12.11.2020

Restauration à la Biden

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Restauration à la Biden

Der neu gewählte US-Präsident muss den außenpolitischen Scherbenhaufen seines Vorgängers auffegen. Dass er dies für einen Neuanfang nutzen wird, ist jedoch unwahrscheinlich: Sein Programm setzt auf die Wiederherstellung der alten globalen Ordnung.

von Olivier Zajec

Fabian Treiber, Common Things, 2019, Acryl, Tusche und Pastell auf Leinwand, 80 x 70 cm
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Die „demokratische Welt anführen“. Diese Parole fasst das außenpolitische Programm von Joseph Biden gut zusammen. Was der künftige US-Präsident damit meint, hat er im März 2020 in einem Artikel in Foreign Affairs unter dem Titel „Warum Amerika wieder führen muss“ zusammengefasst. Darin konstatiert er: „Das internationale System, das die USA so umsichtig aufgebaut haben, ist im Begriff sich aufzulösen.“1

Diesem Niedergang stellt Biden die Triumphe seines Landes gegenüber: den Sieg im Zweiten Weltkrieg und den Fall des Eisernen Vorhangs. Diese Ereignisse hätten zunächst das bipolare System (1947–1991) und dann die unipolare Weltordnung (1991–2008) geprägt.

Der ehemalige Vizepräsident gibt durchaus zu, dass die größten Probleme der USA in den Bereich der Innenpolitik fallen – von den Defiziten im Bildungssystem über das Versagen des Strafvollzugs bis hin zum ungleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen. Biden betont jedoch, die Außenpolitik bleibe weiterhin ein wichtiges Fundament für den politischen Einfluss der USA, und das Verhältnis zum Rest der Welt müsse unbedingt repariert werden, nachdem die Regierung Trump es massiv beschädigt habe. Und zwar nicht nur „durch das Beispiel unserer Macht, sondern auch durch die Macht unseres Beispiels“.

Diese Ideen von Restauration und Vorbildfunktion durchzogen den gesamten außenpolitischen Teil des demokratischen Wahlprogramms. Dessen Hauptverfasser waren Kolumnisten von Mainstream-Medien, deren Beiträge von Experten wie Ely Ratner und Daniel Benaim redigiert wurden. Die Welt könne sich nicht „selbst organisieren“, heißt es in dem Programm. Nach dem destruktiven Zwischenspiel der Trump-Regierung gebe es nur eine Lösung: die Wiederherstellung der alten Ordnung, die demnach nicht infrage gestellt wird.

Die USA sollten bei dieser Rekonstruktion des alten Gebäudes, dessen Fundamente noch intakt sind, gleich eine dreifache Verantwortung übernehmen: als Bauträger, als Bauleiter und als Verwalter des gemeinsam bewohnten Hauses. Andernfalls, warnen Biden und seine Berater, könne zweierlei passieren: „Entweder wird jemand anders den Platz der USA einnehmen, aber nicht im Sinne unserer Interessen und Werte, oder es wird niemand tun, und dann folgt das Chaos.“2

Das beste Argument für diese paternalistische These ist natürlich die Rücksichtslosigkeit, mit der die Trump-Regierung auf mehreren außenpolitischen Feldern agiert hat; man denke nur an den Ausstieg aus dem Atomabkommen mit Iran oder an die einseitige Parteinahme im Nahostkonflikt. Wie die Demokraten sich von Trumps Politik abzugrenzen versuchen, mag manche Beobachter überzeugen. Doch die Idee einer außenpolitischen „Restauration“ beruht auf drei perspektivischen Irrtümern.

Erstens fußt sie schon auf einem falschen Verständnis der internationalen Ordnung, weil sie diese ausschließlich hierarchisch definiert. Zweitens nimmt sie die aktuelle Realität nicht zur Kenntnis, die sich offensichtlich in Richtung Multipolarität entwickelt. Und drittens vermittelt das Projekt der Demokraten den Eindruck, alle außenpolitischen Aktivitäten Trumps seien gescheitert und basierten auf einem irrigen Verständnis der internationalen Beziehungen. Diese Einschätzung ist nur auf den ersten Blick richtig, und vor allem: Eine „restaurative“ Politik wäre alsbald ebenso zum Scheitern verurteilt.

