11.07.2008

Der Katanga-Boom

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Der Katanga-Boom

Kupfer und Kobalt locken Investoren in den Süden des Kongo von Colette Braeckman

Lubumbashi schläft nie. Tag und Nacht donnern Sattelschlepper, beladen mit Kupfer-oder Kobalterz, durch die Hauptstadt der kongolesischen Provinz Katanga. Sie sind unterwegs nach Tansania, zum Hafen von Daressalam. Hier werden die Erze Richtung Asien verschifft.

Prospektoren auf der Suche nach noch unerschlossenen Lagerstätten und Investoren aus der ganzen Welt haben die enormen Ressourcen von Katanga entdeckt. Und die Provinzregierung lockt mit großzügig auslegbaren Vorschriften im Bergbau. Die Erzreserven werden auf 70 Millionen Tonnen Kupfer, 5 Millionen Tonnen Kobalt und 6 Millionen Tonnen Zink geschätzt. Chile hat zwar noch mehr Kupfer im Boden (geschätzte 88 Millionen Tonnen), doch der Kupfergehalt der kongolesischen Erze ist mit durchschnittlich 3,5 Prozent wesentlich höher als in Chile (0,5 Prozent). Innerhalb von zehn Jahren ist der Weltmarktpreis für Kupfer von 500 auf fast 8 000 Dollar pro Tonne gestiegen.

Im Gegensatz zu den anderen Provinzen boomt die Wirtschaft in Katanga.1 Anfang April begannen in Kasumbalesa an der Grenze zu Sambia – rund 100 Kilometer von Lubumbashi entfernt – die Arbeiten am ersten großen Wiederaufbauprojekt im Kongo. Ein chinesisches Unternehmen, die China Railway Engineering Corporation (Crec), ließ dutzende Bulldozer und Baggerlader liefern. In drei Jahren soll die vierspurige Autobahn zwischen der Hauptstadt des Kupfers und dem Nachbarstaat Sambia fertig sein. Zu Baubeginn stellte die Crec außerdem Qualifizierungsmaßnahmen für 1 500 Arbeiter aus der Region in Aussicht.

Ob der Boom anhält? Jeden Monat machen in Lubumbashi neue Verkaufsbuden auf, Fastfood-Imbisse und Läden mit chinesischem Plunder, die auch gepanschten Fusel im Angebot haben, der billiger ist als Bier. Doch im Armenviertel Kenia sterben die Menschen immer noch an Cholera. Die Luft ist dreckig. Alle leiden unter einem ständigen Hustenreiz. Der Staub dringt aus den hinter hohen Ziegelmauern verborgenen erzverarbeitenden Betrieben und den unzähligen Schmelzöfen in den Hinterhöfen.

Seit die Regierung den Rohstoffexport in die Raffinerien von Sambia verboten hat, schießen die Kleinstbetriebe wie Pilze aus dem Boden. Die Besitzer kommen aus China, Indien oder den Golfstaaten. Oft haben sie die zuständigen Beamten bestochen, um die langwierigen Genehmigungsverfahren zu umgehen. Und das ärgert die Umweltschützer vor Ort, die gegen die Verschmutzung des Grundwassers protestieren.

Während sich viele von der Aufbruchsstimmung mitreißen lassen, treten die negativen Folgen immer deutlicher hervor. Dazu gehört nicht nur die Belastung der Umwelt und Gesundheit. Der Wirtschaftsboom birgt auch politische Risiken. Die Zentralregierung hält bislang die Steuer- und Zolleinnahmen aus der Region zurück; eigentlich stehen der reichen Provinz 40 Prozent zu. Der Gouverneur von Katanga, der bereits Lastwagen, Krankenwagen und Traktoren für zahlreiche neue Bauprojekte anschaffen ließ, hegt den Verdacht, dass die Behörden in Kinshasa den wirtschaftlichen Aufschwung in der Provinz bremsen wollen, weil die Regierung fürchtet, dass sich die Kupferprovinz abspalten könnte.2 Drittens birgt der Boom gesellschaftlichen Sprengstoff: Lange Zeit waren die Bergleute sich selbst überlassen und schürften das Erz auf eigene Faust; jetzt haben die Bergbaumultis das Geschäft übernommen und die Schürfer aus den Tagebauminen vertrieben.

