11.01.2018

Die Jerusalemfrage

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Die Jerusalemfrage

Seit Beginn der Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern vor 25 Jahren war die Heilige Stadt stets ein zentraler Streitpunkt. Trumps umstrittene Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels hat eine Einigung nun noch unwahrscheinlicher gemacht.

von Charles Enderlin

Gefangene im Sechstagekrieg, Tempelberg (Haram asch-Scharif) mit Al-Aksa-Moschee, Juni 1967 ap
Die Jerusalemfrage
Kasten: Im Prisma des Völkerrechts

Es war zwar ein Wahlversprechen gewesen, aber US-Präsident Bill Clinton wollte es wohlweislich nicht einlösen. Nachdem der US-Kongress am 24. Oktober 1995 mit großer Mehrheit beschlossen hatte, bis spätestens 31. Mai 1999 die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, verweigerte er seine Unterschrift. Auch Clintons Nachfolger George W. Bush und Barack Obama wollten den Jerusalem Embassy Act nicht unterzeichnen und erklärten, die USA sollten sich bis zur Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts an den internationalen Konsens über den Status von Jerusalem halten.

Um das Gesetz nicht billigen zu müssen, verfügten die drei US-Präsidenten alle sechs Monate per Dekret, es vorläufig auszusetzen. Dem schloss sich im Juni 2017 zunächst auch Donald Trump an. Doch ein halbes Jahr später beendete er das bisherige Vorfahren und verkündete am 6. Dezember 2017, es sei nun an der Zeit, Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen.

Mit seiner Entscheidung setzte Trump nicht nur einen Schlussstrich unter die Politik seiner Vorgänger, er verstieß damit auch gegen einen Beschluss des UN-Sicherheitsrats. In der Resolution 476 hatte dieser nämlich schon am 30. Juni 1980 alle Maßnahmen des israelischen Staats für null und nichtig erklärt, die „den geografischen, demografischen und historischen Charakter und Status der Heiligen Stadt verändern“.

Israels Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Einen Monat später erklärte die Knesset „das vereinte Jerusalem in seiner Gesamtheit“ zur Hauptstadt Israels, woraufhin der Sicherheitsrat am 20. August mit 14 Jastimmen und einer Enthaltung (durch die USA) die Resolution 478 verabschiedete, in der die UN-Mitglieder dazu aufgefordert wurden, ihre diplomatischen Vertretungen aus Jerusalem abzuziehen. Seitdem gibt es dort nur noch ein paar Konsulate, während sich die Botschaften in Tel Aviv befinden. Nur Costa Rica und El Salvador behielten bis 2006 einen Botschaftssitz in Jerusalem.

In Israel stieß Trumps umstrittener Alleingang auf einhellige Begeisterung.1 Nur wenige Kommentatoren gingen darauf ein, dass sich das Weiße Haus davor hütete, die Frage der vollen und ausschließlichen Souveränität Is­raels über Jerusalem zu erläutern, da die Grenzen erst im Rahmen von Verhandlungen über den endgültigen Status der Stadt definiert werden müssten. Außerdem kann die US-Botschaft nicht so bald nach Jerusalem umziehen. Bislang gibt es weder ein Grundstück noch eine geeignete Immobilie. US-Außenminister Rex Tillerson hat bereits mehrfach erklärt, der Umzug könne frühestens in zwei oder drei Jahren stattfinden, also vermutlich nach dem Ende der Amtszeit Donald Trumps.

Aus Sicht der palästinensischen Führung ist der Schritt jedoch nicht nur ein Bruch mit dem internationalen Konsens, auf den man sich seit dem Beginn der Friedensverhandlungen stützt. Es ist auch eine weitere Niederlage für die Strategie der PLO gegenüber Israel. Dafür gibt es viele Gründe, die sich teilweise bis in die Anfänge des Oslo-Prozesses zurückverfolgen lassen.

Arafats naives Vertrauen

Während der Geheimverhandlungen im norwegischen Halversbole sandte der damalige juristische Berater Israels Joel Singer am 29. Juli 1993 einen Bericht an Ministerpräsident Jitzhak Rabin und Außenminister Schimon Peres. Die PLO-Führung, die damals aus dem tunesischen Exil zu den Verhandlungen angereist war, wollte die Übergabe der Zivilverwaltung bis zum Rückzug der israelischen Streitkräfte aus Gaza und Jericho vertagen. Nach ihrer Rückkehr sollte die Zivilverwaltung dann unter ihrer Regie in Gaza aufgebaut werden.2 Von Anfang an wollte Arafat, der bis dahin die meiste Zeit seines Lebens in den arabischen Nachbarländern verbracht hatte, den Einfluss der palästinensischen Vertreter in den besetzten Gebieten so weit wie möglich einschränken.

