Warum die Sanktionen gegen Russland scheitern
Der westliche Plan, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine durch einen Sanktionsfeldzug zu stoppen, war von Beginn an unrealistisch. Jetzt zeigt sich, dass er sogar Putins Strategie begünstigt, der durch massive Rüstungsausgaben die russische Wirtschaft päppelt.
von David Teurtrie
Ende Februar 2022, kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, brachte die EU ihr erstes Sanktionspaket gegen den Aggressor auf den Weg. „Das wird Russland ruinieren“, zeigte sich Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock damals überzeugt. Kurz darauf verkündete auch der französische Minister für Finanzen und Wirtschaft, Bruno Le Maire: „Wir werden den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft herbeiführen.“
Nach weiteren zwölf Sanktionsrunden vermeldet Russland das zweite Jahr in Folge ein höheres Wirtschaftswachstum als die EU und die USA: Das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist 2023 um 3,6 Prozent gewachsen, und im laufenden Jahr dürfte der Zuwachs nach den mehrfach nach oben korrigierten Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) erneut bei 3,2 Prozent liegen.
Mittelfristig könnten sich die Militarisierung der Wirtschaft, der Mangel an Arbeitskräften und der erschwerte Zugang zu westlichen Technologien allerdings negativ auswirken. Doch bislang hat sich die russische Wirtschaft gut gehalten, urteilen sowohl die meisten Analysten als auch anerkannte internationale Institutionen.
Für den Westen ist das insgesamt eine große Überraschung. Die Prognosen von Baerbock und Le Maire waren ja keine Privatmeinungen, ganz ähnlich hatten sich bereits US-Präsident Joe Biden und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geäußert. All diese voreiligen Einschätzungen drückten Überzeugungen aus, die anfangs in den westlichen Regierungszentralen herrschten: dass dem russischen Militär wegen fehlender Elektronikbauteile schnell die Waffen ausgehen und dem Kreml mangels Petrodollars bald das Geld ausgehen würde. Deshalb herrschte die einhellige Meinung, dass die Niederlage Russlands in der Ukraine vorgezeichnet sei.
Technokraten lenken die Wirtschaft
Zwei Jahre später sind wir von alledem weit entfernt. Doch wie lässt sich die enorme Diskrepanz zwischen den enttäuschenden Ergebnissen der Sanktionspolitik und den anfangs so optimistischen Erwartungen erklären?
Der erste Fehler bestand darin, die russische Wirtschaft als vernachlässigbare Größe zu behandeln. Dieser Fehler lag zum Beispiel der Aussage von Clément Beaunes zugrunde. Im Februar 2022 hatte der damalige Staatssekretär für europäische Angelegenheiten im französischen Außenministerium getönt: „Russland – das ist das BIP Spaniens.“
Dieser Vergleich war nicht nur statistisch ungenau, sondern auch eine Simplifizierung. Laut Weltbank lag Russland 2022 gemessen am nominalen BIP auf Rang acht in der Welt, Spanien hingegen auf Platz fünfzehn. Nach der Kaufkraftparität (KKP-BIP) bemessen lag die russische Wirtschaft weltweit sogar an fünfter Stelle und damit knapp vor Deutschland.
Aber die Größe einer Volkswirtschaft bildet die Stärke des betreffenden Landes ohnehin nur bedingt ab. Trotz unbestreitbarer Schwächen – etwa der Abhängigkeit von den Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport – liegt Russland in vielen strategischen Sektoren mit an der Weltspitze.
Das Land ist nicht nur eines der drei größten Produzenten und Exporteure von fossilen Energieträgern, Nichteisenmetallen und Getreide; auch beim Export von Atomkraftwerken ist es führend und zudem eine der drei bedeutendsten Raumfahrtmächte. Im Jahr 2023 entsandte Russland 19 Raketen ins All, während die gesamte EU es lediglich auf drei Weltraumstarts brachte.
