11.05.2012

Sunna gegen Schia

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Sunna gegen Schia

Der Arabische Frühling schafft neue Fronten im Konflikt zwischen den islamischen Konfessionen von Guido Steinberg

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Es schien ein nicht aufzulösender Widerspruch zu sein. Als im März 2011 die Proteste im kleinen Inselstaat Bahrain zu einer ernsten Gefahr für das Regime der Herrscherfamilie zu werden drohten, rief König Hamad bin Isa al-Chalifa Truppen des Golfkooperationsrats (GCC) zu Hilfe. Prompt marschierte saudisches und emiratisches Militär in dem kleinen Inselstaat ein, um dort die Regierungstruppen zu unterstützen – die wiederum die Proteste mit teils brutaler Gewalt niederschlugen. Ganz anders in Syrien: Dort unterstützen Saudi-Arabien, Katar und die übrigen Golfstaaten die Opposition im Kampf gegen das Regime von Baschar al-Assad.

Der scheinbare Widerspruch ist jedoch leicht erklärt: In Syrien und in Bahrain geht es nämlich nicht mehr nur um eine Auseinandersetzung von Protestbewegungen mit ihren diktatorischen Regierungen, sondern auch um den seit mehr als drei Jahrzehnten schwelenden Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran. Saudi-Arabien bekämpft mit dem Regime von Baschar al-Assad einen wichtigen iranischen Verbündeten und wirft der bahrainischen Opposition vor, von Teheran unterstützt zu werden. Dabei wird die saudische Führung nicht nur von machtpolitischen, sondern auch von religiös-ideologischen Erwägungen geleitet. Denn sie sieht die bahrainischen und die arabischen Schiiten schon aufgrund der gemeinsamen Konfession als „fünfte Kolonne“ der ebenfalls schiitischen Islamischen Republik. Im Gefolge des Arabischen Frühlings verschärfen sich nun erneut die Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten im Nahen Osten.

Dieser sunnitisch-schiitische Gegensatz ist mit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein im Irak 2003 neu aufgebrochen. Die arabischen Nachbarstaaten des Irak verbanden mit der US-amerikanischen Invasion nicht nur die Furcht vor einem Bürgerkrieg und einem Auseinanderbrechen des Landes, sondern auch vor einer Machtübernahme der Schiiten, die mit rund 60 Prozent die Bevölkerungsmehrheit stellen und unter dem Regime Saddam Husseins stark gelitten hatten.

Besonders heftiger Widerstand gegen die US-amerikanischen Pläne zum Krieg gegen den Irak kam aus Saudi-Arabien. Nicht zuletzt aus Furcht vor dem schiitischen Regime in Teheran hatten die Saudis Saddam Hussein bereits in den 1980er Jahren bei seinem Krieg gegen den Iran unterstützt. Als der Regimewechsel 2003 tatsächlich dazu führte, dass die irakischen Schiiten in Bagdad eine wichtige Rolle übernahmen, protestierten Riad und seine Verbündeten in ungewohnter Heftigkeit. Ende 2004 sprach der jordanische König Abdullah II. erstmals öffentlich von einem „schiitischen Halbmond“, der sich vom Libanon über Damaskus und Bagdad bis nach Teheran erstrecke und den Frieden im Nahen Osten bedrohe. Er beschrieb damit einen unter sunnitischen Herrschern weit verbreiteten Eindruck.

Die Angst vor dem schiitischen Halbmond

Der ägyptische Präsident Husni Mubarak stieß in dasselbe Horn, als er im April 2006 den arabischen Schiiten vorwarf, Teheran gegenüber loyaler zu sein als ihren eigenen Regierungen. Ähnliche antischiitische Äußerungen sind auch von saudischen Politikern bekannt, die genau wie ihre Kollegen Arabertum und Sunnitentum weitgehend gleichsetzten. An zahlreichen Orten der arabischen Welt werden die arabischen Schiiten heute gern als „Perser“ verunglimpft.

