10.09.2020

Südkoreas Gotteskrieger

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Südkoreas Gotteskrieger

Seit Beginn der 1980er Jahre breitet sich der Evangelikalismus global immer weiter aus. Mäzene, Medienprofis und grenzüberschreitende Allianzen – wie die zwischen Südkorea und den USA – machen Kampagnen möglich, mit denen sich die reaktionäre Religionsbewegung immer stärker in die Politik einmischt.

von Kang In-choel

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Als sich die Coronapandemie im Frühjahr 2020 auch in Südkorea auszubreiten drohte, weigerten sich die Evangelikalen, Online-Gottesdienste abzuhalten. Jeden Tag gingen sie auf die Straße und forderten den Rücktritt der Regierung.

Im Gegensatz zu den Buddhisten oder Katholiken betrachteten die Evangelikalen das Versammlungsverbot nämlich als Angriff auf die Reli­gions­freiheit und nutzten es vor allem, um eine Kampagne gegen Präsident Moon Jae In zu starten. Sie warfen ihm vor, er würde sich „dem sozialistischen China unterordnen“, wo das Virus zuerst aufgetaucht war. Damit hofften sie wohl, ihre in den letzten Jahren verlorengegangenen Anhänger wiederzugewinnen.

Im Herbst 2016 hatte sich die südkoreanische Gesellschaft in zwei Lager gespalten. Mit Kerzen in den Händen hatten Demonstrierende damals die Absetzung von Präsidentin Park Geun Hye verlangt, während man im gegnerischen Lager, in dem die protestantischen Kirchen eine tragende Rolle spielten, mit der Nationalflagge Taegeukgi auf die Straße ging.

Der Konflikt endete mit einem überwältigenden Sieg der Kerzen-Bewegung, der sich 17 Millionen Menschen an­geschlossen hatten.1 Präsidentin Park trat am 10. März 2017 zurück und wanderte nach einem ordnungsgemäßen Prozess ins Gefängnis. Im Mai wurde dann ein Vertreter der Protestbewegung – Moon Jae In – zum Präsidenten gewählt.

Trotz geringer Teilnahme gingen die Taegeukgi-Versammlungen weiter. Doch der spektakuläre Erfolg von Moons Entspannungspolitik gegenüber Nordkorea nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang im Februar 2018 brachte die Bewegung in große Verlegenheit. Zumal auch Donald Trump, der die US-Präsidentschaftswahlen nicht zuletzt auch den evangelikalen Wählern verdankt, zu dieser Annäherung entscheidend beigetragen hatte.

Mit der Wahl von Hwang Kyo Ahn zum Vorsitzenden der Freiheitspartei Koreas (Jayu-hanguk-dang, Nachfolgerin von Parks Saenuri-Partei) im Februar 2019 schöpften die Konservativen jedoch neue Hoffnung. Mit diesem glühenden Antikommunisten, dem letzten Ministerpräsident unter Park, wurden die protestantischen Kirchen zum Zugpferd der radikalen Rechten. Nach seiner Wahlniederlage am 15. April musste Hwang allerdings wieder zurücktreten.

Südkoreaner missionieren auf der ganzen Welt

Lange Zeit hatten sich die Evangelikalen in Südkorea aus der öffentlichen Debatte herausgehalten. Erst vor etwa 30 Jahren begannen sie sich zu sozialen Fragen, später dann auch in politischen Belangen zu äußern.

Bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts lieferten sich die Religionen in Südkorea einen heftigen Wettbewerb, wobei mehr als die Hälfte der Bevölkerung konfessionslos ist. Als das Land 1945 von der japanischen Besatzung befreit wurde, zählte es gerade mal 100 000 Christen (0,5 Prozent der Bevölkerung). In den 1950er Jahren nahm deren Zahl rasant zu, vor allem während des Koreakriegs (1950–1953), mittlerweile haben sie die Buddhisten als größte Konfession abgelöst.

Zum Protestantismus bekannten sich 2015 nach Angaben des Nationalen Statistikamts 9,7 Millionen Menschen (19,7 Prozent der Bevölkerung). Währenddessen war die Zahl der Konfessionslosen zwischen 1995 und 2005 von 49,6 Prozent auf 46,9 Prozent gesunken, um dann bis 2015 erneut auf 56,1 Prozent anzusteigen.

