Neuanfang in Chile
Sieger in der Stichwahl um die Präsidentschaft wurde der Kandidat der Linken, Gabriel Boric. Der einstige Studentenführer will das Land vom Erbe der Diktatur befreien und bezieht sich dabei auf den 1973 gestürzten Präsidenten Salvador Allende. Doch die Rechte in Chile ist nach wie vor stark.
von Franck Gaudichaud
Am Abend das 19. Dezember ging eine Woge der Erleichterung durch weite Teile der chilenischen Bevölkerung. Die extreme Rechte, die sich der Diktatur von General Pinochet zwischen 1973 und 1989 verbunden fühlt, hatte kurz davor gestanden, die Macht zu übernehmen. Ihr Kandidat José Antonio Kast unterlag jedoch in der Stichwahl dem Kandidaten der Linken, Gabriel Boric von der Koalition Apruebo Dignidad (Ich stimme für Würde), der die Kommunistische Partei, der Frente Amplio (Breite Front) und regionale Gruppen angehören. In den Straßen von Santiago und vielen anderen Städten sammelten sich jubelnde Menschenmengen. Die volksfestartigen Siegesfeiern, begleitet von alten Kampfliedern und Hupkonzerten, dauerten bis spät in die Nacht.
Der Sieg von Boric war keineswegs sicher gewesen. Viele Wähler waren bis zuletzt unentschlossen. Zudem lag die Beteiligung am ersten Wahlgang nur bei 47 Prozent, was einem schon längere Zeit beobachteten Trend entspricht. Darin äußert sich – seit dem Übergang zur Demokratie im Jahr 1990 und insbesondere seit dem Ende der Wahlpflicht 2012 – die Enttäuschung über eine Demokratisierung, die zahlreiche autoritäre Altlasten mitgeschleppt und am neoliberalen Wirtschaftsmodell der Diktatur festgehalten hat.
Zwischen den beiden Wahlgängen hatte Boric versucht, Wähler jenseits seiner eigentlichen Basis, der hauptstädtischen Mittelschicht, in den abgelegenen Regionen des Nordens und Südens von Chile, in den Armenvierteln und auf dem Land zu mobilisieren. Er wollte dort Boden gutmachen, wo Kast seine besten Ergebnisse erzielt hatte. Der Einsatz hat sich gelohnt: Bei einer Beteiligung von knapp 55 Prozent stimmten im zweiten Wahlgang erstmals mehr als 8 Millionen Chileninnen und Chilenen ab. Boric gewann mit mehr als 10 Prozentpunkten Vorsprung vor seinem Kontrahenten.
Angst vor der Wiederkehr der Diktatur
Zu diesem Sieg trug maßgeblich Izkia Siches bei, die aus dem nordchilenischen Arica stammt und wie Boric 35 Jahre alt ist: Als Vorsitzende der chilenischen Ärztekammer zu Pandemiezeiten und prominente Gegenspielerin des bisherigen Präsidenten Sebastián Piñera in Gesundheitsfragen vermochte sie der Kampagne neuen Schwung zu verleihen.
Nach ersten Wahlanalysen waren Frauen und generell junge Wähler entscheidend für den Vorsprung von fast 1 Million Stimmen, den Gabriel Boric am Ende vor seinem Gegner José Kast hatte. Für den neuen Präsidenten stimmten 68 Prozent der Frauen unter 30 Jahren. Sein Gegenspieler hingegen war vor allem bei der Generation über 70 erfolgreich.
Der ultrakonservative Katholik Kast, Anwalt und Vater von neun Kindern, hatte im ersten Wahlgang vom 21. November noch überraschend mit 27,9 Prozent der Stimmen knapp vor Boric gelegen, dem viele einen leichten Sieg vorhergesagt hatten. In den vergangenen 10 Jahren hat der künftige Präsident eine spektakuläre Karriere hingelegt: In den 2000er Jahren in der autonomen Linken aktiv, stand er während der Demonstrationen (2011–2013) für eine kostenlose öffentliche Bildung als Vorsitzender des Studierendenverbands der Universidad de Chile (FECh) im Rampenlicht.
2013 zog Boric als Parteiloser ins Parlament ein – ein echtes Kunststück bei einem Wahlsystem, das Koalitionen gemäßigter Parteien begünstigt. 2017 schaffte er die Wiederwahl, desgleichen seine FECh-Vorgängerin Camila Vallejo, die der Kommunistischen Partei angehört, und Giorgio Jackson, mit dem er 2016 den Frente Amplio (FA) gegründet hatte.
