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Heißer Sommer für Mitsotakis

 

von Niels Kadritzke | 07. Oktober 2021

Nach zwei Jahren unangefochtener Machtausübung ist Kyriakos Mitsotakis mit seiner ND-Regierung erstmals ernsthaft in Schwierigkeiten. Was das für die zweite Halbzeit der laufenden Legislaturperiode bedeutet, lässt sich noch nicht sagen. Über die Haltbarkeit der konservativen Regierung wird am Ende die wirtschaftliche Entwicklung entscheiden, auf die Mitsotakis alle Hoffnungen setzt. Dennoch ist die aktuelle Formkrise unübersehbar, die sich auch in den Meinungsumfragen äußert.

Euböa: Evakuierung von Bewohnern und Touristen, 8. August 2021 
© Petros Karadjias/ap

Der dezente Knick in der Popularitätskurve resultiert aus dem Zusammentreffen zweier akuter Notstandsfälle und einer latenten Krise:
- Die Serie von Waldbränden im Sommer hat größere Flächen zerstört als je zuvor seit dem Katastrophenjahr 2007;
- die Covid-Pandemie, deren Ende der Regierungschef seit Frühjahr 2021 mehrmals verfrüht ausgerufen hatte, baut sich seit Ende Juli zu einer vierten Welle auf, die im Herbst erneut die Krankenhäuser zu überwältigen droht;
- eine neue, durch die Entwicklungen in Afghanistan ausgelöste Flüchtlingsbewegung könnte demnächst an der türkisch-griechischen Grenze ankommen.

Wie sich die dritte, noch latente Krise entwickelt, ist heute noch nicht abzusehen, aber die Regierung Mitsotakis wappnet sich gegen alle Eventualitäten. An der Landgrenze entlang des Evros wie in der östlichen Ägäis hat sie ihre „Abwehrfront“ verstärkt, um die von ihr unerwünschten Flüchtlingen fernzuhalten; allerdings steht sie bei vielen humanitären Organisationen (einschließlich der UNHCR) in der Kritik, die der griechischen Küstenwache umfassende völkerrechtswidrige Pushback-Praktiken nachgewiesen haben.

Akut ist seit Anfang September auch eine wirtschafts- und finanzpolitische Belastung, die nicht hausgemacht ist, sondern auf den globalen und EU-weiten Inflationsschub zurückgeht, der jedoch in Griechenland angesichts der relativ niedrigen Masseneinkommen die soziale Krise verschärfen könnte.

Diese multiple Krisenszenerie werde ich in drei Teilen untersuchen. Dieser erste Text geht der Frage nach, welche Versäumnisse der ND-Regierung die Waldbrand-Katastrophe dieses Sommers aufgedeckt hat – aber auch welche strukturellen Schwächen des griechischen Staats. In einem zweiten Teil will ich aufzeigen, wie stark die Pandemie-Strategie Griechenlands durch die neoliberalen Dogmen der griechischen Rechten geprägt ist und welche Interessengruppen die aktuelle Regierung begünstigt. Im dritten Teil werde ich die völkerrechswidrige Flüchtlings-Abwehrstrategie der griechischen Küstenwache dokumentieren, vor allem aber eine klassenpolitische Gesamtanalyse des Mitsotakis-Projekts versuchen. Dabei werde ich auch darlegen, welche Antworten die linke Opposition – allen voran die Syriza – auf die aktuellen Krisen hat. Und wie es um die Aussichten steht, die bislang uneinnehmbar scheinenden neoliberalen Bastionen – vorzeitig oder bei den regulären Wahlen im Sommer 2023 – zu schleifen.

Mitsotakis' Konzept des "Durchregierens"

Die Serie von Waldbränden im Sommer 2021 stellte die Athener Regierung vor eine Herausforderung, in der ein erfolgreiches „Krisenanagement“ gefordert war. Für Mitsotakis stand damit ein weiteres Mal – wie schon in der Pandemie-Krise – sein mit großem propagandistischen Aufwand gepflegter Ruf als effizienter Macher und entschlossener „Reformer“ auf dem Spiel.

Der selbstbewusste Regierungschef propagiert seit seiner Machtübernahme im Juli 2019 als sein oberstes Ziel, einen für griechische Verhältnisse einmalig effektiven, schlanken und korruptionsfreien Staat zu schaffen. Für dieses Projekt haben die PR-Experten des Ministerpräsidenten das Etikett epitelikó krátos erfunden. Unter diesem Titel hat die Regierung Anfang August 2019 auch ihr erstes umfassendes Gesetz verabschiedet. Der Begriff hat einen präzisen Sinn, ist aber schwer zu übersetzen. Beim Militär bezeichnet das Adjektiv epitelikó eine Stabs-Funktion, während das Wort epitélesi „Durchsetzung“ bedeutet.(1) Der seit zwei Jahren tagaus, tagein propagierte epitelikó krátos meint eine Exekutive, die dynamisch „durchregieren“ kann, weil sie „straff“ wie ein militärischer Generalstab organisiert ist und ihre Entscheidungen so zügig und effektiv umsetzt wie das Management eines Großkonzerns. Was ist aus diesem Anspruch in den beiden Krisen dieses Sommers geworden?

Die Krise der abgebrannten Wälder

Die extremen Klimabedingungen, die im Mittelmeerraum herrschten, haben im gesamten EU-Süden gigantische Waldbrände verursacht. In Griechenland wurden zwischen Ende Mai und Anfang August insgesamt 128 074 Hektar (ha) oder 1281 km² zu verbrannter Erde, das sind 0,97 Prozent des nationalen Territoriums. Noch größere Flächen brannten in Italien ab: 1555 km², die aber nur 0,52 Prozent des Landes ausmachen.(2)

In Griechenland ist die diesjährige Schadensbilanz die zweitschlimmste der letzten 50 Jahre; größere Waldgebiete wurden nur im Katastrophensommer von 2007 vernichtet, als 225 733 Hektar (2258 km²) zu Asche wurden. Danach brannten im Zeitraum 2008 bis 2020 pro Jahr durchschnittlich nur 21 208 Hektar (213 km²) ab. 2007 hatten die Feuerstürme vor allem auf der Peloponnes gewütet, wo es auch die meisten der 84 Todesopfer gab. 14 Jahre traf es erneut die Halbinsel im Südwesten des Landes, aber weit mehr noch den Norden der Insel Euböa (griechisch Evia). Dabei brachen viele Feuer gleichzeitig aus; an einigen Augusttagen mussten über 150 Brände in allen Ecken des Landes – von Epirus bis Rhodos – bekämpft werden. Die größten Verluste an zerstörten Waldgebieten verzeichneten folgende Regionen:

- Euböa mit 50 000 ha;
- West-Peleponnes (Eleia) mit 18 000 ha;
- West-Attika (zwei Großbrände am Bergrücken Pateras) mit 17 000 ha;
- Süd-Peleponnes (Mani) mit 10 400 ha;
- Nord-Attika (am Nordrand von Athen) mit 7000 ha;
- Zentral-Peleponnes (Messenien) mit 5100 ha.(3)

Der Schatten der Mati-Katastrophe von 2018

Eine solche Katastrophenbilanz ist an sich noch kein Beleg für eine schuldhafte Verantwortung der gerade amtierenden Regierung. Allerdings hatte Mitsotakis ein Problem: Als Oppositionsführer hatte er drei Jahre zuvor der damaligen Syriza-Regierung und Ministerpräsident Tsipras persönlich die Schuld an der Tragödie von Mati zugeschrieben. Diese in einem Waldgebiet gelegene Gemeinde an der Ostküste Attikas war am 23. Juli 2018 von einem Feuersturm überrannt worden, in dem knapp hundert Menschen starben(4) Unter den mehr als 1000 zerstörten Gebäuden waren viele Zweithäuser der Athener Mittelschicht, von denen die meisten ohne Genehmigung entstanden waren.(5) Für die Toten machte Mitsotakis damals die Tsipras-Regierung mit dem Argument verantwortlich, dass die Behörden – und speziell die Feuerwehr-Führung – die Bewohner von Mati nicht rechtzeitig gewarnt und vor allem keine Evakuierung angeordnet hatte.

