12.11.2015

Chruschtschow, Putin und die Assads

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Chruschtschow, Putin und die Assads

von Alexeï Malachenko

Russisches Atom-U-Boot der Typhoon-Klasse DMITRY LOVETSKY/ap
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Mit den russischen ­Suchoi-Su-34-Kampfjets im Luftraum des Nahen Ostens und den Kalibr-Marsch­flugkörpern, die von Schiffen auf dem Kaspischen Meer abgefeuert werden, hat sich das Mächtegleichgewicht auf dem syrischen Schlachtfeld zumindest vorläufig verschoben. Die intensiven russischen Bombenangriffe haben es den Truppen des syrischen Regimes ermöglicht, wieder in die Offensive zu gehen.

Die taktische Unterstützung Wladimir Putins für Baschar al-Assad kommt nicht wirklich überraschend: Das Bündnis mit Syrien war der letzte Überrest der russischen Präsenz im Nahen Osten, ein Symbol vergangener Größe. Die anhaltende Unterstützung Moskaus für das Assad-Regime wurde besonders im Sommer 2013 deutlich, als der Kreml eine entscheidende Rolle bei der Auflösung des syrischen Chemiewaffenarsenals spielte, um eine westliche Intervention zu verhindern.1 Das russische Vorgehen gibt all jenen unrecht, die glauben, Moskaus Interessen begrenzten sich auf den postsowjetischen Raum und das Land sei nur noch als „Regionalmacht“ einzuordnen.

Seit den ersten Rüstungsverträgen von 1956 unterhielt Syrien enge Beziehungen zur UdSSR. Durch die Gründung der Vereinigten Arabischen Republik mit Ägypten (die von 1958 bis 1961 bestand) und der später folgenden Machtübernahme der Baath-Partei 1963, die einen „arabischen Sozialismus“ propagierte, wurden sie weiter gefestigt. Vor seinem Tod im Jahr 2000 trug der syrische Präsident Hafis al-Assad seinem Sohn Baschar auf, unter allen Umständen diese Beziehung zu bewahren, die für den Verbleib des Assad-Clans an der Spitze des Staats in der Tat unverzichtbar ist.

Nachdem Ägypten 1977 die Fronten im Kalten Krieg gewechselt2 und die sowjetischen Militärbasen in Marsa Matruh und Alexandria aufgekündigt hatte, ist der syrische Hafen in Tartus der einzige Stützpunkt für die russische Marine im Mittelmeer. In den vergangenen Monaten hat die Präsenz der russischen Kriegsschiffe vor der syrischen Küste zugenommen; im September wurde sogar das Atom-U-Boot „Dmitri Donskoi“ gesichtet,3 das zur Ty­phoon-Klasse, den größten jemals gebauten Unterseebooten, gehört.

Direkt nach Beginn des Arabischen Frühlings hatte Russland seine Hilfe für Syrien verstärkt. Der Fall der Regime in Tunesien, Ägypten und Libyen, ebenso wie das Auseinanderbrechen des Irak und der darauf folgende Aufstieg des Islamischen Staats 2014 haben in Moskau die Überzeugung gefestigt, dass man Assad weiterhin unterstützen und die eigene Position in der Region stärken müsse. Die allgemeine Instabilität und der unklare Ansatz der westlichen Politik – zuallererst der USA – haben auch andere Staaten bewogen, ihre Bündnisbeziehungen zu diversifizieren. So hat Frankreich ein umfangreiches Waffenarsenal an die Golfstaaten verkauft. Russland selbst hat kürzlich wirtschaftliche, militärische und technische Abkommen mit Ägypten, dem Irak und Jordanien unterzeichnet. Saudi-Arabien finanziert neuerdings Waffenkäufe Ägyptens in Russland. Und im Juli 2015 beschloss der saudische Staatsfonds, rund 10 Mil­liar­den Euro in Russland zu investieren.4

Ich selbst habe bei mehreren arabischen Politikern und Offizieren erlebt, dass sie immer noch mit nostalgischen Gefühlen an die Regierungszeit von Gamal Abdel Nasser (1956 bis 1970) zurückdenken, als die starke Rivalität zwischen der UdSSR und dem Westen den arabischen Staaten einen gewissen Handlungsspielraum verschaffte.5 Und es ist auch kein Zufall, dass sich der gegenwärtige ägyptische Präsident Abdel Fatah al-Sisi in seinem Wahlkampf 2014 in Elogen auf seinen berühmten Amtsvorgänger erging. Putin hat wieder an die alten Beziehungen angeknüpft, als er schon früh und bedenkenlos auf den neuen starken Mann in Kairo setzte, den er Ende August nach Moskau einlud. Dabei kamen russische Waffenlieferungen an Ägypten in Höhe von 3 Milliarden Euro zustande.

