Neue Regeln für Afrikas Bodenschätze
Seit die Rohstoffpreise steigen, wird überall in Afrika um die Gewinnanteile am Bergbau gekämpft. In Sambia forderte die Opposition im Wahlkampf vom November 2006 „höhere Steuern auf Mineralien, weniger Abgaben für Minenarbeiter“ und die Neuverhandlung der Bergbauverträge.1 In Guinea legte Anfang 2007 ein Generalstreik das Land wochenlang lahm. Guinea ist der weltweit größte Exporteur des Aluminiumerzes Bauxit.
Es geht um viel: 57 Prozent des im Tagebau geförderten Kobalts, 46 Prozent der Diamanten, 39 Prozent des Mangans, 31 Prozent der Phosphate, 21 Prozent des Goldes und 9 Prozent des Bauxits kommen aus Afrika. Seit 2002 steigen die Kurse unaufhörlich. Der Geldsegen kommt jedoch kaum bei den Staaten an, und erst recht nicht bei der Bevölkerung. Schlimmer noch: Trotz ihrer Bodenschätze rangieren diese Länder im Human-Development-Index des UN-Entwicklungsprogramms UNDP meist weit hinten.
In elf rohstofffördernden Staaten Afrikas2 wurde nun beschlossen, die Verträge mit den Bergbaugesellschaften zu kündigen. Seit den 1990er-Jahren sind die Unternehmen in der Förderindustrie sukzessive in private Hand übergegangen, wobei die Staaten in der Regel Minderheitsanteile behielten.3 Schon die Verhandlungen darüber fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, die Abschlüsse selbst und insbesondere die Gewinnverteilungsklauseln wurden nicht veröffentlicht. Die Verträge verstoßen vielfach gegen nationales Recht (fehlende Ausschreibungen, Schmiergeldzahlungen). Die Unterzeichnerstaaten wurden regelmäßig übervorteilt. Die systematische Überbewertung der Unternehmensbelastungen und Unterbewertung der Staatsbelastungen führten dazu, dass Gewinne in erheblichem Umfang an der Staatskasse vorbeigeschleust wurden. Der Startschuss für die Vertragsrevisionen fiel 2006 in Liberia. Zu Beginn des Jahres hatte die neue Staatspräsidentin Ellen Johnson Sirleaf ihr Amt angetreten. Sie hinterfragte erstmals die Vertragsbedingungen für die Eisenerzförderung beim Unternehmen Mittal. Der indische Stahlmulti Mittal setzte nämlich die Eisenerzpreise einfach selbst fest. Nach zähen Verhandlungen, die sich über ein Jahr hinzogen, hält sich Mittal jetzt an die üblichen Handelskurse. Auch die Steuerbefreiung des Unternehmens wurde rückgängig gemacht.
Manche Länder wie die Demokratische Republik Kongo und Guinea wollen die bestehenden Joint-Ventures zwischen Staat und Bergbaukonzernen prüfen. So wurde in Guinea mit dem „Circam“ ein interministerieller Ausschuss für die Neuverhandlung der Abbaukonzessionen eingerichtet. In ihm sind auch Gewerkschaften und NGOs vertreten. Im April 2008 beauftragte die Regierung den Ausschuss mit der Überprüfung zweier wichtiger Dossiers: der Offshore-Erdölförderung durch den US-Konzern SCS/Hyperdynamics und des Bauxitabbaus durch das russische Unternehmen RusAl. Der Ausschuss nahm rund 15 weitere Vertragsabschlüsse unter die Lupe, etwa den mit Anglo Gold Ashanti, das zur Société Ashanti de Guinée gehört, sowie die Verträge mit Alcoa/Alcan und Global Alumina. Die ersten Überprüfungen blieben bislang allerdings folgenlos.
Andere Länder versuchen es zunächst über das Steuerrecht. So will die sambische Regierung die Körperschaftssteuer von 25 auf 30 Prozent und die Gewerbesteuer von 0,6 auf 3 Prozent anheben. Außerdem soll eine Zusatzsteuer auf Aktiengewinne eingeführt werden. Der Steuersatz soll dabei an den Kupferpreis gekoppelt werden: 25 Prozent bei einem Welthandelspreis zwischen 2,50 und 3 Dollar pro Pfund, 75 Prozent bei einem Preis über 3,50 Dollar. Für 2008 erwartet die Regierung durch das neue Steuersystem bereits Mehreinnahmen in Höhe von 415 Millionen Dollar. Und die Regierung Südafrikas plant die Einführung einer Mineraliensteuer: 2,7 Prozent auf Platin (Südafrika liefert 80 Prozent der Weltproduktion), 2,1 Prozent auf Gold und 3,7 Prozent auf Diamanten.
Obgleich nirgends zur Debatte steht, die Privatisierungen rückgängig zu machen, rüsten die Unternehmen schon auf. So soll auf Druck durch Alcoa und RusAl der guineische Ministerpräsident Lansana Kouyaté entlassen worden sein.5 Der Erdölkonzern SCS/Hyperdynamics startete eine umfangreiche Medienkampagne. In Sambia opponieren Unternehmen wie Vedanta, First Quantum Minerals, Equinox und Metorex gegen das neue Steuersystem. Sie berufen sich darauf, dass sie die Bergbauverträge „legal“ mit der Regierung abgeschlossen hätten, als die Kupferpreise niedrig waren. Darüber hinaus hätten sie „erhebliche“ Risiken bei der Entwicklung der Erzförderung getragen.
Die Arbeitgeberverbände warnen vor einer Verschlechterung des Geschäftsklimas: Die Steuer- und Vertragsreformen würden angeblich die Investoren abschrecken. Die südafrikanische Minenkammer, ein Zusammenschluss der größten Bergbaufirmen, meint, die Unternehmen würden doch bereits Abgaben an die ethnischen Gruppen zahlen. Also brauche man gar keine zusätzliche Steuer.
Die Weltbank, die Afrikanische Entwicklungsbank BAD und die regionalen Institutionen streben indessen gemeinsame Regelungen für die rohstofffördernden Länder Westafrikas an. Ein regionales Bergbau-Rahmengesetz soll die Region „vor dem Zugriff von räuberischen Finanzinvestoren schützen und ihre Verhandlungskompetenz bei komplexen Transaktionen stärken“.6
Man hat sich jedoch bis jetzt nicht einigen können: Für den Internationalen Währungsfonds steht die Schuldentilgung der Länder im Vordergrund. Deshalb toleriert der IWF die Steuerreform in Sambia, dessen Steuersätze ohnehin zu den niedrigsten weltweit gehören. Die Weltbank unterstützt das Vorhaben zwar auch, formuliert aber erhebliche Bedenken: „Die derzeitige Neuaushandlung der Bergbauverträge in der Demokratischen Republik Kongo führt zu einer beträchtlichen Verunsicherung auf den internationalen Finanzmärkten und belastet die Glaubwürdigkeit des Landes als Investitionsziel.“7 Sie schlägt vor, internationale Experten heranzuziehen, wie 2006 in Liberia. So könnten die Forderungen auf einem „vernünftigen Niveau“ gehalten werden. Raf Custers
Raf Custers ist Journalist und Forscher beim International Peace Information Service (Ipis) in Antwerpen, Belgien.