12.05.2022

Wohin mit dem Atommüll?

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Wohin mit dem Atommüll?

Frankreich setzt im Kampf gegen die Erderwärmung auf Atomkraft. Doch die Sicherheitsrisiken sind hoch und die langfristige Rentabilität ist fraglich. Das hängt auch am ungelösten Problem der Endlagerung.

von Cédric Gouverneur

Marion Eichmann, Cool Mountains, dreiteilig, 2021, 72,5 × 308 cm
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Die metallene Kabine rauscht mit einer Geschwindigkeit von zwei Metern pro Sekunde in die Tiefe. Nach sechs Minuten erreichen wir das Labor der Staatlichen Stelle für die Entsorgung radioaktiver Abfälle (Andra), das in dem lothringischen Dorf Bure 490 Meter unter der Erdoberfläche liegt.

Noch lagern in den Stollen keine Fässer mit Atommüll. Die Andra untersucht hier noch immer die Risiken eines vom Centre industriel de stockage géologique (Cigéo) geplanten und umstrittenen Endlagers. „Wenn es denn tatsächlich kommt“, merken die Verantwortlichen wiederholt an. Doch ihre sprachliche Vorsicht gleicht immer mehr einer leeren Floskel, nachdem der öffentliche Nutzen des Endlagers im November 2021 offiziell bestätigt wurde.

Die Andra stellt dieses Jahr einen Genehmigungsantrag bei der französischen Atomaufsicht (ASN), die innerhalb von drei bis fünf Jahren dazu Stellung nehmen wird. Die ASN hat in der Vergangenheit zwar Vorbehalte zu bestimmten technischen Aspekten geäußert, hält aber die Tiefenlagerung von Atomabfällen grundsätzlich für die beste Lösung. Zudem hat die EU-Kommission, die ebenfalls zustimmen muss,1 am 2. Februar entschieden, dass Atomkraft mit den EU-Zielen für den Übergang zur Klimaneutralität vereinbar ist, sofern „die Anforderungen an die nu­klea­re Sicherheit und die Umweltsicherheit“ erfüllt sind.2

Als wir Ende Januar das Labor besichtigen, herrscht gerade große Freude bei der Andra. Kurz zuvor ist die Nachricht eingetroffen, dass Schwedens sozialdemokratische Regierung gleich nach dem Ausscheiden ihres grünen Koalitionspartners ein Endlager genehmigt hat. Die finnische Regierung hatte eine solche Entscheidung schon vergangenen November getroffen.

In Frankreich gelangte die Frage des Endlagers wieder auf die Tagesordnung, als Präsident Macron im Herbst 2021 den Bau neuer Europäischer Druckwasserreaktoren (EPR) ankündigte und vor allem die Minireaktoren SMR (Small Modular Reactors) anpries, über denen französische Start-ups brüten. In einem Bericht vom 18. November hielt der Rechnungshof allerdings fest, dass „vor einer groß angelegten Errichtung neuer Kernenergiekapazitäten die bisherigen Schwierigkeiten auf den EPR-Baustellen überwunden werden müssen“.

Tatsächlich kämpfen schon die laufenden Projekte in Frankreich und Finnland mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen und Mehrkosten, weshalb es nicht gesichert sei, „ob genügend Kapazitäten für den fristgemäßen und zu angemessenen Kosten erfolgenden Bau eines neuen Reaktorparks vorhanden sind“, so der Rechnungshof.3 Im finnischen Olkiluoto ging ein Reaktor mit zwölf Jahren Verspätung ans Netz. Und im französischen Flaman­ville wurde die Inbetriebnahme des AKWs auf Mitte 2023 verschoben. Beide Anlagen sind dreimal so teuer geworden wie veranschlagt.

Das Endlager müsste 83 000 Kubikmeter Atommüll aufnehmen, die Hälfte davon ist in den bestehenden Atomkraftwerken bereits angefallen. Und wo die radioaktiven Abfälle aus den Sprengköpfen und U-Boot-Reaktoren der französischen Atomstreitmacht entsorgt werden sollen, ist nicht bekannt. Voraussichtlich 2025 wird der Bau des seit den 1990er Jahren geplanten Cigéo-Projekts bei Bure beginnen. Insgesamt müssen rund 270 Kilometer Stollen in den Untergrund getrieben werden. Um das Jahr 2035 sollen die radioaktiven Abfälle in Spezialzügen zu der unterirdischen Deponie transportiert werden. Die zylinderförmigen Container würden jeweils 50 bis 70 Kilo­gramm Atommüll enthalten.