Bei den Verhandlungen über die Autonomie von Gaza und Jericho, die Mitte Oktober 1993 im ägyptischen Taba stattfanden, ärgerte sich der Kartograf aus Ostjerusalem, Khalil Tufakji, dass er den Verhandlungssaal nicht betreten durfte. Mit seiner Expertise hätte er den ahnungslosen Führern aus Tunis helfen können, die noch nicht einmal wussten, wo die Grenzen von Jericho verlaufen.

Bemerkenswert war auch die ungleiche logistische Ausstattung der beiden Verhandlungslager. Die Is­rae­lis brachten die neuesten Laptops und Stapel von CDs mit, auf denen Juristen Simulationen vorbereitet hatten. Die Palästinenser machten sich Notizen auf Papier. Erst später zog die PLO internationale Juristen zu Rate. Doch den Palästinensern ist es nie gelungen, die Asymmetrie zwischen den ungleichen Verhandlungspartnern – hier eine Befreiungsorganisation, dort ein Staat – zu überwinden.

Die Gruppe um den populären Ostjerusalemer PLO-Vertreter Faisal al-Husaini (1940–2001) warnte immer wieder vor dem Ausbau der israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten. Aber in den von der PLO unterzeichneten Verträgen ist der Stopp des Siedlungsbaus nirgends ausdrücklich festgelegt, obwohl er nach internationalem Recht und in zahlreichen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats (die letzte, Nr. 2334, stammt vom Dezember 2016) für illegal erklärt wurde.

Die Palästinenser gehen davon aus, dass zwei mit Israel unterschriebene Vereinbarungen den Siedlungsbau verbieten. Sie verweisen insbesondere auf Artikel IV der Prinzipienerklärung vom September 1993 (Oslo I), wo es heißt: „Die beiden Seiten betrachten das West­jor­dan­land und den Ga­za­strei­fen als territoriale Einheit, deren Integrität während der Interimsperiode gewahrt wird.“ Auch das Interimsabkommen über das West­jor­dan­land und den Gazastreifen (Oslo II) vom September 1995 legt in Artikel 31-7 fest: „Bis zum Ergebnis der Verhandlungen über den endgültigen Status wird keine der beiden Seiten Maßnahmen einleiten oder Schritte unternehmen, die den Status des West­jor­dan­lands und des Ga­za­strei­fens verändern.“

Bis heute haben sich alle israelischen Regierungen stets geweigert, der palästinensischen Auslegung zu folgen. Allerdings haben die Palästinenser um Arafat auch nicht darauf beharrt. Schon vor 20 Jahren gab uns ein Vertrauter des ehemaligen PLO-Chefs zu verstehen, dass das doch sowieso unwichtig sei: „Auf jeden Fall werden wir 1999 unseren Staat haben, und die Siedlungen werden nicht mehr da sein.“ Und als wir im Mai 2001 Arafat um eine Stellungnahme baten angesichts der wachsenden Anzahl israelischer Siedlungen im West­jor­dan­land, lautete seine lapidare Antwort: „Sie werden verschwinden!“

Arafat dachte, er könne das Pro­blem durch einen Kompromiss lösen, einem Gebietsaustausch zwischen Is­rael und Palästina, der Umsiedlung der Israelis aus dem Herzen des West­jor­dan­lands in große Siedlungen an der grünen Linie, der Waffenstillstandslinie von 1949. Nach dem Scheitern der Verhandlungen in Taba im Januar 2001 übergaben beide Parteien dem euro­päi­schen Gesandten Miguel Ángel Moratinos eine Liste mit allen strittigen und unstrittigen Punkten.