Derzeit betreibt die protestantische Kirche in Südkorea sechs Fernsehsender, 109 Universitäten, 631 Grund- und weiterführende Schulen sowie 196 medizinische Einrichtungen und 259 Vereine.2 Auch im Parlament spiegelt sich diese gesellschaftliche Kraft: In den letzten 20 Jahren lag die Zahl der protestantischen Abgeordneten stets zwischen 31 und 41 Prozent.

Und auch international spielen Südkoreas Freikirchen eine immer größere Rolle. Seit den 1980er Jahren entsenden sie Missionare, inzwischen stellen sie neben US-Amerikanern das größte Kontingent. 2009 waren 20 000 südkoreanische Protestanten auf weltweiter Mission unterwegs, zehn Jahre später 30 000. Seit Beginn der 1990er Jahren befindet sich fast die Hälfte der 50 größten protestantischen Gemeinden der Welt (gemessen an der Zahl der Gläubigen) in Südkorea.

Während der japanischen Kolonialzeit (1905–1945) dominierten – beeinflusst von US-amerikanischen Missionaren – konservative beziehungsweise fundamentalistische Protestanten die südkoreanischen Gemeinden. In den 1950er Jahren kam es dann zu mehreren Aufspaltungen, nachdem sich sowohl die konservativen als auch die reformorientierten Kreise mit den ihnen jeweils nahestehenden politischen Strömungen zu verbünden begannen. Am Ende dieses Prozesses, Anfang der 1970er Jahre, gehörten weniger als 20 Prozent der südkoreanischen Protestanten zu den Reformern.3

Diese traten dem Nationalrat der Kirchen Koreas (NCCK) bei, um die Demokratiebewegung zu unterstützen und das Regime von Park Chung Hee (1961–1979) zu stürzen. Dadurch hatten die Protestanten bis zum Ende der 1980er Jahre ein eher fortschrittliches Image, was zudem durch das Engagement einiger Evangelikaler in verschiedenen sozialen Bewegungen gestützt wurde.

Gehetzt wird gegen den Islam und Nordkorea

Doch 1989 gründeten die bis dahin unorganisierten konservativen Protestanten ihren eigenen Dachverband, den Christlichen Rat von Korea (CCK), der sich gegen die Trennung von Staat und Kirche aussprach. Dieser Rat verfügte von Beginn an über eine größere Anhängerschaft und mehr Mittel als der NCCK. Als der NCCK Mitte der 1990er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten geriet, nutzte der CCK die Gelegenheit, um Einfluss und Kontrolle beim konkurrierenden Verband zu vergrößern; im Juli 2020 zählte der CCK 55 Gemeinden, während dem NCCK nur noch 9 Gemeinden angehörten.

Seit den 2000er Jahren sind die protestantischen Gemeinden zwar immer konservativer geworden, aber sie mischten sich noch nicht in die Politik ein – bis im Januar 2003 der CCK auf dem Rathausplatz von Seoul zwei öffentliche Gottesdienste mit zehntausenden Gläubigen abhielt. Anfang März desselben Jahres veranstalten sie dann zusammen mit rechten Gruppen ein Treffen, zu dem über 100 000 Menschen kamen. Dieses spektakuläre Debüt auf der politischen Bühne wurde von den konservativen Parteien und Vereinen begeistert begrüßt.

Einige der Aktivisten gründeten daraufhin eine protestantische Partei, andere die Bewegung „Neue Protestantische Rechte“. Zwischen 2003 bis 2008 konnten sie große Erfolge verzeichnen. Aus der Opposition heraus gelang es ihnen, die meisten großen Reformvorhaben der demokratischen Regierung unter Roh Moo Hyun (2003–2008) zu vereiteln. Sie diffamierten den ehemaligen Menschenrechtsanwalt als „linken Nordkorea-Freund“; mit diesem Beinamen hatte sie bereits seinen Vorgänger und politischen Ziehvater Kim Dae Jung bedacht, der für seine „Sonnenscheinpolitik“ im Jahr 2000 den Friedensnobelpreis bekam.

Mit einer großen Kampagne trugen sie zum Wahlsieg des konservativen Evangelikalen Lee Myung Bak bei, der Anhänger einer Seouler Mega­church mit mehr als 2000 Mitgliedern gewesen war. Während seiner Präsidentschaft von 2008 bis 2013 wurde ihm immer wieder vorgeworfen, Evangelikale zu bevorzugen.

