Blog Griechenland

Die 30-Minuten-Krawatte
von Niels Kadritzke | 23. Juli 2018

Die Athener Regierung bekam im Monat Juni von den EU-Partnern und der internationalen Presse gleich zwei Erfolge bescheinigt: Zum einen den Beschluss der Euro-Finanzminister in Brüssel, der das offizielle Ende der Bailout-Programme bedeutet und zugleich eine erhebliche Schuldenentlastung bringt. Zum anderen die Unterschrift unter ein Abkommen mit dem nördlichen Nachbarstaat, das eine Lösung der ewigen „Mazedonienfrage“ bedeuten würde - wenn es denn in beiden Ländern ratifiziert würde. Beide Enwicklungen werden die griechische Innenpolitik und das Schicksal der Tsipras-Regierung – auch im Hinblick auf die nächsten Wahlen – entscheidend bestimmen. Der erste Teil meiner Analyse befasst sich mit dem Beschluss von Brüssel und der Bewertung der Schuldenregelung. In einem zweiten Teil werde ich die Entwicklungen in der Mazedonien-Frage und deren Auswirkungen auf das ganze politische System untersuchen.

 

Ein historischer Moment: Tsipras mit Kravatte © Costas Baltas/reuters

Ein historischer Moment: Tsipras mit Krawatte © Costas Baltas/reuters

Nach dem Feiern an die Arbeit

Wie erwartet hat die Eurogroup der Finanzminister in den frühen Stunden des 21. Juni die abschließende Evaluierung des 3. griechischen Bailout- oder Sparprogramms abgesegnet. Zwar wird sich die Auszahlung der letzten Rate von ESM-Krediten bis Anfang August verzögern, weil der deutsche Finanzminister bei der jüngsten Eurogroup-Sitzung am 12. Juli die Überweisung der 15 Milliarden Euro storniert  hat (dazu unten mehr). Das Geld wird also verspätet fließen, aber das ändert  nichts an der Tatsache, dass Griechenland zum 20. August die Ära der „Memoranden“ hinter sich gebracht hat.

Damit endet auch die direkte, detaillierte und technokratische Kontrolle der griechischen Haushaltspolitik durch die Troika (Quadriga) und es beginnt eine – wenn auch „verschärfte“ – Nachprogramm-Aufsicht. Genauso bedeutsam ist ein zweites Element des Brüsseler Beschlusses vom 21. Juni: Endlich haben die Gläubiger/Partner die Modalitäten und den Umfang der Schuldenentlastung festgelegt, die sie den Griechen seit 2011 wiederholt versprochen aber nie konkretisiert haben.

Der stets mit offenem Hemdkragen auftretende Tsipras hatte zu Beginn seiner Regierungszeit erklärt, er werde erstmals eine Krawatte anlegen, wenn für Griechenland endlich eine Schuldenentlastung beschlossen wird. Das hat er am 22. Juni vor der klassizistischen Kulisse des Athener Zappion getan. Bei seiner Rede vor den Abgeordneten beider Regierungsfraktionen (Syriza und Anel) trug er zum dunkelblauen Anzug einen weinroten Schlips. Aber nicht lange. Nach 25 Minuten legte er ihn wieder ab. Seine Begründung: Nach dem Feiern gehe es wieder an die Arbeit, und zum Ärmel aufkrempeln passe keine Krawatte. Es gebe noch viele Ungerechtigkeiten zu beseitigen: „Wir haben einen Kampf gewonnen, aber nicht den Krieg, der da draußen weitergeht.“

Souveränität heißt Stolz auf die eigene Verantwortung

Vielleicht hat Tsipras den Schlips auch deshalb so schnell abgelegt, weil ihm eine allzu festliche Stimmung unpassend erschien. Zwar würdigte er die Beendigung des Memorandums als „historisches“ Ereignis, aber er vermied das große Wort vom „sauberen“ Austritt, den er die Wochen davor strapaziert hatte (siehe meinen letzten Text vom 25. Mai 2018). Stattdessen betonte er die große Aufgabe, die der Zugewinn an Souveränität für das Land bedeute, nämlich „die Verantwortung für sich selbst und für seine Zukunft“ zu schultern. Jetzt komme es darauf an „dass wir nicht in die Defizite zurückfallen und die öffentlichen Finanzen wieder entgleisen lassen“. Vielmehr müsse Griechenland  zeigen, „dass wir es besser hinbekommen.“

Am Ende ging Tsipras auf die Kritiker ein, die seiner Regierung vorwerfen: „Aber ihr seid ja neue Verpflichtungen eingegangen.“ Diesem Vorwurf hielt er entgegen: „Jawohl, wir haben genau die Verpflichtungen übernommen, auf deren Verwirklichung wir stolz sein werden. Und die Hauptverpflichtung gegenüber den Partnern lautet, dass wir die institutionellen Reformen nicht zurücknehmen, die wir bereits verwirklicht haben und weiterhin verwirklichen werden.“ Als Beispiele für unerlässliche Reformen nannte der Regierungschef die Vereinheitlichung der Rentenkassen, die Garantie der Unabhängigkeit des Statistischen Amtes ELSTAT1 und der staatlichen Einnahmenverwaltung AADE2 sowie weitere Reformen im Bereich der Justiz.

Souveränität dank Schuldenentlastung

Mit dem Bekenntnis zu den Reformprojekten reagierte Tsipras auf die Forderung, seine Regierung müsse sich das Programm „zu eigen machen“, das dem Land mit dem dritten Memorandum auferlegt wurde. Das schließe auch die Verpflichtung ein, „die Haushaltsziele zu erreichen, die wir mit unseren Partnern vereinbart haben.“ Das aber werde deutlich leichter dank der Schuldenregelung, die den zweiten Teil der Brüsseler Vereinbarung ausmacht. Erst diese Regelung ermögliche den Griechen, „das Steuerrad der wirtschaftlichen Entwicklung, die Verantwortung für die Zukunft des Landes, wieder selbst in die Hand zu nehmen“.


Zu diesem Zugewinn an „Souveränität“ wurde die Athener Regierung von sämtlichen Partner auf EU- und Eurozonen-Ebene beglückwünscht: von Juncker über EU-Finanzkommissar Moscovici und ESM-Chef  Regling bis zum Eurogroup-Vorsitzenden Centeno. Sie alle lobten die ach so tapferen Griechen, die in acht Jahren harter Sparpolitik ach so schwere Opfer bringen mussten. Aber als einziger hat sich französische EZB-Vize Benoit Coeuré aus diesem Anlass zu einer Selbstkritik durchgerungen. In einem Interview räumte er ein, man habe den Griechen ein zu drastisches Sparprogramm aufgezwungen. Das habe nicht nur die Rezession verschärft, sondern auch die Falschen, nämlich die griechischen Steuerzahler und Arbeiter belastet.3

Was beinhaltet der Beschluss von Brüssel? Eine gute Übersicht liefert uns Kostas Kallitsis (Kathimerini vom 24. Juni). Deshalb will ich hier seine Einschätzung (fast vollständig) dokumentieren und durch ausführliche Erläuterungen ergänzen.
Was sieht der Beschluss der Eurogruppe vor?

Erstens: bis 2033 werden wir für Kredite in Höhe von 100 Milliarden Euro, die wir mit dem 2. Memorandum bezogen haben,  weder Zinsen noch Tilgungsraten zahlen; zugleich verlängert sich der Tilgungszeitraum um zehn Jahre.

Zweitens: Mit der Gewährung von neuen Darlehen in Höhe von 15 Milliarden Euro, die zu den bereits beiseitegelegten 6 Milliarden dazu kommen, wird eine „Sparbüchse“ geschaffen, die für den vollen Finanzierungsbedarf bis Mitte 2020 ausreicht; und zwar auch dann, wenn wir nicht auf die (Finanz-) märkte gehen.