Vor dem Hintergrund von Mati hob der Regierungschef im Sommer 2021 mindestens ein Mal täglich hervor, dass bei den zahllosen und viel größeren Waldbränden keine zivilen Toten zu beklagen waren (Ein Feuerwehrmann kam ums Leben, weil er von einem umstürzenden Baum getroffen wurde). Zudem sei es dank seines erfolgreichen Krisenmanagements fast immer gelungen, die bedrohten Dörfer und Häuser zu retten und die Bevölkerung rechtzeitig zu evakuieren.(6) Mitsotakis bedauerte zwar, dass riesige Waldflächen abgebrannt waren, aber dieser bittere ökologische Verlust rangierte in der ND-Schadensbilanz nur an dritter Stelle. Alle Verlautbarungen der Regierung gingen von einer festen Hierarchie der Rettungsziele aus: Ganz oben stehen die Menschenleben, an zweiter Stelle die Immobilien, an dritter die Natur, also die Wälder.

Eine Art Entschuldigung

Am 9. August zog Mitsotakis in einer Fernsehansprache eine selbstgerechte Gesamtbilanz: „Wir haben alles Menschenmögliche getan, aber in vielen Fällen hat sich gezeigt, dass das im Kampf mit der Natur nicht ausreicht.“ Vor diesem Satz hatte Mitsotakis eine besondere Art von “Selbstkritik“ formuliert: Er entschuldigte sich für "mögliche Schwächen", die bei der Bekämpfung der Waldbrände aufgetreten sein mögen, wobei das lauwarme „Sorry“ durch den Hinweis auf die Übermacht „der Natur“ noch lauer klang.

Auch die für den Katastrophenschutz zuständigen Minister beschworen den Kampf gegen die Naturgewalten, als handle es sich um einen unberechenbaren und heimtückischen Gegner. Und als konnte man keine Ahnung von den „Naturverhältnissen“ haben, die durch die weit fortgeschrittenen und von den Menschen verursachten Klimaveränderungen bestimmt sind. Dabei waren die Auswirkungen der globalen Klimakrise allgemein bekannt, inklusive der erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass „Megafires“ wie in Kalifornien oder Australien auch im Mittelmeerraum auftreten.(7) Bekannt waren auch die speziellen Bedingungen in Griechenland, die im Jahr 2021 besonders krass ausfielen:

- ein überdurchschnittlich trockener Winter, der ausgedörrte Böden hinterließ;
- kurze, aber heftige Schneefälle im Januar, nach denen insbesondere in den Waldgebieten Attikas viele Äste unter der Schneelast abbrachen, womit die Biomasse am Boden vermehrt wurde;
- zwei ungewöhnlich lange Hitzewellen (mit Temperaturen über 45 Grad Celsius) im Juli und August, die der Meteorologische Dienst zeitig und präzise vorausgesagt hatte;
- starke Nordwinde (die berühmten meltemia), die alljährlich im August zu erwarten sind.

Ein weiteres Merkmal der griechischen „Naturverhältnisse“ ist die dominante mediterrane Kiefernart, die auf starke Hitze mit dem Abstoßen ihrer Zapfen reagiert, die als flammende „Geschosse“ zu „idealen Brandbeschleunigern“ werden (so der Waldexperte Prof. Alexandros Dimitrakopoulos in Kathimerini vom 22. August 2021). All diese Faktoren signalisierten bereits im Frühjahr eine extrem erhöhte Waldbrandgefahr während des ganzen Sommers.

Rechtzeitige öffentliche Warnung der Experten

Diese besondere Gefahrenlage war dank der Warnungen vieler Experten seit April auch ein öffentliches Thema. Und die Regierung hatte bereits im Mai eine erhöhte Stufe der „Wachsamkeit“ angeordnet. Doch dem folgten keine Taten. Im Gegenteil – elementare Maßnahmen, die zum Einmaleins der Waldbrandverhütung gehören, wurden vernachlässigt oder ganz versäumt:
- die Beseitigung von abgebrochenen Ästen, trockenem Unterholz und anderer Biomasse, die einem Brandherd zusätzlich Nahrung geben;
- die Instandhaltung der Waldwege, die den Einsatz von Löschfahrzeugen und „Fußtruppen“ der Feuerwehr ermöglicht;
- die Anlage und Pflege von Brandschneisen, die vor der heißen Jahreszeit von Gestrüpp und Totholz gesäubert werden müssen, damit eine Feuerfront nicht auf weitere Waldgebiete übergreifen kann;
- die Rekrutierung von Personal für ein Netz von Beobachtungsposten in Gebieten mit erhöhter Waldbrandgefahr, die ein unentbehrliches Frühwarnsystem darstellen;
- die Inspektion der im Wald errichteten Häuser, die „eigentlich“ verpflichtet sind, einen Vorrat von Löschwasser parat zu halten.

Diese Aufgaben hätten die Zentralregierung, aber auch die lokalen und kommunalen Stellen, schon seit März in Angriff nehmen müssen. Die Klimaforscherin Eleni Myvrili, die Anfang August vom Athener Stadtrat zur „Hitzebeauftragten“ der Hauptstadt ernannt wurde, sprach von „kriminell unzureichender Vorbereitung“ der staatlichen Behörden.(8) Die Katastrophe entsprang also einem katastrophalen Defizit an Waldbrand-Prophylaxe: Es gab keine organisierte Kampagne zur Beseitigung der Biomasse auf den Waldböden und keine systematische Instandhaltung der Waldwege; die vorhandenen Brandschneisen wurden nicht gesäubert und neue nicht angelegt; viele Beobachtungsposten in den gefährdeten Waldregionen blieben unbesetzt; die Koordination mit den Freiwilligen-Organisationen, die in vielen Gebieten seit Jahren tätig sind, blieb sporadisch und unzulänglich.(9)

Flugzeuge statt Prophylaxe

Diese Versäumnissen rühren von einem grundsätzlicher Fehler, der im Regierungsprogramm für den Schutz vor Waldbränden strukturell angelegt ist: Der Schwerpunkt liegt bei der Bekämpfung akuter Brandherde statt bei der rechtzeitigen Vorbeugung von Feuerkatastrophen.(10) Dieses Missverhältnis zeigt sich auch bei der Verteilung der finanziellen Mittel: Für die prophylaktischen Maßnahmen hatte die griechische Forstbehörde für das Jahr 2021 einen Bedarf von 17,7 Millionen Euro veranschlagt. Davon bewilligte die Regierung nur einen Bruchteil, nämlich 3,5 Millionen Euro.(11) Die Folge war, dass nirgends eine systematische Waldbrand-Pophylaxe stattgefunden hat. Statt sich für dieses Versäumnis zu entschuldigen, bemühte Mitsotakis eine lahme Ausrede: Im Vorjahr habe es nur wenige Waldbrände gegeben, aber 2021 kam dann leider diese „einmalige Hitzewelle, die das ganze Land in ein Pulverfass verwandelt hat“ (Pressekonferenz vom 12. August 2021). Kurzum: Wir wurden überrascht.

