11.04.1997

Endlose Profite, endliche Welt

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Endlose Profite, endliche Welt

Nachdem 50000 Thyssen-Stahlarbeiter in Frankfurt auf die Straße gegangen waren, verzichtete Krupp auf die öffentlich angekündigte feindliche Übernahme des Konkurrenten Thyssen. Im Gegenzug verkündeteten die beiden Konzerne die Gründung einer gemeinsamen Stahlgesellschaft, was den Abbau Tausender Arbeitsplätze nach sich ziehen wird. Auch die beabsichtigte Schließung des Renault-Werks in Vilvoorde (Belgien) hat die Geringschätzung gegenüber den Lohnabhängigen demonstriert. Beide Beispiele erhellen nict nure enorme wirtschaftliche Dominanz der transnationalen Konzerne, sondern auch die Alleinherrschaft der jeweiligen Konzerninteressen, so daß jegliches Allgemeininteresse zunehmend bedeutungslos wird. Die Expansion der „Zweihundert Größten“ (transnationalen Konzerne) seit Beginn der achtziger Jahre mittels Fusionen und Übernahmen hat dazu geführt, daß sie heute eine quasi umfassende Herrschaft nicht allein über die Wirtschaft, sondern auch über die Medien und das Geistesleben ausüben.

 ■ Von FRÉDÉRIC F. CLAROT *

WEDER in den Wahlreden noch in den Lobliedern, die derzeit auf die neoklassische Theorie gesungen werden, findet man auch nur den geringsten Hinweis darauf, daß die Unternehmenskonzentration längst zum Hauptmotor der Kapitalakkumulation geworden ist. Gewiß war die Konzentration schon immer ein bedeutender Faktor in der Geschichte des Kapitalismus und sogar eine Voraussetzung für dessen Fortbestand als eine Form der Klassenherrschaft; doch noch nie in der Geschichte hat die Konzentration in solch rasantem Tempo zugenommen.

Seit Mitte der siebziger Jahre vollzieht sich die Kapitalakkumulation im wesentlichen über den Zusammenschluß von Unternehmen – durch Übernahmen und Fusionen. Angesichts der kolossal expandierenden Geldströme – spekulativer und nichtspekulativer Natur – gewinnt diese Akkumulation bei Investitionsentscheidungen eine enorme Bedeutung: Die Arbeiter allerdings, um deren Schicksal es dabei letzten Endes geht, werden völlig im unklaren gelassen. Statt dessen wird behauptet, die großen Gesellschaften ließen sich bei ihren Entscheidungen in erster Linie von der „dynamischen Rolle des Marktes“ leiten. Doch wo sind die vielgerühmten Verheißungen des „freien Marktes“ geblieben? Sieben Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion ist Osteuropa durch den Westen massiv kolonisiert, das Wirtschaftswachstum hat sich abgeschwächt, die Gegensätze innerhalb der einzelnen Staaten und der imperialistischen Welt haben sich verschärft.

Der vielgepriesene wirtschaftliche „Aufschwung“, der Ende der achtziger Jahre vorausgesagt wurde, hat nicht die erhofften Ergebnisse gebracht. Die industriellen Produktionskapazitäten sind weltweit (mit Ausnahme Chinas) nur zwischen 70 und 75 Prozent ausgelastet. Die Gesamtverschuldung aller Staaten (Unternehmen, Regierungen und Haushalte zusammengenommen) beläuft sich auf mehr als 33100 Milliarden Dollar, das sind 130 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts (BIP) aller Länder der Erde; und sie wächst jährlich um 6 bis 8 Prozent, also viermal so stark wie das weltweite BIP. Die Diskrepanz zwischen diesen Zahlen und den Bilanzen der Großunternehmen ist erschreckend, und ihre Folgen sind verheerend.1 Überall und in allen Wirtschaftsbereichen sinken die Reallöhne, zugleich aber werden Arbeitsplätze abgebaut, Betriebe geschlossen und ganze Branchen verlagert. Allein in den „hochentwickelten“ kapitalistischen Volkswirtschaften gibt es über 41 Millionen Arbeitslose, und es werden ständig mehr.