Drittens: Wir erhalten die Erlöse aus den (griechischen) Anleihen, die innerhalb des Euro-Systems gehalten werden; diese 4,8 Milliarden Euro werden bis Juni 2022 in acht Raten ausgezahlt.

Viertens: Für die Darlehen aus dem 2. Memorandum wird  die step up-Klausel aufgehoben (die stufenweise Zinserhöhungen vorsieht).

Was bedeuten diese Beschlüsse?

Erstens: Mithilfe eines wachsenden BIP und höherer Primärüberschüsse werden wie die Darlehen bedienen können. Die Abzahlung ist unsere Aufgabe, aber die wird durch den Beschluss der Eurogroup erleichtert.

Zweitens: Mit der billigen Kreditaufnahme ist Schluss. Wir werden uns über die Märkte finanzieren müssen, und zwar zu erträglichen Zinsen, wobei wir als Sicherheit zunächst, und bis zur Aufwertung unserer Kreditwürdigkeit auf den „investment grade“4, über die „Sparbüchse“ verfügen; während uns danach als einzige Garantie unsere Glaubwürdigkeit bleibt.

Drittens: Das Wichtigste an dem Beschluss ist, dass er uns einen zeitlichen Korridor von mehr als 10 Jahren Dauer verschafft, in denen wir frei von großen Belastungen durch den Schuldendienst sind (weil die Abzahlung der 60 Milliarden Euro-Kredite aus dem 3. Memorandum erst 2034 beginnt). In diesem Zeitraum können wir ein dynamisches Wirtschaftswachstum anstreben. Hier liegt unsere große Herausforderung.

Wenn die Opposition ihren heiligen Zorn über die sehr strenge Aufsicht (auch nach dem Ende des 3. Memorandums) äußert, so finde ich das nur lächerlich. Klar wird es diese Aufsicht geben. Zum einen, weil wir vier gigantische Kredite gebraucht haben (in Höhe von etwa 250 Milliarden Euro, während Zypern etwa 10 Milliarden und Portugal 78 Milliarden bezogen hat). Zum anderen, weil wir das einzige Land sind, das seine internationale Glaubwürdigkeit ruiniert hat, erstens mit den gefälschten Zahlen von 2009; zweitens mit der unverantwortlichen Demagogie und dem bürgerkriegsähnlichen Klima der darauffolgenden Jahre; drittens mit der nach wie vor  erkennbaren Neigung der politischen Klasse, ihre jeweilige Klientel zu bedienen. Es wird also tatsächlich eine strenge Aufsicht geben, wenn auch ohne die bekannten extremen Praktiken der Troika. Und das ist gut so.

Ebenfalls unverantwortlich finde ich das Geschrei über erdrückende Primärüberschüsse von 2,2 Prozent des BIP. Es ist offensichtlich, dass diese Überschüsse (also eine entsprechend restriktive Haushaltspolitik) nur schwer mit dem angestrebten starken Wirtschaftswachstum zu vereinbaren sind. Aber ebenso wahr ist, dass wir relativ hohe Primärüberschüsse auch dann erzielen müssten, wenn uns keine Vereinbarung dazu verpflichtet würde. Denn wenn das Land seine Schuldenlast  nicht zurückführen kann, wird die Überschuldung alle Bemühungen um das Wachstum seiner Volkswirtschaft wieder zunichtemachen.

Dieser Analyse von Kallitsis folgend werde ich einige zentrale Punkte der Brüsseler Vereinbarung erläutern, ergänzen und bewerten.


Was bedeutet die Verlängerung der Tilgungsfristen?

Die Karenzzeit für den Schuldendienst und die Verlängerung der Tilgungsfristen bezieht sich auf EFSM-Kredite, die Griechenland 2012 im Rahmen des zweiten Bailout-Programms erhalten hat. Für diese Gelder sollten die Zins- bzw. Rückzahlungen eigentlich Anfang 2023 beginnen. Diese Frist ist jetzt bis 2033 verlängert. Die zehn Jahre Aufschub sind für Griechenland ein beachtlicher Erfolg, da Deutschland anfangs zu einer weiteren Schonfrist von nur drei Jahren - und zuletzt von allenfalls sieben Jahren - bereit war, während Frankreich sogar über 15 Jahre hinausgehen wollte hatte.

Mit dieser verlängerten Karenzzeit wird der Schuldendienst (Zinsendienst und Tilgungsraten)  für die kommenden 15 Jahre beherrschbar. Allerdings ist allen Beteiligten klar, dass damit nur die Tragfähigkeit der mittelfristigen Schuldenbelastung gesichert ist. Das betonten nach dem Beschluss von Brüssel nicht nur Pierre Moscovici für die EU-Kommission und Benoit Couré  für die EZB, sondern auch die OECD,  die internationale  Wirtschaftspresse (voran die Financial Times) und die Rating-Agenturen. Besonders nüchtern äußerte sich in diesem Punkt der IWF, der eine ernste Warnung aussprach: Ob die „mittelfristige Verbesserung der Schuldentragfähigkeit“ auch langfristig stabilisiert werden könne, sei höchst zweifelhaft angesichts der „sehr ehrgeizigen Annahmen über das Wachstum des BIP und die Fähigkeit Griechenlands, große fiskalische Primärüberschüsse zu erzielen“. Für völlig illusorisch hält der IWF insbesondere die Vorgabe, ab 2023 für weitere 37 Jahre (!) einen Primärüberschuss von durchschnittlich 2,2 Prozent zu erzielen.5

Der französische Mechanismus – blockiert von Berlin

Zum Text von Kallitsis sind deshalb zwei Einwände angebracht. Seine Aussage, Griechenland werde die Darlehen „dank der Erhöhung des BIP und der Primärüberschüsse“ bedienen können, gilt allenfalls bis 2033. Und das auch nur, wenn das BIP stark und kontinuierlich wächst. Was wiederum maßgeblich vom Niveau der Investitionen abhängig ist – und natürlich von der globalen Konjunkturentwicklung.

Zudem gibt es in der Argumentation von Kallitsis eine Lücke. In einem wichtigen Punkt ist der Schuldenbeschluss hinter den Erwartungen der griechischen Seite und den Vorstellungen vieler Finanzexperten zurückgeblieben. Nach einem Plan, der von Frankreich propagiert und von Teilen der EU-Kommission unterstützt wurde, sollte der Schuldendienst Griechenlands an das Wirtschaftswachstum gekoppelt werden. Das würde bedeuten: fristgemäße Bedienung bei guter Konjunktur und weitere Karenzzeiten bei schwachem Wachstum oder Rezession.

Diesen Ansatz hat die deutsche Seite von Beginn an abgelehnt. Auch in Brüssel scheiterte das ökonomisch vernünftige Konzept an der harten Haltung des neuen Berliner Finanzministers namens Olaf Schäuble. Diese starre Position haben Kritiker wie Sven Giegold (Mitglied des Europäischen Parlaments und Sprecher der Europagruppe Grüne) als kurzsichtig moniert: „Die Schuldentragfähigkeit Griechenlands schönzurechnen, um sich vor notwendigen Schuldenerleichterungen zu drücken, ist eine zweifelhafte Verdrängungsstrategie.“6

Statt des „französischen  Mechanismus“ wurde von der Eurogroup ein anderer Parameter eingebaut: Der jährliche griechische Schuldendienst soll den Grenzwert von 15 Prozent des BIP nicht überschreiten. Viel wichtiger als diese Klausel ist allerdings ein genereller Vorbehalt, den die Eurogroup beschlossen hat.

Neues Rendezvous mit der Realität nach 15 Jahren

Sollte sich bis 2032 zeigen, dass die Annahmen über das Wachstum der griechischen Wirtschaft – und über den erzielbaren Primärüberschuss – zu optimistisch waren, muss ganz neu nachgedacht werden. Dann werde, wie die Euro-Finanzminister feststellen, auf Grundlage einer neuen Schuldentragfähigkeitsanalyse (DSA wie Debt Sustainability Analysis) zu entscheiden sein, ob zusätzliche Erleichterungen nötig werden.