Doch die Überraschung hat Gründe. Griechenland ist das einzige EU-Land, in dem die Gesamtausgaben für die Waldbrand-Bekämpfung seit Jahren nur zu rund 20 Prozent in die vorbeugende Beseitigung von Gefahrenherden fließen, während 80 Prozent für die akuten Löscharbeiten ausgegeben werden, und zwar vorwiegend für die Brandbekämpfung aus der Luft mittels Löschflugzeugen und -hubschraubern.(12) Fachwissenschaftler in Griechenland und anderswo bestehen seit langem darauf, dass die Proportionen genau umgekehrt sein müssten: 80 Prozent der Gelder für die Prophylaxe und 20 Prozent für die akute Brandbekämpfung. „Wir setzen nach wie vor auf das Löschen statt auf die Verhütung im Vorfeld“, resümiert der Waldbrandexperte Xanthopoulos, „die Verwaltung und Pflege der Wälder hinkt weiter hinterher, mit den bekannten katastrophalen Folgen. Und so sind wir alle immer wieder nur Zuschauer in demselben Theaterstück.“ (Interview in Ta Nea vom 9. August 2021)

Zu fassungslosen Zuschauern wurden in diesem Sommer die Millionen Griechinnen und Griechen, denen die TV-Sender mit ihren Life-Reportagen unwirkliche Szenen von der Katastrophenfront vor Augen führten: Verzweifelte Hausbesitzer, die mit dem Gartenschlauch ihre Veranda besprühen; blockierte Waldwege, auf denen Bauschutt abgelagert war; junge Dorfbewohner, die angesichts der nahenden Feuerfront mit tragbaren Kettensägen losziehen, um noch in letzter Sekunde winzige Schneisen ins Unterholz zu fräsen. Jede Szene eine Anklage tragischer Versäumnisse, ein mahnender Verweis auf die prophylaktischen Aktivitäten, die nicht stattgefunden haben.

Eine langfristige Umschichtung der finanziellen Mittel zugunsten der Prophylaxe hat bislang nur Portugal in Angriff genommen. Hier sind die Ausgaben für vorbeugende Waldpflege von 2017 bis 2020 von 20 auf 45 Prozent der Gesamtsumme angestiegen und sollen weiter erhöht werden, wie Thiago Oliveira, der Leiter der portugiesischen Agentur für integrierte Waldbrandbekämpfung (AGIF) dargelegt hat (Interview in Kathimerini vom 8. September 2021). Diese AGIF wurde 2018 in Reaktion auf die Waldbrandserie von 2017 gegründet. Die Agentur bildete eine Waldfeuerwehr aus, die neue Löschtechniken anwendet und die lokale Bevölkerung einbindet. Mit dieser Strategie wurden die Lehren aus der Katastrophe bereits wirkungsvoll umgesetzt. In den Jahren seit 2018 konnte im Vergleich mit dem Zeitraum 2008 bis 2017 die Zahl der Waldbrände wie der abgebrannten Flächen um zwei Drittel reduziert werden.

 Zwei Beispiele, ein Versagen

Welche Folgen die Vernachlässigung der vorbeugenden Waldpflege im Sommer 2021 hatte, lässt sich an zwei Beispielen aufzeigen. Der Ort Stamata liegt in der hochgradig gefährdeten „grünen Zone“ nördlich von Athen und gehört zur Großgemeinde Dionysou, die 20 Kilometer nördlich des Athener Zentrums liegt. Das traditionelle Dorf Stamata hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem Villenvorort „im Grünen“ für betuchte Athener Familien entwickelt. Da viele der heute 3000 Einwohner und Einwohnerinnen ihre Traumhäuser in den Wald gebaut haben, war die Gemeinde verpflichtet, bis Ende April für die Beseitigung von zahllosen Ästen zu sorgen, die der Schneesturm „Medea“ Ende Februar abgerissen hatte. Das ist nicht geschehen, worauf das Generalsekretariat für Zivilschutz, das die Aktion angeordnet hatte, der Gemeinde einen neuen Termin setzte.(13) Als auch bis Mitte Juli nichts geschehen war, bekam Stamata einen zweiten Aufschub bis zum 17. August. Zwei Wochen vor diesem Stichtag waren die meisten Bäume in und um Stamata verbrannt.

Das zweite Beispiel hatte glücklicherweise nicht dieselben Folgen. Der Lykavittos-Hügel liegt mitten in Athen, ganz in der Nähe des Syntagma-Platzes und des Parlaments. Seine Flanken sind mit Bäumen bestanden, die einen 44 Hektar großen Waldpark bilden. Diese hochgradig feuergefährdeten Flächen wurden im Frühjahr 2021 nicht von der entzündlichen Biomasse gesäubert. Auch die geplante Erweiterung des Hydranten-Netzes ist nicht erfolgt, obwohl dies in einem 2020 verfassten Gutachten für die Athener Stadtverwaltung „wegen des dichten Kiefernbestands und der dichten Decke von Totholz“ als „unerlässlich“ (aparaitito) bezeichnet wurde. Der Grund, warum dieses „Pulverfass“ im Herzen von Athen nicht entschärft wurde, klingt fast schon grotesk. Der für die Grünflächen zuständige Vize-Bürgermeister Kollatos gestand gegenüber der EfSyn, dass die Ausschreibung des Säuberungsauftrags „versehentlich“ vorsah, die gekappten Zweige der Kiefern sollten als „Düngemittel“ am Boden liegen bleiben. Wegen dieses Versehens konnte die Säuberung nicht rechtzeitig, also bis zum Beginn der Waldbrand-Saison erfolgen (Bericht in EfSyn vom 17. August 2021).

Das dritte Beispiel ist das Dorf Ayios Nektarios, das 40 Kilometer von Athen entfernt im äußersten Westen Attikas an dem Bergzug namens Pateras liegt. In der Kathimerini vom 22. August wurde die Vorgeschichte der Waldbrände dokumentiert, die sich Mitte August zu einer 10 Kilometer breiten Feuerfront zusammengeschlossen und dabei 9000 Hektar wertvollen Waldbestands vernichtet haben. Bewohner von Ayios Nektarios hatten bereits am 26. Juni einen „Brandbrief“ an die Provinzverwaltung von Attika und das Amt für Zivilschutz geschrieben, um auf die Gefährdung ihres Dorfes und ihrer Gegend hinzuweisen. Sie monierten konkret, dass in den vom Schneebruch betroffenen Wäldern das tote Astwerk nie beseitigt wurde; dass der öffentliche Stromversorger nicht einmal die Schneisen unterhalb der Hochspannungsleitungen gesäubert hatte (obwohl Brände häufig durch Funkenflug von den Strommasten entstehen); dass die Waldwege nicht instandgesetzt wurden; dass der Beobachtungsposten oberhalb ihres Dorfs nicht besetzt war. Wenn diese Mängel nicht sofort behoben würden, hieß es in dem Schreiben, „ist die Rettung unserer Siedlung im Fall eines Waldbrandes unmöglich“.(14)

Wie sah die Reaktion der angesprochenen Behörden aus? Die Provinzverwaltung verwies auf die Zuständigkeit der Großgemeinde, zu der das Dorf gehört. Die Elektrizitätsgesellschaft hatte den Auftrag an eine Firma vergeben, die ihre Arbeiten nie zu Ende gebracht hat. Die Zivilschutzbehörde begann immerhin – mit großer Verspätung – einige Waldflächen zu säubern, aber die Forstbehörde hat den Beobachtungsposten – entgegen ihrer Zusage – nie besetzt.