Bei der Stromerzeugung, die häufig als Frühindikator zur Messung der industriellen Stärke eines Landes dient, steht Russland weltweit hinter China, den USA und Indien an vierter Stelle. Angesichts all dieser Daten ist es wenig überraschend, dass Russland derzeit weit mehr Granaten produziert als alle westlichen Länder zusammen.
Die russischen Eliten gelten allerdings wegen des auf Korruption und Vetternwirtschaft beruhenden politischen Systems weithin als inkompetent. Diese Einschätzung ist nicht völlig unbegründet, geht aber doch an der
Realität des Landes vorbei. In den letzten zehn Jahren hat Präsident Wladimir Putin die politischen und administrativen Eliten Russlands von Grund auf erneuert – auf der Ebene der Regionalverwaltungen wie auch der Zentralregierung. Die Gewinner dieser Erneuerung waren vorwiegend Technokraten, die sich in der Privatwirtschaft oder auf ihren früheren Verwaltungsposten bewährt hatten.
Diese Erneuerung des Führungspersonals wurde von Sergei Kirijenko umgesetzt, der aus dem liberalen Lager kam. Er hatte die russische Atomenergiebehörde Rosatom in einen globalen Atomriesen verwandelt, bevor er 2016 zum stellvertretenden Leiter der mächtigen Präsidialverwaltung ernannt wurde. Selbst Alexandra Prokopenko, Fellow am Carnegie Russia Eurasia Center, die den Zustand Russlands ansonsten sehr kritisch beurteilt, ist der Ansicht, die russische Wirtschaft werde „von fähigen Technokraten geleitet, deren Meinungen bei Putin zählen“.1
Seit der Annexion der Krim 2014 arbeitet der Kreml auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Anpassungsfähigkeit hin, um dem ökonomischen Druck des Westens standzuhalten. Zum Beispiel mittels „Importsubstitution“, mit der es Russland innerhalb weniger Jahre geschafft hat, die Selbstversorgung des Landes mit Lebensmitteln zu sichern. Was das Finanzsystem betrifft, so haben die Behörden 2015 das Nationale Kartenzahlungssystem (NSPK) eingeführt, das die Funktionsfähigkeit aller von russischen Banken ausgegebenen Karten gewährleistet.
Zudem richtete die russische Zentralbank das Russische Finanznachrichtensystem (SPFS) ein, das als nationales Äquivalent zum Zahlungssystem Swift gedacht ist. Das hat sich im März 2022 bewährt, als Visa und Mastercard wegen der Sanktionen alle in Russland ausgegebenen Karten sperren mussten. Das nationale System sprang sofort in die Bresche, sodass die von den lokalen Banken im Inland ausgestellten westlichen Karten weiter ohne Unterbrechung funktionierten.
Auch die zehn großen vom Swift-System ausgeschlossenen russischen Banken konnten ihre Geschäfte über das SPFS-System fortführen. Die massiven Sanktionen waren somit nicht die „finanzielle Atomwaffe“, als die Le Maire sie im Februar 2022 bezeichnet hatte. Nachdem der russische Bankensektor 2022 den Sanktionsschock verdaut hatte, erzielte er 2023 Rekordgewinne in Höhe von 33 Milliarden Euro. Und obwohl der Westen russische Reserven in Höhe von 300 Milliarden US-Dollar eingefroren hat, verfügt die Zentralbank noch immer über in Gold und Yuan angelegte Vermögenswerte im Wert von 300 Milliarden US-Dollar. Das entspricht in etwa den Währungsreserven der Deutschen Bundesbank.
Das Krisenmanagement, mit dem die russischen Behörden auf die massiven Wirtschaftssanktionen reagierten, setzt auf mehrere Hebel. Einerseits wurden gewisse Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, um den Rubelkurs zu stützen. Andererseits wurden Teile des Außenhandels liberalisiert, um den Waren- und Dienstleistungsverkehr wieder anzukurbeln. Des Weiteren sollte die Legalisierung von „Parallelimporten“ – sprich Einfuhren über Drittstaaten – den weiteren Zugriff auf westliche Technologien sichern. Ermöglicht wurde das durch eine ausgefeilte Strategie der logistischen Umgehung über „befreundete Länder“.