Der IWF macht in seiner oben zitierten Stellungnahme deutlich, dass er diese Zusage als wichtigstes Element des Brüsseler Beschlusses betrachtet. Wobei er hinzufügt, jede zusätzliche Entlastung müsse „auf realistischen Annahmen beruhen, insbesondere was Griechenlands Fähigkeit betrifft, auf Dauer außerordentlich hohe Primärüberschüsse zu erzielen“.

Damit stellt der IWF unmissverständlich klar: Das Urteil über die langfristige Schuldentragfähigkeit Griechenlands wird am Ende von der Realität gefällt. Da auch die EU-Kommission für die Zeit nach 2022 ein durchschnittliches BIP-Wachstum von lediglich 1,0 Prozent des BIP unterstellt7, ist heute schon klar, dass die Frage der langfristigen Schuldentragfähigkeit zu Beginn der 2030er-Jahre erneut auf der Tagesordnung stehen wird. Diese Revisionsklausel ist aus griechischer Sicht der wichtigste „Erfolg“ des Brüsseler Beschlusses. Allerdings kann es sich die Athener Regierung nicht leisten, diesen Erfolg laut zu feiern. Würde sie das tun, hätten die Skeptiker in Berlin und auf den Finanzmärkten wieder neue Gründe, die Griechen als unsichere Kantonisten hinzustellen.

Was bedeutet der neue Kredit in Höhe von 15 Milliarden Euro?

Die in Brüssel beschlossene Summe von 15 Milliarden Euro ist die letzte Kreditrate, die der griechische Staat aus den im Sommer 2015 bewilligten ESM-Mitteln bezieht (damit werden rund 30 Prozent dieser Mittel in Höhe von 86 Milliarden Euro nicht ausgeschöpft). Von den 15 Milliarden Euro gehen 5,5 Milliarden in die Schuldentilgung, die übrigen 9,5 Millionen wandern auf ein Sonderkonto, das als Finanzpolster dient. Damit verfügt Griechenland – zusammen mit den bereits vorhandenen Rücklagen – über eine Reserve von 24 Milliarden Euro, die alle bis Frühjahr 2020 anfallenden Kreditkosten (Zinsen plus Abzahlungsraten) abdecken könnte.

Der Betrag von 15 Milliarden Euro aus den ESM-Mitteln war bis zum Schluss umstritten. Auch in diesem Punkt wollte der Berlin Zuchtmeister maximal 10 Milliarden Euro bewilligen, andere EU-Partner dagegen bis zu 20 Milliarden Euro. Der Kompromiss wurde (laut griechischen Zeitungsberichten) in zähen Verhandlungen zwischen den Finanzministern Griechenlands, Frankreichs und Deutschlands erzielt.

Das stattliche Finanzpolster soll den Märkten signalisieren, dass die Griechen kurzfristig keinerlei Zahlungsprobleme haben werden. Dieses Signal ist angekommen, aber die Wirkung war begrenzt. Seit dem Brüsseler Beschluss sind die Marktzinsen für die griechische 10-Jahres-Anleihe zwar merklich gesunken: vom Höchstwert 4,8 Prozent (am 29. Mai) auf 3,86 Prozent (am 20. Juli). Aber dieser Zinssatz liegt nach wie vor deutlich höher als der von Portugal (1,76 Prozent) oder Spanien (1,29 Prozent). Das wird sich so schnell nicht ändern. Nach einem Bericht in der Kathimerini  (1. Juli 2018) gehen „Finanzmarktkreise“ davon aus, dass die Ratingagenturen die griechischen Anleihen zwar sukzessiv hochstufen werden, aber bis Ende 2019 oder Anfang 2020 noch nicht auf einen „investment grade“, der eine anlagewürdige Bonität bescheinigen würde.

Zögern vor der weichen Landung

Damit ist Griechenland noch weit entfernt von jener „weichen Landung“ auf den Finanzmärkten, von denen der Vorsitzende der Eurogroup, der portugiesische Finanzminister Centeno in Brüssel gesprochen hat. Die ursprünglich geplante Auflage einer 10-Jahrsanleihe -  als symbolisches Freudenfeuerwerk gedacht - wurde bereits abgesagt; und alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die Athener Regierung den Markt vor dem 20. August nicht mehr testen will.8

In dieser Reaktion der Regierung Tsipras auf den „historischen“ Beschluss von Brüssel zeigt sich ein irritierender Widerspruch. Regierungssprecher Tzanakopoulos erklärte am 22. Juni, dank des Finanzpolsters gebe es „absolut keinen Druck, auf die Märkte zu gehen“. Damit wird die „Freiheit“, den Markttest aufzuschieben, als zentralen Verhandlungserfolg dargestellt. Das steht jedoch im Gegensatz zu Aussagen vor dem Beschluss von Brüssel, wonach eine Schuldenentlastung ermöglichen werde, neue griechische Anleihen erfolgreich, also zu tragbaren Zinsen, auf dem Markt zu platzieren. Die Genugtuung des Regierungssprechers ist aus einem weiteren Grund schwer nachzuvollziehen. Denn das Polster funktioniert als positives Signal an die Märkte nur, wenn es nicht angetastet wird. Wenn dieses Geld aber in Anspruch genommen wird, um den Markttest möglichst lang hinauszuschieben, wird eben dieser Markt darin ein Zeichen der Schwäche sehen – was für Griechenland mittelfristig höhere Bond-Zinsen bedeutet.

Was bringt der Rückfluss der Erlöse für griechische Anleihen?

Dass die EZB und einige nationale Zentralbanken ihre Zinserlöse, die sie seit 2010 mit ihren griechischen Anleihen erzielt haben, an die Athener Staatskasse abführen werden, ist für Athen zweifellos ein Erfolg. Und die Summe von 4,8 Milliarden Euro ist nicht unerheblich. Mit diesen auf vier Jahre verteilten Geldzuflüssen lassen sich Staatsausgaben ohne Einsatz von Steuereinnahmen finanzieren, womit auch das Erreichen der hohen Primärüberschüsse leichter wird. Allerdings wird diese Einnahmequelle 2022 versiegen, was das Erzielen von (immer noch) hohen Überschüssen ab 2023 deutlich erschweren dürfte.

Dieser griechische „Erfolg“ verliert allerdings auf den zweiten Blick an Glanz. Zum einen wurden diese Milliarden den Griechen seit 2010 schon mehrfach zugesagt; die Gläubiger lösen also nur ein altes Versprechen ein, und das mit großer Verspätung. Zum anderen hat die Eurogroup mit dem Auszahlungsmodus für die Zentralbank-Gewinne ein zusätzliches Kontrollinstrument geschaffen: Die acht Halbjahresraten fließen nur, wenn von griechischer Seite bestimmte Vorgaben erfüllt werden. Das werden in der Regel bereits zugesagte Reformen sind, die sich verzögert haben; es können aber auch neue Bedingungen hinzukommen (wenn auch keine detaillierten Auflagen). Die Begutachtung, ob die Bedingungen für die Auszahlung erfüllt sind, wird vierteljährlich erfolgen. Das macht sie zu einem Aspekt der „verschärften Aufsicht“, der Griechenland auch nach Ablauf des Memorandums unterliegt (dazu weiter unten mehr).

Was bringt die Aufhebung der Step-up-Klausel?

