12.03.2020

US-Waffen für die Welt

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US-Waffen für die Welt

Von der Nixon-Doktrin bis zu Trumps offensiver Verkaufspolitik

von William D. Hartung

Richard Nixon auf Truppenbesuch in Vietnam, 30. Juli 1969 picture alliance/everett collection
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Es ist kein Geheimnis, dass Donald Trump einer der aggressivsten Pusher in der langen Geschichte des Waffenhandels ist. Woher wir das wissen? Ganz einfach: Weil er selbst es uns bei jeder Gelegenheit erzählt. Schon auf seiner ersten Auslandsreise brüstete sich der neu gewählte Präsident mit seinem „110-­Milliarden-Dollar-Deal“, den er angeblich mit Saudi-Arabien vereinbart hatte.

Zwar war das Abkommen in Wahrheit viel weniger lukrativ als zunächst verkündet. Aber was zählte, war die Botschaft: Das Verkaufsgenie Trump hat den Saudis Waffen angedreht und damit zu Hause viele Jobs gesichert. Was scherte es ihn, dass die Rüstungsgeschäfte, mit denen er sich brüstete, schon während der Obama-Jahre vereinbart worden waren. Am Ende war er es, der die Saudis dazu gebracht hatte, gigantische Summen für Waffensysteme auszugeben.

Der Deal mit den Saudis war raffiniert eingefädelt: Inmitten der Verhandlungen mit einer saudischen Delegation in Washington griff Trumps Schwiegersohn Jared Kushner zum Telefon, um Marillyn Hewson, Präsidentin und CEO des Rüstungskonzerns Lockheed Martin, anzurufen. Vor den Ohren der Saudis fragte Kushner die Managerin über ein Raketenabwehrsystem aus, das die Trump-Administra­tion in das gigantische Rüstungspaket aufnehmen wollte, das der Präsident dem saudischen Königreich zu verkaufen gedachte. Nach einem Bericht in der New York Times klappten den saudischen Vertretern die Kinnladen herunter: So groß war ihre Verblüffung, als sie live erlebten, wie in Trumps Amerika die Dinge laufen.

Der Anruf erfüllte offenbar seinen Zweck, denn das Raketenabwehrsystem von Lockheed wurde tatsächlich noch Teil des Waffendeals, den Trump im März 2018 verkündete, als er den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman im Weißen Haus empfing. Dabei hielt der Präsident eine Landkarte in die Kamera, auf der für jeden US-Staat die Arbeitsplätze eingetragen waren, die angeblich durch das Geschäft mit den Saudis gesichert würden.

Und so ging es weiter. Seit Beginn seiner Amtszeit inszeniert sich der Präsident als verlässlicher Vorkämpfer für seine guten Freunde bei den Rüstungskonzernen Boeing, Lockheed Martin, Raytheon und General Dynamics, die von den saudisch-amerikanischen Waffengeschäften am stärksten profitieren. Ganz im Gegensatz zu den mehreren tausend US-Soldaten, die Trump seit September 2019 zur Verteidigung der saudischen Ölförderanlagen zusätzlich in den Wüstenstaat entsendet hat.

Alle Verkäufe von US-Waffen an Staaten des Nahen und Mittleren Ostens haben für die Region gravierende und dauerhafte Konsequenzen. Man denke nur an den brutalen Krieg der Saudis und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) im Jemen, wo amerikanische Waffensysteme bei Luftangriffen zum Einsatz kommen, die tausende zivile Todesopfer gekostet und Millionen Menschen in eine humanitäre Katastrophe gebombt haben. Nicht zu vergessen die türkische Invasion vom November 2019 im Norden Syriens, bei der sowohl die türkischen Truppen als auch ihre Gegner, die kurdischen Milizen, mit US-Waffen ausgestattet waren.

Donald Trump lässt die Welt unmissverständlich wissen, dass ihm der Abschluss solcher Waffengeschäfte wichtiger ist als die Frage, wer die Waffen gegen wen einsetzt. Das gilt auch für den 3,5-Milliarden-Dollar-Deal mit Neu-Delhi, den er Ende Februar zum Abschluss seines Staatsbesuchs in Indien verkündete. Der Auftrag umfasst auch die Lieferung von Kampfhubschraubern und Raketenabwehrsystemen, was Pakistan als Bedrohung sehen muss. Islamabad ließ deshalb – mit Blick auf die Situation in Kaschmir – verlauten, der Deal werde „eine bereits unruhige Region weiter destabilisieren“.