Bis vor wenigen Monaten glich die Mine de l’Etoile in Ruashi am Rande von Lubumbashi einem Steinbruch unter freiem Himmel. Die Schürfer gruben das Erz mit primitiven Werkzeugen aus, ohne jegliche Absicherung durch ein Stütz- und Schutzsystem. Kinder wühlten sich wie Maulwürfe in die Erde ein, um die tief grün schimmernden Kupfererzbrocken oder das gelb geäderte Kobaltgestein zu fördern, das sie sofort in ihren Jutesäcken verstauten. Immer wieder gab es Erdrutsche mit Toten und Verletzten. Am Ende zahlten die Bergleute in eine private Versicherung ein, um die Krankenhaus- und Bestattungskosten begleichen zu können.

Seit die südafrikanische Bergbaugesellschaft Ruashi Mining den Tagebau übernommen hat, ist das Gelände eingezäunt und wird bewacht. Bulldozer ebnen die löchrigen Erdhügel ein. Schaufelbagger zerfurchen die rote Erde und hinterlassen eine bizarre Kraterlandschaft.

Den Bewohnern von Ruashi, die vom Schürfen lebten, drückte man 200 Dollar pro Familie in die Hand, verbunden mit dem Ratschlag, sich beim Tagebau nicht mehr blicken zu lassen. 400 Kinder wurden zurück in die Schule geschickt. Der achtjährige André sagt, er sei froh, dass er wieder zur Schule gehen kann. Seit sich der Minenstaub in seinen Lungen festgesetzt hat, wird er den Husten nicht mehr los. Er erzählt von seinem Bruder, der bei einem Erdrutsch ums Leben kam. Gemeinsam hatten sie damals täglich 60 Dollar nach Hause gebracht, eine stolze Summe. In einem anderen Klassenzimmer besucht seine Mutter einen Nähkurs. Der belgische Entwicklungshilfeverein Group One hat ihr geraten, an dieser „einkommensfördernden Maßnahme“ teilzunehmen. Sie hofft, damit ein paar Dollar hinzuverdienen zu können. Andrés Vater arbeitet derweil in der Mine von Luisha, wo man noch frei schürfen kann.

In Luisha ist ein großes Zeltdorf rund um den Tagebau entstanden. Auch hier wird chinesische Billigware, Kleidung und Alkohol verkauft. Unter einem Zeltdach hängt eine Kinoleinwand, auf der den ganzen Tag Kung-Fu-Filme laufen. Am Ende der Zufahrt, an der Straßenkreuzung Richtung Lubumbashi, hat eine asiatische Firma eine Werbetafel aufgestellt. Auf Englisch, Französisch und Chinesisch behauptet die Firma, mehr als die Konkurrenz für einen Sack voll Erz zu zahlen.

Die zweite Plünderung des Kongo

Zacharie Mudimba hat Jura studiert, sein Freund ist gelernter Buchhalter. In gepflegtem Französisch klagen die jungen Männer darüber, dass es keine Jobs für Besserqualifizierte gebe. Mit dem Schürfen verdienten sie allemal mehr. Die Umstehenden nicken. Sie sind schon älter und haben früher für Gécamines gearbeitet. Das große Bergbauunternehmen, zu dem auch die Kupfer- und Kobaltminen von Katanga gehören, ist eine Gründung aus der belgischen Kolonialzeit (1905 bis 1960). Unter Mobutu wurde die Union Minière in den 1960er-Jahren verstaatlicht. Das Unternehmen wurde jedoch miserabel geführt und von der Regierung in den Ruin getrieben. Die Produktion sank von ehemals 450 000 Tonnen Kupfer jährlich auf 20 000 Tonnen.

Eine Privatisierung des Unternehmens hatte Präsident Joseph Mobutu stets abgelehnt – aus nationalistischen Motiven und weil er seine wichtigste Melkkuh nicht schlachten wollte. Am Ende seiner Amtszeit gestattete er schließlich 1997 den scheibchenweisen Verkauf. Damals drohte der Staatsbetrieb unter seiner Schuldenlast von über einer Milliarde Dollar zusammenzubrechen. Daraufhin kam es zur Bildung eines Joint-Venture mit privaten Partnern, überwacht durch die Weltbank. Diese finanzierte 2003 eine Art Sozialplan für „freiwillige Kündigungen“. 16 000 Bergleute mussten gehen. Schon bald hatten sie ihre mageren Abfindungen ausgegeben und begannen, gemeinsam mit ihren Familien, auf eigene Rechnung zu schürfen.