Die Kredite des 2. Bailout-Programm (Memorandum), die noch von der EFSF ausgegeben wurden (9), waren mit einem „step-up coupon“, also einer gestaffelten Zinsmarge versehen. Die Zinsen für diese Anleihen hätten sich stufenweise erhöht: von 2 Prozent bis 2015 über 3 Prozent bis 2020 und auf 4,3 Prozent für den Zeitraum nach 2022. Diese steigende Zinsbelastung wurde jetzt abgeschafft. Damit ist die jährliche Belastung des griechischen Haushalts um durchschnittlich 220 Millionen Euro reduziert.(EfSyn vom 22. Juni 2018) Auch diese Entlastung ist – wie die Auszahlung der Zinserträge der Zentralbanken - an die Bedingung gekoppelt, dass die Reformprogramme eingehalten werden, unterliegt also einer vierteljährlichen Kontrolle.

Was bei Kallitsis fehlt: die nicht bewilligte Entlastung

Beide Koppelungsmechanismen waren eine Idee der Brüsseler Kommission, liegen aber ganz auf der Linie des Berliner Finanzministeriums. In Athen hatte niemand die Illusion, dass Schuldenerleichterungen ohne Auflagen zu haben wären. Und doch wurde die griechische Seite von der disziplinarischen Strenge der Deutschen überrascht, die sich in Brüssel in einem weiteren Punkt durchgesetzt hat, den Kallitsis nicht erwähnt.

In den internen Diskussionen vor dem Schuldenbeschluss hatte Athen einen zusätzlichen Entlastungsschritt  beantragt: Weitere Gelder aus den bislang nicht genutzten ESM-Krediten sollten dazu dienen, die teuren IWF-Kredite (mit einem Zinssatz bis 4,8 Prozent) abzulösen. Die vorzeitige Abzahlung dieser Darlehen in Höhe von rund 11 Milliarden Euro mittels ESM-Geldern (mit einem Zinssatz von weniger als 1 Prozent), hätte eine substantielle und vor allem dauerhafte Schuldenentlastung bedeutet. Diese von vielen Ökonomen befürwortete  Idee wurde von der EU-Kommission (insbesondere von Finanzkommissar Pierre Moscovici) wie auch vom ESM unterstützt.

Nicht aber von Berlin. In einem Zwischenbericht vor der Eurogroup-Sitzung vom 21. Juni äußerte die deutsche Seite ihre „Skepsis“  hinsichtlich „vorzeitiger Teilrückzahlungen bestehender offizieller Darlehen an Griechenland durch Verwendung ungenutzter Ressourcen innerhalb des ESM-Programms“. Mit dieser Blockade einer unmittelbar wirksamen Umschuldungsaktion hat sich Olaf Schäuble in Brüssel weitgehend durchgesetzt. Er sorgte dafür, dass lediglich 3,3 Milliarden Euro aus dem ESM-Topf für die Ablösung von IWF-Krediten eingesetzt werden dürfen. (EfSyn vom 22. Juni 2018) Diese Haltung ist erneuter Ausdruck der notorischen Strenge, die der Klassenlehrer der Eurozone gegenüber einem missratenen Schüler praktiziert, dem man zwei Jahre zuvor noch zum Sitzenbleiben verdonnern wollte.

Berlin und IWF – eine end- und heillose Geschichte

Für diese Verweigerungshaltung gibt einen weiteren Grund, der mit dem Verhältnis der deutschen Regierung zum Internationalen Währungsfonds (IWF) zu tun hat. Deren schizophrene Haltung zum IWF wurde hier schon mehrfach thematisiert (zuletzt in dem Text: „Das Abkommen von Luxemburg“ vom 29. Juni 2016). Einerseits wollte Berlin den IWF unbedingt als Gläubiger dabei haben, weil der Fonds als die strengste Aufsichtsinstanz gilt. Deshalb war die Zustimmung des Bundestags zu allen drei Memoranden an die Beteiligung der Washingtoner Institution gekoppelt.

Andererseits war die Position des IWF zur  Schuldenentlastung - die Forderung nach einem weit radikaleren Schnitt – der deutschen Regierung seit langem ein Dorn im Auge.10 Indem sie in diesem Punkt unnachgiebig blieb, hat sie den IWF aus dem Quartett der Kreditgeber hinausgedrängt: Die Statuten des Fonds verbieten Kredite an Länder, deren Schuldenbelastung er nicht für langfristig tragfähig hält. Der IWF muss sich daher auf die Rolle eines kontrollierenden Gutachters beschränken.

Diese reduzierte Rolle ist aus Berliner Sicht durchaus willkommen, denn der IWF bleibt formell „an Bord“, hat aber in der Frage der griechischen „Schuldentragfähigkeit“ offiziell keine Stimme mehr. Allerdings: Wenn Griechenland die IWF-Kredite jetzt bereits restlos abbezahlt hätte, wäre der Fonds kein Gläubiger mehr. Damit wäre auch seine Rolle als Aufseher hinfällig geworden11 und die deutsche Regierung hätte ihre Zusage gegenüber dem Parlament gebrochen. Um dies zu vermeiden, kam Finanzminister Scholz in einem „dialektischen Prozess zur Erkenntnis höherer Art“, wie Manfred Schäfers in der FAZ vom 29. Juni bissig kommentierte: „Da der IWF sein Geld zurückhaben wolle, sei er bei der Beobachtung der griechischen Reformanstrengungen stets dabei.“

Das ist der  tiefere Grund, warum Griechenland den IWF nicht auszahlen darf und weiterhin Kredite bedienen muss, für die fünf Mal höhere Zinsen fällig sind als für die ESM-Mittel. Damit hat die deutsche Regierung ihr Problem mit dem IWF erneut zu Lasten Athens gelöst: Sie hat den Fonds - als Aufsichtsinstanz -  nach wie vor „im Boot“ und vermeidet damit einen neuen Bundestagsbeschluss. Zugleich hat sie denselben IWF - als unliebsamen Mahner in Sachen Schuldenentlastung - über Bord gehen lassen. 12

Der indirekte Einfluss der AfD

Die Haltung der Regierung Merkel-Scholz hat aber auch eine innenpolitische Dimension. Auch beim Thema Griechenland starrt die Regierung auf die AfD, die in Berlin in vielen Bereichen indirekt längst mitregiert (am deutlichsten in der Flüchtlings- und Asylpolitik). Die rechtradikale und EU-feindliche Partei stellt den Vorsitzenden im Haushaltsausschuss des Bundestages, dem die Brüsseler Vereinbarung zur Begutachtung vorgelegt wurde. In diesem Ausschuss hat die AfD beantragt, die Vereinbarung abzulehnen. Und im Plenum des Bundestags sprach der Ausschuss-Vorsitzende Böhringer am 29. Juni von einem „Rundum-sorglos-Paket für Griechenland“ – eine Rhetorik, die an Zynismus kaum zu überbieten ist. Besonders empörend fand der AfD-Sprcher die Rückführung der Zinsgewinne der Zentralbanken und das „Geschenk eines 15 Milliarden-Cash-Puffers“ an ein überschuldetes Land; deshalb müsse die AfD im Interesse des deutschen Steuerzahlers „die Reißleine ziehen“.13

Auf der Linie der AfD agierte im Haushaltsausschuss auch die FDP. Deren Abgeordnete Otto Fricke und Frank Schäffler hatten die Sondersitzung des Ausschusses gefordert, der dann den Aufschub der Auszahlung an Griechenland durchsetzte. Der Marktfundamentalist Schäffler erklärte zur Begründung, es sei offensichtlich, „dass die Regierung Tsipras erneut die Staatengemeinschaft hinter die Fichte führen will". Schäffler hat seit 2015 vehement den Grexit gefordert. Im Februar 2017 propagierte er auf seinem Blog: „Griechenland muss raus aus dem Euro. Je eher desto besser.“ Diese Forderung war noch im Bundestagswahlkampf vom September 2017 eine öffiziöse Position der FDP.

Die Demagogie der AfD und der FDP-Extremisten hat zweifellos dazu beigetragen, dass sich Scholz und die Große Koalition zu einer weiteren Drohgeste in Richtung Athen entschlossen haben. Mit dem Aufschub der 15 Milliarden Euro-Zahlung wollte der deutsche Finanzminister demonstrieren, dass er bis zum letzten Tag des Memorandums das Kommando führt.