Eine internationale Ordnung ist niemals monolithisch, sie besteht vielmehr aus mehreren Ebenen. Die „oberste“, die „makropolitische“ Ebene, besteht aus der polarisierenden Wirkung der Beziehungen zwischen den mächtigsten Staaten. Die anderen internationalen Akteure richten ihre eigenen Strategien zum Teil an der Rivalität dieser Staaten aus. Die aktuellen Beziehungen zwischen China, der Europäischen Union, den USA und Russland illustrieren diese Effekte von Anziehung und Abstoßung auf dieser ersten Ebene.

Wir oder das Chaos

Darunter liegt die zweite, die „mesopolitische“ Ebene, bestehend aus regionalen politisch-strategischen Konstellationen, die je nach Identität und Interessen der beteiligten Staaten unterschiedliche Formen von Kooperation und Konkurrenz annehmen. Diese regionalen Konstellationen können einen Filtereffekt haben, der die Spannungen auf der obersten Ebene abmildert. Damit bietet sie den beteiligten Staaten unter Umständen die Möglichkeit, trotz des Drucks durch eine Großmacht ihre strategische Handlungsfreiheit zu wahren.

Die dritte Ebene der internationalen Ordnung ist die der gemeinsamen Interessen, die verschiedene Staaten haben können, selbst wenn sie keine gemeinsamen Grenzen haben. Beispiele dafür sind internationale Abkommen in Bereichen wie Gesundheit, Kultur, Handel, Technologie, Finanzordnung oder Sicherheit.

Weil die internationale Ordnung mehrere Ebenen umfasst, handelt es sich weniger um eine starre Hierarchie als um die beständige Neuanpassung instabiler Gleichgewichte. Dabei können schon kleine regionale Veränderungen beträchtliche Auswirkungen haben.

„In einer dynamischen Welt, in der die Kräfte sich entwickeln und die Ideen sich verändern, wird keine rechtliche Struktur auf Dauer akzeptiert werden“, schrieb Nicholas Spykman, ein Theoretiker der realistischen Schule der Internationalen Beziehungen, bereits 1942.3 Die Ordnung eines Zustands zu bewahren erfordere nicht, eine endgültige Lösung für alle Probleme zu finden, sondern vielmehr, jeden Tag aufs Neue Entscheidungen zu treffen. Die gegenwärtige Entwicklung der internationalen Ordnung zeigt, dass diese Sichtweise immer noch gültig ist.

30 Jahre nach dem Ende des Kalten Kriegs haben sich die globalen und regionalen Machtgleichgewichte fundamental verändert. Die USA besitzen nach wie vor einen beträchtlichen militärischen Vorsprung vor dem Rest der Welt, aber sie müssen den offensichtlichen Aufstieg Chinas im Auge behalten, das eine systematische und langfristig angelegte Strategie verfolgt.

Wenn man auf traditionelle Weise über die Zukunft des internationalen Systems nachdenkt, sieht man im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Entweder entsteht zwischen Washington und Peking ein neues Gleichgewicht der Blöcke, oder China verdrängt die USA bis 2050 von der Spitze der internationalen Hierarchie.

Das erste Szenario würde posthum Kenneth Waltz, dem Theoretiker des bipolaren Gleichgewichts im Kalten Krieg, recht geben. Das zweite würde uns eher auf die Analysen von Robert Gilpin verweisen, den Theoretiker der hegemonialen Stabilität, oder auf Charles Doran, der in Machtzyklen denkt. Allerdings geht diesen Autoren zufolge eine Wachablösung des Hegemons selten ohne größeren Krieg vonstatten.

