Endstation Trailer-Park
In den USA müssen immer mehr Menschen in privat betriebene Fertighauskolonien ziehen
von Benoît Breville
Francisco Guzman wohnt mit seiner Frau in einem Mobile-Home-Park am Stadtrand von Aurora, Colorado. Hier herrschen strenge Vorschriften: Der winzige Garten muss stets aufgeräumt sein, und die Mülltonne darf erst an dem Tag vor der Tür stehen, wenn die Müllabfuhr kommt; Musik ist verboten; Haustiere sind zwar erlaubt, aber sie dürfen nicht zu groß sein, und wenn Übernachtungsgäste kommen, muss Francisco den Verwalter vorher um Erlaubnis bitten.
Den Guzmans gehört zwar ihr kleines Fertighaus, aber das Grundstück, auf dem es steht, ist gepachtet. Für ihren Stellplatz mit fließend Wasser, Kanalisation, Müllabfuhr und Schwimmbadnutzung zahlen sie pro Monat 500 Dollar (circa 460 Euro).
„Natürlich hätte ich lieber ein richtiges Haus und einen richtigen Garten und keine Nachbarn direkt neben uns“, sagt Francisco. „Aber für den Preis bekommst du in Aurora nichts Besseres.“ Das junge Paar hat für das Dreizimmerhaus, 75 Quadratmeter typische 1970er-Jahre-Wohnwagenarchitektur (Flachdach, Außenwände aus Aluminium, eine vormals weiße, nun vergilbte Fassade), ein Darlehen von 24 000 Dollar aufgenommen, das es innerhalb von acht Jahren zurückzahlen muss. Die beiden verdienen zusammen etwa 2000 Dollar; er arbeitet in einer Tankstelle, sie in einer Reinigungsfirma.
Damit kommen sie gerade so über die Runden, selbst in diesem trostlosen Vorort von Denver, der Bundeshauptstadt von Colorado, wo die Immobilienpreise seit 2012 um 50 Prozent gestiegen sind. Im Oktober 2015 bekam man in Aurora keine Mietwohnung unter 1000 Dollar; und das günstigste Haus, das man komplett hätte sanieren müssen, kostete 130 000 Dollar. Ein genauso großes Fertighaus (Baujahr 1973) kostete 14 500 Dollar. „Im Moment sind alle Stellplätze verpachtet. Aber man kann sich auf die Warteliste setzen lassen, es gibt eine große Fluktuation“, erklärt der Verwalter von „Friendly Village“ (440 Stellplätze).
In Aurora gibt es neun Mobile-Home-Parks mit insgesamt 2500 Stellplätzen für Fertighäuser. Fast alle liegen im Umkreis der Colfax Avenue in einer hässlichen Gegend am Stadtrand: Das Areal „Hillcrest Village“ gehört Equity Lifestyle Property, dem Marktführer für private Stellplätze, der landesweit 140 000 Grundstücke besitzt. „Green Acres“ heißt ein Mobile-Home-Park, in dem ausschließlich Rentner wohnen, andere heißen „Foxridge Farm“, „Cedar Village“ oder „Meadows“. Doch so sehr man sich auch bemüht, die Trailerparks mit klingenden Namen, US-Flaggen, Blumen oder Jungfrau-Maria-Statuen zu schmücken – die Monotonie ist unübersehbar.
Wie die Sozialbauviertel, so sind auch die Mobile-Home-Parks durch ein eigenes Straßennetz vom Rest der Stadt abgekoppelt. Kleine, mehr oder weniger asphaltierte Wege führen zu rechteckigen Parzellen, die durch eine Hecke, eine Metallkette oder eine einfache Markierung am Boden definiert sind.
„Manchmal würden wir lieber verschweigen, dass wir hier wohnen, aber sobald die Leute unsere Adresse lesen, wissen sie es“, sagt Francisco Guzman. „Das kann Probleme geben. Manche denken vielleicht: ‚Der lebt in einem Containerdorf, den stelle ich lieber nicht ein.‘ “
Im Unterschied zu einem konventionellen Haus, das Maurer, Elektriker, Tischler und Installateure an Ort und Stelle hochziehen, wird das komplette Fertighaus am Fließband hergestellt. Weil sich die Häuser mit der Zeit abnutzen und wie ein Gebrauchtwagen an Wert verlieren, werden die Modelle aus den 1960er und 1970er Jahren für weniger als 10 000 Dollar gehandelt. Für ein fabrikneues Exemplar von 70 Quadratmetern liegen die niedrigsten Preise bei 25 000 Dollar, inklusive Lieferung.