Dennoch muss man festhalten, dass Trumps obsessive Förderung von Waffenexporten historisch gesehen durchaus nicht einzigartig ist (einmalig ist nur, wie laut und ungeniert er darüber spricht). Auch die Obama-Regierung hat den saudischen Herrschern, trotz ihrer eher gespannten Beziehungen zu dem Regime, zwischen 2009 und 2017 US-Waffen in der Rekordhöhe von 136 Milliarden Dollar angedient. Nicht alle, aber erstaunlich viele dieser Angebote endeten tatsächlich mit einem Geschäftsabschluss. Zu den verkauften Systemen gehörten der Apache-Kampfhubschrauber von Boeing und das Kampfflugzeug F-15 von McDonnell Douglas (seit 1997 ebenfalls zu Boeing gehörig), sogenannte Smart Bombs von Raytheon und Lockheed Martin sowie Kriegsschiffe und Raketenabwehrsysteme. Viele dieser an Riad gelieferten Waffen kamen seitdem im Jemen-Krieg zum Einsatz.

Allerdings muss man anerkennen, dass in der Obama-Regierung wenigstens intern diskutiert wurde, ob die Fortsetzung solcher Waffengeschäfte zweckmäßig sei. Und ganz am Ende seiner zweiten Amtszeit, im Dezember 2016, legte Obama den Verkauf von „Smart Bombs“ an die saudische Luftwaffe auf Eis, weil deren Einsatz die Zahl der Toten und Verwundeten unter der jemenitischen Zivilbevölkerung immer weiter ansteigen ließ. Freilich kam dieser Beschluss viel zu spät, denn die Luftangriffe auf zivile Ziele im Jemen hatten gleich nach Beginn der saudischen Intervention im März 2015 begonnen.

Am Ende der Obama-Präsidentschaft hatten die USA ihre beherrschende Position bei den Waffengeschäften mit dem Nahen Osten längst abgesichert. Und das, obwohl auch die Briten und die Franzosen in der Vergangenheit große Aufträge ergattern konnten, wozu vor allem der von Skandalen umrankte Megadeal namens Al-Yamamah zählte. Dabei handelt es sich um das größte Rüstungsgeschäft der britischen Geschichte, bei dem London den Saudis zwischen 1985 und 2005 mehrere Generationen von Kampfflugzeugen verkaufen konnte.1

Für den Zeitraum 2014 bis 2018 hat das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri ermittelt, dass mehr als die Hälfte der Rüstungslieferungen in den Nahen und Mittleren Osten aus den USA stammten, nämlich wertmäßig mehr als 54 Prozent. Weit abgeschlagen folgten die anderen Lieferländer: Russland mit 9,5 Prozent, Frankreich mit 8,6, Großbritannien mit 7,2 und Deutschland mit 4,6 Prozent. Nicht einmal 1 Prozent der Rüstungsgüter kamen aus China, das häufig als möglicher Ersatzlieferant genannt wird, falls die USA jemals ihre Geschäfte mit repressiven Regimen wie dem der Saudis beenden sollten.

Die US-Regierung nennt mehrere Gründe für ihre Entscheidung, noch mehr Waffen in eine Region zu liefern, in der die militärischen Auseinandersetzungen immer weiter um sich greifen. Ein Argument besagt, man wolle neue Partnerländer gewinnen, die sich im Krisenfall theoretisch auf die Seite der USA stellen. Oder man wolle sich mit Waffenlieferungen den Zugang zu neuen Militärbasen in Kuwait, den VAE, Katar und anderen Golfstaaten erkaufen. Als weiteres Ziel wird die „Stabilisierung“ der Region genannt, weshalb man dort militärische Partner aufbauen müsse, die stärker sind als die potenziellen Kriegsgegner, etwa Iran.

Nicht zuletzt will man den US-Rüstungskonzernen profitable Aufträge und den amerikanischen Arbeitern neue Jobs verschaffen. Es stimmt natürlich, dass die Waffenverkäufe den betreffenden Unternehmen nutzen und dass sie den Zugang zu weiteren Militärbasen erschließen. Aber was die „Stabilität“ und „Sicherheit“ in der Region betrifft, so hält diese Begründung einer genauen historischen Betrachtung nicht stand.

Dass Washington zum wichtigsten Waffenlieferanten des Nahen und Mittleren Ostens wurde, geht auf die sogenannte Nixon-Doktrin zurück. 1969 machte der damalige US-Präsident auf seiner Reise nach Südvietnam einen Zwischenstopp auf der Insel Guam. Der Vietnamkrieg eskalierte, die Zahl der Toten und Verwundeten stieg rapide an, aber ein Ende des Konflikts war nicht in Sicht.