Den Verfechtern des „hegemonialen Liberalismus“4 dürften beide Szenarien ziemlich gut gefallen. Von den vielen Denkfabriken, die das „Ticket“ Biden/Harris unterstützten, ist der Council of Foreign Relations (CFR) der profilierteste Vertreter dieses Ansatzes. CFR-Präsident Richard Haass meinte kurz vor der Wahl: „Ich kann mir keinen Bereich vorstellen, in dem irgendein Land besser fährt, das ganz allein agiert. Die Länder wünschen sich Partner. Und offensichtlich müssen die Partner ähnliche Vorstellungen haben. Das mag nicht dem Bild entsprechen, dass sich einige Leute gern von der Welt machen – kollektives Handeln auf Teufel komm raus, dieser universale Universal-oder-gar-nicht-Ansatz, den die Vereinten Nationen repräsentieren.“

Haass ist also der Ansicht, der Ansatz der UNO sei zum Scheitern verurteilt. Stattdessen sollten sie im Bedarfsfall „Koalitionen der Willigen“ schmieden, um außergewöhnliche Herausforderungen zu meistern.5 Auch deswegen hat er Biden im Wahlkampf unterstützt. In Wirklichkeit verfolgt die UNO, anders als von Haass behauptet, nicht eine Strategie des „alles oder nichts“, sondern vielmehr die Strategie alle oder nichts. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass sie – zumindest theo­retisch – auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten errichtet wurde und das einzige legitime internationale zwischenstaatliche Forum darstellt.

Die Legitimität der UNO ist schon deshalb nicht zu ersetzen, weil es auf der weltpolitischen Bühne eine doppelte Dynamik, nämlich eine multipolare und eine polyarchische gibt. Das ist Haass anscheinend entgangen, abgesehen davon, dass er umstandslos bestimmte Konzepte wiederbelebt, die ebenso veraltet wie polarisierend sind – wie etwa die Parole von der „Koalition der Willigen“, die Bush junior so gern propagiert hat.

Diese Logik des „Klubs der Partner“ offenbart vor allem eines: Das Konzept der liberaldemokratischen Ordnung ist erstarrt und überholt. Deswegen muss es umfassend neu durchdacht werden, wobei vor allem ein Defizit zu beheben ist, auf das Michael Williams schon vor 15 Jahren hingewiesen hat: dass in diesem Konzept der soziale Wandel innerhalb der internationalen Ordnung nicht mitgedacht wird.6

Könnte das Konzept des Multilateralismus, auf dem alle Verfechter einer repräsentativ gedachten liberaldemokratischen Ordnung beharrlich bestehen, in einer multipolaren Welt die Antwort auf dieses Defizit sein? Diese Position vertritt der französische Staatspräsident Emmanuel Ma­cron, wenn er der Nato den „Hirntod“ bescheinigt, weil alle Debatten durch bestimmte Mitgliedstaaten erstickt würden, oder wenn er eine intensivere Zusammenarbeit mit Russland ins Gespräch bringt.

Der Multilateralismus, für den Ma­cron plädiert, ist allerdings janusköpfig. Auf der einen Seite ist er Ausdruck einer inklusiven und partizipatorischen Außenpolitik, die die Souveränität der Staaten und ihre kulturelle Verschiedenheit respektiert. Auf der anderen Seite kann man aus diesem Ansatz auch die Tendenz herauslesen, den Einzelstaaten immer weniger Gewicht zuzusprechen und sich dem Ideal einer Weltregierung anzunähern.

Die erste Dimension des Multilateralismus ist auf internationaler Ebene relativ unumstritten, denn dieser stellt das Prinzip der nationalen Souveränität ja keineswegs infrage, das im Gegenteil einer seiner Pfeiler ist. Die zweite Dimension hingegen wird von immer mehr Staaten kritisiert, die fordern, dass das multilaterale Prinzip auf die dritte Ebene der internationalen Ordnung beschränkt bleiben soll, wo Themen von universeller Tragweite entschieden werden. Dagegen sollen die einzelnen Regierungen frei sein, ihr geopolitisches Schicksal auf der ersten und zweiten Ebene – also der Beziehungen zu den Großmächten und der jeweiligen regionalen Konstellationen – selbst zu bestimmen. Und zwar auf der Basis legitimer nationaler Entscheidungsprozesse und entsprechend der eigenen Wertvorstellungen, wobei die UNO – und keine andere Organisation – die Vielfalt der Wertsysteme abbilden und zugleich den Dialog zwischen ihnen organisieren soll.

Damit sind wir bei einem Hauptproblem des liberal-hegemonialen Diskurses, das für die Weltordnung, die Joe Biden wiederherstellen möchte, grundlegend ist. Die Parole „America first“ (Amerika zuerst) assoziieren wir ja vor allem mit Donald Trump. Tatsächlich aber haben die Verfasser von Bidens außenpolitischem Wahlprogramm – unbewusst oder unbeabsichtigt – sich dieselbe Parole angeeignet.