20 Millionen US-Amerikaner, davon 23 Prozent Rentner, wohnen heute in einem Fertighaus. 1975 waren es noch 9 Millionen. Im ganzen Land stehen 8,6 Millionen Fertighäuser, aber es gibt nur 1,2 Millionen günstige Mietwohnungen.1 In den Mobile-Home-Parks wohnen Amerikas Geringverdiener und sozial Benachteiligte, deren mittleres Einkommen 2011 nur halb so hoch war wie das nationale Medianeinkommen (26 000 Dollar gegenüber 52 000 Dollar).2 Die Fertighäuser sind wie Sozialbauwohnungen, nur dass sie den Staat nicht einen Cent kosten und sich eine Hand voll Unternehmer eine goldene Nase verdienen.
„Der Hauskauf selbst ist nicht das Problem“, erklärt uns ein Angestellter von Clayton Homes, dem Marktführer für Billigfertighäuser in den USA (siehe Artikel auf dieser Seite). „Das Problem ist, einen Stellplatz zu kriegen.“ In den meisten Städten ist die Flächennutzung so geregelt, dass nicht auf jedem beliebigen Grundstück neue Fertighäuser errichtet werden dürfen. Die öffentliche Hand vergibt feste Plätze, die bereits ausgelastet sind, und es kommen kaum neue hinzu.
Zudem versuchen viele Bürgermeister die Ausbreitung von Fertighäuserkolonien in ihren Kommunen zu verhindern. Sie haben einen schlechten Ruf; man fürchtet, dass die umliegenden Grundstücke an Wert verlieren. Wer also nicht auf dem platten Land wohnen möchte, muss wohl oder übel in einen Mobile-Home-Park ziehen. Mittlerweile leben 12 Millionen Amerikaner in privat betriebenen Fertighäuserkolonien.3
Richtung New Mexico, südlicher Nachbarstaat von Colorado, sieht man deutlich mehr von den billigen Fertighäusern im Wohnwagenstil. Und in New Mexiko selbst machen sie inzwischen mehr als 15 Prozent aller Unterkünfte aus. Sie säumen die großen Fern- und kleinen Landstraßen, dort, wo die Besiedelung weniger dicht ist und die Flächennutzung ungeregelter.
In Trinidad, einer Kleinstadt an der Grenze zu New Mexico (8000 Einwohner), verteilen sich die Fertighäuser auf ein Dutzend Areale am Stadtrand. Die Kolonien in den flachen Bergen von Colorado sind weder besonders groß, noch haben sie die militärisch anmutende Strenge der Mobile-Home-Parks in Aurora.
Trinidad war einst eine wohlhabende Kommune, die im frühen 20. Jahrhundert von der Kohle und dem Ausbau der Eisenbahnstrecken profitierte. Doch in den vergangenen 70 Jahren ist die Bevölkerung um 40 Prozent geschrumpft, und nur ein paar Relikte aus dieser blühenden Vergangenheit haben überlebt: das ehemalige Grandhotel an der Hauptstraße, die majestätische Bibliothek und eine Dampflok auf dem Supermarktparkplatz.