Russland will seinen Einfluss in der Region auch unter Berufung auf das internationale Recht festigen. Das machte Präsident Putin in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung am 28. September deutlich, in der er vorschlug, „die Bemühungen aller Akteure, die dem Islamischen Staat die Stirn bieten“, durch eine gemeinsame Resolution zu koordinieren. Es sei selbstverständlich, so Putin, „dass jede Hilfe für einen souveränen Staat nicht aufgezwungen, sondern angeboten werden sollte, und zwar unter strikter Einhaltung der UN-Charta. Das Wichtigste ist meines Erachtens, zum Wiederaufbau der staatlichen Strukturen in Li­byen beizutragen, die neue Regierung im Irak zu unterstützen und multilaterale Hilfe für die legitime syrische Regierung zu leisten.“6

Wird Syrien Russlands zweites Afghanistan?

Russland nimmt nicht für sich in Anspruch, innerhalb der internationalen Beziehungen den Platz einzunehmen, den einst die Sowjetunion innehatte. Aber es ist auf die Bühne des Nahen Ostens zurückgekehrt. Allerdings muss es sich mit einer paradoxen Situation auseinandersetzen: Auf der einen Seite ist Assad in vielen arabischen Staaten nicht sonderlich beliebt, und die Allianz mit dem syrischen Machthaber macht Russland de facto zu einem natürlichen Verbündeten des Iran, der libanesischen Hisbollah und der schiitischen Milizen im Irak, und das im Kontext einer regionalen Konfrontation, die von den sunnitischen Gegnern immer mehr als konfessioneller Konflikt bezeichnet wird. Auf der anderen Seite kann Putin sich nicht die Schwäche leisten, Assad im Stich zu lassen, denn er muss gegenüber der russischen Öffentlichkeit und seinen regionalen Partnern seine Fähigkeit demonstrieren, seinen Freunden Beistand zu leisten.

Ist es vorstellbar, dass dieser Konflikt durch ein Abkommen gelöst wird? Aus Moskauer Sicht wäre dies möglich, wenn die westlichen Länder akzeptieren würden, dass Assad an der Macht bleibt – zumindest für eine Übergangsperiode, deren Dauer zu bestimmen wäre. Das hat Putin auf dem Gipfeltreffen der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS)7 durchblicken lassen, die am 15. September in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe stattfand: „Es ist unabdingbar, bei einem Kompromiss auch an politische Reformen in diesem Land zu denken. Und wir wissen, dass Präsident Assad bereit ist, die Führung des Staats mit den vernünftigen Kräften der Opposition zu teilen.“8 Diese Übergangsphase würde die Bildung einer syrischen Koalition ermöglichen, die jene Gruppen der Opposition einschließen würde, die bereit sind, mit den dschihadistischen Gruppierungen zu brechen. Präsident Assad könnte im Anschluss an eine solche Phase seinen Platz „aus freien Stücken“ für eine Person räumen, die von den wichtigsten politischen Kräften im Land ebenso akzeptiert wird wie von den ausländischen Akteuren.

Im Moment scheint dieses Szenario sehr unwahrscheinlich. Aber es wurde bereits – wenn auch zähneknirschend – in verschiedenen Hauptstädten diskutiert. Sollte es zu einer solchen Lösung kommen, könnte Russland als Friedensmacht dastehen, die ihre Karten zum richtigen Zeitpunkt ausgespielt hat. Eine Intervention „auf Anfrage der syrischen Regierung“ würde es Moskau erlauben, an die Rolle der UdSSR als geopolitisches Gegengewicht während des Kalten Kriegs anzuknüpfen und gleichzeitig als Beschützer der Minderheiten in der Region aufzutreten – eine Rolle, die auch das zaristische Russland im Hinblick auf die Christen des Orients für sich in Anspruch genommen hatte.

