12.06.2009

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Die Reaktionen nach dem überwältigenden Sieg des ANC bei den Parlamentswahlen und des umstrittenen Präsidentschaftskandidaten Jacob Zuma hatten manchmal etwas von einem ziemlich plumpen Rassismus. Die drei Bücher, die im Folgenden vorgestellt werden, sollen dazu beitragen, einen differenzierteren Einblick in die südafrikanischen Verhältnisse zu bekommen und begreiflich zu machen, vor welch großen Herausforderungen die neue Regierung steht.

Andrew Feinstein1 schöpft aus seiner Erfahrung als ANC-Abgeordneter. Sein Thema ist der Skandal um Waffenkäufe, der seit 1998 das politische Klima in Südafrika vergiftet. Zuma war in diese Affäre verwickelt. Der Beschluss, die Ausrüstung der südafrikanischen Armee zu erneuern, während die Wähler hofften, die neue Regierung werde sich auf die Sozialpolitik konzentrieren, hat damals die Partei gespalten. Feinstein leitete die parlamentarische Untersuchungskommission, die Licht in die Sache bringen sollte. Er empört sich über den kostspieligen Erwerb von Schiffen, Flugzeugen und anderem Kriegsmaterial und beschreibt die Machtkämpfe und Eitelkeiten vieler seiner Genossen. Nach der Lektüre dieser „Geschichte, die erzählt werden musste“, einem erschreckenden und packenden Bericht, begreift der Leser, dass Zumas Verhalten mit einer Fehlfunktion innerhalb der Befreiungsbewegung zu tun hat. Schuld an dem Debakel war vor allem das nach wie vor bestehende unklare Verhältnis zwischen Partei und Staat.

Paul Holden2 schreibt über dieselbe unappetitliche Korruptionsgeschichte. Sein Buch, das in einem eher unterhaltsamen Duktus verfasst ist, folgt einer minutiösen Chronologie, mit Zusammenfassungen am Ende jeden Kapitels und einem Verzeichnis der zahlreichen in den Skandal verwickelten Personen. Der Leser erhält einen verblüffenden Einblick in die Korruption, die die Regierung von Thabo Mbeki zugrunde richtete. Dies relativiert das Urteil über Jacob Zuma: Er kommt nicht besser und nicht schlechter weg als viele andere.

Sowohl Feinstein als auch Holden heben die Rolle der Schmiergeldzahler hervor: Es sind die üblichen Verdächtigen, die großen Waffenkonzerne: Thales und seine südafrikanischen Filialen, ThyssenKrupp, Britisch Aerospace und Saab.

Ben Turok, ebenfalls ANC-Veteran, Abgeordneter und Wirtschaftsprofessor, analysiert die verschiedenen Wirtschaftsmaßnahmen seiner Partei.3 Von der „Charta der Freiheit“ über das Programm für Wiederaufbau und Entwicklung und die sogenannte Gear-Strategie für Wachstum, Beschäftigung und Umverteilung bis zum neoliberalen Kurs unter Mbeki erläutert Turok die verschiedenen Strategien, von denen es aber keiner gelungen ist, die große Masse der schwarzen Bevölkerung aus der Armut zu holen.

Turok erinnert ebenfalls daran, dass der ANC durch schwierige Verhandlungen an die Macht gekommen ist, die ihn zu Kompromissen mit dem weißen südafrikanischen Kapitalismus zwangen. Dem Konzept eines Wohlfahrtsstaats setzt der Autor eine Art Entwicklungspolitik entgegen, deren Erfolg sich daran messen lassen müsste, dass jeder einen passenden Arbeitsplatz findet. Das wäre für ihn der einzige Weg, um Armut zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass jeder Bürger aktiv zum Aufschwung des Landes beiträgt. Der ANC-Parteitag in Polokwane im Dezember 2007, wo jeder seine Anliegen vortragen konnte, hätte eine Wende in der Wirtschaftspolitik der Partei einläuten können. Darauf hofft der Autor noch immer. Die Umsetzung liegt nun in den Händen der neuen Regierung, die aus den Wahlen im April 2009 hervorgegangen ist.

Jacqueline Dérens

Fußnoten: 1 Andrew Feinstein, „After the Party: A Personal and Political Journey Inside the ANC“, Jeppestown (Jonathan Ball Publishers) 2007. 2 Paul Holden, „The Arms Deal in Your Pocket“, Jeppestown (Jonathan Ball) 2008. 3 Ben Turok, „The Evolution of the ANC Economic Policy“, Kapstadt (Institute for African Alternatives – The Africa Institut) 2008.

Le Monde diplomatique vom 12.06.2009, von Jacqueline Dérens