, was die politische Krise für ihre Geschäfte bedeutet. Dabei können ausländische Unternehmen im Irak viel unkontrollierter wirtschaften als selbst in den Vereinigten Staaten oder Großbritannien.Von
IBRAHIM WARDE
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INNERHALB von sechs Jahren sind in Peru mehr als 330 000 Frauen und 25 000 Männer sterilisiert worden, viele gegen ihren Willen, ohne ausreichende Beratung oder medizinische Versorgung. Diese Bevölkerungspolitik des damaligen Präsidenten Fujimori war rassistisch, weil sie vor allem auf die indianischen Einwohner zielte. Dabei hatte sie anfangs die Unterstützung vieler Frauenorganisationen. Gestoppt wurden die Menschenrechtsverstöße von Feministinnen, Katholiken und „Lebensschützern“ aus den Vereinigten Staaten. Nun drohen die Opfer vergessen zu werden.Von
FRANÇOISE BARTHÉLÉMY
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Auf der Veranstaltung „Stimmen des Widerstands“ zum 50-jährigen Jubiläum von „Le Monde diplomatique“ sprach der Philosoph Etienne Balibar zur Geschichte des Krisenherds Nahost.Von
ETIENNE BALIBAR
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ANTISEMITISMUS ist immer noch gegenwärtig, aber oft trägt er ein neues Gesicht. Darum ging es bei der OSZE-Konferenz, auf der Ende April eine europaweite Erfassung antisemitischer Straftaten beschlossen wurde. In Frankreich richtet sich die Aufmerksamkeit auch auf muslimische Jugendliche, die vielfach ohne Arbeit und ohne Perspektive in den Vorstadtvierteln leben und sich als „Ausgeschlossene“ mit den Palästinensern identifizieren. Wie reagiert in Frankreich die Gesellschaft, und welche politischen Prinzipien stehen zur Diskussion?Von
DOMINIQUE VIDAL