Die Befürchtungen der Nachbarstaaten über einen schiitisch dominierten Irak wurden wahr, als im Frühjahr 2005 eine Regierung unter Ministerpräsident Ibrahim al-Dschaafari von der schiitischen Daawa-Partei die Macht übernahm. Prompt eskalierte die Gewalt im Land, weil unter der Ägide des nun schiitisch beherrschten Innenministeriums die Polizei und schiitische Milizen den Kampf gegen sunnitische Aufständische aufnahmen. Das Ergebnis war ein blutiger Bürgerkrieg, der weitgehend entlang konfessioneller Grenzen geführt wurde. Dass Saudi-Arabien nicht einschritt und seinerseits sunnitische Aufständische unterstützte, lag vor allem an ihrem Bündnis mit den USA. Hilfe für die Aufständischen hätte die irakischen Gegner der US-Präsenz im Land gestärkt, so dass Riad zur Untätigkeit verdammt war. Auch deshalb konnten die schiitischen Milizen den Waffengang bis 2007 für sich entscheiden und ganze sunnitische Viertel von Bagdad von ihren ursprünglichen Bewohnern „säubern“.

Die schiitischen Parteien gaben nach 2005 die Macht nicht mehr ab. Ministerpräsident Nuri al-Maliki fürchtet heute vor allem die Auswirkungen der Krise in Syrien. Sollten dort Sunniten mit saudischer Unterstützung an die Macht gelangen, könnte Damaskus die sunnitische Opposition im Irak unterstützen und damit erneut zu einer ernsthaften Bedrohung machen. Folgerichtig zählt die Regierung Maliki gemeinsam mit Teheran zu den wichtigsten Unterstützern des Assad-Regimes.

All dies zeigt, dass sich im Nahen Osten aktuelle politische Konflikte mit uralten religiösen Konfliktlinien verbinden. Die ursprüngliche Spaltung zwischen Sunniten und Schiiten spielt dabei eine wichtige Rolle. Sie geht auf eine Auseinandersetzung über die legitime Nachfolge des Propheten Mohammed zurück, auf den zunächst die sogenannten rechtgeleiteten Kalifen Abu Bakr (632–634), Umar ibn al-Chattab (634–644), Uthman ibn Affan (644–656) und Ali ibn Abi Talib (656–661) folgten, bevor die Dynastie der Umayyaden die Macht übernahm. Die Schiiten bestreiten die Legitimität der ersten drei Kalifen und behaupten, dass Ali ibn Abi Talib, der Cousin und Schwiegersohn des Propheten, der rechtmäßige Nachfolger Mohammeds gewesen sei. Sie glauben, dass nach Alis Tod seine „Imam“ genannten Nachkommen die Gemeinschaft der Gläubigen rechtmäßig hätten anführen müssen.

Hanbaliten und das Mark der Religion

Im Lauf der Zeit bildeten sich die beiden Konfessionen heraus, wobei die Schiiten meist eine Minderheit bildeten und nur selten die Macht in islamischen Staaten übernehmen konnten. Sie stellen heute rund 10 bis 15 Prozent der weltweit etwa 1,3 Milliarden Muslime, und Staatsreligion ist der schiitische Islam nur im Iran. In den acht Anrainerstaaten des Persischen Golfs stellen die Schiiten jedoch oft weit höhere Anteile der Bevölkerung: im Iran 80 Prozent, in Bahrain 70, im Irak 60, in Kuwait 20 bis 30, in den Vereinigten Arabischen Emiraten 15 und in Saudi-Arabien rund 10 Prozent. Bei dieser Ausgangslage ist es kein Zufall, dass der konfessionelle Gegensatz in der Golfregion den größten Einfluss auf die Politik hat.

In der islamischen Geschichte wechselten sich immer wieder (längere) Phasen friedlicher Koexistenz mit (kürzeren) Abschnitten teils blutiger konfessionell motivierter Auseinandersetzungen ab. Das Muster war häufig dasselbe: Während die Schiiten aufgrund ihrer zahlenmäßigen Schwäche eine größere Neigung zur Ökumene aufweisen und die Unterschiede zwischen den Konfessionen kleinreden, hat sich unter Sunniten eine starke antischiitische Tradition ausgebildet. Sie wird vor allem von Reformbewegungen hochgehalten, die die Rückkehr zu einem idealisierten Urislam im Mekka und Medina des 7. Jahrhunderts fordern. In dem Maße, wie diese Gruppen in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen haben, hat sich auch antischiitisches Gedankengut verbreitet.