Ein Labyrinth von Zuständigkeiten

An beiden Beispielen zeigt sich eine weitere typische Schwäche der griechischen Waldbrand- und der allgemeinen Katastrophenstrategie: ein geradezu labyrinthisches Kompetenz-Wirrwarr. Das war auch einer der zentralen Kritikpunkte im sogenannten Goldammer-Report, der im Februar 2019 dem Athener Parlament zugeleitet wurde. Die Regierung Tsipras hatte die Kommission von fünf führenden griechischen Experten unter Vorsitz des deutschen Feuerökologen Johann Georg Goldammer nach der Brandkatastrophe in Ost-Attika vom 23. Juli 2018 berufen, die über hundert Menschenleben gekostet hatte. Die Kommission hatte den Auftrag, die tieferen Gründe für die Katastrophe zu analysieren und „Perspektiven für den künftigen Umgang mit Wald- und Flächenbränden aufzuzeigen“. Einer der zentralen Befunde lautete:
- In die Prävention von Waldbränden sind in Griechenland 45 staatliche Behörden involviert, wobei keine Instanz für die Koordinierung zuständig ist;
- bei der akuten Bekämpfung von Waldbränden müssen 17 Instanzen koordiniert werden, die zu sechs verschiedenen Ministerien gehören.(15)

Falsche Weichenstellung vor 23 Jahren

Die Anfänge dieses administrativen Tohuwabohu liegen weit zurück. 1998 hatte die Regierung Simitis (Pasok) die Zuständigkeit für die Vorbeugung und Bekämpfung von Waldbränden von der Forstverwaltung auf die allgemeine Feuerwehr übertragen. Das führte zu einem „Kahlschlag“ bei der Forstfeuerwehr wie beim Personal der Brand-Prophylaxe – und zur Streuung der Kompetenzen, die in dem Goldammer-Report beklagt wurden.(16)

Die verhängnisvolle Entscheidung von 1998, die der Berufsverband der Forstwirte und Forstpfleger heftig bekämpft hatte, wurde unter dem Eindruck des Katastrophenjahrs 2007 problematisiert. Damals forderte ein ad hoc-Parlamentsausschuss in seinem Abschlussbericht, die Umorganisierung von 1998 rückgängig zu machen. Vorsitzender des Ausschusses war der ND-Abgeordnete Kyriakos Mitsotakis. Aber die damals amtierende ND-Regierung von Kostas Karamanlis setzte diese Schlussfolgerungen ebenso wenig um wie alle späteren Regierungen, einschließlich der Syriza unter Alexis Tsipras.

Damit wurde nicht nur die Vernachlässigung der Prophylaxe perpetuiert, sondern auch eine verfehlte Strategie der Brandbekämpfung. Da die Zuständigkeit für Waldbrände auf die „normale“ Feuerwehr verlagert wurde, verkümmerte die Forstfeuerwehr und mit ihr die waldspezifischen Löschtechniken. Auch diese Fehlentwicklung hat sich im Krisensommer 2021 als fatal erwiesen. Dabei kritisierten die Experten vor allem die zu starke Abhängigkeit von „fliegenden“ Löscheinheiten und das Fehlen einer „Infanterie“, also von kleinen, speziell ausgebildeten und vor allem ortskundigen Feuerwehrtrupps, die akute Brandherde am Boden bekämpfen.

Löschflugzeuge fürs Fernsehen

Auch der Verband der öffentlichen Bediensteten der Forstverwaltungen (PEDDY) kritisiert das verfehlte „Einsatz-Dogma“ der nationalen Feuerwehr. Der PEDDY-Vorsitzende Nikitas Frankiskakis merkte sarkastisch an: „Alle warten nur auf den Einsatz der Löschflugzeuge, das Löschen aus der Luft wird zu einer Operation fürs Fernsehen“.

In der Tat konzentrierte sich die Feuerfrontberichterstattung aller TV-Sender auf die „Rettung aus der Luft“, und auch in den Interviews mit verzweifelten Männern und Frauen in den gefährdeten Dörfern überwog die Klage: „Sie schicken uns keine Flugzeuge“.(17) Auch die Oppositionsparteien rechneten der Regierung vor, dass sie nicht genügend Löschflugzeuge und -hubschrauber einsatzfähig gehalten habe. Diese Kritik war verständlich, weil die irreführenden Angaben über die einsatzfähigen Flugzeuge gemacht hatte, bediente aber zugleich das Vorurteil, dass Löschen aus der Luft im Kampf gegen das Feuer entscheidend sei.


Löschhubschrauber beim Nachtanken, 9. August 2021
© Petros Karadjias/ap

In Nord-Euböa waren die Leute in den bedrohten Dörfern besonders verbittert, weil das Gros der verfügbaren Löschflugzeuge bei den gleichzeitigen Bränden nördlich von Athen im Einsatz war. Das vorherrschende Gefühl war: Die Villen der Athener sind der Regierung wichtiger als unsere Dörfer. Doch diese verständliche Verbitterung beruhte auf einer falschen Hoffnung, die schon deshalb illusionär ist, weil sie die Grenzen dieses Mittels verkennt – vor allem bei großflächigen Waldbränden großer Intensität.

Für die Löschflugzeuge ist das Tageslicht nicht der einzige limitierende Faktor. Damit eine Wasserbombe präzise platziert werden kann, muss der Pilot den Brandherd erkennen, was bei dichter Rauchentwicklung oft nicht möglich ist. Zudem muss er die Feuerfront möglichst tief anfliegen. Doch wenn die abgestrahlte Hitze zu groß, muss der Pilot Abstand wahren und das abgeworfene Wasser verdampft, ehe es den Boden erreicht. Ein weiteres Handicap sind hohe Windstärken, die bei großflächigen Brände häufig vorherrschen. Zwar können die Flugzeug-Typen (in Griechenland vorwiegend betagte Canadair CL 215) bei hohen Windstärken fliegen, haben aber Probleme, mit ihrem Rüssel neues Löschwasser aus einem stark bewegten Meer aufzunehmen. Deshalb müssen sie eine ruhigere Bucht anfliegen, die weit entfernt vom Einsatzort liegen kann, was den Takt der Löschflüge reduziert.

Die Infanterie ist wichtiger als die Luftwaffe

Das größte Missverständnis über die Funktion, die der „Luftwaffe“ im Kampf gegen das Feuer zukommt, liegt auf einer anderen Ebene. „Wenn wir warten, bis die ersten Flugzeuge auftauchen und Wasser abwerfen, ist das Spiel schon verloren“, erklärt der Forstwissenschaftler Elevtherios Stamatopoulos. Hubschrauber und Flugzeuge seien „sehr nützlich als schwere Waffe, aber nur, wenn der Kampf rechtzeitig innerhalb des Waldes aufgenommen wurde“. Und zwar von einer speziellen “Waldinfanterie“ die früh und punktgenau am Boden eingesetzt wird. Nur so seien auch Dörfer und Häuser zu retten, denn: Entscheidend sei, ob die Feuerfront „gigantisiert oder geschrumpft“ ist, wenn sie den Rand einer Siedlung erreicht.
Die fatale Entscheidung von 1998 führt Stamatopoulos auf die Annahme zurück, „ein Waldbrand sei wie jeder andere Brand, eine Hitzelast, für deren Eindämmung die Feuerwehr da ist“. Mit der Verlagerung der Zuständigkeit auf die allgemeine Feuerwehr wurde die Waldfeuerwehr praktisch abgeschafft, und mit ihr die Gerätschaften für die frühen Löscheinsätze am Boden. Ein Beispiel: Die großen Spezial-LKWs, mit denen die städtischen Feuerwehren operieren, eignen sich nicht für enge und steile Waldwege (wenn die denn freigehalten wurden); für den „Erstschlag“ gegen einen Brandherd braucht man kleine, wendige Fahrzeuge mit richtigen „Waldfeuerwehrleuten“.