Diese neue Linke versteht sich als reformorientiert und postneoliberal, ist also keineswegs so radikal und kommunistisch, wie sie in der internationalen Presse und in den dominierenden chilenischen Medien dargestellt wurde. Ganz oben auf der Agenda der FA steht eine neue Steuerpolitik. Damit will man große Vermögen und Unternehmen stärker zur Finanzierung sozialer Reformen heranziehen, etwa im öffentlichen Gesundheitswesen und beim Bildungs- wie beim Rentensystem. Die unter Pinochet privatisierten
Renten1 sollen wieder verstaatlicht werden. Die Rechte von sexuellen Minderheiten und von Frauen sollen gestärkt werden (einschließlich des Rechts auf Abtreibung). Auch die Entwicklung eines grüneren Wirtschaftsmodells steht auf dem Programm sowie der Aufbau eines plurinationalen Staats, was Verhandlungen mit den indigenen Mapuche über Selbstbestimmung und Rückgabe des angestammten Landes erfordert.
Mit diesem breiten Programm hatte Boric schon die Vorwahlen gegen Daniel Jadue gewonnen, den sehr populären kommunistischen Bürgermeister von Recoleta, einem Stadtteil Santiagos. Damit konnte er viele Wählerinnen und Wähler weit über seine unmittelbare Anhängerschaft hinaus mobilisieren – vor allem in den städtischen Zentren und in Regionen, die wie Antofagasta im ersten Wahlgang nicht für ihn gestimmt haben.
Allerdings spricht einiges dafür, dass der deutliche Anstieg der Wahlbeteiligung im zweiten Wahlgang auf den Rekordwert von 55 Prozent in erster Linie eine Reaktion auf das plötzliche Erstarken der extremen Rechten war, auf deren Wahlveranstaltungen häufig Huldigungen General Pinochets zu hören waren. Viele Stimmen für Boric waren also gleichermaßen Stimmen gegen Kast. Dafür sprechen auch Erklärungen von feministischen oder sozialen Initiativen, wie etwa die Asamblea Popular Metro La Granja, eine im Oktober 2019 gegründete Stadtteilgruppe2 , die beschloss, sich „gegen den Faschismus zu erheben“, ohne jedoch Boric eine Blankovollmacht zu erteilen.
Er werde der Präsident „aller Chileninnen und Chilenen“ sein, betonte Boric gleich nach seinem Wahlsieg3 und verwies mehrfach auf den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende.4 Zu dem laufenden Verfassungsprozess erklärte er: „Dies ist das erste Mal, dass wir eine Verfassung auf demokratische Weise schreiben. Wir wollen den Prozess unterstützen, denn diese Magna Carta soll Frucht der Einigkeit und nicht der Spaltung sein.“
Nach dem Referendum im Oktober 2020 und der Wahl eines Verfassungskonvents im Mai 2021 ist endlich der Weg frei, die von Pinochet ererbte und seither nur minimal abgeänderte Verfassung von 1980 loszuwerden.
Im Verfassungskonvent sind die traditionellen Mitte-links- und Mitte-rechts-Parteien in der Minderheit, während die Unabhängigen, die auch aus sozialen Bewegungen wie der Frauenbewegung und Organisationen indigener Völker hervorgegangen sind, zusammen mit der Linken (Kommunisten und FA) die Mehrheit bilden.5 Die Rechten um José Antonio Kast haben stets erklärt, sie wollten das Projekt zum Scheitern bringen.
Boric kündigte zudem „strukturelle Veränderungen“ an, damit die Wirtschaft wachsen kann, „ohne jemanden zurückzulassen“. Er will ein „soziales Anrecht“ auf gewisse Konsumgüter einführen, ein „friedliches und sichereres Leben“ garantieren und „die Freiheiten aller vertiefen.“ Zugleich beruhigte er das gegnerische Lager, er werde „makroökonomisch verantwortungsvoll“ handeln. So wolle er „die Renten und die Gesundheitsversorgung verbessern, ohne künftige Rückschläge fürchten zu müssen“.
Schon vor dem zweiten Wahlgang hatte Boric – zum Leidwesen der KP – eine programmatische Kurskorrektur Richtung Mitte angedeutet. In manchen Punkten näherte sich der Kandidat der Linken der breiten „Concertación“ der linken Mitte an. Von deren prominentesten Ökonomen nahm er sogar – um „die Märkte zu beruhigen“ – einige in sein Team auf, etwa den ehemaligen Zentralbankchef Roberto Zahler und den neoliberal orientierten Ökonomen Ricardo Ffrench-Davis.
Boric bemühte sich auch um die Unterstützung der ehemaligen sozialliberalen Präsidenten Ricardo Lagos und Michelle Bachelet und traf sich mit Vertretern des Arbeitgeberverbands Enade. Nachdem er schon zugesagt hatte, den vom Kongress verabschiedeten Sparhaushalt für 2022 einzuhalten, schraubte er auch noch seine steuerpolitischen Ambitionen zurück.
