Verspätete Hilfe für Bangui
von Vincent Munié
Die Anhänger von François Bozizé, der bis zum Putsch am 24. März 2013 Präsident der Zentralafrikanischen Republik war, geben nicht auf. Mitte September starteten sie erneut eine militärische Offensive gegen das Rebellenbündnis Séléka1 . Nur wenige Tage später verfügte einer ihrer ehemaligen Chefs, der neue Präsident Michel Djotodia, die Auflösung der Truppe. Er will eine neue nationale Armee gründen, die an die Stelle der schwer kontrollierbaren Rebellen treten soll. Seit dem Putsch gegen den Autokraten Bozizé versinkt das Land in einer humanitären Katastrophe mit Hunderten von Toten und mehr als einer Million Flüchtlingen. Monatelang hatte die internationale Gemeinschaft nur tatenlos zugesehen.
Die Zentralafrikanische Republik ist eines der ärmsten Länder der Welt, das über keinerlei strategische Ressourcen verfügt. Auf der Rangliste des Human Development Index 2012 steht es auf Platz 180 von insgesamt 186 Ländern. In der Mitte des Kontinents zeichnet sich die Entstehung eines von Instabilität und Rechtlosigkeit gekennzeichneten Territoriums ab, in dem Islam und Christentum aufeinandertreffen und das von Staaten umgeben ist (Demokratische Republik Kongo, Tschad, Sudan und Uganda), in denen die Lage ohnehin schon angespannt ist.
Die verzweifelten Hilferufe von Präsident Bozizé im vergangenen März verhallten im Nichts. Die Séléka, die seit November 2012 vor den Toren Banguis gestanden hatte, überrannte schließlich die Hauptstadt. Ihre damals noch rund 4 000 Kämpfer – später gehörten der Rebellentruppe rund 25 000 Mann an – waren besser ausgestattet und organisiert als die offizielle Armee, der es an Ausbildung, Logistik und teilweise sogar an Waffen mangelte. So verfügten von den 5 000 regulären Soldaten nur 3 000 über ein Gewehr. Lediglich die 800 Mitglieder der Präsidentengarde wären überhaupt imstande gewesen, sich den Rebellen entgegenzustellen. Aber diese Soldaten, berüchtigt wegen ihrer Rolle, die sie 2003 im Putsch gegen den damaligen Präsidenten Ange-Félix Patassé gespielt hatten, der Bozizé an die Macht gebracht hatte, wurden nach kurzem Gefecht besiegt.
Bozizé, der inzwischen in Paris lebt, gelang damals nur knapp die Flucht über den Ubangi-Fluss in die Demokratische Republik Kongo. Die 2008 von der Zentralafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (CEEAC) aufgestellten Soldaten der Multinationalen Streitkräfte Zentralafrikas (Fomac) und die mittlerweile 600 französischen Soldaten des Sonderkommandos „Boali“, das ursprünglich zum Schutz französischer Staatsbürger während des Putsches von 2003 entsandt worden war, verharrten die ganze Zeit über Gewehr bei Fuß. Noch im März 2007 hatten französische Fallschirmspringer, unterstützt von Truppen aus dem Tschad, die zentralafrikanischen Rebellen aus Birao nahe der sudanesischen Grenze vertrieben.2 Doch diesmal ließen die Regierungen in Paris und N’Djamena ihren Verbündeten im Stich.
Nach der Machtübernahme der Séléka wurde Bangui zum Schauplatz von Plünderungen und Ausschreitungen, vornehmlich gegen alle, die verdächtigt wurden, den gestürzten Präsidenten zu unterstützen. Die Büros der Vereinten Nationen wurden verwüstet, wobei es das Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha) besonders schlimm getroffen hat. Und in den Stadtteilen, in denen vor allem Mitglieder des alten Regimes wohnten, kam es zu brutalen Vergeltungsmaßnahmen.
Angesichts dieser massiven Gewalt ist es umso erstaunlicher, dass die französische Botschaft lediglich minimale Vorkehrungen traf, um die 1 200 im Land gebliebenen Franzosen zu schützen. Die französischen Fallschirmspringer und Marineinfanteristen, die aufgrund eines Verteidigungsabkommens, das Paris und Bangui gleich nach der Unabhängigkeit im Jahr 1960 abgeschlossen hatten, im Land sind, verließen jedenfalls ihren Stützpunkt in der Nähe des Hauptstadtflughafens Mpoko nicht. Offensichtlich scheute man das Risiko, in dieser unübersichtlichen Lage militärisch einzugreifen.