Wie das funktioniert, geht aus einer Studie hervor, die von der IÉSEG School of Management in Lilles im Februar 2024 vorgelegt wurde. Danach ist zwar der Export sogenannter Güter mit hoher Priorität aus der EU nach Russland von Oktober 2022 bis September 2023 um gut 95 Prozent zurückgegangen, doch im gleichen Zeitraum legte die Ausfuhr solcher Hochtechnologie- und Dual-Use-Güter aus dem EU-Bereich in „kremlfreundliche“ Staaten wie die Türkei, die Vereinigten Arabische Emirate und Kasachstan um mehr als 80 Prozent zu. Der Bericht kommt zu dem Fazit: „Der Anstieg dieser Käufe durch Drittländer ist zu groß, als dass er ausschließlich auf einen Anstieg der einheimischen Nachfrage zurückzuführen wäre, sodass der Verdacht besteht, dass ein großer Teil davon anschließend nach Russland exportiert wurde.“2
Was die Ölexporte betrifft, die für die Wirtschaft und den Staatshaushalt extrem wichtig sind, konnten die Auswirkungen der Sanktionen ebenfalls minimiert werden. Der Westen wollte mit dem seit Dezember 2022 wirksamen Embargo auf Ölexporte per Tanker und einer Preisobergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel die russischen Staatseinnahmen drastisch reduzieren. Diese Wirkung traf zunächst tatsächlich ein, doch bereits im September 2023 stieg der Preis für russisches Öl wieder über 80 Dollar pro Barrel, also weit über die gesetzte Obergrenze.
Anfang Dezember 2023 meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass die russischen Öleinnahmen mit 11 Milliarden US-Dollar pro Monat wieder das Vorkriegsniveau erreicht haben.3 Wie hatte Moskau das geschafft? Man hatte eine „Schattenflotte“ von alten Öltankern gekauft, die Exporte vor allem nach China und Indien umgeleitet und mit Saudi-Arabien eine Verringerung des globalen Erdölangebots vereinbart.
Dass der Westen das Potenzial der russische Wirtschaft wie auch die Fähigkeiten der russischen Behörden unterschätzte, war nicht der einzige Grund für die enttäuschenden Ergebnisse der Sanktionspolitik. Die scheiterte auch, weil man dem neoliberalen Irrtum aufsaß, wonach Wirtschaftswachstum nur durch Freihandel und Deregulierung zu erzielen sei. Nach diesen marktradikalen Prämisse ist nicht vorgehen, dass die Wirtschaft eines weitgehend vom internationalen Finanzsystem abgeschnittenen Landes wächst, obwohl sein Handel mit dem Westen eingebrochen ist.
Was sich inzwischen in Russland entwickelt, kann man als „militärischen Keynesianismus“ bezeichnen: Die Staatsausgaben wurden stark erhöht, um den Angriffskrieg über zwei Schienen zu alimentieren.
Erstens über die massiv gesteigerten Aufträge für den militärisch-industriellen Komplex, die eine Sogwirkung auf zahlreiche andere Wirtschaftssektoren ausüben. Die so geschaffenen industriellen Arbeitsplätze, die mit Lohnerhöhungen verbunden sind, kommen den Arbeitern und Ingenieuren zugute. Genau diese beiden Gruppen gehörten zu den großen Verlierern der „Finanzialisierung“ der russischen Wirtschaft seit den 1990er Jahren.
Zwei Wirkungen des militärischen Keynesianismus
Die zweite Schiene sind die Sold- und Prämienzahlungen für mehrere hunderttausend Soldaten, die an die ukrainische Front geschickt werden. Deren Besoldung beträgt das Dreifache des Durchschnittslohn. Die russischen Streitkräfte rekrutieren sich vorwiegend aus den untersten Gesellschaftsschichten, also aus Bevölkerungsgruppen und Gebieten, die vom wachsenden Wohlstand nicht viel mitbekommen haben.