Dass diese Spezialkräfte abgeschafft wurden, ist für die Kritiker die größte Sünde der letzten 20 Jahre. Der frühere Waldfeuerwehrmann und heutige Forstwirt Panayiotis Kabouroglu fand in der EfSyn vom 24. August 2021 klare Wort: „An der Spitze der Feuerwehr gilt offenbar leider das Dogma, dass die Waldfeuerwehr zweitrangig ist.“ Selbst die wenigen Waldbrandspezialisten, die es bei der nationalen Feuerwehr noch gibt, seien heute mit anderen Aufgaben befasst. Damit geht wertvolles Wissen verloren, von dem Kabouroglu zu berichten weiß, indem er seine Arbeit in den „alten Zeiten“ – also vor der Fehlentscheidung von 1998 – schildert.

Ein Bericht aus alten Zeiten

„Es war eine Arbeit, die viele Hände erforderte… Auch wenn vorher Löschflugzeuge Wasser abgeworfen hatten, war allen klar, das das nicht reicht. Oft begann unser Kampf in der Nacht, wenn der Wind abgeflaut und das Feuer schwächer geworden war. Damals herrschte nicht die Logik: Warten wir ab, bis das Feuer die Straße erreicht. Wir begannen auch an den unzugänglichsten Stellen mit niedrigem Bewuchs, mit dem Spaten in der Hand und dem Feuerlöscher auf dem Rücken. Wir konzentrierten uns auf die Grenzstreifen zwischen verbrannter und nicht verbrannter Zone, mit dem Ziel, die verbrannte Zone mit Erde abzudecken, damit die Flammen keinen Sauerstoff mehr bekamen. Denn wir wussten, dass eine winzige Glut ausreichte, um mit dem ersten Luftzug auf das noch bewaldete Gebiet überzuspringen.“

Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen kann sich Kabouroglu erklären, warum im Sommer 2021 sehr viele Waldbrände, die schon eingedämmt schienen, wieder aufgeflammt sind – und durch starke Winde noch unkontrollierbarer wurden: „Wenn der Wald in einer Nacht zu Asche wird, liegt das nicht daran, dass es ein paar Leute (am Boden) nicht geschafft haben, den Brand zu löschen, sondern weil einige, die mit anderen Pflichten überlastet sind, den Brand nur von weitem betrachten und wieder einmal nur auf die Flugzeuge und Hubschrauber warten.“ Diese Leute, so Kabouroglu, wissen offensichtlich nicht mehr, dass die Brandbekämpfung aus der Luft vor allem die Flammenfront so eindämmen soll, dass die „Bodentruppen“ eingreifen können, um das Übergreifen auf die nicht verbrannten Zone zu verhindern und den Waldbrand endgültig zu beenden.

„Feuer werden am Boden gelöscht“, erklärte ein Feuerwehrmann, der am Berg Pateras gegen die Flammen kämpfte, gegenüber dem Kathimerini-Reporter Tasos Teloglu. Der hat sich selbst zu einem Brandherd aufgemacht, der durchaus zu Fuß erreichbar war. Aber er sah dort keine „Bodentruppe“, stattdessen kamen vier Löschflugzeuge, die kurz vor Sonnenuntergang zehn Einsätze flogen. Ergebnis: „Das Feuer wurde eingedämmt, aber in der Nacht brach es wieder aus und wanderte weiter.“ (Kathimerini vom 22. August).

Die Abschaffung der Waldbrand-Feuerwehr

Einen weitere Folge der Kompetenzverlagerung benennt der schon zitierte Vorsitzende des Gesamtgriechischen Verbands der staatlichen Forstangestellten (PEDDY). Als die Forstbehörden noch die Gesamtverantwortung für den Schutz vor Waldbränden hatte, rekrutierten sie die Einsatzgruppen der Waldfeuerwehr – aus fest und saisonal eingestellten Kräften – in den gefährdeten Regionen selbst: „Wir wählten die Leute aus den umliegenden Dörfern, die genaue Kenntnisse der Topographie, der Wegschneisen und der Fluchtwege hatten. Damals galt es als strafrechtliches und disziplinarisches Vergehen, wenn ein unter Kontrolle gebrachter Brandherd wieder aufgeflammt ist. Die Brände von langer Dauer, die wir heute ständig erleben, wurden damals verhindert.“ (Interview in EfSyn vom 8. August 2021).

Was in Griechenland verlernt wurde, demonstrierten Feuerwehrleute aus dem EU-Ausland, die diesen Sommer dank dss Katastrophenhilfeprogramm der Union zum Einsatz kamen. Über die Löschtechniken und die Ausstattung dieser Kräfte aus Frankreich, Polen, Rumänien, der Slowakei und anderen Ländern kamen die griechischen Kollegen häufig ins Staunen. Auch Regierungschef Mitsotakis selbst zeigte sich „überrascht“ und „beeindruckt“ vom Einsatz rumänischer Feuerwehrleute an unwegsamen Waldhängen und von ihrer Ausstattung, „bis hin zu Kettensägen“. Beeindruckt zeigte sich auch ein griechischer Reporter, der sich von einem französischen Pompier die Technik des kontrollierten „Gegenfeuers“ erklären ließ.(18)


Feuerwehrleute aus der Slowakei nahe des Dorfes Avgaria auf der Insel Euböa, 10. August 2021
© Petros Karadjias/dpa/ap

Die bestaunten ausländischen Helfer waren eben jene Waldfeuerwehrleute, die man in Griechenland weitgehend abgeschafft hatte. Deshalb fordert der PEDDY nach den Erfahrungen dieses Sommers die Rückkehr zu den alten Zuständigkeiten der nationalen wie der regionalen Forstverwaltungen. Und dazu natürlich eine Aufstockung des ständigen Personals. Nur dann könnten die ortskundigen Kräfte schon im Winter die Arbeiten für Waldbrand-Prophylaxe koordinieren und organisieren, wozu auch die Schulung der gesamten Bevölkerung in den gefährdeten Gebieten gehören müsste.(19)

Ein neues Ministerium gegen den Klimawandel

Der Goldammer-Bericht schlägt im selben Sinne eine andere organisatorische Lösung vor: die Bildung einer semi-unabhänigen „nationalen Behörde“ für Zivilschutz und Katastrophenabwehr. Eine solche „Agency“ sei für die Koordination aller Aufgaben und auf allen Ebenen zuständig, im akuten Katastrophenfall also für Feuerwehr, Polizei und sogar die Armee. Bei der Prophylaxe müsse die Hauptverantwortung bei den regionalen Forstämtern liegen, die auch die vorsorglichen ganzjährigen Arbeiten in den einzelnen Gemeinden zu organisieren hat.

Die Idee einer autonomen Agentur jenseits der normalen Regierungshierarchie (siehe auch Apostolos Papatolias in EfSyn vom 27. August) favorisiert auch ein Report des griechischen „Gemeindetags“ (Zentralverband der griechischen Gemeinden, KEDE). Doch die Regierung hat in ihrer Reaktion auf den Sommer 2021 diese Anregungen nur halb aufgegriffen. Sie hat organisatorische Leitfunktion für Katastrophenfälle bei dem neuen „Ministerium für Klimawandel und Zivilschutz“ verankert, womit sie das administrative Chaos überwinden will. Aber sie hat die Zuständigkeit für alle Dimensionen der Waldbrandverhütung und -bekämpfung nicht auf die Forstverwaltung zurück verlagert. Die lokalen Ressourcen und Kenntnisse werden also nicht auf breiter Front aktiviert. Und statt eine neue, technologisch aufgerüstete Waldfeuerwehr aufzubauen, die vor Ort auch die Prophylaxe organisieren könnte, soll eine neue Elitetruppe aus 500 Feuerwehrleuten speziell in Waldbrandbekämpfung ausgebildet werden und ab nächsten Sommer als „schnelle Eingreiftruppe“ fungieren.