Tatsächlich rekrutiert sich die Séléka aus einem Gemisch unterschiedlichster Fraktionen: Da gibt es die tschadischen Rebellen unter Abdelwahid Aboud Mackaye, aus Darfur geflüchtete sudanesische Janjaweed-Milizen, dazu Truppen aus dem Norden des Landes wie die Demokratische Front des Zentralafrikanischen Volks (FDPC) und die Union Demokratischer Kräfte für die Sammlung (UFDR). Letztere ist eine 2006 gebildete Koalition aus Getreuen des Expräsidenten Patassé, enttäuschten Bozizé-Anhängern plus marodierenden Soldaten. Das politische Chaos war vorprogrammiert.
Am 25. März ließ sich UFDR-Chef Michel Djotodia, ein Muslim aus dem Norden mit kultureller Nähe zum Sudan (er lebte einige Jahre als Konsul seines Landes im Sudan), zum neuen Staatschef und Vorsitzenden eines ad hoc geschaffenen Nationalen Übergangsrats ausrufen. In Bangui genießt Djotodia allerdings nur wenig Rückhalt. Deshalb hat er den Übergangsrat für Vertreter der Opposition und der alten Regierung geöffnet und behielt sogar Nicolas Tiangaye als Premierminister. Tiangaye, der sich als Menschenrechtsanwalt und einer der wenigen integren politischen Akteure des Landes einen Namen gemacht hat, war im Januar 2013 nach dem in Libreville (Gabun) geschlossenen kurzlebigen Friedensabkommen zwischen Präsident Bozizé und der Séléka zum Regierungschef ernannt worden.
Diese Gesten einer Befriedung haben jedoch wenig mit der im Land herrschenden Wirklichkeit zu tun. Die Kämpfer der Séléka folgen nach wie vor dem Gesetz der Gewalt. Ihnen ist jeder Vorwand recht, wie zum Beispiel die Entwaffnung von Kombattanten, um die Bevölkerung zu terrorisieren. Hinzu kommen religiöse Konflikte. Djotodias Exrebellen haben den Islam aus dem Norden in den mehrheitlich katholischen Süden getragen. Der 64-jährige Michel Djotodia, der am 18. August seinen Amtseid ablegte, ist der erste muslimische Präsident des Landes.
Hoffen auf die Fallschirmjäger
Nach seinem Amtsantritt hat sich die Lage jedoch nicht gebessert. Im Gegenteil, gegen Ende des Sommers kam es in der Hauptstadt zu einer starken Zunahme von gewalttätigen Übergriffen und Morden. Das ging so weit, dass sich Tausende Bewohner des wegen des angrenzenden Flughafens „Boeing“ genannten Stadtteils auf die Startbahn flüchteten und dort ihr Lager aufschlugen, um öffentlichkeitswirksam gegen die Séléka zu protestieren. Sie hofften auf den Schutz der französischen Fallschirmjäger.
Inzwischen fielen Anhänger von Expräsident Bozizé im Nordwesten in die Stadt Bossangoa ein und attackierten die dort ansässigen Muslime, was die Séléka wiederum mit Vergeltungsmaßnahmen gegen Christen beantwortete. In dieser Region, in der sich die religiösen Gruppen der jeweiligen Fraktionen gegenüberstehen, ist die Lage mehr als verworren.
Im Herbst 2013 befindet sich die Zentralafrikanische Republik in einer desolaten Lage. Der ohnehin stark gefährdete Kleinhandel mit Lebensmitteln, der den meisten der 4,5 Millionen Bürger des Landes das Überleben sichert, gerät durch die schlechte Sicherheitslage ins Stocken. Die UNO hält sich nach den schlechten Erfahrungen während des Putsches im Frühling zurück und setzt nur einen Teil der ihr zur Verfügung stehenden Truppen ein. Zwar verurteilt Präsident Djotodia die Gewalt zumindest gelegentlich, doch wer die am 14. September angeordnete Auflösung der Séléka letztendlich durchsetzen soll, ist völlig unklar. Die Kriegsherren, die im ganzen Land bewaffnete Verstärkung rekrutieren,3 werden sich bestimmt nicht einer Zentralmacht beugen, die mehr ein Schatten ihrer selbst als real existierend ist.