So hat er die Einnahmen aus neuen Steuern, die ursprünglich – über zwei Haushaltsjahre verteilt – 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen sollten, auf das viel bescheidenere Ziel von 5 Prozent über die nächsten vier oder fünf Jahre reduziert, falls das Wirtschaftswachstum es zulässt. Boric tut also alles, um finanzpolitische Verantwortung und seine Entschlossenheit zur Eindämmung der Inflation zu demonstrieren.
Das „neoliberale Paradies“ Chile6 steckt seit Jahren in der Krise. Die Hauptprobleme sind hohe Schulden, ein wachsendes Prekariat und eine große Ungleichheit (ein Drittel des gesamten Vermögens entfällt auf ein Prozent der Bevölkerung), zudem Kriminalität und Drogenhandel, die im Wahlkampf ebenfalls thematisiert wurden.
Verstaatlichung ist für Boric kein Thema
„Was Gabriel Boric vertritt, nennt man in anderem Kontext sozialdemokratisch“, befindet der New-York-Times-Kolumnist Binyamin Appelbaum.7 Dass die Rechten Boric als „Kommunisten“ hinstellen, sei „reine Rhetorik“. Trotz des – oft gespielten – Entsetzens der Kast-Anhänger dachte Boric nie daran, die riesigen natürlichen Ressourcen Chiles den multinationalen Konzernen und den Erben der kolonialen Kompradorenbourgeoisie zu entwinden und in Gemeineigentum zu überführen. Auch nicht die riesigen Lithium- und Kupfervorkommen, für die Boric immerhin eine Erhöhung der Konzessionsabgaben in Aussicht stellt.
Das, was Allende den „Lohn Chiles“ nannte, seine natürlichen Reichtümer unter der Erde, ist im Programm dieser neuen Linken nicht berücksichtigt. Und auch der kommunistische Koalitionspartner ist der Meinung, die Zeit für Verstaatlichungen sei noch nicht reif. Doch dieser Besonnenheit zum Trotz bleibt die linke Koalition in den Augen eines Teils der Elite verdächtig.
Bereits am Tag nach der Wahl fragte sich Ex-Außenminister Ignacio Walker, ein Herold des Neoliberalismus „à la Chile“, besorgt, ob die an sich begrüßenswerte „sozialdemokratisierende“, reformistische Linie des neuen Präsidenten womöglich nur eine Fassade sei, hinter der er die Wiederbelebung des traditionellen Programms der KP und des Frente Amplio betreibe.8
In der Beteiligung der Kommunisten an der Regierung sehen manche gar das Gespenst des „chilenischen Wegs zum Sozialismus“ zurückkehren, wie unter Allendes Frente Popular. Da hilft es auch nicht, dass die KP brav wiederholt, sie werde die Versprechen des Kandidaten respektieren. Eine ähnliche Zurückhaltung hatte sie schon in der zweiten Amtszeit von Michelle Bachelet (2014–2018) in der Koalition aus Concertatión und KP demonstriert.
Auf der Linken wird der neue Präsident von einem Teil der sozialen Bewegungen kritisiert, die weniger auf Konsens aus sind als Boric, der ihnen als „Gelber“ (Liberaler) gilt. Tatsächlich hatte der im Wahlkampf eine klare Position zu den Mapuche-Rechten oder in Fragen des Arbeitsrechts vermieden.
Auch ein anderes linkes Anliegen wollte er nicht unterstützen: eine Generalamnestie für die von der sozialen Bewegung als „politische Gefangene der Revolte“ bezeichneten Personen, die sich – teilweise seit zwei Jahren – ohne Gerichtsverfahren in Haft oder unter Hausarrest befinden.
In diesem Zusammenhang verweisen manche auf die umstrittene Rolle des künftigen Präsidenten bei der Revolte gegen das „neoliberale Paradies“ im Oktober 2019. Die hatte die Regierung Piñera fast zu Fall gebracht und die massivsten staatlichen Repressionen seit 1990 ausgelöst.
Boric gehörte zu den Abgeordneten, die am 15. November 2019 das Abkommen für „sozialen Frieden und eine neue Verfassung“ anstrebten, das mit den Stimmen der Rechten und der Mitte verabschiedet wurde. Die KP und Teile des FA waren gegen die Einigung: Sie sei hinter verschlossenen Türen ausgehandelt worden und falle den Protestierenden in den Rücken.
Das Abkommen vom 15. November, das allerdings den Weg zum Verfassungskonvent ebnete, war in den Augen mancher Aktivisten nichts anderes als ein Rettungsanker für Piñera und der Versuch, die Kämpfe in einem Land im Ausnahmezustand in institutionelle Bahnen zu lenken. Vier Wochen später stimmte Boric sogar für das noch umstrittenere „Anti-Barrikaden- und Anti-Sabotage-Gesetz“, das die staatlichen Repressionen rechtlich absicherte – trotz der heftigen Kritik an den Menschenrechtsverletzungen auch in internationalen Medien.
