Bei Protesten gegen den Brexit hat sich eine junge Frau ihr Gesicht mit der Symbolik der EU-Flagge bemalt.© AP/Jonathan Brady |
von Perry Anderson | März 2017
Sechzig Jahre nach Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist das Unbehagen an dem, was aus ihr geworden ist, größer denn je. Die EU gilt als neoliberales Elitenprojekt. Ihre schärfsten Kritiker sind heute nicht linke Antikapitalisten, sondern rechte Kräfte. Warum sind die Rechten erfolgreicher als die Linken? weiter »
von Stephan Schulmeister | November 2012
Geleitet von der Navigationskarte der Mainstream-Ökonomen, verordnet die Politik den Ländern in Südeuropa: Senkung von Löhnen, Pensionen und Staatsausgaben, am Ende womöglich die Einführung der 6-Tage-Woche. Je radikaler dieses Programm umgesetzt wird, desto stärker schrumpft die Wirtschaft, steigen die Arbeitslosenrate und die Staatsverschuldung. weiter »
von James K. Galbraith | Juni 2010
Anfang Januar rief die griechische Regierung einige Experten zusammen, um mit ihnen die kritische Situation der Staatsfinanzen zu beraten. Dabei soll ein Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF) argumentiert haben, der einzige Ausweg sei der Abbau des Sozialstaats. Und ein OECD-Experte soll den Regierungschef Papandreou mit dem Satz verschreckt haben: Erst wenn alle auf die Barrikaden gehen, kannst du sicher sein, dass du genug getan hast. weiter »
von Serge Halimi | August 2015
Eine junge, kraftvolle Bewegung wollte ihr Land verändern und den alten Kontinent wachrütteln. Die Eurogruppe und der IWF haben diese Hoffnung zunichtegemacht. Die Ereignisse in und um Griechenland sind für manche Anhänger des europäischen Projekts ein Schock. Aber darüber hinaus bieten sie drei Lehren. weiter »
von Gabriel Colletis, Jean-Philippe Robé, Robert Salais | Juli 2015
Die aktuelle Krise in Europa hat sich bereits in der globalen Finanzkrise von 2007/2008 angedeutet. Im Grunde schwelt sie schon seit der Einführung des Euro von 1999/2002, was vor allem an der Fehlkonstruktion der Währungsunion liegt: Wenn feste Wechselkurse zwischen den Mitgliedstaaten – und darum geht es beim Projekt einer Gemeinschaftswährung – überhaupt einen Sinn haben sollen, müsste man zuallererst auf eine Konvergenz von Wirtschaftswachstum und Produktivität hinarbeiten. Aber genau das ist in Europa nicht geschehen. weiter »
von Anne Dufresne | Februar 2012
DAthen, aktuell ein symbolischer Ort: Vom 16. bis 19. Mai 2011 hielt der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) hier seinen ersten Kongress seit Ausbruch der Krise – in dem Euroland, das von den Sparzwängen am stärksten gebeutelt ist. Die Delegierten wollten ihre Solidarität mit dem griechischen Volk durch ein gesamteuropäisches Konzept für Gegenmaßnahmen zum Ausdruck bringen. Deshalb formulierten sie eine gemeinsame Strategie, die eine Alternative zu der Lohnangleichung „nach unten“ bieten sollte. weiter »
von Paul Mason | Juli 2016
Die Frau am Fahrkartenschalter des kleinen Bahnhofs in Wales hatte es nicht eilig. Sie unterhielt sich angeregt mit einem Kollegen. Der sagte: „Man kann kein rosa Mädchenspielzeug mehr kaufen, das muss jetzt alles grau sein.“ Sie antwortete: „Das Wort ‚golliwog‘ darf man auch nicht mehr sagen.“ Golliwog bedeutet „Negerpuppe“. Beide Bahnangestellten befanden sich in Hörweite der Kunden, und beide trugen die Uniform ihres Unternehmens. weiter »
von Niels Kadritzke | Juli 2015
Ob es zu einem Grexit kommt, können wir heute nicht wissen. Selbst wenn der Austritt Griechenlands aus der Eurozone in den nächsten Wochen vermieden wird, bleibt für längere Zeit noch ein Graccident möglich: eine Art historischer Betriebsunfall, den niemand wirklich gewollt hat, den aber zu wenige EU-Politiker unbedingt verhindern wollten. weiter »