Auf der Insel im Indischen Ozean erklärte Nixon gegenüber mitreisenden Journalisten, dass es höchste Zeit sei, mit der Entsendung so vieler US-Soldaten in überseeische Kriegsgebiete Schluss zu machen. Um „einen weiteren Krieg wie den in Vietnam oder sonst wo auf der Welt zu vermeiden“, formulierte er eine neue Strategie, die – in den Worten eines Pentagon-Sprechers – darauf hinauslief, „Waffen statt Soldaten zu schicken“.

Zentraler Gedanke dieser sogenannten Nixon-Doktrin waren Waffenlieferungen an regionale „Stellvertreter“, also Länder mit befreundeten Machthabern oder Regierungen, die den Interessen der USA dienlich waren, ohne dass das Pentagon größere Militärkontingente abstellen musste.

Der Wichtigste dieser potenziellen Stellvertreter war zu dieser Zeit der Schah in Iran, der 1953 dank eines von der CIA und dem britischen Geheimdienst unterstützten Putsches an die Macht gekommen war.2 Das Schah-Regime entwickelte rasch einen unstillbaren Appetit für die modernsten US-Waffensysteme. Auf Betreiben der Nixon-Regierung war Iran das erste und einzige Land, das die F-14-Kampfflugzeuge von Grumman kaufte; zu einem Zeitpunkt, als das Unternehmen verzweifelt nach ausländischen Abnehmern für ihr teures Kriegsgerät suchte.

Dem Schah dienten die US-Waffen zum Beispiel dazu, dem Regime im benachbarten Oman zu helfen, eine Aufstandsbewegung niederzuschlagen – derweil er seine eigene Bevölkerung ebenfalls mit Repressionen überzog.

Auch Saudi-Arabien entwickelte sich in den Nixon-Jahren zu einem Großkunden für US-Waffensysteme. Das lag nicht etwa daran, dass die Saudis Angst vor ihren Nachbarn gehabt hätten, sondern schlicht an ihren anscheinend unerschöpflichen Öleinnahmen. Die flossen nunmehr auf die Konten der Rüstungsunternehmen, die gerade die Kürzungen im US-Verteidigungshaushalts zu spüren bekamen. Die Waffenkäufe der Saudis trugen auch dazu bei, einen Teil der Dollar­abflüsse zu kompensieren, die die USA infolge der steigenden Energiepreise zu verkraften hatten – und zwar aufgrund der Angebotspolitik der neu entstandenen Opec (Organisation erdölexportierender Länder). „Recycling von Pe­tro­dollars“ wurde das damals genannt.

Der schwungvolle Waffenhandel unter Nixon löste allerdings eine Gegenreaktion aus. 1976 machte der demokratische Präsidentschaftskandidat Jimmy Carter das Thema Rüstungsexporte zu einem Hauptthema seiner Wahlkampagne. Er forderte eine Analyse der Menschenrechtssituation in den Ländern, die US-Waffen importieren wollten. Zudem schlug er vor, die Waffenexporte insgesamt zu beschränken und mit der Sowjetunion über die Verringerung von Lieferungen in Konfliktregionen wie den Nahen und Mittleren Osten zu verhandeln.

Gleichzeitig meldeten sich Kongressmitglieder der Demokraten wie die Senatoren Gaylord Nelson und Hubert Humphrey, die ein Mitspracherecht der Legislative in Sachen Waffenlieferungen für überfällig hielten. Allzu oft hatten Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses von wichtigen Waffengeschäften erst aus der Zeitung erfahren, nachdem die Sache längst über die Bühne gegangen war.

Mit ihrer Initiative reagierten die Parlamentarier vor allem auf drei wichtige Vorgänge: auf die massiv expandierenden Waffenlieferungen an Saudi-Arabien – damals ein erklärter Feind Israels – während der Nixon-Ära; auf den Zypernkrieg von 1974, bei dem die türkische wie die griechische Seite Waffensysteme einsetzten, die ihnen die USA geliefert hatten; und auf die verdeckten Waffenverkäufe an nationalistische Milizen im südlichen Afrika, insbesondere an die von Südafrika unterstützte angolanische Unita.

Als Reaktion auf diese Fälle wurde im Juni 1976 das Gesetz zur Kontrolle von Waffenexporten verabschiedet. Es schreibt vor, dass die Regierung vor jedem größeren Liefergeschäft den Kongress informieren muss, und verleiht der Legislative ein Vetorecht bei Verkäufen, die diese für gefährlich oder unnötig hält.