Der Ort würde somit zum Grab der gefährlichsten Abfälle aus der zivilen Nutzung der Atomkraft werden. Die aus der Spaltung von Uranatomen hervorgegangenen Stoffe werden noch jahrtausendelang radioaktive Strahlung erzeugen, die für Lebewesen tödlich sein kann. In allen Ländern, die Atomenergie produzieren, werden die atomaren Abfälle aktuell in Abklingbecken zwischengelagert, wobei der gefährlichste Müll in Wiederaufbereitungsanlagen wie La Hague gebracht wird.

Angeblich soll die Zwischenlagerung binnen eines Jahrhunderts rückgängig gemacht werden können. So möchte man sich eine Hintertür für den Fall offenhalten, dass geeignetere Entsorgungsmöglichkeiten entdeckt werden. Allerdings bestehen hinsichtlich der Umkehrbarkeit einer solchen Zwischenlagerung „weiterhin Unsicherheiten“, wie die Umweltbehörde festgestellt hat.4 Das Beispiel von Stoca­mine spricht in dieser Hinsicht Bände (siehe untenstehenden Beitrag).

Gefahren durch Überflutung und Feuer

Am Standort bei Bure soll das Labor der Andra neben dem Lager bestehen bleiben. Am Ende eines Stollens untersucht ein Ingenieur der Atomenergiebehörde (CEA) in Schutzkleidung das Verhalten von radioaktiven Nukliden im Callovo-Oxford-Tonstein. „Die Inge­nieu­re müssen auch die Geomechanik vor Ort berücksichtigen“, erklärt die Andra-Sprecherin Audrey Guillemenet: „Ist sie Folge der Alpenfaltung oder der Absenkung des Pariser Beckens beziehungsweise eine Mischung aus beidem? Es ist eine horizontale Spannung von 14 Megapascal zu beobachten, die somit größer ist als die vertikale Spannung der 500 Meter dicken Felsschicht über unseren Köpfen. Aufgrund dieser Beobachtung konnten wir die Spannung bei der Ausrichtung der Stollen berücksichtigen.“ So soll ein Einsturz verhindert werden. Besonders intensiv getestet wird die Haltbarkeit der Stützgewölbe.

Die Andra möchte zeigen, dass sie alle Eventualitäten berücksichtigt. Deshalb führt sie jährlich tausende Besucherinnen und Besucher – darunter Schülerinnen, Abgeordnete und Medienvertreter – durch die Anlage. Der Vizedirektor von Cigéo, Pascal Leverd, erzählt, man habe in den ersten Jahren zwischen 1991 und 2005 einen Schacht geplant, um die radioaktiven „Pakete“ abzusenken. „Dann sind wir auf einen Abstiegstunnel umgeschwenkt, weil das Risiko eines Aufzugsabsturzes nicht völlig ausgeschlossen werden konnte. Wir werden eine elektrisch betriebene, schienengebundene Standseilbahn ohne Reifen benutzen, denn Reifen können Feuer fangen.“ Genau das ist am 5. Februar 2014 in einer unterirdischen Deponie in New Mexico passiert, wo radioaktive Abfälle des US-Militärs lagerten. Die in Salzgestein gegrabenen Stollen mussten verschlossen werden, um dem Feuer den Sauerstoff zu entziehen.

Neben der Brandgefahr müssen die Cigéo-Ingenieure das Explosionsrisiko im Auge behalten, da einige der zur Einlagerung bestimmten Abfälle Wasserstoff freisetzen. Die unterirdischen Gänge müssten nach der Einbringung der Pakete jahrzehntelang belüftet werden, um eine potenziell explosive Konzentration solcher Gase zu verhindern. Der Ingenieur Bertrand Thuillier, der dem EU-Parlament angehört und gegen das Endlager in Bure ist, warnt unter anderem davor, dass „die Explosionsschwelle ab einem Wasserstoffanteil von 4 Prozent in der Luft erreicht ist“.