Darin heißt es: „Die israelische Seite hat erklärt, sie müsse die Siedlungen im Jordantal nicht aus Sicherheitsgründen behalten, wie die von ihr vorgeschlagenen Karten zeigen. Die israelischen Karten beruhten auf einem demografischen Siedlungskonzept, das 80 Prozent der Siedler umfassen würde. Die israelische Seite hat eine Karte entworfen, die die Annexion von 6 Prozent der palästinensischen Gebiete darstellt. [...] Die palästinensische Karte sah die Annexion von 3,1 Prozent des West­jor­dan­lands vor, und zwar im Rahmen eines Gebietsaustauschs.“3 Es handelte sich also um eine Differenz von nur 2,9 Prozentpunkten.

Bei der Jerusalemfrage gab es jedoch eine Blockade. Beide Seiten erkannten zwar an, dass Teilabkommen über die neuen israelischen Viertel in Ostjerusalem geschlossen worden waren. Und die Palästinenser erklärten sich bereit, in der Altstadt die Souveränität Israels über das jüdische Viertel, einen Teil des armenischen Viertels und die Klagemauer zu akzeptieren, deren Länge begrenzt werden müsse.

Es war jedoch unmöglich, eine Einigung über das 15 Hektar große ­Areal des Tempelbergs oder al-Haram asch-Scharif (das edle Heiligtum), wie die Palästinenser den Ort nennen, zu erzielen. Das Plateau mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee (dem Ort, von dem der Prophet Mohammed seine nächtliche Himmelsreise angetreten haben soll) ist für die Muslime ein heiliger Ort. Für die Juden stand an dieser Stelle der Tempel von Jerusalem, der heiligste Ort des Judentums.4

Im März 2002 hatten wir eine lange Unterredung mit dem palästinensischen Präsidenten. Es war schon spät in der Nacht, als uns einer seiner Vertrauten unter dem Siegel der Verschwiegenheit verriet: „Wissen Sie, Abu Amar [Kriegsname Arafats] träumt davon, auf dem Haram asch-Scharif die Unabhängigkeit Palästinas zu verkünden. Er würde sagen: ‚Es gibt keinen Grund, weshalb ein Palästinenser beschließen sollte, nach Israel zurückzukehren und Israeli zu werden. Die Palästinenser werden mit uns unseren Staat errichten.‘ “ Das hieß nichts anderes, als im Austausch für die palästinensische Hauptstadt Ostjerusalem auf das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge zu verzichten.

Am 10. Dezember 2000, am Morgen nach einem der Verhandlungstage im Tel Aviver Hotel Intercontinental David, verkündete der palästinensische Verhandlungsführer Jassir Abed Rabbo vor laufender Kamera: „Ich glaube, diesmal wollen sie wirklich ein Abkommen erreichen, vielleicht aus Angst vor dem Sieg der Rechten bei den nächsten Wahlen. Wir können wohl in zwei, drei Wochen unterzeichnen.“ Zum ersten Mal hätten die Israelis das Prinzip einer palästinensischen Souveränität über al-Haram asch-Scharif akzeptiert, sagte Abed Rabbo.

Aber noch am selben Nachmittag korrigierte ihn Gilead Sher, Verhandler und Kabinettschef von Ministerpräsident Ehud Barak: „Ich begreife nicht, wie die Palästinenser glauben konnten, wir wären bereit, auf die Souveränität über den Tempelberg zu verzichten.“ Der israelische Außenminister Schlomo Ben Ami war nicht autorisiert, dieses Zugeständnis zu machen. Während aller folgenden Verhandlungen hofften die Palästinenser vergeblich, dass es von der israelischen Delegation wiederholt würde.5

Auch der Gipfel von Camp David im Juli 2000, der zu einem endgültigen Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern führen sollte, scheiterte an der Frage der Heiligen Stadt. Für die israelische Führung kam es nicht infrage, die Souveränität der Palästinenser über den Tempelberg zu akzeptieren. Daran ließ Ehud Barak keinen Zweifel: „Ich kenne keinen Regierungschef, der bereit wäre, die Übergabe der Souveränität über den Ersten und den Zweiten Tempel, die Basis des Zionismus, zu unterzeichnen. Die palästinensische Souveränität über die Altstadt wäre genauso unerträglich wie die Trauer um einen Toten. Aber ohne eine Trennung von den Palästinensern, ohne das Ende des Konflikts werden wir in einer Tragödie versinken.“6