Boric und seine Kollegen vom Frente Amplio entschuldigten sich später für ihr Zusammengehen mit der Rechten. Doch als Boric im Juli 2021 die Demonstrationen für Menschenrechte in Kuba unterstützte, wurden das von vielen Linken, die freiwillig und bedingungslos die Kubanische Revolution verteidigen, erneut als Verrat empfunden.
Die Rechte ist noch nicht am Ende
Der „rebellische Geist des Oktobers“ ist in der chilenischen Gesellschaft immer noch sehr lebendig.9 Er äußerte sich erneut in den Slogans und Rufen, mit denen am 19. Dezember auf den Straßen von Santiago und vor allem auf der sogenannten Plaza de la Dignidad der Sieg der Linken gefeiert wurde.
Zwar haben die nach den Protesten von 2019 allerorten gegründeten Regionalversammlungen nach Monaten der Pandemie und der Wirtschaftskrise an Vitalität verloren, aber die Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit sind immer noch aktuell. Das Feuer der Revolte schwelt weiter. Dessen ist sich der neue Präsident – als ehemaliger Aktivist und hervorragender Organisator – sehr wohl bewusst. Er verspricht ein „gerechteres Chile“ und die „Ausweitung sozialer Rechte“, warnt aber auch, dass die Aufgabe „nicht einfach sein wird“.
Schon seit dem Wahlsieg von Boric hat eine erhebliche Kapitalflucht eingesetzt, die den Handlungsspielraum der künftigen Regierung einschränken wird. Zudem hat es seine Regierung mit einer Legislative zu tun, die ihr in weiten Teilen feindlich gesinnt ist. Zwar wurden die „alten“ Parteien bei den Präsidentschaftswahlen auf den dritten und vierten Platz verwiesen, aber in den Rathäusern, in den Regionen und im Nationalkongress sind sie nach wie vor stark.
Im November 2021 gewann die Rechte die Mehrheit im Senat, im Unterhaus dagegen sind die Linke und die linke Mitte gemeinsam genauso stark wie die Rechte und extreme Rechte. Hier hat die parlamentarische Linke tatsächlich zugelegt, mit 12 Sitzen für die Kommunisten und 37 für die Apruebo Dignidad (von insgesamt 155 Sitzen). Auch in wichtigen Städten wie Santiago, Valparaíso oder Valdivia im Süden konnte sie ihre Position festigen. Dennoch wird die neue Regierung über alle größeren Reformvorhaben mit den Parteien der Mitte beziehungsweise der früheren Concertación verhandeln müssen, die sich stets gegen jede Art von grundsätzlicher Veränderung sträubten. Boric hat aus seiner Verachtung für diese Kräfte nie einen Hehl gemacht.
Sein Gegenkandidat Kast hat zwar eine Schlacht verloren, ist aber noch lange nicht besiegt. Womöglich hat sein politischer Aufstieg gerade erst begonnen. Sicher ist jedenfalls, dass der „chilenische Bolsonaro“ nicht aufgeben wird. Die Annahme allerdings, der Bruder eines Wirtschaftsministers unter Pinochets und Sohn eines deutschen Nazis verkörpere lediglich die alte autoritäre Welt der 1980er Jahre, wäre ein Fehler. Damit würde man ein Phänomen unterschätzen, das derzeit in ganz Lateinamerika zu beobachten ist: der Aufstieg radikaler rechter Kräfte, gestützt auf einen werteorientierten Diskurs der evangelikalen Kirchen und erzkatholischer Kreise, auf fremdenfeindliche Agitation gegen Migranten und auf das Schüren der Angst vor Feminismus und der LGBTQ-Bewegung.
Kast konnte immerhin mit 15 Abgeordneten und einem Senator in den Nationalkongress einziehen. Aber mit 53 Sitzen bleibt die traditionelle Rechte, auch wenn sie 19 Mandate verloren hat, die bestimmende Kraft.
3 Nachzulesen unter: www.pressenza.com/de/2021/12/gabriel-borics-rede-als-designierter-praesident/.
5 Vgl. Franck Gaudichaud, „Der lange Abschied von Pinochet“, LMd, April 2021.
6 Siehe Luis Sepúlveda, „Explosion in Chile“, LMd, Dezember 2019.
7 Interview mit: Diario Financiero, Santiago de Chile, 18. Dezember 2021.
9 Siehe Eliana Vidal, „Brief aus Valparaíso“, LMd, Dezember 2020.
Aus dem Französischen von Nicola Liebert
Franck Gaudichaud ist Professor für Lateinamerikanistik an der Universität Toulouse und Autor (mit Thomas Posado) von „Gouvernements progressistes en Amérique latine (1998–2018)“, Rennes (Presses universitaires) 2021.