„Es gibt keine Arbeit. Ich lebe jetzt seit fünf Jahren hier und hatte noch nie einen Vertrag über mehr als zwei Monate“, erzählt Jacqueline Johnson. Sie war lange in einem Krankenhaus in Las Vegas angestellt, kehrte Nevada aber den Rücken, nachdem sie sich von ihrem Mann getrennt hatte, und zog zu ihrer Halbschwester, die in einem Motel wohnte. „Anfangs haben wir zu zweit in einem Zimmer gewohnt, die Küche direkt neben dem Bett. Dann haben wir dieses Fertighaus für monatlich 550 Dollar gemietet. Das ist ziemlich teuer, aber wir haben drei Zimmer, eine richtige Küche, und wir können draußen essen, wenn das Wetter schön ist.“
Mit Sozialhilfe und kleinen Jobs kommen die beiden Schwestern auf rund 2000 Dollar im Monat. „Wenn wir die Rechnungen und das Essen bezahlt haben, bleibt fast nichts. Außerdem haben wir nur ein Auto.“ Ein echtes Handicap: Von hier aus ist nichts zu Fuß erreichbar, außer einem Chinarestaurant mit üppigem Buffet. „Wenn ich das Auto brauche und meine Schwester kommt zu spät zurück, werd ich echt sauer“, sagt Jacqueline Johnson. „Aber hier kennen sich alle, es gibt immer jemanden, der einen irgendwo absetzen kann. Ein Mobile-Home-Park ist eine echte Gemeinschaft.“
Harry Vallejos nennt sie sogar „eine kleine Familie“. Der Rentner lebt in Trinidad im „Cedar Ridge“ und zahlt dafür 250 Dollar im Monat. Er leidet an einer Krankheit, die seine Beweglichkeit stark einschränkt, und verbringt deshalb die meiste Zeit in der Kolonie. Er kennt fast alle Bewohner, ihren Tagesablauf, die Familiensituation und ihre politischen Ansichten: Annie McDaniel kann mit ihren 91 Jahren nicht mehr Auto fahren und bekommt zweimal die Woche Besuch von ihrer Tochter, erfahren wir von Harry. Und Harold und Hannelore Thomason, beide 85, leben seit 40 Jahren hier.
Das Leben in einem Mobile-Home-Park bietet weder die Intimität eines traditionellen Einfamilienhauses, wo man sich in einen rückseitigen Garten flüchten kann, noch die Anonymität eines Mehrfamilienhauses. Hier braucht man nur aus dem Fenster zu schauen, um zu wissen, ob der Nachbar zu Hause ist, Gäste hat oder seine Regenrinne mal wieder verstopft ist. Nicht selten hört man Stimmen und Türen knallen. Mal freut man sich über die Geselligkeit, mal leidet man unter dem Klatsch und Tratsch.
In „Cedar Ridge“ stehen um die 20 Fertighäuser, in den meisten wohnen Rentner, die ihr kleines Heim einst gekauft haben. Die wenigen jüngeren Bewohner, vor allem eine Familie, die kürzlich aus Texas hierhergezogen ist, und ein Mann, der sein Haus nur ein paar Monate im Jahr nutzt, erwecken bei den Alten Misstrauen. „Es gibt bei denen viel Kommen und Gehen, ich muss auf meine Sachen aufpassen“, meint Harry Vallejos, der dennoch überzeugt ist, in der „besten Gemeinschaft der Stadt“ zu leben.
Um nichts in der Welt würde der Rentner im verrufenen „Almar-Park“ wohnen wollen. Im Frühjahr 2015 hat die Polizei dort einen jungen Schwarzen erschossen, der sich in einer verlassenen Baracke versteckt hatte. Der Fall ist noch allen im Gedächtnis. „Wir kontrollieren hier ständig, entweder ich oder mein Mann“, erzählt die Verwalterin von „Almar“, um potenzielle Pächter zu beruhigen. „Mein Sohn kümmert sich um die Instandhaltung, er macht Rundgänge auf dem Gelände, seine Freundin auch. Und der Vater von Nicky, die hier auch wohnt, ist Polizeiinspektor. Und meine Brüder sind ja auch noch da. Wissen Sie, alle überwachen alle. Und schlechte Mieter werfe ich raus!“ Sie findet, man sollte eher den „Lakeside-Park“ meiden.