Die wohl wichtigste Quelle des modernen antischiitischen Denkens in der arabischen Welt ist die sogenannte Wahhabiya. Dabei handelt es sich um eine sunnitische Reformbewegung aus Zentralarabien, die auf die Lehren des Gelehrten Muhammad ibn Abd al-Wahhab (1703–1792) zurückgeht und die bis heute die offizielle Islaminterpretation in Saudi-Arabien geblieben ist. Abd al-Wahhab glaubte, die Bewohner Zentralarabiens im 18. Jahrhundert seien vom wahren Islam abgekommen, und nur eine Rückkehr zu Glaube und Praxis der frommen Altvorderen (Arabisch: as-Salaf as-Salih) im 7. Jahrhundert könne Abhilfe schaffen. Seine Vorstellung über deren Leben ermittelte der Reformer auf Grundlage einer schriftgläubigen und strikt puristischen Lesart des Korans und der Sunna, also der Berichte über die Aussagen und Taten des Propheten Mohammed, wie sie in den sogenannten Hadithsammlungen festgehalten waren. Das Ergebnis dieser religiösen Erneuerung war ein umfassendes gesellschaftliches und politisches Reformprojekt, das Abd al-Wahhab gemeinsam mit dem Begründer der saudischen Dynastie, Muhammad ibn Saud (1710–1765), durchsetzte.

Abd al-Wahhab war überzeugt, dass es sich bei den Schiiten um gefährliche Häretiker handele, die nur vorgäben, Muslime zu sein. Ihre Verehrung der Imame bezeichnete er als Polytheismus, und viele andere Glaubenspraktiken erschienen ihm vor dem Hintergrund seiner radikal monotheistischen Lehre geradezu als Provokation. Doch besonders wichtig war ihm die schiitische Position gegenüber den sahaba, den Gefährten des Propheten. Die Schiiten verachten viele von ihnen – wie beispielsweise die ersten drei Kalifen – und behaupten, dass sie sich dadurch, dass sie Ali übergingen, auch vom wahren Islam abgewandt hätten. Für Abd al-Wahhab war dies ein Sakrileg, das die Grundfesten des Islam erschütterte. In einer antischiitischen Abhandlung schrieb er: „Dies ist die Zerstörung der Basis der Religion, weil ihre Basis der Koran und die Hadithe sind.“

Der Kern des Problems bestand für ihn darin, dass die von den Schiiten verunglimpften Gefährten Mohammeds die wichtigsten Gewährsleute für die Authentizität der Hadithe sind, aus denen er Informationen über die islamische Urgesellschaft von Mekka und Medina zog. Wer sie als unglaubwürdig bezeichnete, traf gleichzeitig ins Mark der Reformbemühungen Abd al-Wahhabs. Dementsprechend bezeichnete er die Schiiten als Ungläubige (kuffar). Sie waren für ihn noch schlimmer als Christen und Juden, weil sie beanspruchten, Muslime zu sein, und deswegen die wahre Religion von innen zu verderben drohten.

Abd al-Wahhabs antischiitische Thesen standen in der Tradition des Denkens großer hanbalitischer Reformer. Die Hanbaliya ist eine sunnitische Rechts- und Glaubensschule, die nach dem Hadith-Gelehrten und Theologen Ahmad ibn Hanbal (780–855) benannt ist. Im Verlauf der Jahrhunderte versuchten hanbalitische Gelehrte wie Abd al-Wahhab mehrfach, ihre Religion durch den Rückgriff auf Koran und Sunna zu erneuern, und entwickelten dabei einen ausgeprägten Antischiismus, dessen wichtigste Quelle die Hanbaliya wurde. Bis heute ist die sogenannte Minhadsch as-Sunna1 des großen Damaszener Hanbaliten Taqi ad-Din ibn Taimiyya (1268–1328) unter Schiitenhassern weit verbreitet.

