Freeport köpft Berge
Wie der US-Kupfergigant den Westen Neuguineas verwüstet
von Philippe Pataud Célérier
Wenn der Chef eines Bergbaukonzerns freudig in die Zukunft blickt, ist das für seine Aktionäre eine gute und für die meisten anderen Menschen eine schlechte Nachricht. Beutet dieser Konzern besonders ergiebige Minen aus, verfügt er über ebensolche Beziehungen. Und ist er in der Politik- und Finanzelite des mächtigsten Landes der Welt verwurzelt, ist seine Handlungsfreiheit unbegrenzt: Seine Profite und seine Verantwortungslosigkeit sind ohne Maß.
Aus dem Kreis der etwa zehn Bergbaugiganten, die die Berge unseres Planeten abtragen, ragt das US-Unternehmen Freeport-McMoRan heraus: Die von ihm verursachten Katastrophen sind besonders gravierend und finden besonders wenig Beachtung. Wie kommt es, dass dieser Konzern, dessen Name mit zahllosen ökologischen, geopolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Tragödien verknüpft ist, der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt ist?
Freeport mit Sitz in Phoenix, Arizona, baut vor allem Kupfer und Gold ab, aber auch Kobalt und Molybdän (das vor allem dazu dient, Stahl temperaturbeständiger zu machen). CEO Richard Adkerson (75) strotzt vor Zufriedenheit. Der Kupferpreis ist nach der coronabedingten Talfahrt wieder gestiegen, angetrieben durch die von US-Präsident Biden angekündigte Energiewende. Dafür soll die wichtige Automobilbranche transformiert werden. Von den 285 Millionen Fahrzeugen, die auf den Straßen der USA unterwegs sind, fahren 97 Prozent mit Verbrennungsmotor; sie sollen langfristig durch Elektroautos mit besserer CO2-Bilanz ersetzt werden.
Die Herstellung dieser Autos erfordert eine Menge seltener Metalle, pro Fahrzeug allein zwei- bis viermal so viel Kupfer wie ein vergleichbarer Verbrenner. Auf der Erde wird alle zwei Minuten ein neuer Pkw produziert. Wenn wir unsere Bedürfnisse hier nicht einschränken, werden Nachfrage und Preis für Kupfer durch die Decke gehen. Das spricht nicht gerade für den beliebten Tesla, der 2021 als erstes Elektrofahrzeug zu den 20 meistverkauften Automarken in den USA gehörte.
Freeport-McMoRan ist seit 1988 der größte Kupferproduzent der Welt. Seine Aktionäre können beruhigt sein, solange die Produktion mit der Nachfrage Schritt hält und die Verbraucher weiterhin die Augen vor den Schäden verschließen, die durch die ach so vorbildlichen Elektroautos verursacht werden.
Wenn Freeport die CO2-Bilanz seiner Bergbauaktivitäten verbessern wollte, hätte es durchaus die Mittel dazu. 2006 blätterte es für die Übernahme des US-Kupfergiganten Phelps Dodge 25,9 Milliarden US-Dollar hin. Damit sicherte sich Freeport 60 Prozent der US-Kupferproduktion – darunter die größte Lagerstätte in Arizona, die ausgedehnte Morenci-Mine, mit 37 Prozent der US-Produktion. Ebenso stieg der Konzern bei den Minen von El Abra in Chile, Cerro Verde in Peru und Tenke Fungurume (Kupfer und Kobalt) in der Demokratischen Republik Kongo ein. Die Anteile an Letzterer wurden 2016 an das chinesische Staatsunternehmen China Molybdenum weiterverkauft.1
Die Übernahme von Phelps Dodge, die finanziell alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte, wurde in der Branche allerdings mit Zurückhaltung registriert. Denn der Freeport-Konzern brachte damit einen traditionsreichen Player (gegründet 1834) in seinen Besitz, der deutlich größer war als er selbst. Das Geld für die Übernahme stammte zum Teil aus einer Mine, die Freeport möglichst unbeobachtet mehr als 13 000 Kilometer von den USA entfernt ausbeutet – im Westteil der Insel Neuguinea, der 1963 von Indonesien annektiert wurde.
