14.02.1997

INVESTOREN TRÄUMEN BRITISCH

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INVESTOREN TRÄUMEN BRITISCH

■ Soziales Dumping in Großbritannien

IN Großbritannien ist der Lohnunterschied in schnellerem Tempo gewachsen als in den meisten Ländern der OECD, konstatierte kürzlich ein Wirtschaftsbericht der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Längst haben die Propagandisten des „freien Wettbewerbs“ die dortige Deregulierung der Arbeitsgesetze und des Mindesteinkommens zum europäischen Vorbild erhoben. Das soziale Wettabrüsten hat begonnen.

Von GUILLAUME ROBIN *

Umgerechnet 6 Milliarden Mark fließen demnächst nach Großbritannien zum Aufbau zweier Produktionsstätten – dies jedenfalls beschloß im Oktober 1996 die koreanische Firma Hyundai Electronics, die in Schottland einen Fabrikkomplex für Mikroprozessoren gründen will. Damit hat sie den bisherigen europäischen Rekord gebrochen, den der ebenfalls koreanische Mischkonzern LG Group seit drei Monaten hielt, nachdem er umgerechnet 4 Milliarden Mark in eine Fertigungsanlage für Fernsehgeräte und Mikrochips in Wales investiert hatte. Zuletzt, im August 1995, hatte sich auch Siemens mit einer Investitionssumme von 2,65 Milliarden Mark in der Nähe von Newcastle mit einer Halbleiterfabrik angesiedelt.1

Diese drei gigantischen Industrieprojekte, die insgesamt zehntausend neue Arbeitsplätze schaffen werden, sind keine Einzelfälle. Während in den vergangenen zwanzig Jahren in Großbritannien die Zahl der Beschäftigten in einheimischen Unternehmen um die Hälfte gesunken ist (auf 3,8 Millionen im Jahr 1995), stieg die Zahl der Arbeitsplätze in ausländischen Betrieben um 30 Prozent. Großbritannien rühmt sich, 40 Prozent der amerikanischen und japanischen Investitionen innerhalb der EU auf die Britischen Inseln gelockt zu haben sowie mehr als die Hälfte der koreanischen und taiwanischen Industrieprojekte.2 „Dank der ausländischen Investoren konnten 1995 achtzig- bis hunderttausend Arbeitsplätze in Großbritannien geschaffen beziehungsweise erhalten werden, also vier- bis fünfmal mehr als in Frankreich“, räumt sogar eine französische Stelle, die Délégation à l'aménagement du territoire (Datar) ein.

Woher rührt diese Begeisterung? Was hat es mit diesem Land auf sich, das laut Premierminister Major „das Zentrum der wirtschaftlichen Dynamik in Europa“ geworden ist? Am häufigsten werden die Subventionen als Grund angeführt. Es heißt, im Falle von Siemens und der LG Group habe die Institution, die ausländische Investoren ins Land locken soll – das Invest in Britain Bureau (IBB) und seine Partner in den Regionen3 –, mehr als 41000 Mark bzw. 73500 Mark pro neu zu schaffendem Arbeitsplatz ausgegeben. Doch diese Erklärung reicht nicht aus, denn auch das französische Pendant Datar und die anderen europäischen Konkurrenten des IBB versuchen mit Zuschüssen ausländische Unternehmer zu ködern.

Die zweiundzwanzigjährige Jane ist bereit, unter verändertem Namen über ihre Arbeit bei Aiwa, einem japanischen Elektronikhersteller in Wales, zu berichten. Eigentlich erinnert sie eher an eine Punkerin, aber dennoch geht sie Tag für Tag von 8 bis 17 Uhr in ihre „Schraubenzieher- Fabrik“, mit einem Gefühl der Aussichtslosigkeit und Resignation. Sie muß Arbeitskleidung tragen, weniger wegen der Sauberkeit als wegen der Disziplin. Jane sitzt am Fließband, vor ihren Augen ziehen integrierte Schaltkreise vorbei, die sie auf Akustikelemente für Videogeräte montieren muß – mindestens zehntausend Einzelteile pro Tag. „Mehr als 60 Prozent unserer 900 Beschäftigten sind Frauen. Die Männer haben für diese Art von Tätigkeit zu dicke Finger“, erklärt ein Vorarbeiter aus der Montageabteilung.