Geknackt würde dieser Schwellenwert laut Leverd aber nur „nach einem mehr als zweiwöchigen Ausfall der Belüftung, einem unwahrscheinlichen Szenario“. Leverd behauptet auch, dass die Pakete durch eine Explosion nur „leicht beschädigt“ würden. Trotzdem musste die Andra 2018 ihren Plan begraben, in der künftigen Cigéo-Deponie bituminierte Pakete einzulagern. Der Chef der französischen Atomaufsicht, Pierre-Franck Chevet, hatte die Brandgefahr als zu hoch eingeschätzt.5

Problematisch ist auch der mögliche Eintritt von Sickerwasser. Der Hydrogeologe und frühere Direktor des Umweltverbands France Nature Environnement in Lothringen, Romain Virrion, weist beispielsweise darauf hin, dass der nun anvisierte Abstiegstunnel viel durchlässiger sei als der ursprünglich geplante vertikale Schacht: „Bei einem zweiwöchigen Ausfall des Pumpsystems würde das Wasser in den Stollen 20 Zentimeter hoch stehen. Ein solcher Zwischenfall ist nicht auszuschließen. Dies wirft die Frage auf, inwieweit diese Bauwerke langfristig funktionieren können.“

Nukleares Grab in einer entvölkerten Gegend

Einen zweiwöchigen Ausfall der Pumpen hält wiederum Pascal Leverd für „unmöglich“. Virrion beruft sich außerdem auf die Untersuchungen des Instituts für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit (IRSN), das in der Nähe des ausgewählten Standorts „verkarstete Risse“ entdeckt hat, über die ein Wasseraustausch mit den Oberflächengewässern erfolgen könnte.

Seit drei Jahrzehnten leisten die Kritiker des Endlagers erbitterten Widerstand gegen den „Atommülleimer“. Régine, die ihren Nachnamen nicht nennen will, ist Aktivistin der Umweltorganisation Meuse Nature Environnement und organisierte schon 1994 die erste Informationsveranstaltung. „Arbeit und Geld“, seufzt sie, „damit wollte man den Leuten die bittere Pille versüßen.“

Das Département Meuse, das schon damals einen Bevölkerungsschwund verzeichnete, zählt heute nicht einmal mehr 200 000 Einwohner. Im Dorf ­Bure wohnen weniger als 100 Menschen, und die umliegenden Ortschaften sind auch nicht größer. „Der Standort wurde nicht aus geologischen, sondern aus soziologischen Gründen ausgewählt“, meint Jean-Pierre Simon, Landwirt und Cigéo-Gegner der ersten Stunde. „Versuchen Sie hier mal 10 000 De­mons­tran­ten zusammenzutrommeln, wenn die größte Stadt nur 15 000 Einwohner hat.“

In den 1980er Jahren hatten die Andra-Geologen diverse Standorte ins Auge gefasst. Doch als die lokalen Proteste unvermindert heftig anhielten, verhängte Ministerpräsident Michel Rocard 1990 ein Moratorium und beauftragte den Abgeordneten Christian Bataille mit der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs für eine Entsorgungsstrategie.

Im Dezember 1991 wurde das sogenannte Bataille-Gesetz verabschiedet mit drei Optionen für die langfristige Bewirtschaftung der Abfälle: Transmutation, oberirdische und unterirdische Lagerung. Die dritte Lösung machte das Rennen und vier potenzielle Standorte wurden daraufhin in den Départements Gard, Vienne, Meuse und Haute-Marne unter die Lupe genommen.

Die Winzer im Département Gard gingen sofort auf die Barrikaden. Schließlich blieb 1998 der Standort ­Bure an der Grenze zwischen den Départements Meuse und Haute-Marne übrig, die immer mehr verödeten. Sie liegen in den deindustrialisierten Regionen Lothringen und Champagne-Ardenne, die 2016 mit dem Elsass zur Verwaltungsregion Grand Est verschmolzen wurden. Der einflussreiche Politiker Gérard Longuet, der in mehreren konservativen Regierungen Ministerämter bekleidete und von 1992 bis 2004 Präsident des Lothringer Regionalrats war, verteidigte das Projekt vehement.