Der „Lakeside-Park“ wurde vor 15 Jahren eröffnet und erstreckt sich über ein weites Karree aus Erde und Kies, das sich bei schweren Regenfällen in ein einziges Schlammfeld verwandelt. Die unbebaute Parzelle wird für 150 Dollar im Monat verpachtet und für 300 Dollar kann man ein altes Drei-Zimmer-Fertighaus mieten. In Trinidad kann man nirgendwo so billig wohnen; trotzdem gibt es im „Lakeside-Park“ mehrere freie Stellplätze, was in der Stadt die absolute Ausnahme ist. „Niemand will dort wohnen. Es gibt Drogenprobleme, Schlägereien, Schießereien. Das ist sehr schlecht für das Viertel“, sagt eine Nachbarin, die ein bescheidenes Haus 200 Meter entfernt besitzt. Als wir sie fragen, ob sie uns Fakten nennen kann, zögert sie, sagt, „oft hört man Sirenen“, und verkündet dann gereizt: „Ich mag keine Journalisten.“ Bevor sie das Gespräch beendet, gibt sie zu, nie einen Fuß in den Park gesetzt zu haben und keinen der Pächter zu kennen.
Die Mobile-Home-Parks, deren Bewohner verächtlich „Trailer Trash“ (Wohnwagenmüll) genannt werden, hatten in den USA schon immer einen schlechten Ruf. Der Anteil der Afroamerikaner liegt bei 8,7 Prozent, doch die Containerdörfer werden vor allem mit dem weißen Subproletariat in Verbindung gebracht,4 so wie die Wohnblöcke in den Sozialbauvierteln stets mit der schwarzen Unterschicht assoziiert werden.
Es begann zwischen den beiden Weltkriegen, als zahlreiche Händler, Land- und Bauarbeiter mit Planwagen durchs Land zogen und sich dem Vorwurf ausgesetzt sahen, gegen die guten Sitten zu verstoßen und keine Steuern zu zahlen. Noch 1937 empörte man sich in der Zeitschrift Fortune über die „überbevölkerten Kolonien aus schäbigen Absteigen“.5
Als in den 1950er Jahren größere Modelle (3 Meter breit statt 2,60) mit mehr Privatsphäre in den Grundrissen (separate Eingänge statt Durchgangszimmer) auf den Markt kamen, änderte sich auch das soziale Milieu: Im Zuge der Krise auf dem Wohnungsmarkt gingen nun auch viele Amerikaner mit niedrigem Einkommen, insbesondere ältere Menschen und junge Arbeiter- und Angestelltenpaare, dazu über, Mobile Homes zu ihrem festen Wohnsitz zu machen. Heute sind sie bis zu 5 Meter breit; es gibt Luxusmodelle, und in den Seniorenresidenzen in Florida und Kalifornien stehen sie neben Jachthafen und Golfplätzen. Die Industrie spricht heute nicht mehr von Mobile Homes, sondern von Manufactured Homes (Fertighäusern).
Doch solche semantischen Marketingtricks können selten mit der Bilderflut mithalten, die den zweifelhaften Ruf von Mobile-Home-Parks reproduziert: Die Lokalnachrichten berichten andauernd von Schießereien, Polizeieinsätzen und Drogendelikten in den Siedlungen. In der Doku-Fiktion „Trailer Park Boys“, die in den USA und Kanada inzwischen seit 15 Jahren läuft, fristet ein teilweise geistig minderbemitteltes, verwahrlostes Personal zwischen kleinen Straftaten und Gefängnisaufenthalten ein kümmerliches Dasein. Und in erfolgreichen Kinofilmen wie „Boys Don’t Cry“ (1999) oder „8 Mile“ (2002) über die Jugend des Rappers Eminem sind sie Orte der Gewalt. Selbst Russell Banks Kurzgeschichtenband „Trailerpark“ (1981), ein sichtlich um Differenziertheit bemühtes Porträt über einen Mobile-Home-Park in New Hampshire, kommt nicht ohne Alkohol und Drogen aus.