In den 2010er Jahren wurden mehrere ultrarechte NGOs gegründet, die ihre vorwiegend jungen Mitglieder zu „Internet-Kriegern“ ausbilden. Südkoreas evangelikale Gemeinden fallen in der Tat durch besondere reli­giö­se Inbrunst und aggressive Aktionen auf. Manche beteiligen sich auch an politischen Manipulationen, teilweise mit der heimlichen Unterstützung der staatlichen Geheimdienste, und an der Produktion und Verbreitung von Fake News, vor allem in Wahlkampfzeiten.

Ihre politischen Ziele sind ziemlich simpel: Sie wollen den Antikommunismus, die Freundschaft zu den USA und die Feindschaft gegenüber Nordkorea stärken und alle Gesetze oder Verordnungen vereiteln, mit denen die Rechte von sexuellen Minderheiten, Muslimen, Wehrdienstverweigerern, Migranten sowie Geflüchteten gestärkt werden könnten. Gleichzeitig versuchen sie ihrem politischen Lager mehr Rückhalt in der Bevölkerung zu verschaffen, indem sie dazu aufrufen, zur Wahl zu gehen. Sie mischen sich genauso in die Verwaltung von Schulen oder sozialen Einrichtungen ein wie in die Besteuerung des Klerus.

Der Antikommunismus gehört zwar seit den 1930er Jahren zur herrschenden Lehre des südkoreanischen Protestantismus, doch 2013 erfand die Rechte ein weiteres Feindbild: den „linksradikalen, homosexuellen Nordkorea-Freund“. Dieses Bild beruht auf der Vorstellung, dass viele Angehörige sexueller Minderheiten politisch links stehen.

Nach der Entführung von 23 protestantischen Missionaren in Afghanistan im Sommer 2017, bei der zwei von ihnen ermordet wurden, kam eine weitere Verschwörungstheorie hinzu: die angebliche „Islamisierung Südkoreas“ durch ein Bündnis von Muslimen und „Linksradikalen“, wobei damit auch Regierungen der Mitte gemeint sind und generell alle, die nicht rechts sind. Tatsächlich spielt der Islam in der südkoreanischen Gesellschaft kaum eine Rolle. In Korea kommen auf über 51 Mil­lio­nen Einwohner nur 150 000 Muslime.

Die Nordkorea-Obsession der radikalen Protestanten ist schon etwas älter. Seit Mitte der 1990er Jahre bereitet die Rechte die „Eroberung des Nordens durch das Evangelium“ vor. Sollte das Regime im Norden stürzen, so ihr sehnlichster Wunsch, will sie innerhalb von zehn Jahren über 10 000 Gemeinden gründen. Missionare werden an die chinesisch-nordkoreanische Grenze geschickt, und nicht selten werden geflüchtete Nordkoreaner von konservativen Protestanten dazu angestiftet, Ballons mit Flugblättern gegen das Regime in Pjöngjang über die Grenze zu schicken.

Dieser militaristische Aktivismus basiert auf verschiedenen religiösen Vorstellungen, die in den 1990er und 2000er Jahren hauptsächlich von konservativen Freikirchen in den USA verbreitet wurden: die Vision von der Spaltung der Welt in „wir“ gegen „die Terroristen“, das Konzept der spirituellen Kriegsführung und der prämillenaristische Endzeitglaube, Jesus werde auf die Erde zurückkehren, Satan endgültig besiegen und sein tausendjähriges Reich antreten.

In dieser Vorstellung werden die Gläubigen zu Gotteskriegern, die (gemäß der Apokalypse des Johannes) die Ankunft des Antichristen und dessen Weltherrschaft verkünden und damit den entscheidenden Kampf zwischen Gut und Böse einläuten.4 Die Rückkehr des jüdischen Volks nach Jerusalem wird ebenfalls als Hinweis auf das Ende aller Zeiten betrachtet. Seit 2017 sieht man auf den Demonstrationen der südkoreanischen Rechten neben dem Taegeukgi häufig auch die israelische Flagge und gelegentlich das US-Sternenbanner.