Im August 2003 erlaubte Jassir Ara­fat einigen seiner engsten Vertrauten unter der Führung von Jassir Abed Rab­bo, mit einer Delegation der linken Opposition in Israel unter Vorsitz von Jossi Beilin und dem früheren Generalstabschef Amnon Lipkin Schahak zu verhandeln. Im Dezember kamen sie zu einer Einigung. Die „Genfer Initiative“ beruhte auf dem Prinzip des „Trade- off“, der Kompensation, die von Israel abgelehnt wird. Die Palästinenser sollten auf das Rückkehrrecht verzichten und im Gegenzug die Souveränität über al-Haram asch-Scharif erhalten. Ministerpräsident Ariel Scharon bezeichnete die israelischen Unterzeichner dieses praktisch folgenlosen Vertrags als Verräter, während Arafat den Verhandlern gratulierte.

Israels Wendung nach rechts

Mahmud Abbas, der nach Arafats Tod im November 2004 an die Spitze der Autonomiebehörde und der PLO gewählt wurde, gelingt es mehr schlecht als recht, den Status quo zu verwalten. Er hat die Polizei und die Sicherheitsdienste wieder aufgebaut, die bei der Niederschlagung der Zweiten Intifada zerstört worden waren, die Sicherheitszusammenarbeit mit der israelischen Armee und dem Geheimdienst Schin Beth wieder aufgenommen und einige diplomatische Erfolge erzielt, darunter 2011 die Vollmitgliedschaft als eigenständiger Staat bei der Unesco. Und 2012 stimmte die Vollversammlung der Vereinten Nationen dafür, Palästina einen Beobachterstatus zu verleihen.

Israel hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Mahmud Abbas steht heute eine der rechtesten Regierungen in der Geschichte des Landes gegenüber, in der die religiösen Kräfte den Ton angeben (siehe dazu auch den Artikel über die Lage der Frauen in Israel auf Seite 20 f.). Für einen Großteil der israelischen Gesellschaft – und die politische Führung unter Premier Benjamin Netanjahu – bedeutet Demokratie, dass das Gesetz der Mehrheit herrscht, mit geringfügigen Schutzrechten für Minderheiten.

Für die aktuelle Regierung ist Israel in erster Linie ein jüdischer und erst an zweiter Stelle ein demokratischer Staat, in dem aber auch nur die jüdischen Israelis alle staatsbürgerlichen Rechte genießen sollten. Bei einer Befragung im März 2016 stimmten 79 Prozent der teilnehmenden israelischen Juden für eine „bevorzugte Behandlung der Juden“, also für eine Form der Diskriminierung aller Nichtjuden.7

Die Aussicht auf eine Zweistaaten­lösung ist nur noch Illusion. Die Besetzung des West­jor­dan­lands wird zum Dauerzustand. Heute leben fast 400 000 Israelis in Siedlungen, die de facto 60 Prozent des West­jor­dan­lands besetzen. Und 200 000 haben sich in den neuen jüdischen Stadtvierteln von Ostjerusalem niedergelassen. Zum Vergleich: 1996 lebten noch 151 200 Is­rae­lis in jüdischen Siedlungen im West­jor­dan­land und Gaza. Israelische Linke und NGOs, die es wagen, die Okku­pa­tion zu kritisieren und zu bekämpfen, werden von der Regierung regelmäßig als anti­pa­trio­tisch oder gar als Verräter beschimpft. Die Netanjahu-Regierung hat sogar mehrere neue Gesetze erlassen, um ihre Tätigkeit einzuschränken.8

All das zeigt, wie instabil der Status quo ist, sagt Matti Steinberg, der früher für den israelischen Inlandsgeheimdienst Schin Beth gearbeitet hat. Früher oder später werde es einen auf Treibsand gebauten binationalen Staat geben, in dem „das dominierende Is­rael versuchen wird, den in territorialen Enklaven geparkten Palästinensern seinen Willen aufzuzwingen“.9

1 Nach einer am 14. Dezember 2017 von der Jerusalem Post veröffentlichten Umfrage halten 77 Prozent der befragten israelischen Juden die Trump-Regierung für proisraelisch. Im ersten Jahr der Obama-Regierung waren es nur 4 Prozent.

2 Siehe Charles Enderlin, „Paix ou guerres. Les sécrets des négociations israélo-arabes, 1917–1995“, Paris (Fayard) 2004.