Die junge Waliserin macht alle drei Sekunden dieselbe Bewegung, den ganzen Tag hindurch, für umgerechnet 10 Mark die Stunde. „Ich kann nicht allzusehr klagen, anderswo ist es viel schlimmer“, sagt sie. Sie weiß sehr wohl, daß ihr Lohn nicht an den Mindestlohn heranreicht, der früher gesetzlich festgelegt war und in den meisten Industriezweigen auch gezahlt wurde. Doch sie weiß auch, was ungelernte Arbeitskräfte wie sie ein Tal weiter in einheimischen Firmen verdienen: ganze 4,40 Mark die Stunde.

Lohnstreifen? Längst abgeschafft!

JANE und ihre Arbeitskolleginnen, deren Durchschnittsalter bei fünfundzwanzig Jahren liegt, haben Anrecht auf drei Pausen pro Tag, zwei kleine von 10 bis 15 Minuten und eine „große“, 25minütige, die gerade ausreicht, um statt Mittagessen ein Sandwich herunterzuschlingen. „Die Arbeitseinstellung unserer Beschäftigten ist der in Japan sehr ähnlich“, sagt der Firmenchef, um zu erklären, weshalb Aiwa sich in Großbritannien niedergelassen hat. Ausgeschlossen, daß die Arbeitnehmer eine Verlängerung der Pausenzeiten oder eine Einkommenserhöhung fordern könnten: Aiwa hat einen Tarifvertrag mit einer Einheitsgewerkschaft abgeschlossen, die in den ganzen siebzehn Jahren, in denen der Betrieb existiert, keinen einzigen Streik ausgerufen hat.

Rund zwanzig Beschäftigte verlassen pro Monat die Firma, sei es weil sie Mütter werden oder weil ihre Zeitverträge auslaufen. Auf den Britischen Inseln gibt es nur sechs Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub, und die Firmen haben keinerlei Einschränkungen, was den Anteil von Zeitarbeitsverträgen anbetrifft. So kann Aiwa – dessen walisische Produktion nur zu 30 Prozent für den britischen Markt bestimmt ist – den gesamten europäischen Markt mit Elektronik beliefern, ohne den Regelungen und Einschränkungen zu unterliegen, die für die Konkurrenten in anderen Ländern Europas Geltung haben.

Weiter im Norden, im Herzen der englischen Industrieregion, ist die Textilindustrie angesiedelt. Akhbar (auch er hat es vorgezogen, unter geändertem Namen zu erscheinen) ist ein typischer Textilarbeiter, der in der Gegend von Birmingham in einem Konfektionsbetrieb Jacketts herstellt.4 Er ist dreißig Jahre alt, und sein Stundenlohn liegt bei umgerechnet 6 Mark. Seine Fünftagewoche beginnt morgens um 9 und endet abends um 18 Uhr. Zwei Drittel seines Einkommens gibt er für die Miete und die Stromrechnung aus. Doch auch er meint, daß seine Situation schlimmer sein könnte. Andere Kollegen, die nicht wie er auf siebzehn Jahre Betriebszugehörigkeit verweisen können, arbeiten montags bis freitags 12 Stunden täglich und samstags noch einmal 8. Ganz legal, versteht sich, denn bis zum 12. November 1996, als die maximale Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden begrenzt wurde, gab es in Großbritannien keine gesetzliche Regelung (siehe Kasten).

Einige Textilfirmen – und zwar keineswegs nur illegale Fabriken – händigen ihren Beschäftigten keine Lohnstreifen aus. Ebensowenig erhalten diese Arbeiter Überstundenzuschläge oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – dabei handelt es sich mitnichten um illegale Einwanderer, denen üblicherweise in anderen europäischen Ländern diese Art von Behandlung vorbehalten ist. Aber auf den Druck verschiedener karitativer Verbände hin wurde schließlich die Einhaltung gewisser sozialer Standards zugesichert: Der Einzelhandel nötigte die Zulieferer, korrekte Löhne zu zahlen und zumindest die grundlegenden Sicherheitsvorschriften einzuhalten, denn in einer Reihe von überbelegten Konfektionsbetrieben stellten die vom niederländischen Bekleidungskaufhaus C & A ausgesandten Arbeitsinspektoren akute Brandgefahr fest.