Außerhalb der Hauptstadt hat der Staat de facto aufgehört zu existieren, und in den meisten Regionen nicht erst seit dem Sommer. In einem Großteil der Zentralafrikanischen Republik existiert mittlerweile keine Infrastruktur mehr. Abgesehen von den Bewohnern der Gegend um Bangui ist die Bevölkerung auf sich allein gestellt. Die Leute müssen sich selbst vor bewaffneten Banden schützen, etwa vor den als Zaraguinas bezeichneten Straßenräubern. Der Staat ist nur noch virtuell vorhanden. Es gibt nur wenige Schulen, kaum Straßen, eine rudimentäre Gesundheitsversorgung und keinen Strom. Und die weitgehend unbesoldeten Beamten halten sich mit korrupten Geschäften über Wasser.
Vollkommen isoliert leben etwa die Bewohner von Birao. Die Stadt liegt 1 500 Kilometer von Bangui entfernt, und es führt keine einzige Straße in die Hauptstadt. Die Region Vakaga an der Grenze zum Tschad und zum Sudan, in der Birao liegt, hat von jeher den verschiedenen Rebellenbewegungen als Rückzugsort gedient. Auch der Rest des Landes ist nicht viel besser angebunden, so dass die Séléka-Banden dort ein günstiges Umfeld für ihre Raubzüge vorfinden.
Die Vereinten Nationen schätzen die Zahl der Binnenflüchtlinge auf 230 000. In die Nachbarstaaten Demokratische Republik Kongo und Kamerun flohen etwa 62 000 Zentralafrikaner. 500 000 Menschen haben nicht mehr genug zu essen. Doch die Geberländer lassen sich Zeit: Der Finanzierungsbedarf, den der UN-Nothilfekoordinator Ocha in seinem Aufruf zur gemeinsamen Hilfe („Consolidated Appeal Process“) veranschlagt hat, wurde bislang erst zu 30 Prozent gedeckt.
Das Land scheint tragischerweise für niemanden von Interesse zu sein, nicht einmal für die Hilfsorganisationen. Nach offiziellen Kriterien handelt es sich bei der Auseinandersetzung in der Zentralafrikanischen Republik um einen sogenannten Konflikt niedriger Intensität: keine Massaker in großem Maßstab, kein Flächenbrand, keine allgemeine Hungersnot.
Dabei ist diese Gleichgültigkeit zumindest im Falle Frankreichs neu. Seit der Kolonialzeit hatte sich gerade die Unauffälligkeit des Landes als nützlich erwiesen, um die diplomatischen, strategischen und wirtschaftlichen Interessen der Grande Nation in der Region zu verschleiern. Nach der Ankündigung des französischen Atomkonzerns Areva im November 2011, den Uranabbau in der Mine von Bakouma für die Dauer von zwei Jahren einzufrieren,4 sieht sich Frankreich bis auf weiteres von allen Verpflichtungen gegenüber Bangui befreit.
Wer auch immer nach dem Ablauf des Moratoriums in der Zentralafrikanischen Republik an der Macht sein wird, wird sich erfahrungsgemäß mit den Förderabgaben für das Uran begnügen. Auch das Potenzial für die Rodung von Tropenholz ist bekannt, doch im Augenblick ist vor allem das Erdölvorkommen in Gordil an der Grenze zum Tschad von Interesse. Die Konzessionen zur Ausbeutung dieser Ressourcen hat sich 2012 allerdings schon die China National Petroleum Corporation (CNPC) gesichert.
Darüber hinaus unterhält die Zentralafrikanische Republik zumindest offiziell nur minimale wirtschaftliche Beziehungen zu Frankreich. Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Wirtschaftszweig ist nämlich der Schmuggel. Der anhaltende Verfall der Staatsmacht begünstigt den unkontrollierten Abbau von Edelsteinen und Mineralien sowie die Ausfuhr von Elfenbein. Dies gilt auch für den Handel mit Tropenholz und Naturkautschuk, für den Lizenzen an windige Geschäftsleute vergeben werden, die meistens aus Frankreich stammen. Schon die Regierungen von André Kolingba (1982 bis 1993) und Ange-Félix Patassé (1993 bis 2003) hatten den Ausverkauf der zentralafrikanischen Rohstoffe betrieben.