Nutznießer des Kalten Kriegs
Wie es dem aus der texanischen Freeport Sulphur Company hervorgegangenen Weltkonzern gelang, im wohl unzugänglichsten Gebirgszug der Welt in mehr als 4000 Metern Höhe den Bergbaukomplex Ertsberg-Grasberg mit seinen enormen Kupfer- und Goldvorkommen zu entdecken und auszubeuten, ist eine Geschichte für sich.
Als Freeport 1967 die Bergbaukonzession aushandelte, war der Kalte Krieg in vollem Gange. Die verfeindeten Nachkriegsgroßmächte USA und Sowjetunion versuchten mit aller Macht, die unabhängig gewordenen ehemaligen Kolonien unter ihren Einfluss zu bringen. Eines dieser Länder war die junge Republik Indonesien, die sich unter Führung von General Sukarno in einem blutigen Befreiungskrieg (1945–1949) von der niederländischen Herrschaft befreit hatte. Sukarno, ein glühender Nationalist, Verfechter der Bündnisfreiheit und entschiedener Fürsprecher wirtschaftlicher Souveränität, regierte nun einen der größten und reichsten Staaten Südostasiens mit einhundert Millionen Menschen.
Viele Indonesier wandten sich nach und nach der Partai Komunis Indonesia (PKI) zu, der damals größten kommunistischen Partei außerhalb des chinesisch-sowjetischen Blocks. Das sah Washington mit Sorge, zumal Sukarno damit drohte, er werde sich dem sowjetischen Lager anschließen, sollten die USA die Niederlande nicht zur Rückgabe des letzten Teils ihrer „indischen“ Kolonie zwingen: Niederländisch-Neuguinea. Die Niederlande erklärten jedoch, das Gebiet nur direkt an seine Bewohner, die Papua, zurückgeben zu wollen, da ja jedes Volk das Recht habe, über sich selbst zu bestimmen. Mit der Bestimmung über seine Reichtümer sah man das allerdings anders.
Denn die Besatzer wussten natürlich um die sagenhaften Lagerstätten, die die Nederlandsche Nieuw Guinea Petroleum Maatschappij (NNGPM) 1936 entdeckt hatte. Ebenfalls im Bilde war die Standard Oil Company, die Muttergesellschaft des Ölimperiums von John D. Rockefeller. Mit Hilfe einer juristischen Konstruktion, die einer ihrer prominenten Rechtsexperten, Allen Dulles, entwickelt hatte, sicherte sich Standard Oil die Mehrheit an der NNGPM.
Dulles war seinem Bruder John Foster in die einflussreiche internationale Anwaltskanzlei Sullivan & Cromwell gefolgt, wo sich die Mächtigen aus Wirtschaft und Politik die Klinke in die Hand gaben. John Foster Dulles hatte dem Wirtschaftsminister des Dritten Reichs, Hjalmar Schacht, mit seinen Kontakten zu Industrie, Bergbau und Banken wichtige Türen geöffnet.2 Dass er den Nazis bei der Finanzierung und Ausrüstung ihrer Armee behilflich war, schadete seiner späteren politischen Laufbahn nicht im Geringsten.
Der republikanische US-Präsident Dwight D. Eisenhower (1953–1961) ernannte ihn zum Außenminister (1953–1959), während sein Bruder Allen erster ziviler Direktor der CIA wurde (1953–1961). Schließlich waren die Brüder Dulles leidenschaftliche Kämpfer gegen die kommunistische Ideologie und – sofern es sich rentierte– für die Interessen Washingtons. Die Mächtigen in den Vereinigten Staaten setzten stark auf die Expansion ihrer multinationalen Öl- und Bergbauindustrie, in dem Wissen, dass natürliche Bodenschätze, wirtschaftliche Ressourcen und militärische Macht symbiotisch miteinander verflochten sind.
Kolonialmacht Indonesien
Sukarnos Entschlossenheit und die Starrköpfigkeit der Niederländer beunruhigten die US-Regierung und standen zudem den Interessen der Multis entgegen, die ungeduldig darauf warteten, sich die Schätze Neuguineas unter den Nagel zu reißen. Am heftigsten drängelte Freeport Sulphur, nachdem es in Kuba eine Enttäuschung hatte hinnehmen müssen: Dort war der lange von den US-Amerikanern unterstützte Diktator Batista aus dem Amt gejagt worden, und der neue Staatschef Fidel Castro hatte sämtlichen Besitz des Unternehmens sowie die Minenanlagen verstaatlicht.