Vorwand für diese Schikane war eine Entscheidung der griechischen Regierung, die nicht direkt mit Berlin abgestimmt war. Sie hat den fünf  ostägäischen Inseln, die besonders stark von der Flüchtlingskrise betroffen sind (Lesbos, Chios, Samos, Leros, Kos) für weitere sechs Monate (bis Ende 2018) einen reduzierten MWS-Satz zugestanden. Die steuerliche Entlastung sollte diese Inseln für finanzielle Einbußen entschädigen, die vom Rückgang der Touristenzahlen herrühren.

Die Regierung Tsipras fühlte sich zu diesem Schritt berechtigt, nachdem die EU-Partner sie kurz zuvor für ihre kooperative Haltung in der Flüchtlingskrise gelobt und die europäische Solidarität mit Griechenland beschworen hatten. Athen fühlte sich auch deshalb auf der sicheren Seite, weil sie die Steuerermäßigung für die fünf Inseln, die den griechischen Haushalt mit der belanglosen Summe von 28 Millionen Euro belastet, mit der Brüsseler Kommission und EU-Finanzkommissar Moscovici abgesprochen hatte. Aber eben nicht mit Berlin, wo man sich an frühere Abstimmungsprobleme erinnert fühlte. Deshalb mussten Tsipras und Tsakalotos gemaßregelt werden.

Abmahnung für Moscovici – Mahnung Richtung Athen

Im Anschluss an die Sitzung der Eurogroup vom 12. Juli blockierte der deutsche Finanzminister die Auszahlung der 15 Milliarden, und zwar als Mitglied des ESM-Gouverneursrats, in dem die Entscheidungen einstimmig ausfallen müssen. So konnte Olaf Schäuble die Griechen im Alleingang dazu verdonnern, die MWS-Reduzierung für die Flüchtlingsinseln zum Jahresende wieder aufzuheben und für die 28 Millionen Euro eine Gegenfinanzierung vorzulegen. Tsakalotos hat bereits angekündigt, dass man diese Summe im Verteidigungshaushalt einsparen wird.

Die 15 Milliarden werden erst Anfang August freigegeben, nachdem der Haushaltsausschuss des Bundestags noch einmal getagt hat. Der Zweck der Übung ist keineswegs eine dauerhafte Blockade, sondern eine symbolische Einschüchterung, die in zwei Richtungen zielt. Zum einen auf die EU-Kommission und speziell auf Finanz-Kommissar Moscovici. Der galt in Berlin schon immer als viel zu griechenfreundlich und wird heute nur noch als Restposten der längst versenkten Hollande-Sozialisten angesehen. Eine Absprache zwischen dem lästigen Moscovici und seinem Kumpel Tskakalotos ist aus Berliner Sicht irrelevant, zumal wenn der deutsche „Zahlmeister“ übergangen wurde.
Hauptadressat der Einschüchterungsgeste ist jedoch die Regierung Tsipras. Die Botschaft in Richtung Athen lautet: Die Spielregeln bestimmen wir hier in Berlin, und das nicht nur bis zur letzten Stunde der Laufzeit des Memorandums. Wir werden auch in Zukunft keine Abweichung von dem vereinbarten Programm tolerieren. Mit der Blockade vom 12. Juli will man die Griechen vor allem auf die beiden wichtigen Maßnahmen festnageln, die für die Jahre 2019 und 2020 vereinbart wurden: eine weitere Rentenkürzung ab 1. Januar 2019 und die Absenkung der Schwelle für die Einkommenssteuerpflicht.14

Diese Beharrlichkeit hat einen Grund. In Syriza-Kreisen wird seit einiger Zeit diskutiert, ob man zumindest die Rentenkürzung nicht zeitlich verschieben kann. Das würde die Chancen der Partei bei den nächsten Wahlen - im Frühjahr oder Herbst 2019 – womöglich verbessern. In diesem Sinne haben sich auch Syriza-Minister geäußert (zum Beispiel Arbeitsministerin Effi Achtsioglou und Umweltminister Panos Skourletis). Und auch der Brüsseler Griechenfreund  Moscovici erklärte, eine gewisse „Elastizität“ sei durchaus denkbar, falls die Haushaltsziele nicht gefährdet seien.15

„No rolling back“

Solche Andeutungen kamen in Berlin nicht gut an. Deshalb sorgte Olaf Schäuble in der Eurogroup wie im ESM-Präsidium dafür, dass die Diskussion im Keim erstickt wurde. Unverzüglich versicherten sowohl der portugiesische Eurogroup-Vorsitzende Mario Centeno als auch ESM-Chef Klaus Regling, eine Abweichung von den beschlossenen Maßnahmen sei ausgeschlossen.

Die Institutionen haben Athen also zu einer 'no rolling back“-Zusage gezwungen - die der griechische Finanzminister allerdings bereits mehrfach abgegeben hat. Tsakalotos war schon immer klar, dass die Verpflichtungen seiner Regierung nach dem 20. August weiter gelten und dass die Finanzmärkte jede Abweichung von den vereinbarten Maßnahmen abstrafen würden. Deshalb plant er für die ärmsten Rentenbezieher kompensatorische Hilfen aus einem Finanztopf, der sich aus den „überschüssigen Primärüberschüssen“ speist.16 Aber auch die Verwendung dieser Mittel will Tsakalotos mit den Partnern diskutieren.

Die Bausteine und die Zuversicht

Wie immer ist der Finanzminister im Athener Kabinett derjenige, der die Lage am nüchternsten beurteilt, weil er den Ermahnungen der Partner und der Reaktion der Märkte unmittelbar ausgesetzt ist. Entsprechend hat Tskalotos den „Erfolg“ von Brüssel besonders realistisch, aber auch verhalten optimistisch beurteilt: „Wir haben jetzt alle Bausteine beisammen, um das Programm voller Zuversicht zu beenden.“ Die Botschaft lautet: Das Ende des Memorandums ist der Beginn konstruktiver Anstrengungen. Die bereit liegenden Bausteine ergeben ein stabiles Gebäude nur dann, wenn sie nach einem realistischen Plan mit handwerklichem Können und Beharrlichkeit verarbeitet werden.

Auf welche Gebiete sich diese Arbeit konzentrieren muss, ist in dem Anhang zu den Vereinbarungen von Brüssel festgehalten, der die Hauptaufgaben für die Nach-Memorandums-Ära durchbuchstabiert. Beschrieben sind darin „spezifische Verpflichtungen, um die Kontinuität und Vollendung von Reformen zu sichern, die nach dem ESM-Programm übernommen wurden“.17

In diesem Papier begegnen uns viele alte Bekannte. Es handelt sich vor allem um Reformen, die seit Beginn der Krise angemahnt, aber großenteils erst von der zweiten Syriza-Regierung angepackt wurden. Einige der wichtigsten Aufgaben sind bis heute nicht abgeschlossen. Genannt werden insbesondere die Reform der Steuerverwaltung, die Reduzierung der „notleidenden Kredite“, die das Bankensystem belasten, die Modernisierung des öffentlichen Sektors (mithilfe einer überfälligen Evaluierung) und die Effektivierung des Justizsystems. In diesem Katalog darf auch die „endlose Geschichte“ der griechischen Bürokratie nicht fehlen: der Aufbau des nationalen Katasters, an dem seit 23 Jahren herumgewerkelt wird. Seine Fertigstellung ist jetzt für 2021 ins Auge gefasst.

Was bedeutet das „verstärktes Aufsichtsverfahren“?