Allerdings ist dieses geopolitische Machtspiel nicht auf den Nahen Osten beschränkt. Im Hintergrund gibt es Gedankenspiele über ein „Do ut des“-Geschäft im Hinblick auf Syrien und den Donbass, also die Region in der Ukraine, um die sich die Befürworter eines Anschlusses an Russland und die Anhänger der Kiewer Regierung streiten. Anders gesagt: Wenn die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten die russischen Interessen in Syrien stärker berücksichtigen würden, könnte sich Moskau gegenüber der Ukraine verständnisvoller zeigen.

Bereits Ende September konnte durch die Vermittlung der Europäischen Union eine Verständigung über russische Gaslieferungen an die Ukraine erzielt werden. Der vereinbarte Preis war für Kiew ebenso angemessen wie für den russischen Gaskonzern Gazprom, der gegenwärtig Schwierigkeiten hat, neue Verträge abzuschließen.9 Die volle Umsetzung der beiden Minsker Abkommen, die im September 2014 und Februar 2015 unterzeichnet wurden, bleibt zwar sehr ungewiss, doch das letzte Treffen im „Normandie-Format“10 Anfang Oktober in Paris hat zumindest die Möglichkeit eines dauernden Waffenstillstand im Donbass eröffnet. Schwere Waffen wurden aus dem Gebiet abgezogen, und beide Seiten verständigten sich darauf, die Kommunalwahlen dort zu verschieben, um eine institutionelle Lösung zu entwickeln.

Allerdings kann die Logik dieses „Gibst du mir, geb ich dir“ kaum verschleiern, in welcher argumentativen Sackgasse sich die Russen hier befinden. In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung im September warf Putin einigen Nato-Mitgliedstaaten vor, sie hätten in Syrien „von außen eine bewaffnete Revolution provoziert, die sich zu einem Bürgerkrieg entwickelt hat“. Im Ukrainekonflikt dagegen verteidigte er die unterzeichneten Abkommen mit den beiden „Bürgerkriegsparteien mit dem Argument: „Man kann die Integrität der Ukraine nicht durch Drohungen und Waffengewalt garantieren. Man muss die Interessen und die Rechte der Bevölkerung des Donbass wirklich berücksichtigen, ihre Entscheidungen respektieren und sich mit ihr verständigen.“

Im Moment ist völlig unklar, wie ein Syrien nach Assad und eine mögliche politische Machtteilung aussehen könnte. Jeder Akteur in diesem Konflikt sieht die Lösung des Problems auf seine Weise. Russland verstärkt weiter seine militärische und technische Hilfe. Immer mehr Waffen und Truppen strömen ins Land. Die direkte Intervention der russischen Kampfjets erfordert eine aufwändige Logistik. Weil die feindlichen Truppen nur ein paar Dutzend Kilometer von der Luftwaffenbasis in Latakia entfernt sind, muss diese von Mi-24-Kampfhubschraubern geschützt werden; auch russische Panzer sind dort stationiert. Offizielle russische Quellen geben die Zahl der russischen Soldaten in Syrien mit 2000 an, Militärs halten diese Zahl für „ausreichend“11 . Ob diese Angaben stimmen, ist schwer zu sagen. Aus der Erfahrung mit der Krim weiß man, wie schwer es ist, die genaue Zahl der beteiligten russischen Soldaten zu ermitteln. Was die militärischen Berater angeht, so ist ihre Anwesenheit nichts Neues: Russische Militärexperten sind im Nahen Osten bereits seit Mitte der 1950er Jahre aktiv.

Die Rolle der russischen Soldaten könnte sich auf den Schutz der wichtigsten Stützpunkte der syrischen Armee und auf spezielle Kommandooperationen beschränken. Die russische Gesellschaft hat nicht vergessen, dass auch nach Afghanistan zunächst ein „beschränktes Kontingent“ entsandt wurde; und dass der anschließende zehnjährige Konflikt (1979 bis 1989), nach offiziellen Angaben auf sowjetischer Seite 14 000 Menschenleben (und 50 000 Verletzte) forderte, auf afghanischer Seite gab es etwa 1,5 Millionen Todesopfer.

Der Islamische Staat (IS) tut alles, die Russen an diesen Krieg zu erinnern, der zum Zusammenbruch der Sowjetunion beigetragen hat. 25 Jahre nach dem Abzug der Roten Armee aus Afghanistan scheint sicher, dass eine russische Bodenoffensive in Syrien der Popularität Putins nicht gut tun würde.