Was passiert mit den verbrannten Flächen?

Zentralisiert bleiben nach dem Plan der Mitsotakis-Regierung auch zwei weitere Funktionen, die bei einer dezentralen Forstverwaltung am besten aufgehoben wären: erstens die Sicherung der abgebrannten Flächen gegen Erdrutsche und Bodenerosion, die mit Beginn der Regenperiode drohen; zweitens die Wiederaufforstung der zerstörten Waldgebiete. Seit Jahrzehnten hat noch jede Regierung versichert: Jeder Quadratmeter, der Wald war, muss und wird Wald bleiben. Aber dann passierte immer wieder dasselbe: In ländlichen Gebieten haben sich die Ziegenhalter Tausende Hektar als Weideland angeeignet; in den Randzonen der Städte dagegen – und in attraktiven Erholungsgebieten – wurden viele verkohlten Flächen von der Immobilienmafia in lukratives Bauland verwandelt.
 
Auch Kyriakos Mitsotakis hat auf seiner Pressekonferenz vom 12. August den klassischen Wiederaufforstungsschwur abgelegt. Aber der wird ebenso folgenlos bleiben wie alle früheren Schwüre. Das wird schon daraus deutlich, dass er zur Frage der zu Bauland gewordenen Waldgebiete lediglich äußerte: „Es gibt da Siedlungen, die praktisch sehr nah oder schon in den Wald hineingebaut wurden – aus verschiedenen Gründen, die in dieser Stunde nicht zu analysieren sind.“

… und mit den Immobilien ohne Baugenehmigung?

Die Gründe für die Besiedlung von Waldgebieten, zum Beispiel in dem Kranz von Villenvororten am Nord- und Ostrand von Athen, waren das große Thema nach der Brandkatastrophe vom Juli 2018, die zur Abwahl der Syriza-Regierung im darauffolgenden Jahr beigetragen hat. Die damals am meisten betroffene Ortschaft Mati war ein klassisches Beispiel für jene „infrastrukturelle Ursünde“, die ich in meinem Blog-Text vom 13. August 2018 ausführlich dargestellt habe. Deshalb kann ich es hier mit einem Zitat bewenden lassen, das sich auf die illegale Bautätigkeit bezieht, die unter dem Begriff avthaireto („willkürlich“ oder „ordnungswidrig“) läuft: „Die Zahl dieser ungenehmigten Bauvorhaben summiert sich im ganzen Land auf etwa 1,4 Millionen. Bei etwa jedem vierten Fall handelt es sich um ein Haus, das gänzlich ohne Baugenehmigung errichtet wird, in den meisten Fällen um (häufig beträchtliche) Abweichungen von der Baugenehmigung. Zu den vollständig illegalen Häusern gehören auch Zehntausende, die in halb oder ganz bewaldeten Zonen gebaut wurden.”

Der größte Teil dieser illegal errichteten Gebäude wurde früher oder später durch eine Serie von “Amnestien” der verschiedenen Regierungen legalisiert, in der Regel in Erfüllung wohlfeiler Wahlversprechen. Über die im Sommer 2021 geschädigten Häuser gibt es zwar keine genauen Statistiken, aber mit Sicherheit kann man sagen, dass sie großenteils entweder nicht genehmigt oder im Nachhinein durch eine Amnestie legalisiert worden waren. Wie das geschehen konnte, obwohl die entsprechenden Gesetze vom Staatsrat, der höchsten griechischen Rechtsinstanz, für verfassungswidrig erklärt wurden, erläutert ein ehemalige Präsident des Staatsrats, Sotirios Rizos in der Kathimerini vom 5. September 2021. Er beschreibt die letzten Etappen der „Operation Legalisierung von eigenmächtig errichteten Gebäuden in Waldgebieten“, an der maßgeblich auch die Tsipras-Regierung beteiligt war. Sie hatte 2016 zwei Rechtsverordnung durchgebracht, die neue Regeln für „bauliche Verdichtungen“ in Wäldern aufstellten, aber vor allem darauf angelegt waren, in den städtischen Randzonen sämtliche illegalen Häuser zu legalisieren.

Wie man verfassungsrechtliche Entscheidungen umgeht

Diese Rechtsverordnungen wurden allerdings vom Staatsrat mit der Entscheidung 685/2019 für verfassungswidrig erklärt. Doch dieses lästige Rechtshindernis hat die Regierung Mitsotakis alsbald mit der Gesetzesnovelle 4685/2020 umgangen, die ein kompliziertes Verfahren für die „Evaluierung“ der illegalen Gebäude vorsieht: Auf der Grundlage ausführlicher ökonomisch-ökologischer Gutachten entscheiden die örtlichen Bauverwaltungen, ob solche Gebäude abgerissen werden müssen oder „vorübergehend“ stehen bleiben dürfen. Wobei die „vorübergehende“ Nutzung bis zu 30 Jahren dauern kann.

Dass die Entscheidungen der lokalen Behörden in aller Regel zugunsten der Besitzer illegaler Häuser ausgehen werden, liegt auf der Hand. Das Gesetz von 2020 bedeutet also eine „indirekte Legalisierung von ungenehmigten Bauten in Waldgebieten“ – wie es selbst die regierungstreue Kathimerini (vom 8. September 2021) formuliert. Vollendet wurde dieses Projekt mit den Durchführungsverordnungen, die Mitte Juli 2021, knapp zwei Wochen vor den großen Waldbränden, vom ND-Kabinett verabschiedet wurden. Sie sehen eine digitale Plattform vor, auf der gegen eine Gebühr von 250 Euro die „Legalisierung“ von avthaireta beantragt werden kann. Das hat die für die vor-legalen Hausbesitzer erfreuliche Folge, dass alle weiteren Sanktionen gegen sie gestoppt werden.

Damit ist die massenhafte Legalisierung vorprogrammiert. Als Kriterien für die nachträgliche Genehmigung sind vorgesehen: erstens ob der Bau „schwere Umweltschäden“ verursacht, und zweitens, ob „die Umwandlung des gegenwärtigen Zustandes unmöglich ist“. Die letztere Einschränkung ist im Grunde eine Generalamnestie für die begangenen Rechtsverletzungen und eine Zusicherung an alle, dass man auch weiterhin gefahrlos in eigentlich verbotenen Zonen bauen kann. Damit hat die aktuelle Regierung erneut die Politik bestätigt, die seit Jahrzehnten von oben betrieben wird. Ein kritischer Bürger hat es so ausgedrückt: „Der erste Rechtsbrecher ist der Staat in all seinen Erscheinungsformen: Parlament, Regierung, Baubehörden, die fortwährend Verbrechen begehen.“ (Kathimerini vom 24. August 2021)

Obwohl dieses Legalisierungsprogramm auf die wohlhabenderen Kreise zugeschnitten ist – und vor allem die Immobilienbranche bedient – kommt es bei den meisten Griechinnen und Griechen gut an. Heute fordern fast ausnahmslos alle Parteien eine staatliche Entschädigung für abgebrannte Immobilien ohne zu fragen, ob sie legal oder illegal errichtet wurden. Dagegen bringen die wenigen Politiker, die das ökologiefeindliche Laissez-faire-Programm bekämpfen, fast das ganze Land gegen sich auf.(20) Diese einsamen Kämpfer kritisieren auch eine weitere griechische Eigenheit, die das wilde Bauen im Walde begünstigt. Das Land werkelt seit Jahrzehnten an einem nationalen, also flächendeckenden Kataster, das auch die Waldgebiete juristisch verbindlich ausweist. Dabei bezieht Athen seit den 1990er Jahren beträchtliche EU-Hilfen für die Erstellung eines nationalen Katasters. Doch auch 30 Jahre später ist das Projekt noch immer nicht abgeschlossen. Zum Vergleich: Bulgarien hat nur sechs Jahre gebraucht, um sein ebenfalls EU-finanziertes Kataster fertigzustellen.