Kein Wunder, dass man auch in Trinidad ganz genau weiß, wer in einem Mobile-Home-Park wohnt. „Was die alles über uns reden“, empört sich eine Frau aus der „Lakeside“-Siedlung. „Dabei sind die meisten hier anständige Leute, die hart arbeiten. Klar, gibt es auch ein paar Mietwohnwagen mit häufigen Wechseln. Und natürlich sind darunter auch üble Gestalten. Im Moment haben wir ein paar junge Leute, die den ganzen Tag nur kiffen, und dann haben die auch noch so einen aggressiven Hund.“ Die junge Frau findet, dass die Besitzerin von „Lakeside“, eine pensionierte Grundschullehrerin, viel zu lax ist bei der Auswahl der Mieter. Sie verlange nicht einmal eine Kaution. „Die will doch nur die Plätze vollkriegen, es ist ihr egal, wer hier wohnt. Jedenfalls hält sie den Park überhaupt nicht instand.“
Sozialer Wohnungsbau auf eigene Kosten
Laut Dave Anderson, geschäftsführender Vorsitzender des Vereins All Parks Alliance for Change, der die Interessen von Mobile-Home-Besitzern vertritt, sind solche Probleme typisch für den ländlichen Raum. „In einem städtischen Umfeld mit dichter Besiedlung und hohen Grundstückspreisen müssen die Pächter damit rechnen, dass die Pacht öfter angehoben wird oder dass man sie wegen eines lukrativeren Immobilienprojekts rauswirft“, erklärt Anderson. „Diese Probleme gibt es in den ländlichen Gemeinden nicht. Dafür haben die kleinen Eigentümer aber oft kein Geld, um ihre Anlage in Schuss zu halten.“
Aber auch in einem städtischen Familienbetrieb wie der Trinidader Siedlung „Almar“ muss man mit Pachterhöhungen rechnen: Im vergangenen November haben die Eigentümer den Pachtzins ohne besonderen Grund um über 10 Prozent von 220 auf 245 Dollar angehoben, obwohl die letzte Erhöhung erst zwei Jahre zurückliegt.
Das ist eines der ersten Dinge, die Frank Rolfe den Teilnehmern seiner Mobile-Home-Kurse beibringt: In den meisten US-Bundesstaaten hindert kein Gesetz einen Parkeigentümer daran, die Pacht zu erhöhen, sofern er dies ein paar Wochen im Voraus ankündigt. Der Ökonom, der an der kalifornischen Universität Stanford seinen Abschluss gemacht hat, investierte 1996 zusammen mit seinem Geschäftspartner Dave Reynolds in seinen ersten Mobile-Home-Park. Seitdem hat der Selfmademan ein Vermögen gemacht. Er besitzt landesweit 170 Parks – „außer in Kalifornien, Florida und im Staat New York, wo die Gesetze zu pächterfreundlich sind“.
Für 2000 Dollar bieten Rolfe und Reynolds einen dreitägigen Intensivkurs an, in dem sie das Einmaleins der erfolgreichen Mobile-Home-Führung vermitteln: Unerbittlichkeit bei unpünktlicher Pacht- und Mietzahlung, Strafgelder bei Nichteinhaltung der Vorschriften, Vermeidung unnötiger Kosten durch Verzicht auf Dienstleistungen wie etwa einen Waschsalon, Rauswurf unerwünschter Mieter etc. „Die Kursteilnehmer sind größtenteils Führungskräfte in den 1950ern, die enttäuscht sind von den schlechten Renditen an der US-Börse. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um ins Mobile-Home-Geschäft einzusteigen. Die US-Wirtschaft ist seit Jahren in der Krise, und es gibt eine starke Nachfrage nach günstigem Wohnraum“, erklärt Frank Rolfe. Ihre Methode haben die beiden Kompagnons von den Bauträgern in der Stadtsanierung abgeschaut: Sie kaufen Parks, vor allem „Parks von Mama und Papa“, weil die kleinen Eigentümer nicht in der Lage sind, daraus Kapital zu schlagen; dann bessern sie die Anlagen hier und da ein wenig aus, und zum Schluss erhöhen sie die Pacht.
Die Pächter können sich nicht wehren, indem sie zum Beispiel einfach weiterziehen. Denn mit einem drei Meter langen Mobile Home ist man gar nicht so mobil. Für Pkws sind die Häuser viel zu schwer, dafür man braucht schon einen Speziallastwagen. Allein der Transport würde schon mehrere tausend Dollar kosten. Deshalb kaufen sich viele lieber gleich ein neues Mobile Home auf einem neuen Platz, wenn die Pacht auf dem alten zu teuer wird oder der Eigentümer die Anlage nicht pflegt. Aber auch das muss man sich erst einmal leisten können.