Hinzu kommt, dass Paris für die Neubestimmung seiner Politik in der Region als strategische Basis schon seit Längerem Gabun vorzieht. Die traditionellen Militärbasen im zentralafrikanischen Bouar und in Bangui, die als Stützpunkte für sämtliche Operationen im postkolonialen Äquatorialafrika (Ruanda, Demokratische Republik Kongo, Tschad und Republik Kongo) gedient hatten, wurden bereits 1998 aufgegeben.
Aus diplomatischer Perspektive ergibt sich ein ebenso düsteres Bild. Keiner von Bozizés vermeintlichen Freunden – weder Frankreich noch der Tschad, Südafrika oder Uganda – kam ihm in der Not zu Hilfe. Seit Januar 2013 konzentriert sich Frankreichs afrikanisches Engagement ohnehin auf Mali.5 Gleichwohl hat die französische Armee über lange Zeit das politische Leben der Zentralafrikanischen Republik geprägt, indem sie ihre Protegés in Amt und Würden brachte, bloß um sie bei Bedarf wieder abzusetzen.
Als Bozizé fallengelassen wurde, ging dies jedoch nicht mit einer Unterstützung seines Nachfolgers einher, ja nicht einmal mit einem Fünkchen Interesse für die Zukunft des Landes. In Mali hat sich die Pariser Regierung wenigstens darum bemüht, dem Übergang einen rechtmäßigen Anstrich zu geben. So bediente sie sich der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) als Vermittler, um Dioncounda Traoré als Übergangspräsidenten zu nominieren, bevor sie im Juli 2013 Neuwahlen ansetzte.
In der Zentralafrikanischen Republik hingegen ließ Paris, und zwar hinter dem Rücken der Afrikanischen Union (AU), der Zentralafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (CEEAC) un- ter der Führung von zwei Autokraten, die zu den traditionellen Alliierten Frankreichs zählen – Idriss Déby aus dem Tschad und Denis Sassou-Nguesso aus Kongo-Brazzaville –, freie Hand für die Verhandlungen.
Der Mittler aus dem Tschad
Zur Erinnerung: Idriss Déby war einer der Anstifter des Putsches, durch den François Bozizé 2003 an die Macht gekommen war, und in den folgenden zehn Jahren dessen wichtigster Unterstützer in der Region. Unter anderem stellte der Präsident des Tschad seine Soldaten für lokale Eingreiftruppen zur Verfügung, darunter auch die Multinationalen Streitkräfte Zentralafrikas Fomac. Obgleich Rebellen aus dem Tschad am Angriff auf Bangui beteiligt waren, erkennt Déby inzwischen sogar die Legitimität der Séléka an.
Durch die Teilnahme des Tschad an der französischen Intervention in Mali und Präsident Débys Mittlerrolle in dem Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik stieg der Exrebell und langjährige Präsident des Tschad zum wichtigsten politischen Führer in der Region auf. Auf diese Weise konnte er auch sein internationales Image aufpolieren, das durch die anhaltende Kritik von Menschenrechtsaktivisten reichlich ramponiert war.
Aus seinem Pariser Exil hat Bozizé verkündet, dass er „demokratisch“ gewählt worden sei und beabsichtige, an die Macht zurückzukehren. Doch dieser Zug scheint abgefahren. Denn bereits im Juni hat die CEEAC den Nationalen Übergangsrat anerkannt und anschließend einen Fahrplan für die Rückkehr zur Demokratie aufgestellt. Sie hat den Staatsstreich also de facto gebilligt.
