13.04.2006

Dialog in Kolumbien: ja, nein, vielleicht

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Dialog in Kolumbien: ja, nein, vielleicht

von Maurice Lemoine

Irgendwo in Kolumbien, im Dschungel. Es regnet, dann regnet es immer noch und noch mehr, und dann in Sturzbächen, die schließlich einem fiesen Nieselregen weichen. Gierig saugen die Pflanzen das Wasser auf. Durch Schlamm und Morast, unter tropfenden Blättern, gehen die Guerilleros truppweise ihren Beschäftigungen nach. Unter unförmigen Regenmänteln zeichnen sich ihre Waffen ab, die sie niemals ablegen.

Anfang Februar 2006 treffen wir Comandante Raúl Reyes, Sprecher der Farc (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia). Auf unsere Frage antwortet er ohne Zögern: „Ich kann Ihnen versichern, dass Ingrid Betancourt lebt und dass es ihr gut geht. Sie ist eine sehr kluge und sehr fähige Frau, und wie alle Gefangenen hofft sie auf die Unterzeichnung eines humanitären Abkommens.“ Er lächelt, und es wirkt nicht zynisch: „Natürlich möchte sie freikommen.“

Die seit 2002 als Geisel festgehaltene Frankokolumbianerin Ingrid Betancourt ist zu einer Symbolfigur geworden. Zunächst als Parlamentsabgeordnete, später als Senatorin prangerte sie die Machenschaften und die Korruption der herrschenden Elite an. Sie kritisierte auch die Guerilla, doch sie forderte stets eine Konfliktlösung durch Verhandlungen. Auf dem Ticket ihrer kleinen Partei Oxígeno Verde (Grüner Sauerstoff) kandidierte sie für die Präsidentschaft. Die Wahlen waren für den 26. Mai 2002 angesetzt.

Im Februar zuvor kam es in San Vicente de Caguán in der entmilitarisierten Zone, die zum Gebiet der Farc gehört hatte, zu Friedensgesprächen zwischen der Regierung und der Guerilla, die von der Regierung abgebrochen wurden. In einer groß angelegten Offensive eroberten Regierungstruppen anschließend das Gebiet zurück. Staatschef Andrés Pastran flog ins Kampfgebiet, in Begleitung von Journalisten. Dagegen wurde Ingrid Betancourt die Erlaubnis verweigert, mit der Delegation zu fliegen. Trotz eindringlicher Warnungen reiste sie auf dem Landweg. Am 23. Februar erreichte sie, zusammen mit ihrer Pressesprecherin Clara Rojas und zwei Journalisten, die Region um San Vicente. Als ihr Fahrer aus der Ferne die Straßensperre der Rebellen bemerkte, wollte sie nicht umkehren.

Die Vorgeschichte: Im Juni 2001 hatte die Farc einseitig 242 Soldaten und Polizisten freigelassen. In ihrer Gewalt bleiben nur noch Offiziere. Die Oligarchie dagegen gab keine Gefangenen frei. Er sei dabei gewesen, erzählt Comandante Reyes, „als der damalige Friedensbeauftragte, Camilo Gómez, zu Marulanda [dem früheren Rebellenführer] sagte, dass weder die Regierung Pastrana noch die eines Nachfolgers ein humanitäres Abkommen über den Gefangenenaustausch akzeptieren würden. Wenn sich die Farc den Bedingungen Pastranas nicht unterwerfe, könne man die Sache vergessen. Wir empfanden das als Erpressung und dachten: Wenn ihr nicht wollt, ist es eure Schuld.“

Erbittert kündigte die Guerilla an, man werde Mitglieder der herrschenden Klasse entführen, „denen das Drama des Krieges, unter dem das Volk leidet, ebenso gleichgültig ist wie das Schicksal der Soldaten ihrer Armee“. Dann entführte sie so viele Persönlichkeiten wie möglich, um ihre 500 inhaftierten Kombattanten freizupressen.

Seit September 2001 stehen die Farc und die Nationale Befreiungsarmee ELN in den USA (und in der EU) auf der Liste der Terrororganisationen. Laut dem auch von Kolumbien ratifizierten II. Zusatzprotokoll der Genfer Konvention sind sie jedoch Kriegspartei in einem „nicht internationalen bewaffneten Konflikt“.