Aus dieser Traditionslinie speist sich auch das heutige antischiitische Denken in der arabischen Welt. Dabei kam der Wahhabiya besondere Bedeutung zu, weil sie erstens die politische Kultur des saudischen Staates tief prägte und weil sie zweitens die wichtigste Wurzel des Salafismus ist, der mit finanzieller Unterstützung Saudi-Arabiens zur vielleicht dynamischsten religiösen Bewegung der arabischen Welt im letzten Jahrzehnt wurde. Die Wahhabiya, und damit auch das antischiitische Denken der Hanbaliten, wurde zur saudischen Staatsdoktrin. Die aufeinanderfolgenden saudischen Herrscher profitierten von der religiösen Legitimität, die ihnen das Bündnis mit den wahhabitischen Gelehrten verlieh. Zwar erschütterten immer wieder heftige Konflikte die Allianz zwischen Religion und Staat, doch erwiesen sich die Vorteile für beide Seiten als zu groß, um sie aufzukündigen.

Der tief verwurzelte wahhabitische Antischiismus in Saudi-Arabien ist der Hauptgrund dafür, dass die vor allem in der ölreichen Ostprovinz lebenden Schiiten zu Bürgern zweiter Klasse wurden. Zwar versucht der gegenwärtige König Abdullah immer wieder, die Schiiten durch versöhnliche Gesten zu gewinnen, doch jeglichen Reformen sind hier enge Grenzen gesetzt – die Furcht vor dem Widerstand der konservativen Wahhabiten ist zu groß.

Die Wahhabiya ist zudem die wichtigste Wurzel des Salafismus, einer religiös-politischen Bewegung, die seit den 1970er Jahren weite Teile der islamischen Welt erfasste. Als Salafisten werden heute all diejenigen Muslime bezeichnet, die versuchen, so zu leben wie die frühen Muslime im Mekka und Medina des 7. Jahrhunderts, und darauf abzielen, nach diesem Muster die islamische Idealgesellschaft zu schaffen. Ihnen gemein ist meist die Forderung nach der Durchsetzung der Scharia als notwendiger Bedingung gottgefälligen Lebens. Von den herkömmlichen Islamisten – die diese Forderung im Prinzip teilen, aber nicht so sehr in den Mittelpunkt ihres Denkens und Handelns stellen – unterscheidet sie vor allem der Versuch der möglichst strikten Nachahmung der Lebensweise der „frommen Altvorderen“. So legen sie großen Wert auf Äußerlichkeiten, trimmen beispielsweise ihre Oberlippenbärte, rasieren jedoch ihre Kinnbärte nicht, tragen knöchellange Gewänder und putzen ihre Zähne mit einem Stöckchen einer bestimmten Holzart, um auf diese Weise Aussehen und Lebensart des Propheten möglichst genau zu imitieren.

Da die Salafisten sich ebenso wie die Wahhabiten an Koran und Sunna orientieren und dem Hadith-Studium große Bedeutung beimessen, verwundert es nicht, dass sie meist einen ebenso ausgeprägten Schiitenhass pflegen wie ihre saudischen Glaubensbrüder. Dies ist insofern dramatisch, als die Zahl der Salafisten in der arabischen Welt und auch in der Diaspora schnell anzuwachsen scheint. In Ägypten beispielsweise erhielt die salafistische Al-Nur-Partei bei den im Januar 2012 abgeschlossenen Parlamentswahlen über 27 Prozent der Stimmen.

Kalter Krieg zwischen Saudis und Iranern

Aufgrund der konfessionellen Gemengelage sind die Anrainerstaaten des Persischen Golfs heute das Epizentrum des Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten. Hier trifft der Antischiismus der Saudis auf die größten schiitischen Gemeinden der arabischen Welt und auf das iranische Streben nach einer regionalen Vormachtstellung. Die daraus resultierenden Auseinandersetzungen mögen nur zum Teil religiös motiviert sein, doch werden sie immer häufiger konfessionell interpretiert, was den Konflikt verschärft und Lösungen fast unmöglich macht. Während der Irak seit 2003 im Mittelpunkt stand, hat sich das Geschehen 2011 nach Bahrain verlagert.

