In unserem Textarchiv finden Sie alle Artikel aus der deutschen Ausgabe seit 1995. Ausgenommen sind die Artikel der letzten drei Ausgaben.
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Befristetes Kurzabo
Ausgabe vom 09.07.1999
Der Rat der Vereinten Nationen hat seine Debatten über den Irak wiederaufgenommen. Den Diskussionen liegen drei Projekte zugrunde: ein britisches, das von den Vereinigten Staaten unterstützt wird, ein von China und Rußland ausgearbeitetes und schließlich ein „Arbeitspapier“ der Franzosen. Der britische Entwurf stellt weitere Bedingungen für eine Aufhebung der Sanktionen, die noch drakonischer sind als die bereits von den Vereinten Nationen verabschiedeten Forderungen. Die irakische Regierung hat beeits erklärt, daß sie diesen britischen Text nicht akzeptieren werde. Eine Annahme dieses Entwurfs würde die Hoffnungslosigkeit und Agonie, in der sich der Irak und sein Volk befinden, nur weiter verlängern.Von unserem Korrespondenten
ALAIN GRESH
Die Privatisierung der SozialdemokratieVon
JOSÉ VIDAL-BENEYTO *
WÄHREND die neue „Star Wars“-Episode von George Lucas wie eine alles überschwemmende Flutwelle auf Europa zurollt, billigte das amerikanische Repräsentantenhaus, wie schon zuvor der Senat, eine Vorlage, die den Gedanken einer weltraumgestützten Raketenabwehr wiederbelebt. Die von Präsident Ronald Reagan Anfang der achtziger Jahre lancierte, als Star Wars apostrophierte Strategic Defense Initiative (SDI) sollte vom Weltraum aus das amerikanische Territorium gegen anfliegende russische Raketen abschirmen. Erdacht worden war das Unsummen verschlingende Projekt von Science-fiction-Autoren, die sich von ihm das Geld für die Eroberung des Weltraums versprachen.Von
NORMAN SPINRAD *
Pharming statt LandwirtschaftVon
JEAN-PAUL MARÉCHAL *
SEIT Indien und Pakistan im Mai 1998 offiziell den Status von Atommächten erlangt haben, stellt sich die Frage, ob das Gleichgewicht des Schreckens zwischen den beiden südasiatischen Großmächten funktionieren wird. Es ist schwer zu definieren, wo in einem konventionellen Konflikt die Schwelle für die Entscheidung liegen würde, das nukleare Feuer zu entfesseln. Angesichts der heftigen Spannungen in Kaschmir sind diese Fragen neu aufgeworfen worden. Der militärische Konflikt erscheint um so bedrohlichr, als zwei schwache Regierungen gegeneinander antreten, die beide im eigenen Land unter Druck geraten sind und folglich versucht sein könnten, die Krise politisch auszunutzen.Von
NEGARAJAN V. SUBRAMANIAN *
FAST täglich bombardieren die US-amerikanische und britische Luftwaffe den Irak, der angeblich ein geheimes Programm zur Herstellung chemischer und bakteriologischer Waffen verfolgt. Der Kampf gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen gehört zu den Zielen der amerikanischen Außenpolitik. Aus bisher unzugänglichen Archiven geht nun jedoch hervor, daß die Vereinigten Staaten als erste den Einsatz bakteriologischer Waffen zum Bestandteil ihrer Militärdoktrin machten. Und es gibt eine Reie von Hinweisen, daß sie diese Waffen, zumindest experimentell, im Koreakrieg eingesetzt haben.Von
STEPHEN ENDICOTT
und
EDWARD HAGERMAN
Die internationale RechtsunsicherheitVon
MONIQUE CHEMILLIER-GENDREAU *
WIE das Beispiel Kosovo drastisch gezeigt hat, gilt angesichts der Globalisierung und des postulierten „Rechts auf Einmischung“ die Souveränität der Staaten immer weniger. Beginnend mit der Formulierung von humanitären Rechten und Kriegsrecht – insbesondere bei der Abfassung der Genfer Konvention von 1949 – hat diese Entwicklung immer weitere Bereiche erfaßt. Allerdings zeigt sich der Verfall des Souveränitätsprinzips nicht in allen Feldern staatlicher Kompetenz mit gleicher Deutlichkeit: Während die Entstehung einer übergreifenden ökonomischen Ordnung unter dem Primat des Marktes unübersehbar ist, fehlen entsprechende Entwicklungen im sozialen und ökologischen Bereich.Von
SUSAN GEORGE *
IN der Debatte darum, wer heute ein Anrecht auf das Kosovo hat, argumentieren serbische wie albanische Nationalisten mit historischen Ereignissen, die teils bis ins Mittelalter oder gar in die Antike zurückreichen. Niemand scheint zur Kenntnis zu nehmen, daß der Nationalstaat erst vor zweihundert Jahren entstand, ja „erfunden“ und gefestigt werden mußte, wozu man angelegentlich auch auf „ethnische Säuberungen“ zurückgriff. Die Zunahme nationalistischer Bewegungen im heutigen Europa zeigt zum einen, wie wenig das politische Denken den Anforderungen der Gegenwart gewachsen ist, und zum anderen, wie schwierig es heutzutage ist, neue kollektive Identitäten zu prägen, die mit einem neuen, wahrhaft politischen Projekt verknüpft sind.Von
ANNE-MARIE THIESSE *
DIE Lage in Korsika ist kompliziert. Hin- und hergerissen zwischen korsischer Identität und Loyalität zur Republik, hat die Insel eine Eskalation der Gewalt erlebt, die mit der Ermordung des Präfekten Claude Erignac ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte. Während die Tatverdächtigen inzwischen gefaßt sind, sorgte die angebliche Verwicklung seines Nachfolgers Bernard Bonnet in einen Fall von Brandstiftung bereits für neue Aufregung. Aus Sorge um die Zukunft der Insel organisierte die korsische Kirche ine Gesprächsreihe: Im März 1996 fand ein erstes Treffen von Persönlichkeiten aus verschiedenenen gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen statt. Als Beitrag zu einer friedlichen Lösung der korsischen Frage hat die Gruppe einige eigenständige Überlegungen im Geiste des Humanismus vorgestellt. Wir dokumentieren im folgenden einen bisher unveröffentlichten Text, der am 25. März 1999 verfaßt wurde.