Der Verlust betrug schätzungsweise an die 100 Millionen Dollar und fiel all denen auf die Füße, die zuvor dafür gesorgt hatten, dass der Konzern sich optimale Vertragskonditionen sichern konnte: Aktionäre, Banken, Geschäftsleute und Anwaltskanzleien, darunter auch Sullivan & Cromwell. Mit von der Partie war auch John Hay Whitney (1904–1982), einer der ersten Investoren in Risikokapital sowie Gründer und Hauptaktionär von Freeport Sulphur. Er betätigte sich zudem als Verleger der New York Herald Tribune (die ihm gehörte) und diente als US-Botschafter in Großbritannien (1957–1961). Die Präsidentschaftskandidatur von Eisenhower hatte er mit großzügigen Spenden unterstützt und half nach dessen Wahlsieg, sämtliche Operationen zu verschleiern, die die CIA unter der Federführung der Dulles-Brüder durchführte.
Zu dieser renommierten Seilschaft gehörten so herausragende Persönlichkeiten wie Godfrey S. Rockefeller, Neffe des gleichnamigen Milliardärs; Robert Lovett, Verteidigungsminister (1951–1953) unter Harry S. Truman und einer der „Architekten des Kalten Kriegs“; Admiral Arleigh Burke, der zusammen mit Allen Dulles die desaströse Operation in der Schweinebucht auf Kuba organisierte, mit der Fidel Castro hätte eliminiert werden sollen. Und nicht zu vergessen: Henry Kissinger, Außenminister (1973–1977) unter den Präsidenten Richard Nixon und Gerald Ford und danach Vorstandsmitglied bei Freeport.
All diese Männer waren bestens geeignet, eine ambitionierte Aufgabenliste abzuarbeiten: die Niederländer vertreiben, die Kommunistische Partei Indonesiens liquidieren und den ausgesprochen populären Sukarno, der sich gegen alle ausländischen Interessen sperrte, durch einen zweckdienlicheren Nachfolger ersetzen – einen, der bereit war, den USA die gewünschte Blankovollmacht zur Ausbeutung der indonesischen Bodenschätze auszustellen.
Der Mann der Stunde war General Suharto, seit 1962 Befehlshaber des Strategischen Heeresreservekommandos (Komando Cadangan Strategis TNI-Angkatan Darat, Kostrad), das im Westteil Neuguineas Fuß zu fassen versuchte. Die Niederlande hatten dem Gebiet inzwischen weitgehende Autonomie zugestanden und vollständige Unabhängigkeit für 1970 zugesichert, was Indonesien verhindern wollte.
Mit dem sogenannten New York Agreement vom 15. August 1962 wurden die Niederlande gezwungen, West-Neuguinea am 1. Mai 1963 an Indonesien zu übergeben – allerdings gegen die Zusicherung, dass die Papua selbst per Referendum über ihre Zukunft entscheiden würden. 1969 organisierte Indonesien ein Scheinreferendum mit handverlesenen Wahlmännern, nachdem in sechs Jahren Besatzung zehntausende Papua ermordet worden waren.4 Westpapua gehört noch heute zu Indonesien.
Präsident Sukarno wurde nach einem von Suharto angezettelten Putsch im September 1965 entmachtet. Die CIA lieferte dafür die Waffen – und Listen von tatsächlichen und angeblichen Kommunisten, die zu ermorden waren. Das alles geschah unter der Federführung des US-Außenministeriums. Der Putsch war ein antikommunistisches Vernichtungsprogramm, dem ein bis 2 Millionen Menschen zum Opfer fielen,5 und es war so effizient, dass es in Lateinamerika unter dem Namen „Jakarta-Methode“6 Schule machte.
Freeport machte sich unterdessen über die Ertsberg-Mine her. Im April 1967 gründete Freeport Sulphur seinen indonesischen Ableger PT-Freeport Indonesia (PT-FI). Es folgte die allererste Vertragsunterzeichnung eines ausländischen Unternehmens mit dem neuen Regime von General Suharto. Das Unternehmen erhielt darin exklusive Abbaurechte für 30 Jahre, verbunden mit einer Konzession für insgesamt 250 000 Hektar.