Dieser Konflikt forderte in den letzten 20 Jahren mindestens 70 000 Menschenleben. Drei Millionen Menschen wurden vertrieben. Kolumbien lebt seit Jahrzehnten im Bürgerkrieg. Während die paramilitärischen Milizen AUC (Autodefensa Unida de Colombia) und ihre Komplizen bei den Sicherheitsdiensten für die Mehrzahl der Morde und die meisten Fälle von „Verschwundenen“ und Folter verantwortlich sind, gehen die meisten Entführungen auf das Konto der Guerilla.1

Um die Gefangennahme von Ingrid Betancourt wird am meisten Aufhebens gemacht. Das geht vielen in Kolumbien gegen den Strich. Nicht nur weil sich ihre Familie und hochrangige Freunde – darunter Dominique de Villepin – für sie einsetzen. Angesichts der Solidaritätskonzerte und der Medienaufmerksamkeit für das prominenteste Opfer interessiert sich kaum jemand für die anderen 61 „politischen Gefangenen“ der Farc, darunter der frühere Minister Fernando Araujo, Senator Luis Eladio Pérez, die Abgeordneten Consuelo González, Orlando Beltrán und Oscar Liscano und etliche Soldaten und Polizisten. „Ingrid genießt eine Vorzugsbehandlung, weil sie auch französische Staatsbürgerin ist und in den Kreisen der Privilegierten verkehrte“, sagt Edna Margarita Salchali, die Schwester des am 14. Oktober 1998 bei einem Kampfeinsatz gefangen genommenen Unterleutnants Elkín Hernández. „Es scheint, als gebe es Entführte erster und zweiter Klasse. Uns hat man vergessen.“

Vergessen hat man auch die Gewaltexzesse der paramilitärischen Kräfte und des Militärs. Der Verband der Familienangehörigen der Verhafteten und Verschwundenen spricht von 7 000 Fällen von Entführung durch die Todesschwadronen seit 1997. Die Leichen der Opfer wurden nie gefunden.

Auch an die Farc sind kritische Fragen zu richten: Sowohl das „Festhalten“ von Menschen, deren Angehörige ein Lösegeld zahlen müssen (von den Rebellen „Revolutionssteuer“ genannt), als auch politische Entführungen verstoßen gegen das internationale Kriegsrecht und gegen die Verhaltensregeln, die das Führen eines Krieges moralisch akzeptabel machen. Nach diesen Regeln darf die Zivilbevölkerung niemals zur Zielscheibe von Kampfhandlungen werden. Nach den Genfer Konventionen müsste die Farc alle Entführten und Geiseln „sofort, bedingungslos und einseitig“ freilassen.

Die Bestimmung ist eindeutig. Gilt aber jeder als „Geisel“, der sich in ihrer Hand befindet? Sollte man bei den 36 Offizieren, Unteroffizieren und Polizisten, die im Kampf gefangen genommen wurden, nicht vielmehr von Kriegsgefangenen sprechen?

Es ist das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, das die Aufständischen zu den Waffen greifen lässt; und ihre Brutalität hat viel damit zu tun. Im August 2001 trafen wir im südlichen Bolivar, am Magdalena-Fluss, den Kommandeur einer ELN-Truppe. In dieser kühlen, trostlosen Nacht sprach er zwei Stunden lang über einen unmenschlichen Krieg, fast tonlos und stockend. Einmal hatte er einen entführten Senator bewacht, bis das Lösegeld gezahlt wurde.2 „Er schrie, er heulte. Warum ich! Was wird aus meiner Familie? Was habe ich euch getan? – Ich antwortete: Sie gehören zur herrschenden Klasse. Ihretwegen konnte ich als Kind nicht zur Schule gehen, es gab keine Medikamente, wir haben im Elend gelebt, ihretwegen kennt meine Familie nichts als Armut. Ihretwegen hatte ich keine andere Wahl, als zu den Waffen zu greifen. Ihretwegen werde ich in diesen Bergen sterben. Also beklagen Sie sich nicht. Sie verbringen ein paar unbequeme Monate. Das ist kein hoher Preis.“