Emily Montoya6 weiß nicht, woher sie das Geld nehmen sollte, wenn sie Raton verlassen müsste, eine kleine Stadt mit 6500 Einwohnern im Norden von New Mexico. Sie zahlt für ihren Stellplatz 150 Dollar im Monat. Die junge Mutter arbeitet nicht, und weder sie noch ihr Lebensgefährte haben irgendwelche Rücklagen. Doch wahrscheinlich muss die Familie bald umziehen. Denn der neben dem städtischen Friedhof gelegene „Park der verwunschenen Hügel“ steht zum Verkauf: 320 000 Dollar für 8 Hektar Grundstück und 46 Stellplätze. Emily hat gesehen, wie sie neulich das Verkaufsschild aufgehängt haben. „Keine Ahnung, wer den Park kaufen wird und was dann passiert, aber einen Umzug können wir uns nicht leisten.“
Ihre Nachbarn haben dieselben Befürchtung, denn in New Mexico genießen Pächter kaum gesetzlichen Schutz. Wenn sie ihre Pacht nicht zahlen, können sie innerhalb von 72 Stunden rausgeschmissen werden; verstoßen sie gegen Vorschriften oder „stören andere Pächter“, beträgt die Kündigungsfrist nur einen Monat. Doch wenn ein Park schließt, muss der Besitzer die Pächter erst 60 Tage vorher davon in Kenntnis setzen.
„In einigen Staaten, wie etwa Minnesota, ist der Eigentümer verpflichtet, dem Pächter eine finanzielle Entschädigung zu zahlen, wenn klar ist, dass sein Fertighaus einen Umzug nicht überstehen würde“, weiß Dave Anderson. „Manchmal tun sich die Mobile-Home-Besitzer aber auch zusammen, erwerben den Park zum Vorverkaufsrecht und gründen eine Genossenschaft. Aber meistens gibt es für die Bewohner keinerlei Sicherheiten.“
Der Park von Raton bleibt wahrscheinlich geöffnet: Die Gegend ist für Bauunternehmer nicht sonderlich attraktiv, und wenn man Grund und Boden in einem Areal besitzt, in dem Mobile Homes aufgestellt werden dürfen, ist es nach wie vor am lukrativsten, die Parzellen einzeln zu verpachten.
In Kalifornien ist es umgekehrt: Hier genießen die Pächter gesetzlichen Schutz, und es wimmelt von Bauunternehmern. Innerhalb von 20 Jahren hat der kalifornische Immobilienmarkt 400 Mobile-Home-Siedlungen geschluckt.7 „Buena Vista“, der älteste Mobile-Home-Park im Silicon Valley und in Palo Alto auch der einzige, liegt in unmittelbarer Nähe der reichen Villenviertel und Headquarter von Google und Facebook. Seit 2012 wehren sich die 400 Bewohner dagegen, dass ihr Park geschlossen werden soll.
Die Pacht kostet 1000 Dollar im Monat, in der Stadt zahlt man schon für die einfachste Wohnung das Dreifache. Der Gemeinderat war mit der Schließung zuerst einverstanden. Doch als sich die Proteste ausweiteten, änderte er seine Meinung und steht nun hinter den Pächtern. Die Stadt hat der Eigentümerfamilie des Areals ein gutes Angebot gemacht: 39 Millionen Dollar für 1,8 Hektar und 117 Stellplätze. Doch der Besitzer, Mister Jisser, zögert. Die Immobilienmakler schätzen den Wert des Parks auf 55 Millionen Dollar.8
Im „Buena Vista“ warten sie immer noch auf eine Entscheidung und wissen nicht, wie ihre Zukunft aussieht – genauso wie die Bewohner der „Verwunschenen Hügel“ in Raton. Als Hausbesitzer und Pächter sitzen die Bewohner von Mobile-Home-Parks zwischen allen Stühlen, erklärt der Vereinsvorsitzende Anderson. Sie können sich weder auf Mieterschutz- noch Eigentumsrechte berufen, sondern müssen ihre Interessen selbst verteidigen.
2 „American Housing Survey“, amerikanische Volkszählungsbehörde, 2013.
Aus dem Französischen von Uta Rüenauver