Für die ersten drei gewinnbringenden Betriebsjahre wurden weder Pacht noch Förderabgaben und Steuern fällig – entsprechend den Vorgaben des US-Außenministerium auf Wunsch von Freeport. Für General Suharto war der Vertrag die Eintrittskarte in die einflussreichsten politisch-wirtschaftlichen Kreise der USA. Der Machthaber öffnete Indonesien für US-Investitionen unter dem Schutz der US-Regierung, die auch Bürgschaften für die ersten gigantischen Kredite übernahm, um das Abbauvorhaben auf den Weg zu bringen.7 Suhartos diktatorisches Regime sollte dauerhaft gestützt werden.
Für die ihres Landes beraubte und völlig rechtlose papuanische Bevölkerung war der Deal ein Desaster. Es gab für sie keinerlei Gegenleistung, mit der die Verwüstungen des Bergbaus hätten ausgeglichen oder wenigstens eingedämmt werden können. Die Firma Bechtel, weltweit führender Anbieter von Erdölinfrastruktur, mischte kräftig mit. Von 1974 bis 1982 saß in der Chefetage dieses Konzerns George Shultz, zuvor Arbeits- und Finanzminister unter Nixon (1982 ging er zurück in die Politik und wurde Außenminister unter Reagan).
Tagebau auf 4270 Metern über dem Meeresspiegel braucht ganz spezielle technische Lösungen für die vielen komplexen mechanischen und chemischen Operationen, die für die Gewinnung von Edelmetallen nötig sind. Da im Schnitt eine Tonne Erz aufbereitet werden muss, um ein Gramm Gold zu gewinnen, fallen unvorstellbare Mengen von Abraum an – pro Tag bis zu 700 000 Tonnen taubes Gestein und durchschnittlich 240 000 Tonnen Erz.
Berge von schwefelhaltigem Schlamm, der große Mengen chemisch instabiler Schwermetalle (Arsen, Kadmium, Selen) enthält, werden im Hochland Neuguineas von den tropischen Niederschlägen aufgeschwemmt und ergießen sich mit der Gewalt eines Tsunamis über Dörfer und ihre Bewohner.8 Im Lauf der Jahrzehnte gelangten auf diese Weise mehrere Milliarden Tonnen Bergbauabfälle, getränkt mit Millionen Litern Chemikalien, in die Natur und vergifteten das gesamte Gewässersystem, das in die Arafurasee zwischen Neuguinea und der Nordwestküste Australiens fließt.9
Doch um die gesundheitlichen und ökologischen Konsequenzen scheinen sich Freeport und die verantwortlichen Stellen nicht zu scheren. Bis zum großen Streik von 2011 arbeiteten die meisten Bergleute für 1,50 Dollar in der Stunde, und Freeport fuhr 19 Milliarden Dollar Reingewinn ein, obwohl das Unternehmen die indonesischen Sicherheitskräfte auf Neuguinea mit schwindelerregenden Summen bedachte (rund 80 Millionen Dollar von 1998 bis 2008).
Alle, von den regulären Nationalen Streitkräften Indonesiens (TNI), über die für ihre Menschenrechtsverletzungen (etwa in Timor) berüchtigte Spezialeinheit Kopassus bis zum Mobile Brigade Corps der indonesischen Polizei (Brimob) sollen für die Sicherheit der Förderstätte sorgen. Konkret hieß das: Aufstände der Einheimischen niederschlagen, soziale Bewegungen zum Schweigen bringen oder auch selbst Unruhen provozieren, um zu beweisen, dass das in sie investierte Geld wirklich vonnöten war.
Wie viele betroffene Landbewohner und Aktivisten ihr Leben lassen mussten, weil sie sich den Raubbaupraktiken des Minengiganten entgegenstellten, weiß niemand genau. Beobachter haben zu der Region keinen Zugang, und die spärlichen Informationen, die nach außen dringen, werden sogleich unterdrückt – mit massivem juristischem Aufwand, medienwirksamen Spenden für wohltätige Zwecke oder durch politische Einflussnahme.10
Zwischen 1975 und 1985 brachten die Kupferkonzentrat-Exporte aus der Ertsberg-Mine der indonesischen Regierung zwischen fast 450 Millionen Dollar an Steuern, Gebühren und Förderabgaben ein. Freeport erzielte von 1975 bis 1989 3,4 Milliarden Dollar Reingewinn. Für die Inbetriebnahme der benachbarten Grasberg-Mine, wo Kupfervorkommen mit einem geschätzten Wert von 40 Milliarden Dollar lagern sollen, wurde 1991 auf die Schnelle ein neuer Vertrag mit 30 Jahren Laufzeit ausgehandelt. Dabei ging es für beide Vertragsparteien vor allem darum, möglichst viel von diesem Geldsegen einzufahren, bevor ein demokratischer Aufbruch die Herrschaft des alternden Suharto unterhöhlen würde.