Ähnliche Gedanken äußerte der liberale Expräsident (1974–1978) Alfonso López Michelsen: „So wie der, der zu den Waffen greift und Erpressung betreibt, in den Augen der Angehörigen des Establishments verabscheuungswürdig ist, so ist der, der mit Hilfe seiner sozial, wirtschaftlich und politisch privilegierten Stellung für die Erhaltung des Status quo kämpft und sich dazu staatlicher Waffen bedient, verabscheuungswürdig in den Augen derer, die im gegnerischen Lager kämpfen.“3

Bei der Unterzeichnung des Abkommens von La Uribe am 28. März 1984 verurteilte die Farc die Praxis der Entführungen und verpflichtete sich, sie einzustellen. Die Verhandlungen mit Präsident Belisario Betancur und die Gründung einer eigenen Partei, der Patriotischen Union (UP), waren ein erster Versuch der Rebellen, sich politisch einzugliedern. Doch das Militär und die Milizen wollten es anders: Das Experiment UP endete in einem Blutbad, mit mehr als 3 000 Toten4 .

Der Bürgerkrieg in Kolumbien hat, wie alle Kriege, mit Moral wenig zu tun. Bestenfalls kann man die schlimmsten Folgen mildern. „Die Farc war und ist für einen Gefangenenaustausch“, bestätigt uns Comandante Reyes. Doch die Regierung weigert sich: Die Guerilla würde durch Gespräche mit der Regierung aufgewertet, könnte also ihre Einschätzung als Terrororganisation loswerden – und genau das will Uribe vermeiden. Er ist auf den militärischen Sieg über seine „Achse des Bösen“ versessen. Also hat er sich darauf versteift, die Gefangenen militärisch zu befreien. Mit womöglich katastrophalen Folgen, denn in diesem Fall dürften einige Gruppen der Farc ihre politische Logik in unerträglicher Weise auf die Spitze treiben. Sie haben immer verkündet, dass sie eine Befreiung von Geiseln nicht zulassen werden. Das Exempel haben sie an dem Gouverneur von Antioquia, Guillermo Gaviria, und dem ehemaligen Verteidigungsministers Gilberto Echeverri statuiert; desgleichen an der ehemaligen Kulturministerin Consuelo Araujo Noguera.

Die Familien sind gegen eine Befreiung durch die Armee

Die ambivalente Rolle der Medien zeigte sich bei der Ausstrahlung der zweiten Videobotschaft von Ingrid Betancourt im Sommer 2003.5 Die der Öffentlichkeit gezeigten Ausschnitte vermittelten den Eindruck, die ehemalige Senatorin fordere von der Regierung, über die Freilassung der Soldaten zu verhandeln. Die Freiheit der zivilen Geiseln sei dagegen „nicht verhandelbar“. In eigener Sache schien Ingrid Betancourt damit grünes Licht für eine militärische Rettungsaktion zu geben. Der vollständige Wortlaut der Erklärung war jedoch ein anderer: „Rettung, ja, definitiv ja, grundsätzlich. Doch nicht gleichgültig, in welcher Form. Eine Rettung ist entweder erfolgreich, oder es ist keine. Kolumbien kann eine Rettung nicht einfach als politisches Spiel betrachten, bei dem zwar das Leben vieler Bürger riskiert wird, aber der Sieg des Staates garantiert ist. Weil er siegt, wenn die Entführten lebendig freikommen, weil er dann eine Trophäe vorzeigen kann, aber auch gesiegt hat, wenn man nur Leichen einsammelt, weil er dann dem Feind die Schuld zuschieben kann.“

Die Familien der Gefangenen lehnen solche Befreiungsversuche vehement ab. „Die Armee ist unfähig, eine Befreiungsaktionen erfolgreich durchzuführen“, sagt Salchali. Der Vater eines Polizisten empört sich: „Wir kämpfen seit Jahren für die Freiheit der Gefangenen. Wir haben keine Lust, sie im Sarg nach Hause zu holen.“ Auch nach kolumbianischem Recht müssen „zunächst die Mittel des Dialogs und der Verhandlung“ ausgeschöpft werden.