Dieser Geldzufluss in Milieus und Gebiete, in denen viele Haushalte bislang irgendeine Form von Subsistenzwirtschaft betrieben, kurbelt den privaten Konsum und die Bautätigkeit an. Das erklärt, warum 2023 Vollbeschäftigung herrschte, die Realeinkommen um 4,8 Prozent gestiegen sind und die Armutsquote fast auf den niedrigsten Stand seit dem Ende der UdSSR zurückgegangen ist.
Im Grunde wirken die Sanktionen wie ein aufgezwungener Protektionismus, der einheimischen Wirtschaftsakteuren dank des Rückzugs zahlreicher westlicher Firmen ungeahnte Chancen bietet. Positiv ist auch der strukturelle Zahlungsbilanzüberschuss. Er hat zur Folge, dass Moskaus Hauptsorge ist, wie verhindert werden kann, dass das vor allem aus dem Rohstoffexport stammende Kapital abfließt, und nicht etwa, wie man ausländisches Kapital anzieht.
Die Wirtschaftssanktionen sperren Russland zwar weitgehend aus dem westlichen Finanzsektor aus und lassen die russischen Oligarchen um ihre Auslandsvermögen bangen, doch zugleich begrenzen sie die Kapitalflucht aus Russland. Denn manche Gelder werden heute im Inland reinvestiert, was zur Belebung der Wirtschaft beiträgt. Das erklärt auch, warum die Zahl der Milliardäre in Russland sich in den letzten zwei Jahren sprunghaft erhöht und ihr Gesamtvermögen von 217 Milliarden auf 537 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppelt hat.4 Und warum sich unter den Neumilliardären weder Ölmagnaten noch Waffenhändler finden, sondern Firmenchefs aus der Lebensmittelbranche, dem Handel, dem Immobiliensektor und dem Transportwesen.
Hier zeigt sich, dass sich das Wachstum keineswegs auf den militärisch-industriellen Komplex beschränkt. Der Bausektor zum Beispiel ist dank Beihilfen für Familien zum Erwerb von Wohneigentum 2023 um 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Der Flugverkehr hat dank des Inlandstourismus um 10 Prozent zugelegt, die Hotelbranche um 9 Prozent. Und auch die Automobilindustrie ist dabei, den Schock nach den Sanktionen und dem Rückzug der westlichen Hersteller vor zwei Jahren zu verdauen: 2023 wuchs sie um 19 Prozent.
Die Militärausgaben, die sich offiziell auf 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) belaufen, bedeuten für den russischen Staat ohne Frage eine erhebliche Kraftanstrengung. Dennoch ist Russland weit von einer Kriegswirtschaft entfernt, wie die Zahlen zeigen: Das Haushaltsdefizit entspricht lediglich etwa 2 Prozent des BIPs, und die Staatsverschuldung liegt bei 17 Prozent des BIPs, das ist weltweit einer der niedrigsten Werte.
Angesichts einer Wirtschaftspolitik die den Sanktionsschock erfolgreich überwunden hat, beschloss Putin, dieselben Rezepte auch im Verteidigungsministerium durchzusetzen. Mit Andrei Beloussow hat er Mitte Mai einen der wichtigsten Architekten dieser Politik zum Nachfolger von Sergei Schoigu ernannt. Beloussows überraschende Berufung hängt wahrscheinlich auch mit der Verhaftung mehrerer hochrangiger Offiziere im Verteidigungsministerium zusammen, die der Korruption beschuldigt werden.
Der Ökonom Beloussow, Zivilist ohne direkte Beziehungen zum Militär, war lange Berater des Kreml, bevor er 2020 zum stellvertretenden Ministerpräsidenten aufstieg, mit Zuständigkeit für Wirtschaft und neue Technologien. Er soll die Effizienz der Kriegsanstrengungen erhöhen, die Nutzung neuer Technologien durch die Streitkräfte beschleunigen und den Innovationsfluss zwischen zivilen und militärischen Bereichen der Industrie fördern.