Den Investoren, die heute in Katanga Schlange stehen, sind diese „Amateure“ ein Dorn im Auge. „Sie tragen die Oberfläche der Gesteinsschichten ab und machen damit die Förderung in den unteren Lagen schwieriger und teurer“, wettert der belgische Industrielle Georges Forrest. Der Gouverneur von Katanga, Moise Katumbi, hat ganz andere Sorgen: „Wenn die 140 000 Bergleute ihr Einkommen verlieren, wird’s problematisch. Im industriellen Abbau mit seiner ganzen Technik werden nur wenige von ihnen unterkommen können.“

Schon jetzt nimmt die Gewalt zu. Seit die Abbaukonzessionen in privater Hand liegen, kommt es ständig zu Zusammenstößen zwischen arbeitslosen Bergleuten und dem Wachschutz der Bergbauunternehmen. Entlang den Eisenbahnschienen graben Männer immer wieder den Schotter um in der Hoffnung, darunter ein paar erzhaltige Steine zu finden. Sie werden vom Wachschutz gnadenlos vertrieben und setzen sich dagegen zur Wehr. Dabei wurden auch schon Lastwagen umgekippt und angezündet. In Kilwa töteten Wachmänner des australischen Unternehmens Anvil Mining mehrere entlassene Bergleute. Der Fall wurde in einem aufsehenerregenden Gerichtsprozess verhandelt.

Bei den „Bergbautagen“ in Kinshasa im März 2008 ging es um den Zustand der Förderindustrien. Bergbauminister Martin Kabwelulu teilte den Konferenzteilnehmern bei dieser Gelegenheit mit, dass 33,8 Prozent des kongolesischen Territoriums bereits an Bergbaugesellschaften abgetreten wurden. Früher hatten Ausländer keinen Zugang zu den Minengebieten. Durch ein neues Bodenrecht, das „Bakajika-Gesetz“ vom 20. Juli 1973, war der Grund und Boden und die Bodenschätze an den Staat übertragen worden.

Nach dem Sturz Mobutus 1997 wurden diese Bestimmungen, die das Land vor dem Ausverkauf hätten schützen können, gekippt. Die Kongokriege von 1996/1997 und 1998 bis 2002 hatten den Staat ruiniert und ein zerrissenes, ausgeplündertes Land hinterlassen. Die Nachbarstaaten Ruanda und Uganda hatten sich in den von ihnen besetzten Gebieten an den Bodenschätzen bereichert. Und auch Simbabwe hatte mit seiner militärischen Unterstützung der kongolesischen Regierung nur den Bergbau im Blick.

Als Joseph Kabila im Januar 2001 an die Macht kam, setzte er auf eine Öffnung zum Westen und ließ sich auf die Liberalisierungsvorschläge der Internationalen Finanzinstitutionen ein. Damit brach er mit der Politik seines ermordeten Vaters und Amtsvorgängers Laurent-Désiré Kabila. Dieser hatte mit seiner Wirtschaftspolitik die Unternehmen brüskiert, die den Krieg finanziert und im Gegenzug günstige Abbaukonzessionen mit dem Staat ausgehandelt hatten.

Das liberale Bergbaugesetz von 2003 wurde praktisch von der Weltbank diktiert. Es bildet die Grundlage für den Ausverkauf der Bodenschätze des Landes. Dabei wusste die Weltbank, mit wem sie es zu tun hatte: mit Machthabern, die nicht durch Wahlen legitimiert waren und die, um sich an der Spitze eines schwachen, unorganisierten Staates zu halten, leicht korrumpierbar sein würden.

Eric Monga ist Bergbauexperte bei der kongolesischen Unternehmensföderation FEC. Er erinnert an die Umstände, unter denen das Gesetz erlassen wurde: „Das Land hatte einen mörderischen Krieg hinter sich. Durch das sogenannte Übergangsabkommen kehrten die ehemaligen Rebellenchefs nach Kinshasa zurück und wurden in die Allparteienregierung integriert. Das Bergbaugesetz sollte Investoren anziehen. Dafür wurde eine Stabilitätsklausel mit zahlreichen Steuervergünstigungen eingebaut. Sie sollte den Investoren garantieren, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen in den folgenden zehn Jahren nicht ändern würden. Später zogen dann die Rohstoffkurse an, und die ersten, die das unternehmerische Risiko im Kongo gewagt hatten, standen als Gewinner da. Das kann man ihnen doch heute nicht vorwerfen, oder?“ Monga geht es weniger darum, das Gesetz zu reformieren, als darum, dessen strikte Anwendung zu kontrollieren.