Auch in Dienstleistungsbetrieben oder in „politisierteren“ Gegenden (wie im Raum London) sieht es nicht rosiger aus. Sobald ein Rückgang der Aufträge die Aktionäre in Unruhe versetzt, hängen die abhängig Beschäftigten am seidenen Faden. Nach ihrer Entlassung litt Henrietta Rowsell mehrere Monate an Depressionen.5 Dreizehn Jahre war sie in einem Londoner Versandkaufhaus tätig gewesen, wo sie (mit einer halbstündigen Pause) von 6.45 bis 16 (manchmal auch bis 18) Uhr gearbeitet hatte. Aufgrund ihrer Erfahrung wurde sie zunehmend unabhängiger und gab sogar, wenn Entscheidungen anstanden, Empfehlungen, die allgemein geschätzt wurden. Doch eines Tages nutzten ihre Vorgesetzten einen Stellenabbau, um sich aller Arbeitskräfte zu entledigen, deren Tätigkeit sich nicht aufs Ausführen beschränkte.

„Ganz unvermittelt kündigte mir mein Chef an, daß ich gehen müsse“, erinnert sie sich. „Es war ein Schock für mich. Nicht einmal die Personalabteilung war informiert. Eine Gewerkschaft, die mir hätte helfen können, einen Kompromiß auszuhandeln, gab es nicht.“ Um sich irgendwie durchzubringen, erteilt sie inzwischen privat Klavierunterricht. „Man hat mir eine einigermaßen korrekte Abfindung gezahlt, in der Höhe von acht Monatsgehältern. Die schlimmste Zeit war, als ich auf den Scheck wartete. Er kam ohne irgendein begleitendes Wort, keine Ermutigung und keinerlei Dank für all die Jahre, in denen ich loyal gewesen war und gute Arbeit für sie geleistet hatte.“ Einem Unternehmenssprecher jenes Versandkaufhauses zufolge, in dem Henrietta Rowsell beschäftigt war, läßt sich über Entlassungen durchaus verhandeln: „Als wir uns vor fünf Jahren von einer Reihe von Angestellten trennten, haben die Gewerkschaften im übrigen durchaus nicht die Hände in den Schoß gelegt.“

Die britischen Sozialgesetze zwingen die Elektronikhersteller nicht mehr, ihren Arbeitnehmern einen Lohn zu zahlen, der über einem gesetzlich festgesetzten Minimum liegt. Ebensowenig zwingen sie die Textilfabrikanten, sich von der Arbeitsbehörde kontrollieren zu lassen; und die Dienstleistungsbetriebe können Stellenkürzungen vornehmen, ohne diese mit Gewerkschaftsvertretern auszuhandeln. Sogar das Wall Street Journal unterstreicht, daß das Verlockende an Großbritannien für die ausländischen Unternehmer dieser dürftige Sozialrahmen ist, den die seit achtzehn Jahren regierenden Konservativen zu verantworten haben. Hierher gehören auch die Gesetze, die die Aktivitäten der Gewerkschaften beschneiden, oder die bis 1996 unbegrenzte Wochenarbeitszeit (sogar für Jugendliche zwischen sechzehn und neunzehn Jahren). Hierher gehören schließlich die Verkürzung des Mutterschaftsurlaubs, die Einführung der Frauenarbeit in Bereichen, in denen sie früher verboten war, die Möglichkeit willkürlicher Entlassungen und der Ausbau der (Kurz-)Zeitverträge.6

In Großbritannien, sagt Hermann Scholl, Chef der Robert Bosch GmbH, einem der größten Hersteller der Autozulieferindustrie, finde seine Firma bessere Bedingungen vor als in Deutschland, um ihr Industriepotential auszuschöpfen.7 Der britische Markt war es nicht, der den deutschen Unternehmer interessierte, als er einen Teil seiner Fertigung nach Wales verlegte (80 Prozent der Produktion werden exportiert); es war auch nicht die Leistungskapazität der britischen Arbeiter, die ihn anzog, denn deren Produktivität – so eine McKinsey-Studie – liegt um 20 bis 30 Prozent niedriger als in Deutschland oder Frankreich, was unter anderem am miserablen Ausbildungsniveau liegt.8

Beschäftigte bei Hermann Scholl arbeiten nur 39 Stunden pro Woche, jedoch in Schichten, die, ob Tag oder Nacht, 12 Stunden dauern können. Und die Pausen werden nicht bezahlt, freut sich der Unternehmer aus Deutschland. Was ihn nicht minder zufriedenstellt, ist die Tatsache, daß nur eine einzige Gewerkschaft zugelassen ist, die der Elektriker. Sie hat sich verpflichtet, nicht zu streiken, denn – so Hermann Scholl – der Kampf für Erfolg und Qualität sei schließlich auch im Interesse der Arbeiter. Dennoch hat Scholl etwas an seinen englischen Lohnarbeitern auszusetzen: Jedes Jahr reichten 8 Prozent ihre Kündigung ein, da sie zu seinem Bedauern den höheren Lohnangeboten anderer Unternehmen nicht widerstehen könnten.