3 Siehe Charles Enderlin, „Le Rêve brisé. Histoire de lé­chec du processus de paix au Proche-Orient, 1995–2002“, Paris (Fayard) 2002.

4 Siehe zum ewigen Konflikt um den Tempelberg Jakob Farah, „Der Berg ruft“, Edition Le Monde diplomatique, Nr. 21, Berlin (Taz Verlag) 2017.

5 Charles Enderlin, siehe Anmerkung 3.

6 Charles Enderlin, siehe Anmerkung 3.

7 Aluf Benn, „The End of the Old Israel“, Foreign Affairs, Juli 2016.

8 Charles Enderlin, „Kampf der Kulturen in Israel“, Le Monde diplomatique, März 2016.

9 So Steinberg am 12. Dezember 2017 in einem in Jerusalem geführten Interview mit dem Autor.

Aus dem Französischen von Claudia Steinitz

Charles Enderlin ist Journalist und Autor unter anderem von „Au nom du temple. Israël et l’irrésistible ascension du messianisme juif (1967–2013)“, Paris (Seuil) 2013.

Im Licht des Völkerrechts

Am 4. Juli 1967 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution (2253), in der „die von Israel ergriffenen Maßnahmen zur Statusänderung der Stadt Jerusalem“ verurteilt wurden. Am 14. Juli 1967 bestätigte sie diese Haltung in Resolution 2254. Auch der UN-Sicherheitsrat äußerte sich mehrfach zum Status von Jerusalem. Am 21. Mai 1968 erklärte er in Resolution 52, „dass alle von Israel ergriffenen gesetzgeberischen oder administrativen Maßnahmen, einschließlich der Enteignung von Grund und Boden oder von Immobilien darauf, die geeignet sind, den rechtlichen Status Jerusalems zu verändern, ungültig sind und diesen Status nicht ändern können“.

Diese Position bestätigte der Sicherheitsrat mit den Resolutionen 267 (3. Juli 1969), 271 (15. September 1969) und 298 (25. September 1971). Am 1. März 1980 wurde die Resolution 465 verabschiedet, in der es heißt, der Sicherheitsrat „stellt fest, dass alle Maßnahmen Israels zur Veränderung des physischen Charakters, der demografischen Zusammensetzung, der institutionellen Struktur oder des Status der palästinensischen und anderen seit 1967 besetzten arabischen Gebiete, einschließlich Jerusalems beziehungsweise irgendeines Teils dieser Gebiete, keine Rechtsgültigkeit besitzen und dass Israels Politik und Praxis, Teile seiner Bevölkerung sowie Neueinwanderer in den genannten Gebieten anzusiedeln, eine flagrante Verletzung des Genfer Abkommens zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten darstellt“.

Am 30. Juni 1980 bekräftigte der Sicherheitsrat in Resolution 476 die Notwendigkeit, „die anhaltende Besetzung der seit 1967 von Israel besetzten arabischen Gebiete, einschließlich Jerusalems, zu beenden“, und wiederholte, dass alle Maßnahmen Israels, „die den geografischen, demografischen und historischen Charakter und Status der Heiligen Stadt Jerusalem verändern, keine legale Gültigkeit haben“. Kurz nachdem die Knesset durch die Annahme eines „Grundgesetzes“ das „ungeteilte Jerusalem“ zur offi­ziel­len Hauptstadt des Landes erklärt hatte, verabschiedete der Sicherheitsrat am 20. August 1980 die Resolution 478, die bekräftigte, „das ‚Grundgesetz‘ und alle anderen von Israel aufgrund dieses Gesetzes ergriffenen Maßnahmen, die eine Veränderung von Charakter und Status Jerusalems zum Ziel haben, nicht anzuerkennen“. Zudem wurden alle Staaten, die in Jerusalem Botschaften unterhielten, aufgefordert, diese aus der Stadt abzuziehen.

Am 23. Dezember 2016 bestätigte der Sicherheitsrat in der Resolution 2334 erneut, „dass die Errichtung von Siedlungen in dem seit 1967 besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalems, durch Israel keine rechtliche Gültigkeit besitzt und einen flagranten Verstoß gegen das Völkerrecht und ein ernstes Hindernis für die Herbeiführung eines gerechten, dauerhaften Friedens darstellt.⇥Akram Belkaïd

Le Monde diplomatique vom 11.01.2018, von Charles Enderlin