Verträge gegen das Gesetz

Für klare Regeln setzt sich der 83-jährige Ministerpräsident Antoine Gizenga ein, der ein alter Weggefährte von Patrice Lumumba ist, dem legendären ersten Ministerpräsidenten des unabhängigen Kongo: Acht Monate lang überprüfte eine Regierungskommission unter strenger Geheimhaltung und mit Unterstützung von Experten des Carter-Center aus Atlanta die Verträge aus der Übergangszeit und ihre Umsetzung vor Ort. Sie wurden drei Kategorien zugeordnet: Verträge der Kategorie A gelten als erhaltenswert und gesetzeskonform; Verträge der Kategorie B müssen revidiert und Verträge der Kategorie C annulliert werden. Die Bilanz war niederschmetternd: Kein einziger der 61 Verträge entsprach den Kriterien der Kategorie A, 39 erhielten die Kennzeichnung B, und 22 Verträge müssten annulliert werden.

Die Kommissionsmitglieder staunten über die Konditionen, die den Joint-Venture-Partnern von Gécamines eingeräumt worden waren: Durch viele Verträge zieht sich eine systematische Unterbewertung der von Gécamines eingebrachten Anteile – also dem Schätzwert der abbaubaren Rohstoffe und vorhandenen Förderanlagen – bei gleichzeitiger Überbewertung der von den Partnern geleisteten Investitionen. Zudem entgehen dem Staat wertvolle Einnahmen durch die den Unternehmen eingeräumten Steuervorteile. Dabei handelt es sich teilweise um Steuerbefreiungen auf 30 Jahre. Andere Unternehmen hatten Abbaukonzessionen zu bloßen Spekulationszwecken erworben und sie an der Börse weiterverkauft, ohne auch nur mit dem Erzabbau begonnen zu haben.

Vorbehaltsklauseln zum Schutz von Mensch und Umwelt wurden schlichtweg ignoriert, lokale Zuständigkeiten übergangen, die ortsansässigen Arbeitskräfte schlecht bezahlt und die Abbauflächen einfach ohne behördliche Genehmigung erweitert. Manche Betriebe leiteten die Förderung ein, obwohl sie nur eine Erkundungsgenehmigung hatten.

Die kongolesischen Behörden rechneten aus, dass der Bergbausektor gerade mal 27 Millionen Dollar an Steuereinnahmen einbrachte, während nach Schätzungen der Weltbank rund 200 Millionen Dollar zu erwarten gewesen wären. Im benachbarten Sambia fließen derweil rund 2 Milliarden Dollar aus dem Bergbau in die Staatskasse.

Wirtschaftsminister André Philippe Futa, der an der Oklahoma State University promoviert hat, weist darauf hin, dass „der Minensektor im Jahr 2002, also während einer Phase negativen Wachstums, noch 30,33 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beigetragen hat, während dieser Anteil 2007 auf 6 Prozent zurückgegangen ist.“ Die fehlenden Einnahmen lassen sich zum einen durch die ungerechtfertigten Steuervergünstigungen erklären, zum anderen aber auch durch Betrug und Bestechung: Vielfach flossen Schmiergelder anstelle von Abgaben. Die kongolesischen Behörden müssen zahlreiche gesetzeswidrige oder falsch ausgelegte Bergbauverträge neu aushandeln und die beschuldigten Unternehmen vor einen Schlichtungsausschuss laden. Bis heute wurden 16 Verfahren angesetzt. Konzernriesen wie Anvil Mining, BHP Billiton, Free Port Mac Rohan und Phelps Dodge wappnen sich bereits.