Was Großbritannien hier auf Kosten seiner EU-Partner auf dem vereinigten europäischen Markt praktiziert, ist schamloses Sozialdumping. Und zwar zur größten Freude jener, für die – wie für John Major – Europäische Sozialcharta und Arbeitslosigkeit Synonyme sind.9 Unterstützt von der Financial Times und dem Economist, zwei einflußreichen Blättern, in denen sich die Wirklichkeit der britischen Gesellschaft kaum spiegelt, vertreten die Verfechter des Ultraliberalismus die Auffassung, das Ziel rechtfertige die Mittel. Und nach ihrer Sichtweise läßt sich die Realität durchaus in makroökonomischen Zahlen fassen: Wenn in Frankreich die Arbeitslosenquote 12,7 Prozent beträgt, in Großbritannien aber nur 6,9 Prozent, so brauchten sich die Franzosen doch nur von den britischen Sozialgesetzen inspirieren lassen.

Wenn ein „Holocaust der Arbeitsplätze“ droht

ALS der Minister für Schottische Angelegenheiten, Michael Forsyth, die Rekordinvestition von Hyundai Electronics bekanntgab, ging er so weit zu behaupten, die Anwendung der Sozialcharta berge die Gefahr eines „Holocausts der Arbeitsplätze“ in sich. Bei seinen Werbekampagnen erklärt das Invest in Britain Bureau den ausländischen Investoren: „Was die Arbeitsbedingungen anbetrifft, so sind die Reglementierungen wesentlich weniger rigide als in den anderen europäischen Staaten (...). Überstunden, Schicht- und Sonntagsarbeit unterliegen keinerlei Begrenzungen.“ Aber auch das Invest in France Network in Frankreich, das von der Datar ins Leben gerufen wurde, hat sich von den britischen Methoden inspirieren lassen. In einer Broschüre für amerikanische Unternehmer heißt es: „Die (französischen) Sozialgesetze haben sich in den letzten Jahren weiterentwickelt, die Arbeitszeiten werden immer flexibler (...), die Unternehmen können mittlerweile ohne Schwierigkeit Teilzeitbeschäftigte einstellen.“ Das soziale Wettabrüsten hat begonnen.

Was den Sozialabbau anbetrifft, hat Großbritannien derzeit einen sicheren Vorsprung: 12 Prozent der arbeitenden Bevölkerung erhält keinen bezahlten Urlaub, und 22 Prozent derer, die einer Ganztagsbeschäftigung nachgehen, arbeiten mehr als 48 Stunden pro Woche (in Frankreich sind es nur 7%). Selbst die wenigen öffentlichen Einrichtungen, die es noch gibt, greifen auf Praktiken zurück, die Charles Dickens Stoff für seine Romane geboten hätten. Im November 1996 wurde Hellen Henderson, die fünfundzwanzig Jahre bei der Post gearbeitet hatte, an dem Tag entlassen, als sie von ihrer Hochzeitsreise zurückkam. Sie leidet an multipler Sklerose, und ihre Entlassung erfolgte, wenige Wochen bevor eine europäische Direktive gegen die Diskriminierung von behinderten Arbeitnehmern verabschiedet wurde. Und dies, obwohl Hellen Henderson sich einverstanden erklärt hatte, bei krankheitsbedingter Abwesenheit kein Gehalt zu beziehen.