Im Februar 2005 konferierte Präsident Uribe mit dem Sonderberater des UN-Generalsekretärs für Kolumbien, James Lemoyne, der sich stets engagiert für eine Annäherung der Parteien eingesetzt und selbst in schwierigen Phasen der Friedensverhandlungen zwischen der Farc und der Regierung Pastrana nicht aufgegeben hatte.

Lemoyne ist ein Freund klarer Worte, auch an die Adresse der kolumbianischen Regierung: „Wenn sie sich nicht mit der Farc an den Verhandlungstisch setzen will, soll sie es sagen. Es gibt zu viele offizielle Stimmen, die ja, nein, vielleicht, unmöglich, möglich sagen. Das schafft bei der Farc kein Vertrauen.“ Angesichts der Behinderung ihrer Arbeit durch die Regierung zogen sich die von der Farc eingeladenen UN-Vermittler im April 2005 zurück.

Auch der sehr um eine Lösung bemühten Kirche erging es nicht besser. Ende Januar 2003 nominierte sie eine Delegation, die sich auf Vermittlungsgespräche mit der Farc-Führung vorbereitete. Zu ihr gehörten Pater Dario Echeverri, der frühere Arbeitsminister Angelino Garzón und Monsignore Luis Augusto Castro, Vorsitzender der Bischofskonferenz. Letzterer kritisiert die Guerilla ruhig, aber unnachsichtig: „Sie können nicht sagen, dass das Schicksal der von ihnen Entführten dasselbe ist wie das ihrer gefangenen Guerilleros. Die hatten einen Prozess, und sie können Besuch empfangen, die Entführten aber nicht. Manchmal gibt es von ihnen drei Jahre lang kein Lebenszeichen.“

Als Mann des Friedens ist er dennoch für Verhandlungen: „Vor einigen Jahren konnte ich mit der Farc sprechen und die Freilassung von 80 Soldaten vereinbaren. Wir kannten uns bereits. Man konnte leicht miteinander reden …“

Doch dann startete Präsident Uribe eine gigantische Militäroperation, den Plano Patriotico. Der Bischof beschloss, der Gefahr zu trotzen und seine Mission zu Ende zu bringen. Die Farc aber riet ab: „Kommen Sie nicht her. Hier fließt nur Blut!“ Persönliche Begegnungen waren von da an nicht mehr möglich.

Im Januar 2004 wurde der Rebellenführer Simon Trinidad in Ecuador verhaftet. „Seine Mission war, in Quito einen Kontakt zu James Lemoyne herzustellen, denn wir wollten uns mit ihm treffen“, sagt Comandante Reyes. „In Kolumbien wäre das schwer gewesen, denn Lemoyne hätte Uribe um Erlaubnis bitten müssen.“ Trinidad wurde den kolumbianischen Behörden übergeben und am 31. Dezember 2004 an die USA ausgeliefert, nur 13 Stunden nach Ablauf der Frist, die die Regierung der Farc für die Freilassung von 65 Gefangenen gesetzt hatte.

Am 13. Dezember 2004 wurde Rodrigo Granda in Caracas von kolumbianischen Geheimdienstlern verschleppt. Der „Außenminister“ der Farc hatte den Auftrag, über die französische Botschaft in Venezuela den „Fall Betancourt“ mit Paris zu verhandeln.

Die Präsidentschaftswahlen im Mai 2006, bei denen auch Uribe kandidiert, könnten die politische Lage leicht ändern. Wie die früheren Präsidenten Alfonso López, Ernesto Samper, Julio César Turbay und der ehemalige Generalstaatsanwalt Jaime Bernal ist auch die Mehrheit der Kolumbianer für einen Gefangenenaustausch. Mitte August 2004 hatte die Regierung bereits angeboten, einseitig 50 Rebellen freizulassen. Diese sollten ins Ausland gehen oder an einem Wiedereingliederungsprogramm teilnehmen. Damals war die Farc zu Verhandlungen bereit, allerdings nur durch direkte Kontakte und nicht, wie von der Regierung vorgeschlagen, über das Internet. Die Rebellen wollten ein Treffen in einer entmilitarisierten „Sicherheitszone“, erzählt Reyes: „Uribe sollte die Truppen 30 Tage lang zurückziehen und ein konkretes Datum nennen. Bei einer Einigung hätte der Austausch endlich stattfinden können.“