Um die Umsetzung dieses Programms zu gewährleisten, wurde in Brüssel jene „Enhanced Surveillance Procedure“ vereinbart, die Kallitsis in seiner Analyse ausdrücklich begrüßt. Die Details dieses „verstärkten Aufsichtsverfahren“ will die EU-Kommission in den nächsten Wochen vorlegen. Doch die wichtigsten Elemente dieser verstärkten Aufsicht – gemessen an den Monitoring-Programmen für die anderen Post-Memorandums-Länder – stehen jetzt schon fest:
Es wird mehr Inspektionen der Institutionen geben, nämlich vier pro Jahr.18

Die Begutachtung der fiskalischen und finanziellen Situation wird detaillierter ausfallen.
Die Institutionen können, wenn sie „Fehlentwicklungen“ feststellen, die griechische Regierung verpflichten, korrigierende Maßnahmen zu ergreifen. Sie dürfen dabei allerdings nicht - wie noch unter dem Memorandums-Regime - die Art der Maßnahmen diktieren.

Ein robustes Instrument – aber keine neues Memorandum

Als entscheidender Unterschied kommt hinzu, was schon oben beschrieben wurde: Die Einhaltung der Auflagen ist mit den beschlossenen Maßnahmen zur Schuldenentlastung verkoppelt (siehe: Rückfluss der Anleihen-Erlöse; Aufhebung der Step-up-Klausel). Das macht die verstärkte Aufsicht zu einem „robusteren Instrument“, wie es im Arbeitspapier der Eurogroup Working Group (EWG) vom 7. Juni heißt.19

Gerade weil das ganze Verfahren strenger ist als das „Post Memorandum Monitoring“ für Portugal, Irland oder Zypern, betont die Eurogroup allerdings, dass es sich auf keinen Fall um ein „4. Memorandum“ handele. So heißt es in dem EWG-Papier: „Um den Eindruck zu vermeiden, dass faktisch ein neues Programm installiert wird, sollte die Konditionalität bestimmte Grenzen einhalten…“ Das bedeutet konkret:

Die Institutionen werden keine über das dritte Memorandum hinausgehenden Bedingungen stellen;
die Bedingungen müssten präzise definiert und objektiv messbar sein;
sie beschränken sich auf Maßnahmen, die der direkten Kontrolle der Regierung unterliegen;
sie sollen zeitlich nicht über den „mittelfristigen“ Rahmen (bis 2022) hinausreichen.

Mitsotakis – der doppelzüngige Demagoge

Die EU-Partner Griechenlands sind offensichtlich bestrebt, die Regierung Tsipras gegen Kritik von links und rechts abzuschirmen. Zum Beispiel gegen den ND-Führer Kyriakos Mitsotakis, der beharrlich behauptet, die Syriza habe ein „viertes Memorandum“ unterschrieben. Das ist reine Demagogie in doppeltem Sinne. Zum einen, weil die Behauptung nicht zutrifft: Griechenland hat sich zu nichts verpflichtet, was über die Vereinbarungen des 3. Memorandums hinausginge. Und die Institutionen behalten zwar auch nach dem 20. August die Aufsicht über das Erreichen der vereinbarten Ziele, aber sie können, was die Instrumente und konkreten Schritte der Umsetzung betrifft, keine detaillierten Anweisungen mehr geben. Sie können allerdings nach wie vor – und noch effektiver – durch kritische Kommentare die Finanzmärkte beeinflussen.

Noch skrupelloser ist die Demagogie des ND-Chefs in anderer Hinsicht: Er weiß ganz genau,  dass er als Regierungschef keinesfalls ein „besseres“ Abkommen erreicht hätte. Dennoch hat er seine Partei auf das Dogma festgelegt, dass das Resultat von Brüssel ein neues Memorandum darstellt und die Regierung Tsipras wegen ihrer Kapitulation vor den Gläubigern möglichst umgehend abgewählt werden müsse. Wer diese Ansicht nicht teilt, wird aus der Partei ausgeschlossen.

Das Exempel statuierte Mitsotakis an einer prominenten Figur. Kostas Micholas ist Präsident der Vereinigung aller Industrie- und Handelskammern des Landes. Nach dem Beschluss von Brüssel hatte er die Beendigung der „Memorandum-Ära“ als positive Entwicklung und als Chance bezeichnet. Außerdem betonte er, die griechischen Wirtschaftskreise seien an politischer Stabilität interessiert, und die werde durch vorzeitige Neuwahlen gefährdet. Zudem wagte er den Hinweis, ein Kompromiss in der Mazedonien-Frage könne vielen Firmen in Nordgriechenland neue Chancen eröffnen. Diese ketzerischen Ansichten waren für die ND-Führung Grund genug, den gewählten Repräsentanten von rund tausend Kleinunternehmern und Geschäftsleuten aus der Partei auszuschließen. Mit der Begründung, die ND könne kein „Trojanisches Pferd“ in ihren Reihen dulden. Micholas kommentierte seinen Ausschluss mit dem Satz: „Mitsotakis betrachtet jeden, der andere Meinungen vertritt, als einen Feind.“ (Interview mit EfSyn vom 27. Juni 2018)

Es gibt allerdings eine Ausnahme, bei der die ND gegenüber „anderen Meinungen“  toleranter ist. Der Sonderfall heißt Kyriakos Mitsotakis. Der Parteivorsitzende äußert sich im Ausland und in ausländischen Medien nämlich beharrlich anders als gegenüber dem griechischen Publikum. Vor wenigen Tagen gab er Christiane Schlötzer von der Süddeutschen Zeitung ein Interview, in dem er sagte: „Am 20. August läuft das dritte und letzte EU-Rettungsprogramm für Griechenland aus, wir brauchen eine neue Regierung, die das Land in die Zukunft führt.“  Zwei Tage später schwor er  seinen Parteivorstand auf die Linie ein, mit der man die Bürger überzeugen könne: „Wir müssen ein für alle Mal das Märchen vom angeblichen ‘Ende der Memoranden‘ entlarven.“ (SZ  vom 19. Juli und EfSyn vom 21. Juli 2018)  Solcher Doppelsprech macht deutlich, wie Mitsotakis und seine Partei „ihrem politischen Opportunismus alles unterordnen und sich dabei ständig in Widersprüche verwickeln, die sie selbst geschaffen haben.“ (so die EfSyn in ihrem Leitartikel).

Für den ehrgeizigen ND-Führer, der bei den konservativen Schwesterparteien in anderen EU-Ländern einmal als liberaler Erneuerer galt, ist dieses opportunistische Syndrom offenbar zur zweiten Natur geworden. Noch krasser zeigt sich dies in seiner doppelzüngigen Haltung zur Mazedonienfrage, in der er sich dem chauvinistischen Flügel seiner Partei unterworfen hat (was ich in meinem zweiten Teil untersuchen werde). Mit seinem Maulheldentum und seiner doppelzüngigen Demagogie hat Mitsotakis seine Partei so tief ins rechtspopulistische Fahrwasser gesteuert, dass Tsipras innerhalb der EU – und selbst in konservativen Kreisen - umso mehr als nüchterner und berechenbarer Partner geschätzt wird.

Gibt es eine linke Krisenpolitik?

Angesichts dessen ist für Tsipras die Versuchung groß, den Abschluss der Memorandum-Ära als politischen Erfolg und persönlichen Triumph darzustellen. Doch ein solches „linkes Maulheldentum“ verbietet sich angesichts der Lage des Landes von selbst. Nach den neuesten Umfragen beurteilen nur 35 bis 40 Prozent der Griechen das Ergebnis von Brüssel als positiv. Und über 80 Prozent der Befragten sind sich bewusst, dass der Schlussstrich vom 20. August noch keineswegs das Ende der alltäglichen Misere bedeutet. Schließlich liegt die Arbeitslosenquote nach wie vor bei 20 Prozent; 35 Prozent der Bevölkerung sind noch von Armut und sozialer Exklusion bedroht; der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 3,39 Euro und wird in der Realität sehr oft noch unterschritten.20 Und dass im Lauf der Krise die soziale Ungleichheit noch zugenommen hat, macht vollends offenbar, dass die „linke Krisenpolitik“ der Regierung Tsipras gescheitert ist.21

Allerdings: Wer dieses Scheitern als „Versagen“ oder gar „Verrat“ der Syriza entlarven will, müsste in der Lage sein, unter den gegebenen politischen Bedingungen eine realistische Alternative aufzuzeigen. Mir ist eine solche Alternative noch nicht über den Weg gekommen. Deshalb kann ich an dieser Stelle nur auf das grundlegende Dilemma verweisen, das die Linke - nicht nur im Fall Griechenland - anerkennen und ehrlich diskutieren müsste.