Nach Einschätzung der meisten westlichen Regierungen besteht das Hauptziel des Kreml nicht darin, den IS zu zerstören, sondern Assad an der Macht zu halten. Der überraschende Besuch Assads in Moskau am 20. Oktober schien diese Sichtweise zu bestätigen. Nach offizieller Darstellung des Kreml richten sich die Angriffe der russischen Luftwaffe gegen verschiedene Gruppen der syrischen Opposition, darunter auch die Al-Nusra-Front, die aus al-Qaida hervorgegangen ist.12 Gleichzeitig hofft man in Moskau, dass der Kampf gegen den IS andere beteiligte Staaten dazu bringt, ihre Bemühungen zu verstärken und sich Russland im „Kampf gegen den Extremismus“ anzuschließen. Eine weltweite Allianz gegen den IS bleibt jedoch unwahrscheinlich; immerhin haben sich Moskau und Washington auf eine Koordinierung ihrer Luftschläge geeinigt, um Zwischenfälle zu vermeiden.

Auch eine Koalition, bestehend aus Russland, dem Iran und China, die russische Medien als mögliches Gegengewicht zu der von den USA geführten Allianz gegen den IS heraufbeschwören, ist wenig wahrscheinlich. Peking weigert sich, zu intervenieren, und Teheran verfolgt seine eigenen Absichten – auch wenn der mächtige iranische General Qassem Soleimani im Juli Moskau besucht hat. Soleimani ist Kommandant der zu den iranischen Revolutionsgarden gehörigen Al-Kuds-Brigaden, die im Irak und in Syrien kämpfen.

Der israelische Premierminister Netanjahu zeigt sich angesichts dieser iranisch-russischen Annäherung besorgt. Tel Aviv fürchtet vor allem, dass die Hisbollah über eine mit den Russen verbündete schiitische Achse neue Waffen erhalten könnte. Allerdings sicherte Putin im September Netanjahu in Moskau zu, die russische Interven­tion in Syrien werde keine negativen Auswirkungen für Israel haben.

In gewisser Weise hat der IS den russischen Interessen gedient, indem er Moskau die Möglichkeit bot, seinen Freunden zu zeigen, dass es immer noch eine entscheidende Rolle in der Region spielen kann. So kann sich Moskau über OVKS, eine Art „russischer Nato“, auch als Schutzpatron der muslimischen Staaten Zentralasiens gerieren. Mehr denn je seit dem Ende der Sowjetunion zeigt Russland seine Entschlossenheit, die Stabilität im Herzen „Eurasiens“13 zu wahren und seine Verbündeten vor einer Bedrohung von außen zu schützen. Als eine solche Bedrohung galten lange Zeit die afghanischen Taliban. Nun kommt der IS hinzu, der sich nach und nach an der Südgrenze Zentralasiens festsetzt und sich anschickt, sie auch zu überschreiten.

Seit seiner Gründung hat der Islamische Staat Russland als einen seiner Gegner benannt. Schon Ende August 2014 veröffentlichte die Organisation einen Videoclip, der eine Warnung an Putin enthielt: „Dein Thron wackelt bereits, und er wird mit unserer Ankunft zusammenbrechen. Wladimir Putin, die Flugzeuge, die du Baschar geschickt hast – mit Gottes Hilfe werden wir sie dir zurückschicken.“ In dem Clip kündigte der IS zudem an, den Kaukasus und Tschetschenien „zu befreien“14 .

Dieses Unterfangen scheint reichlich ambitioniert, aber die Dschihadisten könnten tatsächlich ihren Einfluss im Nordkaukasus ausbauen, wo die sozialen und wirtschaftlichen Probleme keineswegs gelöst sind und die Bereitschaft zum Widerstand gegen die Zentralmacht noch längst nicht erloschen ist. Zudem muss Moskau nach den Anschlägen auf die russische Botschaft in Damaskus am 19. Mai, 20. September und 13. Oktober mit weiteren Attacken rechnen. Ein Anschlag auf das russische Touristenflugzeug, das über dem Sinai abgestürzt ist, würde dem strategischen Kalkül des IS entsprechen.

Die Entscheidung für den Einmarsch in Afghanistan 1979 wurde damals auf einer Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei einmütig getroffen, nachdem Leonid Breschnew sich von seinen Genossen hatte überzeugen lassen. Juri Andropow, der damalige Chef des KGB und spätere Generalsekretär des Zentralkomitees, hatte sich zunächst noch quergestellt, am Ende aber ebenfalls zugestimmt.