„Das wird sich verkaufen, hieß es: ein Labor, Wissenschaft, qualifizierte Arbeitsplätze“, seufzt der frühere Gemeinderat des Örtchens Mandres und Cigéo-Gegner Michel Labat. „Die Kommunen haben dafür gestimmt, ohne richtig zu verstehen, worum es geht.“

An die beiden Départements flossen über einen Unterstützungsfonds in der Rechtsform eines Groupement d’In­té­rêt Public je rund 30 Millionen Euro. Einige Bürgermeister, die gegen das Endlager in Bure waren, weigerten sich, die Gelder abzurufen. Den Bevölkerungsschwund haben diese Finanzspritzen ohnehin nicht aufhalten können.

Allein im September 2018 wurden im Süden des Département Meuse drei Sekundarschulen geschlossen. „Wir haben neue Fußwege, aber keine Menschen, die darauf gehen“, sagt Régine. „Die Politiker haben immer über unsere Köpfe hinweg regiert. Das Ergebnis ist eine Art Fatalismus. Einige glauben sogar, die Abfälle wären schon im Boden! Resignation ist aber nicht dasselbe wie Zustimmung.“

Der Widerstand konzentriert sich mittlerweile auf Cigéos Zulieferbetriebe. In Suzannecourt wollte die Firma Unitech 2020 eine Wäscherei für die Schutzkleidung der Werksmitarbeiter eröffnen. Aus Angst vor kontaminierten Abwässern gingen die Anlieger auf die Barrikaden und konnten auch nicht mit der Aussicht auf 40 neue Arbeitsplätze umgestimmt werden. Unitech gab das Vorhaben schließlich auf.

Wenn in den nächsten Jahren bis zu sechsmal im Monat die Atommüll-Transporter durch die Gegend rollen, wird es sicher auch große Proteste geben – und heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Wie entschlossen die Staatsorgane reagieren, zeigten etwa die Repressionen im Vorfeld der UN-Klimakonferenz im Dezember 2015 in Paris, wo Aktivisten unter Hausarrest gestellt wurden.

Nach der Verwüstung des Restaurants Au Bindeuil durch Protestierende unweit der Andra-Niederlassung und einer nicht genehmigten Demonstration am 15. August 2017 kamen Aktivisten wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ vor Gericht. Als im Januar 2018 die Pläne für den Großflughafen Notre-Dame-des-­Landes nach jahrelangen Protesten endgültig ad acta gelegt wurden, fürchtete der Präfekt des Départements Meuse, dass nun bei ihm eine neue „zone à dé­fen­dre“ entstehen könnte, wie die Flughafengegner das von ihnen besetzte Land nannten. Eine Handvoll Aktivisten haben schon das Waldstück Lejuc besetzt, wo die Andra die Entlüftungsschächte der Deponie errichten will. Dreimal wurde das Wäldchen geräumt, das seit vier Jahren von der Gendarmerie bewacht wird.

Und Jean-Pierre Simon wurde mehrfach angezeigt, weil er De­mons­tran­ten seinen Traktor samt Anhänger geliehen hat. Die Gerätschaften wurden über ein Jahr lang beschlagnahmt. Telefongespräche werden ebenfalls abgehört, wofür die Polizei das Spionagegerät Imsi-Catcher einsetzt, um die Daten der Mobiltelefone in der Umgebung auszulesen.6

Die Menschenrechtsliga (LDH) wirft den französischen Behörden „Mobbing“ vor. Die Gegner des Endlagers würden kriminalisiert und in ihren individuellen Freiheitsrechten verletzt. Am 5. Februar 2019 schickte die LDH den belgischen Anwalt Jacques Englebert als Beobachter in die Verhandlung vor der Strafkammer von Bar-le-Duc. Engle­bert sprach danach von einem „offensichtlichen Missverhältnis zwischen den aufgewendeten Mitteln und Einsatzkräften“, die der Bekämpfung „von Terrorismus und Schwerkriminalität“ glichen, und „der Geringfügigkeit der verfolgten Delikte“ sowie der „offensichtlichen Harmlosigkeit der Beschuldigten“.7

Im Sommer 2019 wanderte der Comic-Künstler Étienne Davodeau 800 Kilometer zu Fuß quer durch Frankreich, von der Tropfsteinhöhle Pech Merle im Département Lot bis nach Bure. Zwei Jahre später veröffentlichte er eine Graphic Novel über seine programmatische Reise.8 Während die Menschen vor 20 000 Jahren mit ihren Felsmalereien „bewundernswerte Andenken“ geschaffen hätten, hinterlassen wir „Atommüll, der noch jahrtausendelang strahlen wird“, klagt Davodeau über unser Verhältnis zu unserem Planeten und seinem Boden.