EINE Delegation der Vereinten Nationen unter Führung von Sergio Vieira de Mello, dem Stellvertretenden Generalsekretär für Humanitäre Fragen und Koordinator für Katastrophenhilfe, bereiste vom 16. bis 27. Mai das Kosovo und andere Gebiete der Bundesrepublik Jugoslawien. Der detaillierte Bericht der Delegation über die dramatische Lage der Bevölkerung vor Ort wurde von UN- Generalsekretär Kofi Annan am 9. Juni dem Sicherheitsrat vorgelegt. Wir veröffentlichen im folgenden die wichtigsten Ergebnisse.
WIE schon Bosnien nach den Dayton-Abkommen will der Westen nun auch das Kosovo unter seine Aufsicht stellen, mit dem erklärten Ziel, dort Frieden und Demokratie einzurichten. Doch das Protektorat, diese moderne Form des Kolonialismus, droht die ethnische Aufteilung der Provinz festzuschreiben. Während Auseinandersetungen mit bewaffneten nationalistischen Gruppen drohen, wird dem Land eine neue Wirtschaftsform oktroyiert.Von
ANDEJA ZIVKOVIC *
Im immer größer werdenden Club der Atommächte verlieren die USA allmählich ihre Vormachtstellung. Vor diesem Hintergrund haben sie im Kosovo eine neue Militärstrategie erprobt: durch den Beweis, daß ihre Tomahawk-Raketen – die allein sie besitzen – jedes Ziel auf der Welt treffen können, haben sie ihren Anspruch auf Vorherrschaft erneuert.Von
ANTOINE SANGUINETTI *
Europa als Drei-Klassen-UnionVon
MARIE-JANINE CALIC *
AUSSERHALB des Landes ist Blackpool nicht sonderlich bekannt, doch in England kennt den Ort jeder: 16,8 Millionen Briten verbringen alljährlich ihre Ferien in dieser Stadt mit 154000 Einwohnern, in der seit langer Zeit die Labour Party alle zwei Jahre ihren Parteitag abhält. Großbritanniens beliebtestes Seebad im Nordwesten Englands an der Irischen See zieht mehr Urlauber an als Griechenland mit seinen Inseln und verfügt über eine größere Bettenzahl als Portugal. Dieses Tourismusparadies des einfachn Voles auf der anderen Seite des Ärmelkanals erfreut sich nicht nur im Sommer, sondern auch in den Herbstmonaten großer Beliebtheit, doch muß es um seine Zukunft bangen, da die billigen Charterflüge in sonnigere Gefilde eine gefährliche Konkurrenz darstellen.Von
NATACHA HENRY *
ZU den großen Ängsten am Ende des Jahrtausends gesellt sich ein Schrecken, mit dem man nicht gerechnet hatte: Er geht von unseren Nahrungsmitteln aus. Vom Rinderwahn zum Dioxinhuhn, nicht zu vergessen die Hormone im Rindfleisch, das genmanipulierte Soja, die Verwendung von Tiermehl als Vieh- und Fischfutter, Fremdkörper in Mineralwasser und Coca-Cola – die Liste der verseuchten Konsumgüter wird immer länger. Ein Beweggrund ist all diesen Skandalen gemein: das Profitdenken der großen Nahrungsmittelkozerne die aus der Landwirtschaft einen Industriezweig zu machen versuchen, in dem für die Bauern kein Platz mehr ist. Die französische Regierung, die zunächst die Einführung genetisch veränderter Maissorten erlaubt hatte und damit den großen Saatgutherstellern entgegengekommen war, scheint sich nun eines Besseren zu besinnen und fordert – erfolglos –, vorerst keine weiteren transgenen Produkte in Europa zuzulassen.Von
FRANÇOIS DUFOUR *