Das „Zuerst“ der Demokraten meint allerdings nicht ein Land, das den Vorrang „vor“ allen anderen Ländern haben soll, wie es Trump mit selbstbezogenen Rücksichtslosigkeit fordert. Aber auch die Demokraten sehen USA „vor“ den anderen: „Die Vereinigten Staaten müssen den Marsch anführen“, schreibt Joe Biden und sieht sein Land damit als globale Avantgarde: „Keine andere Nation ist dazu in der Lage“, und zwar deshalb, weil „kein anderes Land auf dieser Idee (der Freiheit) errichtet wurde“.

Diese Vision – entweder die amerikanische Ordnung oder das Chaos – geht auf einen Gedanken zurück, den vor 20 Jahren der damalige Vizeaußenminister Strobe Talbott, einer der engsten Vertrauten von Bill Clinton, formuliert hat. Im 20. Jahrhundert war es Talbott zufolge das ständige Bemühen der USA, „zugleich ihr nationales Interesse und ihre nationalen Werte zu fördern, ohne einen Widerspruch zwischen den beiden Zielen zu sehen“.7 Was hier durchscheint, ist die stolze Vorstellung, dass nationale Werte, die aus einer spezifischen historischen Erfahrung hervorgegangen sind, universell gültig sein könnten.

Ein solcher Anspruch auf Allgemeingültigkeit ist heute – angesichts der tiefer werdenden Kluft zwischen der selbst definierten Rolle der USA und ihrer real abnehmenden Macht – weitgehend überholt. In den aktuellen internationalen Krisen spielt die Forderung der Akteure nach nationaler Anerkennung eine immer größere Rolle. Eine solche „identitäre“ Wendung war in den letzten Jahren etwa in China, Indien und Russland zu beobachten, aber auch in den Bastionen der liberaldemokratischen Ordnung des Westens, einschließlich der USA und Europas.

Die USA können in der künftigen internationalen Ordnung, die weder Republikaner noch Demokraten der Zuständigkeit der UNO überlassen wollen, bestenfalls die Rolle als Anführer eines Lagers beanspruchen. Für Trumps Außenminister Michael Pompeo war dieses Lager „der Westen“; für die Strategen der Demokraten ist es die „freie Welt“ (was terminologisch an den Kalten Krieg erinnert). Ohne diese Restauration droht, wenn man Joe Biden glauben soll, das „Chaos“.

Bidens Alternative „wir oder das Chaos“ unterschätzt jedoch die alternativen Szenarien einer komplexeren internationalen Ordnung ohne das angesagte Chaos. Insbesondere zwei Akteure wären in der Lage, einzeln oder gemeinsam eine etwaige bipolare Ordnung durcheinanderzubringen. Der erste Akteur ist Russland, das von den Verfechtern des hegemonialen Liberalismus in Europa und in den USA auch deshalb angegriffen wird, weil Donald Trump seit seinem Amtsantritt immer wieder einen Schulterschluss mit Moskau angedeutet hat.

Man kann Russland ganz gewiss einiges vorwerfen – vor allem seit der illegalen Annexion der Krim 2014. Allerdings sollte man sich in der ak­tuel­len Situation an die Überlegungen der realistischen US-Außenpolitiker der 1990er Jahre erinnern. James Baker zum Beispiel, Außenminister unter George Bush senior, meinte 2009 in einem Interview mit Newsweek: „Heute müssen wir mit Russland zusammenarbeiten, wann immer wir es können.“8

Baker sagte weiter, die Republikaner hätten im Kalten Krieg viele Wahlen gewonnen, „weil wir die Partei der Verteidigung der Nation waren“. Wenn manche Republikaner erneut einen neuen Feind – wie etwa China oder Russland – aufbauen wollten, sei das ein riskantes Spiel: „Das Problem ist, dass wir sie zu Feinden machen ­können.“

Diese Tendenz, die Baker beklagt, existiert im republikanischen Lager bis heute – etwa in der Person eines John Bolton. Doch die soziologische Entwicklung dieser Partei, deren Wählerstruktur mit der Zeit weniger elitär geworden ist, hat dazu geführt, dass diejenigen, die die Flamme des Kalten Kriegs neu entzünden wollen, immer häufiger zu den Demokraten abwandern.