Bis vor einigen Jahren war es durchaus üblich, dass Prediger auf Englisch beteten und dem jeweiligen US-Präsidenten dafür dankten, dass er sich für den Sturz des nordkoreanischen Regimes einsetzte. Dafür bekam Davin Yonggi Cho, eine der mächtigsten Figuren der protestantischen Rechten in Südkorea und Gründer der Yoido Full Gospel Church, der größten Pfingstgemeinde des Landes, im April 2003 Besuch vom Oberkommandierenden der US-Streitkräfte Leon J. LaPorte. Und im August desselben Jahres schickte US-Präsident George W. Bush einen Brief an den CCK, in dem er sich begeistert zeigt vom „Geist der Freundschaft zwischen Südkorea und den Vereinigten Staaten, der bei den großen Gebetsveranstaltungen in Seoul herrscht“.5

Für die südkoreanischen Evangelikalen sind die USA das „Vaterland des Glaubens“, das nicht nur das südkoreanische Volk bekehrt und zivilisiert hat (über 87 Prozent der protestantischen Missionare, die zwischen 1893 und 1983 nach Korea kamen, waren US-Amerikaner), sondern die ganze Welt gerettet hat. Deshalb sollte man sich die USA zum Vorbild nehmen und um jeden Preis eine enge Zusammenarbeit mit ihnen pflegen.

In diesem kolonialistisch geprägten religiösen Weltbild sind die US-Amerikaner das „auserwählte Volk“, zu dem man in einer hierarchischen Beziehung steht; für die evangelikale Rechte in den USA hat der südkoreanische Protestantismus hingegen eine marginale Bedeutung.

Trotz des Ungleichgewichts haben sich die Beziehungen intensiviert. In den USA gibt es mittlerweile über 4000 südkoreanische Freikirchen, die tatkräftig an einer Verschmelzung der Lehren arbeiten. Man besucht sich gegenseitig, sucht die Begegnung. Absolventen konservativer theologischer Schulen in den USA übernehmen Schlüsselposten in Südkorea, etwa als Prediger einer großen Gemeinde oder Lehrer an einem konservativen Priesterseminar. Mit diesem in den USA ausgebildeten Personal verbreiten sich auch fundamentalistische Lehren, der prämillenaristische Glaube an die Apokalypse und die Vorstellung von der spirituellen Kriegsführung.

Kein Wunder also, dass sich die US-amerikanischen und südkoreanischen Evangelikalen in vielen Punkten ähneln. Beide rufen zur massenhaften Wahlbeteiligung auf, gehen Allianzen mit politischen Parteien des rechten Spektrums ein und diskriminieren Homosexuelle, Geflüchtete und Einwanderer. Und sie sprechen sich für die Todesstrafe aus, was sie von den übrigen christlichen Kirchen unterscheidet.

Dennoch gibt es Themen – etwa das Recht auf Abtreibung, Forschung mit embryonalen Stammzellen, Drogen, Pornografie oder Feminismus –, zu denen sich die protestantische Rechte in Südkorea weniger lautstark und leidenschaftlich äußert als ihre Glaubensbrüder und -schwestern von der anderen Seite des Pazifiks. Sie beteiligt sich auch nicht an Debatten über Kreationismus oder Gebete an öffentlichen Schulen. Während die religiösen US-Aktivisten nach den Attentaten vom 11. September 2001 den Kampf gegen den Islam aufgenommen haben, sind die Südkoreaner noch immer besessen von der Feindschaft mit ihrem Nachbarn im Norden.

Man kann daher durchaus verstehen, dass sie das historische Treffen von Moon Jae In, Kim Jong Un und Donald Trump am 30. Juni 2018 in Panmunjom in große Verlegenheit gebracht hat. Natürlich haben sie die diplomatische Initiative begrüßt, aber sie haben zugleich vor „Pjöngjangs trügerischem Friedensangebot“ gewarnt.

In einem Leitartikel für die linksliberale Tageszeitung Hankyoreh schrieb Chefredakteur Park Chan Soo im Juli 2019: „Die Konservativen aus dem Süden fühlen sich verraten, denn sie hatten von Trump eigentlich Vergeltungsmaßnahmen gegen Nordkorea erwartet.“6 Park Chan Soo hält es daher für möglich, dass die protestantische Rechte künftig dem Ruf einiger rechtsextremer Intellektueller folgen wird, die den Konservativen empfehlen, sich von den USA zu emanzipieren.