Laut Davodeau hat die Andra sogar Semiologen damit beauftragt, unsere Nachfahren in ferner Zeit vor der Gefahr zu warnen, sollten sie eines Tages an diesem Ort Grabungen durchführen wollen. „Der Müll ist da, er existiert. Deshalb müssen wir uns für die kommenden Generationen darum kümmern“, verteidigt Pascal Leverd das Endlager in Bure und erinnert daran, dass Frankreich zwischen 1967 und 1982 vor allem im Pazifik tonnenweise Abfall versenkt hat, bevor die Müll­entsor­gung im Meer 1993 verboten wurde.

„Die unterirdische Einlagerung ist weniger gefährlich als die aktuell praktizierte oberirdische Zwischenlagerung“, meint Leverd. „Die Zwischenlagerung birgt die Gefahr, dass unsere Nachfahren die Kontrolle über den Müll verlieren. Daher müssen wir handeln, um ihn sicher zu verwahren.“

Bernard Laponche, der früher als Ingenieur bei der CEA gearbeitet hat, bekämpft hingegen die Tiefenlagerung vehement. Cigéo werde „künftigen Generationen einen verschmutzten Untergrund aufbürden“, sagt Laponche. Er plädiert stattdessen dafür, die atomaren Abfälle „oberflächennah zwischenzulagern“, und darauf zu setzen, dass „die Wissenschaft eine Lösung zur Verringerung oder Beseitigung der Radioaktivität findet.“9

Am 31. Mai 2018 befragte der Untersuchungsausschuss der Nationalversammlung über den Schutz und die Sicherheit von kerntechnischen Anlagen den Historiker Leny Patinaux, der zwischen 2012 und 2015 für die ­Andra tätig war. Er hat eine Dissertation über Cigéo geschrieben10 und ist der Ansicht, das Endlager berge eine „unvermeidbare Unsicherheit“: „Wie viel Risiko akzeptabel ist, hängt von der indi­viduel­len Empfindlichkeit ab. Die Andra versucht für möglichst sichere Lagerungsbedingungen zu sorgen. Das ändert aber nichts an der Komplexität des Problems. Eine Mil­lion Jahre sind als Zeitraum zu lang, um sämt­liche Phänomene beherrschen zu ­können.“

1 Euratom-Vertrag, Artikel 37.

2 „Ergänzender delegierter Rechtsakt zur EU-Klima­taxonomie“, vorbereitendes Dokument, 2. Februar 2022. Zur fragwürdigen Renaissance der Atomkraft in Frankreich siehe Manfred Kriener, „Grande Nation nucléaire“, Edition Le Monde diplomatique, Nr. 31, Berlin (taz Verlag) 2022.

3 „Les choix de production électrique: anticiper et maîtriser les risques technologiques, techniques et financiers“, französischer Rechnungshof, 18. November 2021.

4 „Avis délibéré de l’Autorité environnementale sur le centre de stockage Cigéo“, Stellungnahme der französischen Umweltbehörde Nr. 2020-79.

5 Le Monde, 15. Januar 2018.

6 „Bure: le zèle nucléaire de la justice“, Libération, Paris, 14. November 2018.

7 „Rapport sur les évènements survenus à Bure et sur leur traitement judiciaire“, französische Menschenrechtsliga, 20. Juni 2019, ldh-France.org.

8 Étienne Davodeau, „Le droit du sol: journal d’un vertige“, Paris (Futuropolis) 2021.

9 Le Monde, 28. März 2018.

10 Leny Patinaux „Enfouir des déchets nucléaires dans un monde conflictuel. Une histoire de la démonstration de sûreté de projets de stockage géologique en France (1982–2013)“, Paris, EHESS. Anhörung verfügbar auf der Website der Nationalversammlung, Protokoll Nr. 35, 31. Mai 2018.

Aus dem Französischen von Markus Greiß

Cédric Gouverneur ist Journalist.

Le Monde diplomatique vom 12.05.2022, von Cédric Gouverneur