Das wird auf überraschende, aber eindrückliche Weise deutlich, wenn Trump ähnliche Worte wie Dwight Eisenhower wählt, um den militärisch-industriellen Komplex zu kritisieren, und den Spitzen des Pentagons vorwirft, sie wünschten sich nichts sehnlicher, „als Kriege zu führen, damit all diese wunderbaren Firmen, die Bomben und Flugzeuge und alles andere herstellen, glücklich bleiben“.9 Solche Worte sprechen die Trump-Wähler unmittelbar an. Die vergessen allerdings gern, dass der große Dealmaker 2017 hoch erfreut verkündete, vom saudischen Regime die Zusage für den Kauf von militärischer Ausrüstung im Wert von 450 Milliarden Dollar erhalten zu haben.

Der andere Störenfried, der ­eine entstehende bipolare Ordnung durch­ein­an­derbringen könnte, ist die Europäische Union, die diese Rolle glaubwürdiger ausfüllen könnte als Russland. Allerdings wird die EU von einigen ihrer eigenen Mitgliedstaaten infrage gestellt, denen die Abhängigkeit von der Nato wichtiger ist als die strategische Autonomie Europas. Das letztere Konzept, das Frankreich mit einem zögernden Tandempartner Deutschland propagiert, stößt in Den Haag wie in Kopenhagen wie in Warschau – aus unterschiedlichen Gründen – auf Misstrauen und Vorbehalte.

Die Wahl von Joe Biden wird daran vermutlich nichts ändern. Im Gegenteil: Sie könnte diese Situation noch verschärfen. Die Schockwellen nach der Wahl Trumps 2016 hatten Europa die Chance verschafft, sein strategisches Schicksal allmählich wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Aber Europa hat diese Chance nicht genutzt. Und wenn mit Bidens Wahlsieg die transatlantische Gemeinschaft tatsächlich wiederaufgebaut werden sollte, besteht die Gefahr, dass die Verbündeten sich anstandslos wieder der strategischen Vormacht USA unterordnen.

Angesichts dessen kann man nur hoffen, dass die politische Entwicklung in Europa den Kontinent aus seinem Komazustand erwecken wird. Der zeigte sich auch darin, dass die Leute diesseits des Atlantiks wie gebannt auf den Ausgang der US-Wahl starrten. Die Fixierung auf Amerika zeigt nicht so sehr, wie wichtig die USA in der internationalen Ordnung sind. Sie demonstriert eher das Unvermögen Europas, sich eine andere funktionierende strategische Lösung vorzustellen. Allen Lehren aus der Ära Trump zum Trotz.

1 Joseph R. Biden Jr, „Why America must lead again. Rescuing US foreign policy after Trump“, Foreign Affairs, März/April 2020.

2 Siehe Anmerkung 1.

3 Nicholas J. Spykman, „Americas Strategy in World Politics: The United States and the Balance of Power“, New York (Harcourt, Brace and Co.) 1942.

4 Siehe Stephen Walt, „The Hell of Good Intentions: Americas Foreign Policy Elite and the Decline of US Primacy“, New York (Farrar, Straus and Giroux) 2018.

5 „James Manyika speaks with Richard Haass about businesses as global entities“, McKinsey Global Institute, Washington, D. C., 16. Oktober 2020.

6 Michael C. Williams, „The Realist Tradition and the Limits of International Relations“, Cambridge (University Press) 2005.

7 Strobe Talbott, „Self-Determination in an Interdependent World“, Foreign Policy, Nr. 118, Frühjahr 2000.

8 Adam B. Kushner, „James Baker on the return to realism“, Newsweek, 16. Januar 2009.

9 „Trump is blasting the military-industrial complex. But he’s one of its biggest boosters“, Politico, 8. September 2020.

Aus dem Französischen von Ursel Schäfer

Olivier Zajec lehrt Politikwissenschaft an der Universität Jean Moulin – Lyon III.

Le Monde diplomatique vom 12.11.2020, von Olivier Zajec