Der Westen lag mit seinen Einschätzungen nicht nur hinsichtlich der allgemeinen Lage in Russland daneben. Er hat auch die strukturellen Veränderungen der internationalen Beziehungen verkannt. Denn das Scheitern der Sanktionen ist nicht nur auf innerrussische Faktoren zurückzuführen, sondern auch auf die Weigerung der meisten Länder, die Sanktionen gegen Moskau mitzutragen.
Trotz dieser ungünstigen internationalen Konstellation nahm der Westen offenbar an, seine Ziele dank der vermeintlichen Unverzichtbarkeit seiner Volkswirtschaften durchsetzen zu können. Dabei unterschätzte er vor allem die wachsende Wirtschaftsmacht Asiens. Tatsächlich konnte Moskau seinen Außenhandel insbesondere auf China und Indien, aber auch auf Brasilien orientieren. Die russischen Exporte nach Indien haben sich innerhalb von zwei Jahren verdreifacht (siehe den nebenstehenden Beitrag von Samrat Choudhury).
Je mehr Sanktionen der Westen verhängt und dabei völkerrechtlich problematische Maßnahmen ergreift, desto verärgerter und unwilliger reagiert der Rest der Welt. Das Einfrieren der Guthaben der russischen Zentralbank zum Beispiel sorgt für Unruhe bei den Schwellenländern. Sollte es demnächst zu einer direkten Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte kommen, könnte dies die Glaubwürdigkeit der westlichen Finanz- und Rechtssysteme langfristig untergraben.
Das sieht auch Valérie Urbain so, CEO der Clearinggesellschaft Euroclear, die den Löwenanteil der eingefrorenen russischen Vermögen verwaltet. Er befürchtet höchst negative Auswirkungen nicht nur für Euroclear, sondern auch auf die Finanzmärkte im Allgemeinen: „Wenn die Kunden das Gefühl haben, dass das Recht nicht mehr respektiert wird und ihre Vermögenswerte konfisziert werden können, ist damit die Büchse der Pandora geöffnet.“5
Die europäischen Länder, die in dieser Frage gespalten sind, haben sich angesichts der Risiken darauf geeinigt, zunächst nur die Zinsen der russischen Zentralbankguthaben zu verwenden und das Kapital selbst vorerst nicht anzutasten. Ein Großteil dieser Gelder soll in einen EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung fließen, der Rest als direkte Finanzhilfen für die Ukraine genutzt werden.
Sehr negativ kommt auch die Instrumentalisierung des US-Dollars bei der Verhängung von Sekundärsanktionen an, sprich Maßnahmen gegen Dritte, die Handel mit einem sanktionierten Land treiben. Saudi-Arabien und China haben deshalb bereits ihr Volumen an US-Staatsanleihen reduziert. Und einige Schwellenländer schaffen die institutionelle Voraussetzungen für die Abwicklung ihrer Handelsgeschäft in den jeweiligen Landeswährungen.
Weil sie sich auf den Machtkampf mit Moskau konzentrierten, haben die westlichen Eliten übersehen, welche Kollateralschäden ihre Politik auf globaler Ebene verursacht. Alles in allem haben die USA und ihre europäischen Verbündeten die Anpassungsfähigkeit und das industrielle Potenzial Russlands unterschätzt. Diese Fehleinschätzung ist einer der Gründe, warum sich der Westen in der Welt zunehmend isoliert.
¹ Alexandra Prokopenko, „Putin’s Unsustainable Spending Spree“, Foreign Affairs, 8. Januar 2024.
² „EU sanctions on Russia 'massively circumvented’ via third countries, study finds“, Euractiv, 26. Februar 2024.
³ „How Russia Punched an $11 Billion Hole in the West's Oil Sanctions“, Bloomberg, 6. Dezember 2023.
4 „The Countries with the most billionaires 2024“, Forbes, 2. April 2024.
Aus dem Französischen von Markus Greiß
David Teurtrie ist Osteuropaexperte am Institut national des langues et des civilisations orientales (Inalco) und Autor von „Russie. Le retour de la puissance“, Paris (Armand Colin) 2021.