Die Sozialabgaben, die ein britisches Unternehmen im Durchschnitt zusätzlich zu jedem Einkommen zu zahlen hat, belaufen sich auf 18 Prozent, in Frankreich dagegen auf 44 Prozent. Im letzten Sommer gab Olivier Cadic, ein Pariser Elektronikunternehmer, nachdem er die Sache durchgerechnet hatte, bekannt, er werde fünfzehn seiner fünfundzwanzig Arbeitsplätze nach Kent verlegen. In Großbritannien hätte er für 1995 nämlich umgerechnet nur 147000 Mark Sozialabgaben zahlen müssen, während er in Frankreich das Äquivalent von 530000 Mark an den Staat abführte. Der Staubsaugerhersteller Hoover, der 1993 vierhundert Arbeitsplätze aus der Bourgogne nach Schottland verlegte, hat bereits Farbe bekannt. Jedoch, „die britischen Arbeiter sind weniger produktiv und weniger kompetent als die französischen“, bemerkt ein Unternehmenschef, der in beiden Ländern ein Hüttenwerk besitzt. Damit bestätigt er, was sogar die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrer letzten Studie über Großbritannien einräumen mußte. Übrigens bemängelt derzeit auch der italienische Käufer der Hoover-Werke das mangelnde Know-how seiner neuen, schottischen Arbeitskräfte.

Kaum die Hälfte der achtzehnjährigen Briten befindet sich in einer Ausbildung, während es in Frankreich und Deutschland ungefähr 80 Prozent sind. Sofern noch etwas anderes als der kurzfristige Profit sie interessiert, sollten die Unternehmer, die erwägen, ihre Produktion nach Großbritannien zu verlagern, über den Zusammenhang zwischen geringen Sozialkosten und schlechtem Ausbildungsniveau der Beschäftigten nachdenken. „Großbritanniens Zukunft liegt nicht in einer Niedriglohn-Wirtschaft mit Ausbildungsprofilen und Technologien zweiter Klasse“, hat Tony Blair, Führer der Labour-Partei, einmal angemerkt. Vielleicht wird er bald Gelegenheit haben zu beweisen, daß sein Gesellschaftsentwurf tatsächlich ein anderer ist.

dt. Eveline Passet

* Journalist

Fußnoten: 1 Diese Projekte bedeuten Investitionen in Höhe von 2,4, 1,7 und 1,1 Milliarden Pfund Sterling. 2 Siehe: „Délocalisation Sud-Nord“, Le Monde diplomatique, Juli 1996. 3 Wie bei der französischen Datar und ihrem Ableger IFN (Invest in France Network) ist es Aufgabe des IBB, Großbritannien den ausländischen Investoren zu „verkaufen“. Die Einrichtung wurde 1977 ins Leben gerufen und untersteht dem britischen Handels- und Industrieministerium. Ihr sind ein rundes Dutzend regionaler Institutionen unterstellt. 4 Financial Times, London, 3. Oktober 1996. 5 Da sie Angst hat, ihre ehemaligen Kollegen könnten, wenn es zu Entlassungen kommt, abgestraft werden, möchte sie ihren Namen nur unter der Bedingung genannt wissen, daß der ihres früheren Arbeitgebers nicht erwähnt wird. 6 The Wall Street Journal, 11. Juli 1996. Siehe auch Seumas Milne, „Promesse tenue au Royaume- Uni“, Le Monde diplomatique, Januar 1994. 7 Ansprache des Bosch-Chefs auf einem Seminar über Großbritannien als zentralem Industriestandort in Europa (München, 16. November 1995). 8 Über diesen Zusammenhang von Niedriglöhnen, schnellem Personalwechsel und schlechtem Ausbildungsniveau siehe: Jonathan Michie, „Wenn niedrige Löhne der Wettbewerbsfähigkeit schaden“, Le Monde diplomatique, September 1995. 9 Die Europäische Sozialcharta der sozialen Grundrechte, kurz Sozialcharta, wurde im Dezember 1989 auf der Sitzung des Europäischen Rats in Straßburg von elf der damals zwölf EU-Mitgliedsstaaten verabschiedet. Großbritannien stellte sich gegen diese Charta, die insbesondere eine maximale Wochenarbeitszeit festschreibt und die Nachtarbeit für Jugendliche unter achtzehn Jahren verbietet. Die Sozialcharta, wiewohl sie keinen gesetzlich verpflichtenden Charakter hat, wurde in das Protokoll Nr. 14 über die Sozialpolitik aufgenommen, das dem Maastrichtvertrag als Anlage beigefügt ist und ebenfalls von den elf unterzeichnet wurde. Großbritannien ist also nicht verpflichtet, jene Maßnahmen zu ergreifen, die das Protokoll vorschreibt.

Le Monde diplomatique vom 14.02.1997, von GUILLAUME ROBIN