Die Erklärungen des UN-Sonderbeauftragten für die Zentralafrikanische Republik Babacar Gaye und die Berichte, die Kristalina Georgiewa, EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe, und Valérie Amos, UN-Nothilfekoordinatorin, nach einer gemeinsamen Mission über die Zustände im Land vorlegten, haben die internationale Gemeinschaft endlich aufgeschreckt. In einer Pressemitteilung vom 11. Juli 2013 kündigte die Europäische Kommission an, ihre humanitäre Hilfe für die Zentralafrikanische Republik um 8 Millionen Euro zu erhöhen. Und Anfang August erklärte die Afrikanische Union, die Streitkräfte der Fomac bis Ende des Jahres durch die immerhin 3 600 Mann starke Internationale Mission zur Unterstützung Zentralafrikas (Misca) zu ersetzen.6
Die Chefanklägerin beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, Fatou Bensuada, brachte ebenfalls im August ihre „Besorgnis über die in der Zentralafrikanischen Republik begangenen Verbrechen“ zum Ausdruck. Und bei einem Treffen am 25. September am Rande der UN-Vollversammlung in New York, das von der Ocha, der Europäischen Union und Frankreich geleitet wurde, sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, die Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik stelle „eine Gefahr für die internationale Sicherheit und den Frieden dar und verdient die völlige und sofortige Priorisierung und Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft“.7
Die französische Regierung schien ihrerseits am 23. August aufzuwachen, als die internationale Anspannung wegen der angedrohten Militärintervention in Syrien ohnehin gerade einen Höhepunkt erreicht hatte. Nachdem der französische Präsident aus Bangui angereiste Vertreter mehrerer Nichtregierungsorganisationen empfangen hatte, erklärte François Hollande es für „unbedingt notwendig, die Sicherheit wiederherzustellen, damit die humanitäre Hilfe die Bevölkerung erreichen kann“. Am Rande der UN-Vollversammlung rief der französische Außenminister Laurent Fabius seinerseits Ende September den UN-Sicherheitsrat dazu auf, eine Resolution zur Situation in der Zentralafrikanischen Republik zu beschließen. Auch die Entsendung einer UN-Friedensmission schloss er nicht aus.
Erstmals bezog Frankreich damit klar Stellung angesichts der sich in der Zentralafrikanischen Republik abspielenden humanitären Katastrophe, die den Beginn einer „Somalisierung“ des Landes darstellen könnte. Schließlich droht nicht weniger als die Herausbildung eines weiteren Niemandslands mitten in Afrika, das zum Rückzugsraum für alle möglichen extremistischen Gruppierungen werden könnte, seien sie religiös motiviert oder die Schöpfung fremder Mächte. Von der Boko-Haram-Sekte in Nigeria über die Lord’s Resistance Army (LRA) aus Uganda8 bis hin zur al-Qaida im Islamischen Maghreb – an potenziellen Anwärtern herrscht jedenfalls kein Mangel.
Was wann geschah
1. Dezember 1958: Barthélemy Boganda, Präsident des Großen Rats von Französisch-Äquatorialafrika, schlägt die Gründung einer zentralafrikanischen Republik vor, bestehend aus den bisherigen Kolonien Ubangi-Schari, Tschad und Gabun.
29. März 1959: Boganda kommt bei einem Flugzeugabsturz, dessen Ursache nie aufgeklärt wurde, ums Leben.
13. August 1960: Ubangi-Schari erklärt seine Unabhängigkeit unter dem Namen Zentralafrikanische Republik. Präsident David Dacko bildet eine Einparteienregierung.
1. Januar 1966: Jean-Bédel Bokassa kommt durch einen Staatsstreich an die Macht.
4. Dezember 1977: Bokassa lässt sich zum Kaiser krönen. Als einziger Vertreter einer westlichen Regierung nimmt der französische Entwicklungsminister an der Zeremonie teil.
21. September 1979: Mithilfe der französischen Armee („Operation Barracuda“) wird Bokassa abgesetzt und Dacko erneut Präsident. Ein Mehrparteiensystem wird eingerichtet.
1. September 1981: General André Kolingba putscht und errichtet ein Militärregime.
19. September 1993: Ange-Félix Patassée wird zum Präsidenten gewählt. Seine Wiederwahl 1999 wird von Korruption, politischer Gewalt und Meutereien von Soldaten überschattet.
März 1998: Die Vereinten Nationen entsenden erstmals Schutztruppen in die Zentralafrikanische Republik.
16. März 2003: Staatsstreich durch General François Bozizé.
Frühjahr 2005: Bozizé und seine Parteigänger gewinnen die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen.
2006: Beginn des Aufstands im Norden des Landes.
24./25. März 2013: Die Rebellenallianz Séléka reißt die Macht an sich. Michel Djotodia wird Präsident des Nationalen Übergangsrats.
14. September 2013: Djotodia verfügt die Auflösung der Séléka.