Freeport war 1988 unter dem Namen Freeport-McMoRan Copper an die New Yorker Börse gegangen. Um die Produktionskapazitäten der neuen Mine zu erhöhen, holte man den Bergbaukonzern Rio Tinto ins Boot, der sich mit 40 Prozent an der Freeport-Tochter FT-PI beteiligte. Rio Tinto ist unter anderem für seine Untaten auf der zum unabhängigen Staat Papua-Neuguinea gehörenden Insel Bougainville bekannt, wo das Unternehmen die Panguna-Kupfermine betrieb. Die unmenschlichen und umweltzerstörerischen Bedingungen, unter denen diese Mine von 1972 bis 1989 ausgebeutet wurde, führten zu Aufständen und einem Bürgerkrieg mit 20 000 Toten.
Schlammlawinen und vergiftetes Meer
Der Ertrag der Grasberg-Mine entspricht den in das Projekt investierten Summen. 1999 lieferte Grasberg in nur einem Jahr doppelt so viel Erz wie die ganze Ertsberg-Mine in 15 Jahren. Von 1990 bis 2019 wurden aus dem Bergbaurevier Grasberg (über und unter Tage) 528 Milliarden Unzen (16 Millionen Tonnen) Kupfer und 53 Millionen Unzen (1500 Tonnen) Gold gewonnen. Deren Gesamtwert wird auf 80 bis 120 Milliarden Dollar geschätzt.11
Dies hat zur Folge, dass auf der Zukunft Westpapuas eine schwere Hypothek lastet. Die Korruption nimmt zu und breitet sich überall aus. 2004 erklärte die NGO Transparency InternationalSuharto zum „korruptesten Machthaber der vergangenen 20 Jahre“, er soll sich um schätzungsweise 30 Milliarden Dollar bereichert haben. Das wäre das Dreifache dessen, was FT-PI als größter Steuerzahler an den indonesischen Fiskus gezahlt hat (10,2 Milliarden Dollar zwischen 1991 und 2021).
Nachdem Suharto 1998 abgesetzt worden war, erklärten die nachfolgenden Präsidenten die wirtschaftliche Souveränität Indonesiens zum obersten Gebot und nahmen FT-PI ins Visier. 2014 lähmte ein Tauziehen zwischen dem US-Konzern und dem amtierenden Staatspräsidenten Joko Widodo den Erzabbau, auf einen Schlag wurde ein Viertel der insgesamt 32 000 Arbeiter entlassen. Freeport übertrug schließlich 51 Prozent seiner Tochtergesellschaft, inklusive der 40 Prozent, die Rio Tinto gehalten hatte, an das Staatsunternehmen PT Inalum und verpflichtete sich, eine neue Schmelzerei zu errichten. Im Gegenzug erhielt er die Verlängerung seiner Schürfrechte bis 2041 und die Erlaubnis für weitere unterirdische Erkundungen in den vielversprechenden Eingeweiden des Grasbergs.
Die Verhandlungen zwischen Freeport-Chef Richard Adkerson, der unter verschärfter Beobachtung seiner Aktionäre stand, und Joko Widodo, der damals eine zweite Amtszeit als Präsident anstrebte, waren ein erbitterter Kampf, der seitens Widodos mit nationalistischen Untertönen geführt wurde. Dennoch sollten keine ausländischen Investoren verschreckt werden und die Interessen der verbliebenen Freeport-Aktionäre – darunter der Milliardär Carl Icahn, der Donald Trump während dessen Präsidentschaft als Sonderberater zur Seite stand, und die mächtige Investmentgesellschaft BlackRock – gewahrt bleiben.