Die Wut richtet sich gegen die Regierung und die Guerilla

Inzwischen sind die Angehörigen der Gefangenen verzweifelt. Ihre Empörung richtet sich gegen die Regierung wie gegen die bewaffnete Opposition. „Wir sind Familien aus dem Volk, wie die Guerilla sagt. Sie sollen uns unsere Jungs wiedergeben“, sagt Frau Orjuela voll Wut. Und Mario Enrique Murillos, Vater eines Soldaten, meint: „Unsere Söhne haben sich für ein Gehalt verpflichtet, weil sie arbeitslos waren, und auch darum geht es. Sie wurden gefangen genommen, weil sie das Vaterland verteidigt haben. Also muss uns der Staatschef helfen.“

Im Dezember 2005 erboten sich die Regierungen Frankreichs, Spaniens und der Schweiz in Bogotá, die Stagnation zu überwinden. Doch Uribe ließ die Initiative durch öffentliche Indiskretion platzen.

„Damals gab es ein Sicherheitsproblem“, sagt Monsignore Castro, „es hieß, dass die Farc durch die internationale Gemeinschaft geschützt würde. Aber wer ist die internationale Gemeinschaft? Ein Botschafter? Ein Abgeordneter? Die Farc befindet sich im Krieg. Sie braucht Garantien. Einen Vorschlag öffentlich zu machen, bevor man ihn der Guerilla übermittelt, war ein bedauerlicher Fehler. Man hätte erst die Rebellen konsultieren müssen.“

Seit dieser Episode waren die Aufständischen überzeugt: „Solange Uribe Präsident ist, wird es keinen humanitären Austausch geben.“ Die Familien der Gefangenen der Guerilla wie die der eingesperrten Rebellen sind entsetzt. Das Fehlen eines wirklichen Oppositionsführers und die Macht der Miliz, die im Wahlkampf nur scheinbar demobilisiert ist, machen die Wiederwahl Uribes möglich. In dem Fall müssten die Menschen, die in den Wäldern, in den Bergen zwischen zwei Feuern gefangen sind, weitere vier Jahre auf ihre Befreiung warten.

Zwar spricht sich Carlos Gaviria, der Kandidat des alternativen demokratischen Pols (Mitte-links), für den Gefangenenaustausch aus, doch am fortschrittlichsten denkt in dieser Hinsicht Alvaro Leyva. Der unabhängige Kandidat, vormals Mitglied der konservativen Partei, ehemaliger Justizminister und unter verschiedenen Präsidenten Unterhändler mit Guerillaorganisationen, verspricht im Wahlkampf einen „sofortigen Gefangenenaustausch und Frieden binnen sechs Monaten“. Dass sich Leyva am 22. Dezember 2005 mit Manuel Marulanda, dem einstigen Anführer der Farc, getroffen hat, gibt dem von den Medien marginalisierten Kandidaten deutlichen Auftrieb. Am 4. März wurde gemeldet, dass sich die Farc im Anschluss an die Gespräche bereit erklärt habe, zwei Polizisten freizulassen. Damit wurde Leyva indirekt zum Wunschkandidaten des bewaffneten Widerstands.

Doch Uribe ist der unumstrittene Favorit. Wenn er an der Macht bleibt, heißt es in Bogotá, muss man internationalen Druck auf ihn ausüben.

Fußnoten: 1 International Crisis Group, Hostages for prisoners: a way to peace in Colombia?’, Brüssel, 8. März 2004. 2 Da es sich hierbei um ein nicht aufgezeichnetes informelles Gespräch handelte, nennen wir den Namen des Senators nicht. 3 Zitiert nach El Tiempo, Bogotá, 22. September 2002. 4 Vgl. www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Kolumbien/pohl.html. 5 Datiert vom Mai 2002, verbreitet am 30. August 2003 von Noticias Uno, Canal 7, Bogotá. Aus dem Französischen von Lilian-Astrid Geese Maurice Lemoine ist Chefredakteur von Le Monde diplomatique, Paris.

Le Monde diplomatique vom 13.04.2006, von Maurice Lemoine