Allerdings haben weder die Initiative Carters noch das neue Gesetz die problematischen Waffengeschäfte wesentlich eingeschränkt. Das gilt zum Beispiel für den Fall Iran. Am Ende entschied Präsident Carter nämlich, dem Schah-Regime schärfere Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen zu ersparen. Und was die Gespräche mit Moskau über die Einschränkung von Waffenexporten betrifft, so wurden diese von Carters nationalem Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski torpediert.

Zudem wollte Carter der 1977 gegründeten Rapid Deployment Force (RDF) die Nutzung von Militärbasen in der Golfregion sichern – als Gegenleistung waren Waffenlieferungen vorgesehen. Die RDF war das wichtigste Instrument der Carter-Doktrin, die als Reaktion auf die sowjetische Invasion in Afghanistan und den Fall des Schah-Regimes in Iran gedacht war. In seiner Rede zu Lage der Nation vom 21. Januar 1980 erklärte Carter wörtlich: „Jeder Versuch einer ausländischen Macht, die Kontrolle über den Persischen Golf zu gewinnen, ist als ein Angriff auf die vitalen Interessen der Vereinigten Staaten zu sehen. Er wird unter Einsatz aller nötigen Mittel, einschließlich der Anwendung von Gewalt, zurückgeschlagen werden.“

Als ein Hauptpfeiler der neuen Doktrin sollte sich der Verkauf von Rüstungsgütern an Verbündete in der Region erweisen. Wobei der Kongress die meisten großen Waffenlieferungen weitgehend widerspruchslos abnickte.

Obwohl während der Präsidentschaft Ronald Reagans keine dramatische Zunahme der Verkaufszahlen zu verzeichnen war, ist der größte Waffenhandelsskandal mit dem Namen Reagan verbunden. Dessen grimmige Entschlossenheit, antikommunistische „Freiheitskämpfer“ von Afghanistan bis Nicaragua mit Waffen zu versorgen, produzierte den sogenannten Iran-Contra-Skandal, dessen Schlüsselfigur mit Oliver North ein militärischer Berater des Nationalen Sicherheitsrats war.

North unternahm mit Hilfe einer Gruppe zwielichtiger Mittelsmänner eine bizarre klandestine Operation: In den Jahren 1985 und 1986 wurde das feindliche iranische Regime von Ajatollah Chomeini mit US-Waffen beliefert – in der Hoffnung, man könne dafür die Unterstützung Teherans für die Befreiung von US-amerikanischen Geiseln im Libanon gewinnen. Mit den Einnahmen aus diesem Geschäft finanzierten die North-Leute illegale Waffenlieferungen an die Contra-Rebellen in Nicaragua, die der Kongress durch einen Beschluss ausdrücklich verboten hatte.

Die Reagan-Regierung unterstützte auch Mudschaheddin-Gruppen in Afghanistan mit Waffenlieferungen und militärischen Ausbildern. Wobei diese Hilfe auch bewaffneten Gruppen und Personen zugutekam, die später al-Qaida und ähnliche Terrorgruppen bildeten. Diese Operation wurde damit zum krassesten Beispiel nicht kalkulierter Nebeneffekte, die bei Waffengeschäften häufiger vorkommen.

Während im Rahmen der von North geleiteten Operation Teheran mit US-Waffen versorgt wurde, belieferten die Regierungen von Ronald Reagan und seines Nachfolgers George H. W. Bush den eingeschworenen Feind Irans, den irakischen Herrscher Saddam Hussein, auf direktem und indirektem Wege mit Waffensystemen und Rüstungstechnologie im Wert von einer halben Milliarde Dollar. Diese Waffenlieferungen an das irakischen Regime halfen Hussein nicht nur in seinem Krieg gegen Iran (1980–1988), sie ermöglichten auch die irakische Invasion im benachbarten Kuwait vom August 1990, auf die Washington ein halbes Jahr später mit dem ersten Golfkrieg reagierte.

An der Aufrüstung von Saddam Husseins Militär waren allerdings auch andere Mächte beteiligt. In der Zeit vor der Kuwait-Invasion hatte der Irak Waffen und Militärtechnologie von allen fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats bezogen, also von den USA, der Sowjetunion, Frankreich, Großbritannien und China.

Die peinliche Enthüllung, dass das Pentagon und andere Rüstungslieferanten das irakische Militär mit Waffen versorgt hatten, löste damals eine öffentliche Debatte aus, in der auf neue internationale Rüstungsexportkontrollen gedrängt wurde. Die Regierungen der USA, Großbritanniens und anderer Exportländer gelobten Besserung, indem sie genauere Informationen über ihre Rüstungslieferungen und strengere Kriterien für ihre Exporte in die Nahostregion versprachen.

