14.12.2012

Statistik der Armut

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Statistik der Armut

Polen gehört nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Europäischen Union. Auf der Skala des Inlandsprodukts pro Kopf (nach Kaufkraft gewichtet) liegt Polen unter den 27 EU-Ländern an 23. Stelle. Diese Indexzahl liegt bei 65, bezogen auf den EU-Durchschnitt von 100. Zum Vergleich: Für Deutschland liegt diese Indexzahl bei 120. Laut Statistik1 sind 13 von 38 Millionen Polen arm oder von Armut bedroht. Nur 1,6 Millionen beziehen Sozialhilfe.

Von den Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, sind 30 Prozent Kinder; 60 Prozent der Schüler können sich das Essen in den Schulkantinen nicht leisten.

66 Prozent aller Familien fahren nicht in Urlaub, 70 Prozent von ihnen aus finanziellen Gründen.

40 Prozent aller Polen haben keinen garantierten Zugang zu medizinischer Versorgung.

Jede fünfte Familie hat eine Wohnung ohne Heizung, jede fünfte Wohnung ist ohne Bad, Dusche oder Toilette.

Das Wirtschaftswachstum in Polen blieb trotz der aktuellen Krise robust: 5,1 Prozent für 2008, 1,7 Prozent für 2009, 3,8 Prozent für 2010 und 4,3 Prozent für 2011; für 2012 werden etwa 3 Prozent prognostiziert.2

Das polnische Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist innerhalb der letzten sieben Jahre von 54 auf 63 Prozent des EU-Durchschnitts angestiegen. Diese Anstieg geht allerdings auch auf die EU-Finanzhilfen zurück, die sich von 2007 bis 2013 auf 67,2 Milliarden Euro summieren; weitere 80 Milliarden werden für die Jahre 2014 bis 2020 erwartet. Polen hat in den letzten zwanzig Jahren allerdings auch knapp 130 Milliarden Euro ausländischer Investitionen angezogen.

Doch es gibt auch eine Kehrseite: In den letzten fünfzehn Jahren wurden 2 Millionen Arbeitsplätze geschaffen, zugleich aber 5 Millionen abgebaut. Das bedeutet einen Rückgang der Beschäftigungsquote von 80 auf 52 Prozent, ein Minusrekord innerhalb der OECD-Länder.

Die Arbeitslosenquote liegt bei über 13 Prozent der Erwerbsbevölkerung (nur ein Viertel der Arbeitslosen bezieht eine Unterstützung von durchschnittlich 150 Euro). Seit 2004 sind 2 Millionen Polen ausgewandert, was den Rückgang der Geburtenrate (1,4 Kinder pro Frau gegenüber 2,4 vor dreißig Jahren) noch weiter beschleunigt.

11 der 16 Millionen Erwerbstätigen arbeiten mehr als 40 Stunden pro Woche; das ist der dritthöchste Prozentsatz unter den OECD-Staaten.

27 Prozent der Erwerbstätigen haben nur befristete Arbeitsverträge, der höchste Anteil in der gesamten EU.

Die Kosten für eine Arbeitsstunde liegen bei 7 Euro gegenüber 29 Euro in Deutschland.

Die Mindestalters- und Mindestinvalidenrente liegt bei 177 Euro monatlich und damit unter dem geschätzten Existenzminimum von 196 Euro. Zum Vergleich: Ein Altersheimplatz kostet mindestens 625 Euro monatlich.

Von dem polnischen „Wirtschaftswunder“ bekommt also ein großer Teil der Menschen nichts mit.

Fußnoten: 1 Angaben für die Jahre 2008 bis 2011 nach: Agata Nosal und Piotr Ikonowicz, „Poverty in Poland“, Warschau (The Office of Social Justice) 2011. 2 Nach Statistiken der OECD und der EU.

Le Monde diplomatique vom 14.12.2012