Bislang hat das Gipfeltreffen in Panmunjom jedoch nichts als Bilder produziert, mit dem erwünschten Effekt der Wahlkampfhilfe für Trump. In den Beziehungen der USA zu Nordkorea oder zwischen den beiden koreanischen Staaten gab es dagegen keine wesentlichen Fortschritte. Und zur großen Erleichterung der konservativen Protestanten ist auch die anfängliche Begeisterung und Hoffnung über das Punmonjam-Treffen schon wieder verebbt.

Im Oktober 2019 gründete der CCK-Vorsitzende Jeon Kwang Hoon eine „nationale Kampfbewegung“ zur Absetzung von Präsident Moon und ließ Zelte vor dem Blauen Haus, dem südkoreanischen Präsidentenpalast, aufschlagen. Regelmäßig kamen in dem Protestcamp mehrere tausend Menschen zu sogenannten Versammlungen des Ewigen in der Wüste zusammen. Nachdem dort mehrere Coronafälle aufgetreten waren, ließ die öffentliche Akzeptanz dieser Versammlungen jedoch deutlich nach. Und die Ordnungskräfte in Seoul nutzten die Gunst der Stunde, um den Platz zu räumen.

Jeon Kwang Hoon wurde verhaftet, kam jedoch im April gegen Kaution wieder frei und nahm seinen ideologischen Kreuzzug im Bündnis mit den Konservativen sofort wieder auf. Er hat vor allem drei Gruppen im Visier: linke Parteien und Organisationen, Ungläubige (damit sind auch Angehörige aller anderen Religionen gemeint) und Homosexuelle.

Nach ihrer Wahlniederlage im April begann die evangelikale Rechte erneut Propagandaballons nach Nordkorea zu schicken. Sie verfolgte diese Aktionen umso eifriger, als Trump und die US-Konservativen keinerlei Anstrengung unternahmen, weiter mit Pjöngjang zu verhandeln.

Im Juni 2020 entsandten Gruppen wie die Kämpfer für ein freies Nordkorea (Fighters for Free North Korea), ein Verein geflüchteter Nordkoreaner, die im Süden leben, oder die protestantische Vereinigung Stimme der koreanischen Märtyrer (Voice of the Martyrs Korea) Propagandaflugblätter auf die andere Seite der Grenze, obwohl die Mehrheit der Südkoreaner solche Provokationen einhellig ablehnt.

Die Kampagne erregte den Zorn des nordkoreanischen Regimes, das diese Aktion als Vorwand nutzte, um das Verbindungsbüro zu zerstören, das zwei Jahre zuvor nach dem Treffen der Präsidenten der USA, Nord- und Südkoreas in Panmunjom eingerichtet worden war.

Die protestantische Rechte glaubt anscheinend, dass solche aggressiven Aktionen nicht nur ihrer Lehre entsprechen, sondern auch ihren politischen Einfluss sichern werden. Dabei ist offensichtlich, dass diese nur von einem unglaublichen Hass geleitete Politik die Zukunft der protestantischen Kirchen in Südkorea überschatten und ihre gesellschaftliche Isolation noch weiter verstärken wird.

1 Siehe Sung Ilkwon, „Aufruhr in Südkorea“, LMd, Januar 2016.

2 „Die Religion in Korea – 2018“, Bericht des Ministeriums für Kultur, Sport und Tourismus (auf Koreanisch), Seoul 2018.

3 Kang In Cheol, „Widerstand und Kapitulation: Militärregime und Religion“ (auf Koreanisch), Osan (Hanshin University Press) 2013.

4 Siehe Ibrahim Warde, „Kein Frieden vor der Ankunft des Messias“, LMd, September 2002.

5 Der Brief wurde 2003 auf der Website des CCK veröffentlicht.

6 Park Chan Soo, „Vom proamerikanischen zum pro-japanischen Konservatismus“ (auf Koreanisch), in: Hankyoreh, Seoul, 11. Juli 2019.

Aus dem Französischen von Sabine Jainski

Kang In Cheol ist Professor an der Universität Hanshin in Südkorea und Verfasser von „Koreanischer Protestantismus und Antikommunismus“ (auf Koreanisch), Seoul (Jungsim) 2007.

Le Monde diplomatique vom 10.09.2020, von Kang In-choel