Wir wissen, wer heute die Entscheidungen fällt und in welcher Weise. Auch wenn der russische Föderationsrat am 30. September die Entsendung von Truppen ins Ausland in einem einstimmigen Votum abgesegnet hat: Im Grunde entscheidet Putin allein über alles, auf der Basis seiner persönlichen Einschätzung. Zuweilen scheinen seine Entscheidungen stark von Emotionen geprägt, ohne hinreichende Analyse möglicher Konsequenzen.

In Russland hat man die kubanische Raketenkrise von 1962 noch gut in Erinnerung: Nikita Chruschtschow hatte ganz plötzlich entschieden, sowjetische Raketen auf Kuba zu stationieren – „den Amerikanern einen Stachel in die Unterhose schieben“, wie er sich ausdrückte. Später behauptete der KP-Chef, er habe mit seinen Kollegen darüber gesprochen; aber heute wissen wir, dass er diese Entscheidung allein getroffen und seine Umgebung erst nachträglich informiert hat.15 Damals zwang die entschiedene Reaktion von US-Präsident John F. Kennedy, der eine Blockade Kubas anordnete und mit einer Invasion drohte, die Sowjetunion zum Rückzug. Die Affäre beschädigte das Ansehen Chruschtschows unter seinen eigenen Gefolgsleuten nachhaltig.

Nach Meinung vieler Beobachter agiert Putin entschlossener und erfolgreicher als sein US-amerikanischer Amtskollege Obama. Mit seiner Art, die Syrienfrage anzugehen, habe er das wieder einmal bewiesen; er sei seinen Partnern, die zugleich Rivalen sind, einen Schritt voraus.

Wir wissen jedoch, wie es sich mit den vermeintlich leichten militärischen Siegen verhält: Oft zieht sich der Konflikt viel länger hin als erwartet oder endet gar mit einem überstürzten Rückzug. Die zahlreichen Luftangriffe, die seit nunmehr einem Jahr geflogen werden, konnten den IS bislang nicht zurückdrängen. Die Rückkehr Russlands in den Nahen Osten wird nur dann erfolgreich sein, wenn es Moskau gelingt, die Bedingungen für eine internationale politische Lösung des Syrienkonflikts zu schaffen.

1 Siehe Jacques Lévesque, „Russlands großer Auftritt“, Le Monde diplomatique, November 2013.

2 Der damalige ägyptische Präsident Anwar al-Sadat kündigte 1976 den Freundschaftsvertrag mit Russland und begann eine Annäherung an die USA.

3 Siehe maxpark.com, 9. September 2015.

4 „Face aux sanctions occidentales, la Russie se rap­proche de l’Arabie saoudite“, 7. Juli 2015, www.latribune.fr.

5 Siehe Roger Martelli, „Kommunizierende Krisen im Herbst 1956“, Le Monde diplomatique, Oktober 2006.

6 Vollständiger Text der Rede auf: www.un.org.

7 Mitgliedstaaten der OVKS sind: Armenien, Kasachstan, Kirgistan, Russland, Tadschikistan und Weißrussland.

8 Zitiert nach: „OTSC: Vladimir Poutine appelle à faire front commun contre la menace terroriste“, 16. September 2015, www.lecourrierderussie.com.

9 Siehe Catherine Locatelli, „Der Fall Gazprom“, Le Monde diplomatique, Mai 2015.

10 Benannt nach dem Ort des ersten Treffens im Juni 2014 mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko, Wladimir Putin, François Hollande und Angela Merkel.

11 Informing.ru, 1. Oktober 2015.

12 Dass der russische Einsatz nicht primär auf den Islamischen Staat (IS) zielt, legen vor allem Berichte aus Aleppo nahe: www.goodmorningsyria.org/submissionView/22-Aleppo-Gets-Ready-for-Russian-Strikes.

13 Siehe Jean-Marie Chauvier, „Die Wiederentdeckung Eurasiens“, Le Monde diplomatique, Juni 2014.

14 Siehe www.imra.org.il/story.php3?id=64808.

15  Siehe William Taubman, „Khrushchev: The Man and his Era“, New York (Norton) 2003.

Aus dem Französischen von Jakob Farah

Alexei Malaschenko ist Politologe sowie Direktor der Abteilung für Religion, Gesellschaft und Sicherheit im Moskauer Büro der Carnegie Foundation for International Peace. Zuletzt erschien von ihm: „The Fight for Influence: Russia in Central Asia“, Moskau (Carnegie) 2014.

Le Monde diplomatique vom 12.11.2015, von Alexeï Malachenko