Alexis Tsipras hat dieses Dilemma bereits zwei Jahre vor seinem Wahlsieg vom Januar 2015 beschrieben. Anfang 2013 hatte der rising star einer aufstrebenden Linkspartei seine erste Begegnung mit dem deutschen Finanzminister Schäuble. Nach dem Gespräch in der Berliner Wilhelmstraße („positiv, auch wenn wir nicht einer Meinung sind“) sprach Tsipras über seine Leitvorstellung von einem „neuen Griechenland“, befreit von „den Fehlern der Vergangenheit und von den Kräften, die uns in die heutige Lage gebracht haben“. In dieser Situation habe die Linke die schwere Aufgabe, das Land „aus der Krise herauszuführen, ohne dass die Gesellschaft kaputt geht“. Dies sei nur möglich mit einer „alternativen Wirtschaftspolitik, die sozial gerechter ist“. Nur dann sei die Bevölkerung für die Reformen zu gewinnen, „die einen Neuaufbau des Staates und einen produktiven Neuanfang ermöglichen können.“22

Genau das hat in Griechenland nicht stattgefunden. Das linke Projekt einer sozial gerechten oder zumindest verträglichen Krisenpolitik, die der Gesellschaft zugleich einen neuen Reformgeist einhaucht, war unter den erstickenden Auflagen der Troika nicht zu realisieren. Heute muss sich die Syriza-Regierung darauf beschränken, in einer Phase ökonomischer Konsolidierung einige sozialpolitische Korrekturen durchzusetzen. Und die stehen zum Teil in Konkurrenz zu den „strukturellen“ Prioritäten eines marktgesteuerten Aufschwungs (ein „positives“ Investitionsklimas und profitable  Privatisierungen).

Das größte Hindernis, das diesem minimal-sozialdemokratischen Vorhaben im Wege steht, ist die Verpflichtung, bis 2022  jährliche Primärüberschüsse (PÜ) von 3,5 Prozent und auf sehr lange Sicht von durchschnittlich 2,2 Prozent zu erzielen. Dieses Ziel halten die meisten Ökonomen – unabhängig von ihrer politischen Couleur - für völlig unrealistisch. Sie halten bestenfalls 1 bis 1,5 Prozent für möglich.

In diesem Punkt vertritt der IWF einen professionellen Konsens, wenn er in seiner ersten Analyse darauf hinweist, dass die mit den europäischen Institutionen vereinbarten PÜ nicht nur höhere Steuern erfordern, sondern auch auf Kosten von Sozialausgaben und Investitionen gehen. Wie ohne die Absenkung des Primärüberschusses auf ein realistisches Niveau eine „soziale Komponente“ finanziert werden soll, die den Mindeststandard eines „linken“ Projekts erfüllen könnte, ist aus heutiger Sicht nicht auszumachen.

Respekt für Sisyphos

Pessimistisch gesehen gleicht diese Aufgabe der berühmten Quadratur des Kreises. Oder, da wir über Griechenland reden, einer Sisyphos-Arbeit. Für eine heroische Linke taugt der von den  Göttern zur Zwangsarbeit verurteilte Sisyphos natürlich nicht zur Identifikationsfigur. Eine realistische Linke, die in diesen Zeiten ohnehin zur Melancholie verdammt ist, sollte dem ewigen Malocher aber wenigstens Respekt entgegenbringen.

Zwischen Sysiphos und der Linkspartei Syriza gibt es natürlich einen wesentlichen Unterschied: Die mythologische Figur der alten Griechen wurde von den Göttern verdammt. Tsipras und seine Partei wollten von  den heutigen Griechen ein demokratisches Mandat und haben es zwei Mal bekommen. Dies wirft allerdings die grundsätzliche Frage auf, ob es für eine linke Partei erstrebenswert ist, an die Regierung zu kommen, wenn die Macht so eindeutig woanders liegt.23 Die Frage stellt sich umso dringlicher, als die Tsipras-Regierung – nach dreieinhalb Jahren im Amt -  ihre Hoffnungen auf einen abermaligen Wahlsieg schwinden sieht.

Wann die nächsten nationalen Wahlen stattfinden, ist derzeit ungewiss. Ein Szenario geht vom Mai 2019 aus, am selben Tag wie die Kommunalwahlen und die Wahlen zum Europäischen Parlament. Nach einem anderen Szenario will die Regierung die volle Wahlperiode bis zum September 2019 ausschöpfen. Die zweite Option mutet derzeit realistischer an, zumindest für die Syriza. Die Demoskopen sehen die Tsipras-Partei seit über einem Jahr deutlich hinter der ND zurückliegen. Zwei neuere Umfragen (von Ende Juni 2018) machen Mitsotakis sogar Hoffnung auf eine absolute Parlamentsmehrheit.24

Ein möglichst später Urnengang könnte für die Syriza allerdings ein Wunschtraum bleiben. Denn inzwischen werden die Wahl-Szenarien durch die Mazedonienfrage bestimmt. Und damit von dem rechtspopulistischen  Koalitionspartner, den Unabhängigen Hellenen (Anel) und deren Chef Panos Kammenos.

Scheitert die Regierung Tsipras an der Mazedonienfrage?

Der Verteidigungsminister der Tsipras-Regierung will das Regierungsbündnis  mit der Syriza aufkündigen, um die Ratifizierung des Abkommens zu verhindern, dass Tsipras und sein Außenminister Kotzias mit ihren mazedonischen Partnern Zaev und Dimitrov ausgehandelt haben. Dieses Abkommen wurde am 17. Juni am nordgriechischen Prespa-See unterzeichnet, muss aber spätestens Anfang nächsten Jahres vom griechischen Parlament abgesegnet werden. Das könnte für die Tsipras-Regierung das Ende bedeuteten.25 Denn Kammenos lehnt den zwischen Athen und Skopje vereinbarten Namen Nord-Mazedonien ebenso strikt ab wie das ganze Prespa-Abkommen.

Ein Bruch der Syriza- Anel-Koalition in dieser Frage würde den Mechanismus vorzeitiger Neuwahlen auslösen. In einem solchen Fall dürfte der Streit um das Abkommen mit dem Nachbarstaat bei der Entscheidung der Wähler eine größere Rolle spielen als die Vereinbarung von Brüssel und das Ende der Memorandum-Ära. Laut einer Umfrage für die Zeitung EfSyn sind Mazedonien und das Prespa-Abkommens für 47 Prozent der Befragten das politische Thema, das ihre Parteienpräferenz am stärksten beeinflussen würde.26 Wie diese Präferenz aussehen würde, lassen die neuesten Umfragen erkennen. Sie zeigen, dass nach wie vor 60 bis 70 Prozent der griechischen Wähler einen Namenskompromiss mit dem Nachbarstaat ablehnen. Diese Volksstimmung will die konservative Opposition zu ihren Gunsten nutzen, indem sie immer stärker zu einer engstirnigen chauvinistischen Balkanpartei mutiert.