Das Ergebnis dieser Besinnung waren zwei wichtige Initiativen: zum einen der Vertrag über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty, ATT), der alle UN-Mitgliedstaaten zu einem „freiwilligen“ Bericht über den Export und Import konventioneller Waffensystem auffordert; zum anderen die sogenannten P-5-­Gespräche: Verhandlungen zwischen den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats über die Begrenzung ihrer Waffenexporte in den Nahen und Mittleren Osten.

Doch diese P-5-Gesprächsrunde fiel bald auseinander: weil China den Verkauf von Mittelstreckenraketen an Saudi-Arabien beschloss und die Clinton-Regierung noch während der Verhandlungen begann, neue milliardenschwere Lieferverträge mit Staaten der Region zu vereinbaren. Die anderen Lieferländer kamen zu dem Schluss, dass Clintons Rüstungsexportboom dem Geist der P-5-Gespräche zuwiderlief.

In die Regierungszeit des Repu­bli­kaners George Bush junior (2001–2009) fielen eine ganze Reihe wichtiger Rüstungs­deals. Die Iraker kauften unter anderem US-amerikanische F-16-Kampfflugzeuge und M1-Kampfpanzer im Wert von Milliarden Dollar. Die US-Regierung selbst gab in der Zeit nach der Invasion von 2003 insgesamt 25 Milliarden US-Dollar für die Ausbildung und Ausstattung des irakischen Militärs aus.

Diese Summe reichte allerdings nicht aus, um eine Armee zu schaffen, die es mit den bescheiden bewaffneten Isis-Kämpfern aufnehmen konnte, die seit Frühjahr 2014 im Norden des Irak große Teile des Landes einschließlich der Millionenstadt Mossul erobert hatten. Den irakischen Kräften fehlte es nicht nur an Militärgerät und Nahrungsmitteln, was mit staatlicher Korruption und Unfähigkeit zu tun hatte. Es fehlte ihnen auch an Kampfmoral, was sich auch daran zeigte, dass sie bei Angriffen der Islamisten häufig ihre Positionen – mitsamt ihren US-Waffen – aufgaben.

Die Praxis, den Verbündeten im Nahen und Mittleren Osten und vor allem den Saudis Waffensysteme anzudienen, wurde auch von Trump fortgesetzt. Sein Hauptkalkül ist dabei allerdings, den großen US-Rüstungskonzernen Aufträge zu besorgen und Arbeitsplätze zu schaffen. Dabei würden durch Investitionen in fast allen anderen Bereichen – etwa in Infrastrukturprojekte oder erneuerbare Energien – mehr Jobs für die USA herausspringen. Aber das ist Trump egal – Hauptsache, die Waffengeschäfte gehen weiter.

Dennoch gibt es seit Trumps Amtsantritt eine bemerkenswerte Entwicklung: Der Kongress dringt erneut auf die Beschränkung von Waffenexporten, insbesondere mit Blick auf die Saudis und ihren Krieg im Jemen. Angeführt von den Senatoren Chris Murphy, Ber­nie Sanders und Mike Lee (Letzterer ein Republikaner aus Utah) und den Abgeordneten Ro Khanna und Ted ­Lieu haben sowohl Senat als auch Repräsentantenhaus im Sommer 2019 mehrheitlich einen Lieferstopp für „Smart Bombs“ und andere Waffensysteme an Saudi-Arabien beschlossen.

Zwar hat Trump gegen diese Beschlüsse umgehend sein präsidentielles Veto eingelegt, aber die hartnäckige Opposition des Kongresses gegen die Lieferungen an Riad könnte doch noch zum Erfolg führen, wenn ein Demokrat im November 2020 die Präsidentschaftswahlen gewinnen sollte. Schließlich haben alle wichtigen Kandidaten der Demokraten versprochen, die Unterstützung des saudischen Kriegs im Jemen zu beenden.

1 Über die Rolle Großbritanniens in der Golfregion siehe Tom Stevenson, „Es ging nie nur ums Öl“, LMd, Juli 2019.

2 Mark Gasiorowski, „Die USA und die Irankrise 1953“, LMd, Oktober 2000.

Aus dem Englischen von Niels Kadritzke

William D. Hartung ist Direktor des Arms and Security Project bei dem unabhängigen Thinktank Center for International Policy (CIP) und schreibt regelmäßig für die Website TomDispatch, auf der dieser Text zuerst veröffentlicht wurde.

© Agence Global; für die deutsche Übersetzung LMd, Berlin

Le Monde diplomatique vom 12.03.2020, von William D. Hartung