Athen ohne Lungen

Die Bautätigkeit in und am Rande bewaldeter Zonen wird also weitergehen. Das gilt insbesondere für die weitere Umgebung von Athen, also die gesamte Region Attika. Hier sorgen die Sünden der Vergangenheit dafür, dass sich der Drang ins Grüne noch verstärken wird. Eine Villa oder ein Zweithaus in Waldnähe wird umso attraktiver, je extremer sich das Kleinklima der griechischen Hauptstadt entwickelt. Und das wird nicht nur durch den globalen Treibhauseffekt aufgeheizt. In den letzten 15 Jahre sind weite Flächen abgebrannt, die früher die „Lungen Athens“ ausmachten.

Dieses besondere Desaster wurde in diesem Sommer durch die Waldbrände in der näheren und weiteren Umgebung weiter verschärft. Die grüne Zone der nördlichen Villenvororte war für die Luftqualität der Innenstadt wichtig, da die Nordwinde über diese Waldflächen streichen. Eine ähnliche Filterwirkung hatte der dicht bewaldete Norden Euböas, der nur 100 Kilometer von Athen entfernt ist. Noch näher liegt das abgebrannte Waldgebiet im Westen Attikas, das bei Westwinden eine wichtige Lungenfunktion erfüllt. Nach dem Katastrophenjahr 2021 werden die sommerlichen Nord- und Westwinde so aufgeheizt sein, dass sie die Temperaturen nicht abmildern, sondern in die Höhe treiben.

Athen ist heute die nach Paris am dichtesten besiedelte europäische Hauptstadt – und die mit den wenigsten Grünflächen. Die fast geschlossene Betonfläche heizt sie sich schon in normalen Sommern grausam auf; bei den beiden langen Hitzeperioden von 2021 litten die Menschen unter Nachttemperaturen von mehr als 35 Grad. Die oben zitierte „Hitzebeauftragte“ von Athen, Eleni Myrivili, sieht die konkrete Gefahr, dass die Metropole zu einer „urbanen Hitzeinsel“ wird, mit „leeren Plätzen und Cafés, weniger Touristen und einem Exodus derjenigen Bewohner, die das Geld und die Möglichkeiten haben, anderswo zu leben“.

Als Myrivili ihr Gefahrenszenario gegenüber der New York Times (vom 21. August 2021) formulierte, beeilte sich die Regierung propagandistisch gegenzusteuern. Solche düsteren Visionen sind Gift für die ehrgeizigen Pläne, Athen zum „neuen Barcelona“ für Städtetourismus und die „attische Riviera“ zur Attraktion für die Superreichen dieser Erde zu entwickeln.

Erfolgreiches Propagandafeuer

Damit ist das Feld benannt, auf dem die Mitsotakis-Truppe tatsächlich unschlagbar ist. Ihre engmaschige Kontrolle über die Medienlandschaft wurde in diesem Sommer 2021 noch deutlicher sichtbar als je zuvor. Für den neutralen Betrachter war die Berichterstattung und Kommentierung der meisten TV-Sender und Zeitungen fast ebenso schockierend wie die Bilder von den wütenden Feuerstürmen. Vor allem im Fernsehen kamen fast nur Regierungsvertreter zu Wort, denen fast nie kritische Fragen gestellt wurden. Wenn bei Berichten von einem Brandherd ein Lokalpolitiker organisatorische Fehler und Mängel zur Sprache brachte, war das Interview zu Ende. In den Nachrichtensendungen kamen neutrale oder regierungskritische Experten nicht vor, interviewt wurden sie allenfalls in der Printpresse.

Und wenn eine Zeitung durch eine Formulierung das Image der Regierung ankratzt, greift der Chef selbst zum Telefon, um seinen Unwillen auszudrücken. Den bekam zum Beispiel der Chefredakteur einer regierungsfreundlichen Zeitung ab, der nicht verhindert hatte, dass die Unterzeile eines Artikels auf der Titelseite eine zarte Kritik am Krisenmanagement der Regierung andeutete. Bei diesen Herrschaftsverhältnissen ist es kein Wunder, dass die zahllosen großen und kleinen Skandale der Regierung und der Familie Mitsokis in den Nachrichtensendungen und Kommentarspalten der Mainstream-Medien praktisch nicht vorkommen.

Das glänzende PR-Management der Generalstabs-Regierung hat sein Gegenstück in einer trübseligen Medienlandschaft, deren subventionierter Konformismus an die autoritären Regime Ungarn und Polens erinnert. Aus welchen Gründen die meisten privaten Fernsehsender den Eindruck erwecken, ein Medienkartell namens „Mitso TV“ zu betreiben, ist ein Thema für sich, das ich in meinem nächsten Text aufgreifen werde. Hier genügt der Hinweis auf die direkte finanzielle Begünstigung der regierungsfreundlichen Medien und auf die ideologische Nähe der Medieneigentümer zu einer neoliberalen Regierung, auf deren Gunst sie angewiesen sind.

Die meist hoch verschuldeten privaten Mediengesellschaften genießen nicht nur steuerliche Vergünstigungen, sondern werden auch direkt subventioniert; zuletzt durch direkte Einnahmen, die ihnen die Regierung im letzten Jahr mit einer gigantischen Corona-Anzeigenkampagne verschafft hat. Wir haben es in Griechenland also mit einem „infusionsgesteuerte Journalismus“ zu tun, wie es gerade in Österreich ans Licht gekommen ist (siehe Spiegel vom 9. Oktober 2021). In Wien kam Bundeskanzler Kurz nach der Aufdeckung dieses Systems zu Fall; in Athen braucht sich Mitsotakis, der Kurz zu seinen guten Freunden zählt, über Enthüllungen keine Sorgen zu machen, weil das Geschäftsmodell nie ein Geheimnis war. (21)

Die Mitsotakis GmbH

Die neoliberale Dogmatik dieser Regierung äußert sich am klarsten in einer manischen Privatisierungsdrang. Wo immer sich ein Feld auftut, das noch nicht durch „private Investoren“ beackert ist, setzt die Regierung Mitsotakis alle Hebel in Bewegung. Ein solches Feld sieht sie auch in den abgebrannten Waldgebieten. Noch bevor alle Brände unter Kontrolle waren, verkündete der Regierungschef, dass die anstehenden Aufgaben vom Staat allein nicht zu bewältigen seien. Deshalb werde man „Anreize für die Beteiligung des privaten Sektors“ schaffen“. Das wichtigste Instrument dazu seien „Aufforstungs-Aufträge“. Das heißt: Die Übernahme von Erdarbeiten, die der Prävention von Erosion und Erdrutschen dienen, sowie die Wiederaufforstung bestimmter Zonen wird per Ausschreibung an private Unternehmen vergeben.