Die politischen Überlebensaussichten der Syriza-geführten Regierung haben sich durch die  Unterschrift unter das Prespa-Abkommen also eher verschlechtert. Es wäre von tragischer Ironie, wenn Tsipras und die Syriza ausgerechnet für ihre Mazedonien-Initiative abgestraft würden: für einen ebenso mutigen wie realistischen Schritt, der europa- und weltweit viel Lob und Anerkennung gefunden hat. Wie dieses surreale Thema eine so überdimensionale Bedeutung gewinnen konnte, habe ich in meinem Bericht vom 16. Februar dieses Jahres aufgezeigt. Seitdem hat die aktuelle Zuspitzung  der Mazedonien-Frage die innenpolitische Landschaft verändert. Was das für die Zukunft des Landes bedeuten kann, will ich in meinem nächsten Text untersuchen, der Ende Juli erscheinen wird.

Anmerkungen
1 Der Verweis auf die Unabhängigkeit von Elstat ist eine indirekte Antwort auf den Vorwurf, die Regierung goutiere die skandalösen Gerichtsentscheidungen gegen den früheren Elstat-Chef Georgiou, dem links- und rechtsradikale Kreise die Manipulation der griechischen Statistiken unterstellen. Diese Kampagne wurde früher auch von Syriza-Kreisen mitgemacht (siehe den Text „Herbstlese (Teil III) vom 14. Oktober 2016 auf diesem Blog). Doch Tsipras und Tsakalotos haben dem früheren Elstat-Chef auch nach dem jüngsten Urteil ihre Loyalität versichert.

2 Die AADE, die das Eintreiben der Steuern beaufsichtigt, ist seit 2016 nicht mehr dem Finanzministerium unterstellt. Damit soll verhindert werden, dass die Steuerbehörde wie früher der jeweiligen Regierungspartei als Instrument zur Bedienung ihrer Klientel dient.

3 Coeuré bemängelte außerdem, dass die EU über keine eigenen Haushaltsmittel verfüge, um „dramatische Verhältnisse“ in Krisenländern zu verhindern. Als Beispiel nannte er „Schulen ohne Heizung und Krankenhäuser ohne Medikamente, wie wir es in Griechenland erlebt haben“. Das Interview in Le Figaro vom 25. Juni 2018 ist auf Englisch nachzulesen in: https://www.bis.org/review/r180705d.htm)

4 Die Bewertung der griechischen Bonds durch die Rating-Agenturen liegt derzeit noch deutlich im Bereich der „non-investment grades (siehe dazu den Text „Stürmische Märkte“ vom 25. Mai 2018 auf diesem Blog).

5 So in einer ersten Stellungnahme der IWF-Mission Griechenland (http://www.imf.org/en/News/Articles/2018/06/28/ms062918-greece-staff-concluding-statement-of-the-2018-article-iv-mission). Eine umfassende offizielle Analyse der Schuldentragfähigkeit wird der IWF erst Anfang August vorlegen.

6 Stellungnahme vom 21. Juni 2018 (https://sven-giegold.de/griechenland-unter-dauerkuratel/)

7 Auch für 2018 musste die EU-Kommission ihre Wachstumsprognose bereits von 3,1 auf knapp 2 Prozent reduzieren. Siehe Handelsblatt vom 10. Juli 2018.

8 Finanzminister Tsakalotos ließ zuletzt verlauten, man werde die Entscheidung den Fachleuten im Athener Finanzministerium  überlassen (EfSyn vom 12. Juli 2018).

9 Die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität wurde 2013 durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) abgelöst, wickelt aber immer noch laufende Kredite ab.

10 Siehe  auch Cerstin Gammelin in der Süddeutschen Zeitung vom 30. Mai 2018.

11 Bei IWF-Mitgliedsländern, die keine Kredite des Fonds laufen haben, beschränkt sich dessen Rolle auf eine jährliche „Konsultation“ nach Artikel IV der IWF-Übereinkommens.

12 Die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage haben auch 19 Abgeordnete der Grünen(Lisa Paus u.a.) in einer Persönlichen Erklärung vom 29. Juni scharf kritisiert (http://lisa-paus.de/2018/persoenliche-erklaerung-zu-finanzhilfen-zugunsten-griechenlands/)

13 Die Rede ist auf dem rechtsradikalen Blog „politically incorrect news“ dokumentiert. In diesem Bericht über den „neuen Griechenland-Steuerbetrug“  springt die Ignoranz des Autors sofort ins Auge, wenn die Rückzahlung griechischer Kredite an den „Europäischen Sozialfonds (ESF)“ kritisiert wird, der ESF also mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) verwechselt wird (http://www.pi-news.net/2018/06/akropolypse-now-klartext-von-boehringer-zum-griechenland-steuerbetrug/)

14 Am 12. Juli erklärte Scholz in Brüssel auf die Frage des griechischen Europa-Abgeordneten Kyrtsos, zwar habe die Athener Regierung nach dem 20. August „einen gewissen Entscheidungsspielraum“, sie müsse sich aber unbedingt an die beschlossenen Vereinbarungen halten (zitiert nach EfSyn vom 13. Juli).

15  EfSyn vom 4. Juli 2018.  Dazu eine Klatschgeschichte, die Ex-Finanzminister Varoufakis in einem Twitter-Eintrag vom 13. Juli verbreitet hat. Darin schildert er ein Telefongespräch mit einem Repräsentanten der Troika (offensichtlich in Berlin): -„Wie man so hört, macht Tsipras  sich Hoffnungen, dass man um die Rentenkürzung herumkommen kann.“ - „Wer hat so was gesagt?“ - „Der Moscovici hat das durchblicken lassen.“ - „Du müsstest doch am besten wissen, dass man etwas, was der Mosko sagt, sofort vergessen kann.“

16 Nach einem Bericht der EfSyn vom 10. Juli haben sich in diesem Topf für 2018 bereits 700 Millionen Euro angesammelt.

17 Siehe die englische Fassung des Papiers: http://www.consilium.europa.eu/media/35767/enhanced-surveillance-annex-22-06-2018.pdf

18 Allerdings demonstriert der IWF seine Distanz zu den anderen Institutionen dadurch, dass er sich mit zwei Athen-Besuchen pro Jahr begnügen wird.

19 Dieses vertrauliche Papier der EWG wird im Folgenden nach einer griechischen Übersetzung zitiert.

20 Die 3,39 Euro entsprechen 38 Prozent des deutschen Mindestlohns, und das bei etwa gleichen Lebenshaltungskosten.

21 Siehe dazu die hervorragende Studie von Tassos Giannitsis and Stavros Zografakis „Inequality And The Crisis In The European South“ (https://www.socialeurope.eu/inequality-and-the-crisis-in-the-european-south)

22 Die Zitate stammen aus dem Bericht von Kaki Bali, der damals in der Syriza-Zeitung Avgi erschienen ist.

23 „Die Syriza kam an die Regierung, aber nicht an die Macht“ lautete der viel zitierte Schlüsselsatz in einem Interview, das Betty Bazania, die Lebengefährtin von Tsipas, einer griechischen Zeitung gegeben hat. (EfSyn vom 7. Januar 2018).

24 Der Vorsprung der ND vor der Syriza ist nach diesen Umfragen (Metron Analysis bzw. Pulse) auf 14 bzw. 12,5 Prozentpunkte angewachsen; dagegen weist die allerneueste Umfrage (von ProrRata), in der die Präferenzen der noch unentschiedenen Wählern genauer erfasst werden, für die ND nur noch einen Vorsprung von 8 Prozentpunkten aus.(EfSyn vom 14. Juli 2018)

25 Siehe dazu meine Analyse im  Vorfeld des Prespa-Abkommens („Im Land des real existierenden Surrealismus“) vom 16. Februar 2018.

26 Umfrage des Instituts Pro Rata, publiziert in der EfSyn vom 14. Juli 2018; nach dieser Umfrage sind das Abkommen von Brüssel und das Ende des Memorandums nur für 29 Prozent das wichtigste Thema, für weitere 7 Prozent sind beide Fragen gleich bedeutsam. Demnach lassen 53 Prozent der Wähler ihre Entscheidung maßgeblich durch die Mazedonien-Frage bestimmen.

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