von Alexis Tsipras | Dezember 2013
Kann die Eurozone gerettet werden? Ich finde es interessant, dass diese wichtige Frage, die dieser Tagung zugrunde liegt, in Texas gestellt wird. Es wäre nämlich schwierig, sie heute in Brüssel oder Frankfurt zu stellen. Die Europäische Kommission oder die Europäische Zentralbank könnten sie als dreist oder gar beleidigend auffassen. Denn beide Institutionen behaupten ja, die Krise in der Eurozone sei ausgestanden, das Vertrauen in Europa sei wiederhergestellt und das ökonomische Wachstum habe wieder eingesetzt. weiter »
von Renaud Lambert | Mai 2015
Wenigstens in einem Punkt waren sich Alexis Tsipras und seine Brüsseler Gesprächspartner bis vor Kurzem noch einig: Sie sahen Griechenland als Dominostein, der auf der Kippe steht. Und der, falls er fällt, andere Steine mitreißen und ein europäisches Finanzdebakel auslösen würde. Seit dem Sieg von Syriza bei den Parlamentswahlen vom 25. Januar fürchten sie ein anderes Ansteckungsszenario: Es könnte sich ja die Idee ausbreiten, dass die ganze Austeritätspolitik nicht funktioniert. Genau das hofft man in Athen. weiter »
von Neal Ascherson | August 2014
Mein Onkel war Offizier bei den traditionsreichen Royal Scots, dem ältesten Infanterieregiment der britischen Armee. Mit den karierten Tartan Trews an seinen langen Beinen sah er umwerfend aus. „Aber wozu sind die Royal Scots da, wenn Frieden ist?“ – „Sie sind da, um zu verhindern, dass uns die Engländer das Ungeheuer von Loch Ness wegnehmen“, sagte seine Schwester, meine Mutter. weiter »
von Pauline Perrenot und Vladimir Slonska-Malvaud | Februar 2017
Auf der Plaza del Pilar in Saragossa liegt zum jährlichen Stadtfest Mitte Oktober ein Berg von Blumen und Kruzifixen. Die Straßen sind voller Touristen, und die Kaufhäuser bieten alles, was das Herz begehrt. Ein Sturm auf irgendein spanisches Winterpalais ist nicht in Sicht. In Saragossa hat wie in Madrid, Cádiz, Santiago de Compostela, Barcelona, Valencia, Ferrol, La Coruña und Badalona eine Koalition aus Bürgerplattformen und linken Parteien die Kommunalwahlen vom Mai 2015 gewonnen. Die überrumpelten Konservativen riefen lauthals Alarm, doch die Revolution blieb sehr diskret. weiter »
von Renaud Lambert | Februar 2015
Madrid am 15. Mai 2011: Hunderte, dann Tausende Demonstranten kommen auf der Puerta del Sol im Herzen der Stadt zusammen und schlagen ihre Zelte auf. Die Bewegung „15-M“ wehrt sich gegen die Übernahme der Wirtschaft durch die Banken und gegen eine Demokratie, die sie „nicht repräsentiert“. Man nennt sie „Indignados“, die Empörten. Bei ihren Versammlungen dulden sie keine Fahnen, Symbole und Redebeiträge von politischen Organisationen. Einer ihrer Slogans lautet: El pueblo unido / no necesita partido! Das vereinte Volk braucht keine Partei. weiter »
von Ulrike Guérot und Robert Menasse | Februar 2016
Staatsgrenzen sind Realität – und für die meisten Menschen etwas Selbstverständliches und geradezu Notwendiges. Aber wie normal sind Grenzen wirklich? In der politischen Psychologie ist sogar die Schizophrenie normal: Ist der Bürger zu Hause, will er die Grenzen seines Staates bestens geschützt und schärfstens kontrolliert wissen. Begibt er sich aber auf Reisen, sollen die Grenzen möglichst durchlässig, ja am besten unsichtbar sein. Er will an Grenzen nicht aufgehalten werden, aber er will, dass andere, die in sein Land kommen, an Grenzen aufgehalten und möglichst zurückgewiesen werden. weiter »