Das Ziel ist klar erkennbar: Von den griechischen und europäischen Geldern, die für die Bewältigung des Katastrophensommers fließen werden, soll ein möglichst großer Teil in den privaten Sektor gelenkt werden. Gesagt getan: Die ersten Slots wurden binnen weniger Wochen vergeben. Bereits am 14. September erfolgte der Zuschlag für die „Wiederherstellungsarbeiten“ im Gebiet von Limni in Nord-Euböa - in einem völlig intransparenten Verfahren - an das Unternehmen EREN ELLAS. Diese Tochter eines französischen Konzerns (an dem die Total-Gruppe zu 25 Prozent beteiligt ist), hat bislang keinerlei Expertise in Sachen Wiederaufforstung aufzuweisen. In Griechenland ist sie ausschließlich mit der „Entwicklung, Installierung und Betreibung von Windkraftanlagen und photovoltaischen Parks“ beschäftigt.

Mit der Auftragsvergabe an EREN ELLAS nährt die Regierung Mitsotakis den Verdacht, der seit Beginn der Waldbrände auf einschlägigen Internet-Sites verbreitet und diskutiert wird: In Nord-Euböa seien Brandstifter unterwegs gewesen, und zwar im Auftrag von Firmen, die auch den Norden der Insel mit Windkraft-Farmen überziehen wollen (im Süden Euböas sind bereits Hunderte von Windmasten installiert). Der Verdacht ist nicht ganz logisch, weil man Windanlagen auch in Waldzonen errichten kann. Dennoch ist die geschilderte Wiederaufforstungs-Strategie ein Beleg dafür, dass die Regierung auch die Rettung und Erhaltung natürlicher Ressourcen als Chance sieht, die Interessen und Ambitionen privater Unternehmen zu bedienen. Das Etikett „Mitsotakis GmbH“, das der Oppositionspolitiker Yanis Varoufakis für die ND-Regierung erfunden hat, ist keine polemische Übertreibung, sondern eine sachliche Beschreibung, die fast täglich bestätigt wird. Das lässt sich auch auf dem Feld der Gesundheitspolitik und am Beispiel der griechischen Corona-Strategie aufzeigen, die das Thema meines nächsten Beitrags an dieser Stelle sein wird.

 

 


Anmerkungen

1) Dazu und zum Inhalt des EK-Gesetzes siehe meinen Blog-Text „Moderne Zeiten in Griechenland“ vom 29. Oktober 2019.

2) Siehe die aktuellen Statistiken des European Forest Fire Information System (EFFIS): https://effis.jrc.ec.europa.eu/apps/effis.statistics.portal/effis-estimates/EU

3) Zahlen nach der EFFIS-Statistik; siehe auch Kathimerini vom 22. August 2021; das in Griechenland übliche Flächenmaß ist nicht der Hektar, sondern das Stremma (1000 m²), wobei 10 Stremmata einem Hektar entsprechen.

4) Weil einige Waldbrandopfer später verstarben, verzeichnet die Statistik insgesamt 102 Tote.

5) Die Katastrophe von Mati wurde am 13. August 2018 auf diesem Blog untersucht, unter dem Titel „Verbrannte Erde, verbrannte Regierung“.

6) Auch diese Behauptung war propagandistisch geschönt, denn die Evakuierung erfolgte keineswegs nach konkreten Plänen, die es laut Gesetz für jede gefährdete Region geben müsste. Vielmehr verließ sich das Krisenmanagement fast ausschließlich auf die Notruf-Nr. 112, die ältere Menschen ohne Mobiltelefone nicht erreichten. Siehe die Kritik an der Evakuierung seitens eines pensionierten Feuerwehroffiziers in EfSyn vom 5. August 2021.

7) Ein Megafire wird nach der verbrannten Fläche definiert; es ist durch eine hohe Flammenfront, eine extreme Hitzelast und unberechenbare Verläufe gekennzeichnet.

8) Zitiert nach Robert Ellis, „While Turkey Burned“, Ahval News vom 24. August 2021.

9) Grundsätzliche Kritik an der mangelnden Prophylaxe übte ein Autorenteam der Forstwissenschaftlichen Fakultät an der Landwirtschafts-Universität Athen in einer Studie zur Zukunft der Waldbrandverhütung und -bekämpfung, siehe EfSyn vom 27. August 2021.

10) Die Prophylaxe wurde vom zuständigen Minister Chrysochoidis lediglich verbal beschworen, der noch am 15. Juni erklärt hatte: „Im Zentrum unseres Ansatzes steht die Prophylaxe, die Bereitschaft und das Bemühen der Intervention bevor das Übel eintritt.“ (zitiert nach EfSyn vom 13. August 2021)

11) So der Brandexperte Xanthopoulos im staatlichen TV-Sender ERT 1 am 11. August 2021; siehe auch EfSyn vom 12. August 2021.

Mitsotakis sprach auf seiner Pressekonferenz vom 12. August von 51 Millionen Euro, die man für Prophylaxe ausgegeben habe, aber die Zahl bezieht sich offenbar auf den Etat der Zivilschutzbehörde, die sich eher um den Schutz von Siedlungen und nicht der Waldgebiete kümmert.

12) Xanthopoulos in Ta Nea vom 9. August 2021; genaue Zahlen für den Zeitraum 2010 bis 2017 finden sich im sog. Goldammer-Bericht, von dem weiter unten noch die Rede sein wird.

13) Der Zivilschutz hat als Aufsichtsbehörde weder das Personal für eine wirksame Erfolgskontrolle seiner Anordnungen noch die Kompetenz, Strafen zu verhängen.

14) Glücklicherweise konnte die Feuerfront am 18. August vor dem Dorf gestoppt werden.

15) Der ganze Goldammer-Report liegt nur auf Griechisch vor, eine englische Kurzfassung findet sich unter: https://gfmc.online/wp-content/uploads/FLFM-DG-ECHO-Presentation-08-March-2019.pdf

16) Eine verfassungsrechtliche Kritik an dieser Entscheidung übt Sotirios Rizos, ehemaliger Präsident des Staatsrats (der Συμβούλιο της Επικρατείας ist das Oberste Verwaltungsgericht, das zugleich als Verfassungsgericht fungiert) in Kathimerini vom 5. September 2012.

17) Ein Beispiel von vielen ist eine Reportage aus Nord-Euböa (EfSyn vom 6. August) mit dem Titel: „Wir wollen Hubschrauber, wir verbrennen hier!“

18) Dabei brennen die Feuerwehrleute gezielt begrenzten Baumbewuchs ab, um die Feuerfront zu unterbrechen.

19) Dieselbe Forderung vertritt das Team von Forstwissenschaftler der Landwirtschafts-Universität Athen: Die Forstämter müssten wieder die Hauptrolle übernehmen, weil deren Personal über die nötigen Ortskenntnisse und die speziellen Qualifikationen verfüge (EfSyn vom 27. August).

20) So Thanos Vlastos, Professor für Stadtplanung an der Technischen Universität Athen, in Kathimerini vom 1. September 2021. In seinem Beitrag verweist der Raumplaner darauf, dass man in der griechischen Provinz in verlassenen Dörfern zig Tausende Häuser renovieren und reaktivieren könnte, statt neue Ferienhäuser in die Wälder zu bauen.

21) Insgesamt kamen im Früjahr 2020 für die Corona-Anzeigenkampagne 19, 8 Millionen Euro zur Verteilung, von denen weniger als ein Prozent an oppositionelle Medien flossen, wie eine Analyse des Pressproject vom 6. Juli 2020 ergab (https://thepressproject.gr/ligotero-apo-to-1-ston-antipolitevomeno-typo-gia-to-menoume-spiti/) Da diese Gelder von damaligen Informationsminister Petsas verteilt wurden, spricht die Opposition seitdem pauschal von der „Petsas-Presse“ und den „Petsas-Kanälen“.

 

 


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