Die erstmals nach 40 Jahren demokratisch gewählte Regierung vom Juli 2006 hat ein weiteres Problem: den Einnahmerückstand bei den versprochenen Hilfen. Bislang sind nur 28 Prozent der zugesagten internationalen Gelder eingetroffen. In der Zwischenzeit verschlingen die Zinsen aus der Zeit von Mobutu – 800 Millionen Dollar jährlich bei einer Gesamtschuld von 12 Milliarden Dollar – ein Drittel des Staatshaushalts. Und der Internationale Währungsfonds knüpft laufend neue Bedingungen an einen möglichen Schuldenerlass. Die Finanznot des Staats verhindert jegliche Investition in das zusammengebrochene Gesundheits- und Bildungswesen und die soziale Infrastruktur. Und noch immer werden die östlichen Provinzen des Kongo von bewaffneten Truppen heimgesucht.

Neuer Partner aus Peking

Im September 2007 unterzeichnete die Regierung ein umfangreiches Abkommen mit China. In diesem „Jahrhundertvertrag“ wurde die Lieferung von 10 Millionen Tonnen Kupfer und 200 000 Tonnen Kobalt beschlossen. China verpflichtete sich im Gegenzug, binnen kürzester Frist ein ehrgeiziges Wiederaufbauprogramm zu starten: jeweils 3 500 Kilometer Straßen und Bahngleise, 31 Krankenhäuser mit je 150 Betten, 145 Polikliniken, Universitäten und Schulen.

Der Partnerschaftsvertrag hat ein Volumen von 9 Milliarden Dollar, es könnte schnell auf 14 Milliarden ansteigen. Davon fließen 6 Milliarden in Infrastrukturarbeiten und 3 Milliarden in den Wiederaufbau des Bergbausektors. Allein in diesem Jahr sollen Arbeiten im Wert von 700 Millionen Dollar durchgeführt werden. Rohstoffe gegen Infrastruktur: Das Kompensationsgeschäft zwischen Gécamines und einem chinesischen Konsortium3 mindert das Risiko, dass Gelder versickern und der Staatsbetrieb in die Finanzierungsfalle gerät.

Der kanadische Anwalt Paul Fortin, der Firmenchef von Gécamines, bezeichnet den in Peking nach zweimonatigen harten Verhandlungen abgeschlossenen Vertrag als „irreversibel“. Im Streitfall soll die Pariser Schiedsgerichtskammer angerufen werden. China hat gemäß seiner Nichteinmischungsdoktrin keinerlei politische Vorbehaltsklauseln oder Good-Governance-Bedingungen in das Vertragswerk eingeführt. Die westlichen Regierungen sehen das mit Unbehagen. Unterstützt von Menschenrechtsorganisationen, fordern sie Einsicht in die Bestimmungen dieser Privatverträge.

Anders als die westlichen Staaten, die nicht in der Lage waren, die notwendigen Kredite für den Wiederaufbau des Kongos rechtzeitig bereitzustellen, hat China keine Zeit versäumt: In Katanga, aber auch in Kiwu und Kinshasa haben die Bauarbeiten für 250 Straßenkilometer und 1 000 Sozialwohnungen bereits begonnen. Die kongolesische Bevölkerung ist zwischen Hoffnung und Furcht vor einer neuen Kolonisierung hin und her gerissen; mit Sorge beobachten sie, dass die Chinesen Arbeiter und Ingenieure mit ins Land bringen.

Die europäischen Regierungen und insbesondere die belgische machen ihrerseits keinen Hehl daraus, dass ihnen die enge Zusammenarbeit zwischen dem Kongo und China missfällt; diese Ablehnung könnte langfristig sogar zu einer Destabilisierung der kongolesischen Regierung führen. Doch Kinshasa ist fest entschlossen, die Kooperation mit Peking fortzusetzen.

Fußnoten: 1 Vgl. Colette Braeckman, „Die dritte Plünderung des Kongo“, Le Monde diplomatique, Juli 2006. 2 Katanga (oder Shaba) hat sich zwischen 1960 und 1963 abgespalten und Kongo damit destabilisiert. Vgl. Elikia M’Bokolo, „Ethnicité, régionalisme et nationalisme“, Le Monde diplomatique, Juli 1978. 3 Die Exim Bank of China hat den Gesamtvertrag abgeschlossen, gemeinsam mit zwei weiteren chinesischen Unternehmen, Synohydro und der China Railway Engeneering Corporation (Crec). Aus dem Französischen von Veronika Kabis

Colette Braeckman ist Journalistin bei Le Soir (Brüssel).

Le Monde diplomatique vom 11.07.2008, von Colette Braeckman