Die einheimischen Papuas blieben bei diesen Verhandlungen außen vor. Das Einzige, was für sie bei dem Deal herauskam, sind die katastrophalen Umweltschäden, die auf mehr als 13 Milliarden Dollar geschätzt werden12 – sofern sich die tödlichen Auswirkungen der Bergbautätigkeiten für die künftigen Generationen überhaupt finanziell beziffern lassen.
Nachdem FT-PI nun teilweise unter indonesischer Flagge firmiert, bleibt der Mutterkonzern von jeder strafrechtlichen Verantwortung für sein Treiben in Papua verschont. Ob dieser Vorteil Gegenstand der Verhandlungen war, ist nicht klar. Jedenfalls ermöglicht dies dem Unternehmen, seine Bergbaubetriebe in Nord- und Südamerika zu stärken, wo die nationale Gesetzgebung verbindlicher ist und die Bewirtschaftungskosten dadurch höher sind.
In den USA selbst, etwa im Staat Arizona, stößt die Erschließung der ausgesprochen lukrativen Kupferminen, die Freeport dort besitzt, zunehmend auf Kritik. Mit jeder Erweiterung ihrer Abbaukapazitäten benötigt eine Mine größere Abraumflächen und vor allem mehr Wasser: eine für die Bergbauindustrie entscheidende Ressource, in dieser trockenen Region jedoch äußerst knapp. Der Klimawandel verschärft die Situation zusätzlich.
Für die „Bagdad“-Mine hat Freeport dem Arizona State Land Department kürzlich ein Gebiet abgekauft, das mit 65 Quadratkilometern größer ist als Manhattan Island und 13,5 Millionen Dollar dafür bezahlt.13 Gegen diesen Verkauf erhoben elf indigene Völker umgehend Einspruch, weil es dort zahlreiche historische Stätten gibt, die ihnen heilig sind. Für den Fall, dass es zum Prozess kommt, hat Freeport eine Garantiesumme von 500 000 Dollar bereitgestellt. Das sind Peanuts im Verhältniszu den Millionenbeträgen, zu denen das Unternehmen bereits in früheren Gerichtsverfahren verurteilt wurde.
Mitunter investiert der Bergbaukonzern in Imagekampagnen und finanziert Gemeindeaktivitäten, er vergibt Stipendien oder Aus- und Weiterbildungsprogramme – gewichtige Argumente für die Unternehmungen von Freeport. Am schwersten wiegt aber das Arbeitsplatzargument: Mit ihren fast 3500 Beschäftigten (wenn man die indirekten Jobs hinzurechnet, sind es dreimal so viele) brachten die Minen Morenci und Bagdad im 2020 dem Staat Arizona 1,213 Milliarden Dollar ein:14 Ein warmer Regen für die politisch Verantwortlichen in dem US-Bundesstaat.
Dennoch betrachtet der Freeport-Konzernchef das Bergbaugeschäft mit Sorge: „Mehr Kupfer zu produzieren, um die wachsende Nachfrage infolge des Umstiegs auf saubere Energie zu bedienen, wird immer schwieriger. (…) Die Gemeinschaften und Kommunen vor Ort sperren sich gegen neue Minen, und dann will die Politik auch noch einen Großteil der Gewinne einstreichen“, meint Richard Adkerson. Er kritisiert, dass kommunale Verordnungen und Umweltvorschriften strenger werden und dass die Regierungen von Chile und Peru „die Bergbauaktivitäten immer stärker mit Steuern belasten“.
In diesen beiden Ländern, den weltweit größten Kupferproduzenten, würde Freeport sein Geschäft gern ausbauen.15 Insgesamt machte der Konzern im Jahr 2021 mit seinen Minenaktivitäten 22,8 Milliarden Dollar Umsatz und erzielte einen Reingewinn von 4,3 Milliarden Dollar – das sind 619 Prozent mehr als 2020. Adkerson hat trotz des Gejammers tatsächlich gut lachen. Für Freeport läuft es besser denn je.
2 Siehe Stephen Kinzer, „The Brothers“, New York (St. Martin’s Griffin) 2013.
4 Siehe Philippe Pataud Célérier, „Westpapua erhebt sich wieder“, LMd, Dezember 2019.
10 Siehe Philippe Pataud Célérier, „Die neuen Rothäute von Irian Jaya“, LMd, Oktober 1996.
Aus dem Französischen von Andreas Bredenfeld
Philippe Pataud Célérier ist Journalist.