Die besondere Bedeutung der Ereignisse in Bahrain begründet sich durch die Nähe der Inselmonarchie zur saudischen Ostprovinz. Es war vor allem die Furcht vor einem Übergreifen der Proteste auf die einheimischen Schiiten, die die saudische Führung veranlasste, im Frühjahr 2011 im Nachbarland zu intervenieren. Obwohl die saudischen Schiiten nur eine kleine Minderheit sind, stellen sie in ihrem Hauptsiedlungsgebiet nahe der Küste des Persischen Golfs ungefähr die Hälfte der Einwohner.

Dass hier auch alle großen Ölfelder des Landes liegen, ist eine stete Quelle fast schon paranoider Sorge innerhalb der saudischen Führung. Sie versucht die Stabilität der Ostprovinz zu sichern und die Antischiiten im eigenen Lager zu besänftigen, indem sie die Schiiten brutal unterdrückt. Bis vor wenigen Jahren durften diese keine Moscheen bauen, so dass sie in Gotteshäusern beten mussten, die bis zur letzten saudischen Eroberung im Jahr 1913 errichtet worden waren. Ihre religiösen Zeremonien, wie die Passionsspiele zum Aschura-Tag,2 waren lange Zeit vollkommen verboten und sind bis heute scharfen Restriktionen unterworfen. In den Schulen lernen schiitische Kinder, dass Angehörige ihrer Konfession keine Muslime, sondern schlimme Häretiker sind. Hinzu kommen sozioökonomische Diskriminierungen: Schiiten erhalten nur eingeschränkt Zugang zum öffentlichen Dienst, in den Sicherheitsbehörden und in der Armee sind sie überhaupt nicht vertreten, und die Infrastruktur der schiitischen Orte und Viertel hängt weit hinter der sunnitisch besiedelter Städte zurück.

Außer dem wahhabitischen Einfluss wird die saudische Furcht vor den Schiiten vor allem durch den Konflikt mit dem Iran geschürt. Der eskalierte mit der Islamischen Revolution 1979, die sofort auch zu Unruhen unter den Schiiten in der saudischen Ostprovinz führte. Die von Imam Chomeini erklärte Politik des Revolutionsexports tat ein Übriges, um das saudische Königshaus in Panik zu versetzen. Zwar folgte in den 1990er Jahren eine kurze Phase der Entspannung, die jedoch mit den ersten Nachrichten über das iranische Atomprogramm 2002, mit dem Irakkrieg 2003 und endgültig mit dem Amtsantritt von Präsident Mahmud Ahmadinedschad 2005 endete. Seitdem sucht die saudische Führung unablässig nach Möglichkeiten, den iranischen Einfluss in der Region zurückzudrängen. Ein kalter Krieg zwischen Saudis und Iranern ist die Folge, in dem das konfessionelle Motiv große Bedeutung hat. 2011 spürten vor allem die saudischen und die bahrainischen Schiiten die Folgen. 2012 deutet sich eine Ausweitung auf Syrien an.

Fußnoten: 1 Der vollständige Titel des mehrbändigen Werks lautet „Minhadsch as-Sunna al-nabawiya fi naqd daawa al-Rafida wa-l-Qadariya“ (Die Methode der Sunna des Propheten in der Refutation der schiitischen Renegaten und der Qadariya). Sein Verfasser ist eine der Galionsfiguren des Antischiismus geworden. 2 An diesem Tag gedenken schiitische Muslime des Todes von Hussein ibn Ali im Jahr 680. Hussein war der zweite Sohn des letzten rechtgeleiteten Kalifen Ali und starb in der Schlacht von Kerbala während des Aufstands gegen die Umayyaden.

Guido Steinberg ist Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

© Le Monde diplomatique, Berlin

Le Monde diplomatique vom 11.05.2012, von Guido Steinberg