Von dieser Krise, die Hunderte Millionen Opfer fordert, bleiben die transnationalen Unternehmen verschont. Die Zeitschrift Fortune, die regelmäßig eine Liste der 500 größten Unternehmen veröffentlicht, verkündet jubelnd, diese hätten „die Grenzen überwunden, um neue Märkte zu erobern und die lokale Konkurrenz zu schlucken. Je mehr Länder, desto größer der Gewinn. Die Gewinne der 500 größten Unternehmen sind um 15 Prozent gestiegen, ihre Umsätze nur um 11 Prozent.“2

DIE MACHT DER ZWEIHUNDERT GRÖSSTEN TRANSNATIONALEN KONZERNE Endlose Profite in einer endlichen Welt

Zu Beginn der neunziger Jahre hatten etwa 37000 transnationale Unternehmen mit ihren 170000 Niederlassungen die internationale Wirtschaft fest im Griff. Die eigentliche Macht ist allerdings bei den „Zweihundert Größten“ konzentriert: Sie konnten seit den achtziger Jahren durch Fusionen und Übernahmen eine kontinuierliche Expansion verzeichnen.3

Der Anteil des transnationalen Kapitals am Welt-BIP ist daher von 17 Prozent Mitte der sechziger Jahre auf 24 Prozent im Jahre 1982 und auf über 32 Prozent im Jahr 1995 gestiegen. Die „Zweihundert Größten“4 sind Firmengruppen, die gleichermaßen auf dem primären, dem sekundären und dem tertiären Sektor operieren: in landwirtschaftlichen Plantagen, in der industriellen Produktion, in Finanzwesen und Handel etc. Geographisch gesehen konzentrieren sie sich auf neun Länder: Japan (62), USA (53), Deutschland (23), Frankreich (19), Großbritannien (11), Schweiz (8), Süd-Korea (6), Italien (5) und Niederlande (4). Wenn man die britisch-niederländischen Konzerne mit gemischtem Kapital (Shell und Unilever) ausklammert, bleiben nur acht Länder übrig, die 96,5 Prozent der „Zweihundert Größten“ und 96 Prozent ihres Umsatzes repräsentieren.

Die Konzentration ist in Wahrheit noch viel extremer, als solche Statistiken ahnen lassen. Denn nicht alle der „Zweihundert Größten“ sind autonome Unternehmen, wie die Beispiele Mitsubishi, Sumitomo oder Mitsui zeigen, um nur die bekanntesten zu nennen. Unter den „Zweihundert Größten“ befinden sich fünf Mitsubishi- Unternehmen, deren Gesamtumsatz 320 Milliarden Dollar übersteigt. Diese fünf Firmen besitzen zwar ein hohes Maß an Autonomie, sind aber hinsichtlich der Verwaltungs-, Preis-, Marketing- und Produktionsstrategien eng verzahnt. Das gleiche gilt für ihre Vernetzung in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Industriespionage. Ihr politischer Arm ist die Liberaldemokratische Partei, deren Organisationskosten zu 37 Prozent vom Mitsubishi-Imperium finanziert werden.

Innerhalb der „Zweihundert Größten“ haben sich die Machtkämpfe im Zuge der Expansion der vergangenen zwanzig Jahre zugespitzt. Sie liefern sich regelrechte Kriege um die Eroberung immer größerer Weltmarktanteile.

Tatsächlich hat sich die Zahl der amerikanischen Multis zwischen 1982 und 1995 von 80 auf 53 verringert, während die japanischen Multis von 35 auf 62 angewachsen sind. In Großbritannien, der einst führenden Kolonialmacht, ist die Zahl der Großkonzerne von 18 auf 11 zurückgegangen; dafür ist mit der Schweiz ein neuer Konkurrent aufgetaucht, der geographisch und demographisch eher zu den Zwergen zählt. Doch den atemberaubendsten Aufschwung verzeichnet Süd- Korea, wo innerhalb kürzester Zeit zum ersten transnationalen Unternehmen fünf weitere hinzugekommen sind. An der Spitze steht Daewoo, eine der aggressivsten transnationalen Unternehmensgruppen des koreanischen Imperialismus. Mit einem Umsatz von über 52 Milliarden Dollar hat Daewoo Multis wie Nichimen, Kanematsu, Unilever oder Nestlé hinter sich gelassen.

Die weltweite Expansion von Daewoo ist symptomatisch für das Wachstum der koreanischen Firmengruppen, der sogenannten chaebol. Die Umsätze der dreißig führenden chaebol sind zwischen 1992 und 1996 von 223 Milliarden auf 367 Milliarden Dollar gestiegen und machen mehr als vier Fünftel des südkoreanischen BIP aus5 , wobei die Hälfte dieser Summe (184 Milliarden Dollar) auf die vier größten – Daewoo, Sangyong, Samsung und Hyundai – entfällt. Die Arbeiteraufstände im Januar dieses Jahres haben zwar den Mythos vom koreanischen „Wunder“ erschüttert, doch sie werden die weitere Expansion dieser Giganten im In- und Ausland wohl nicht bremsen können.

Freilich wäre diese Entwicklung nicht möglich gewesen ohne die Dollarmilliarden, mit denen die USA Süd-Korea in seiner Wachstumsphase zwischen 1947 und 1955 unterstützten. Danach bezog die Wirtschaft öffentliche Subventionen in Milliardenhöhe. Die Trennlinie zwischen den chaebol und dem Staat ist in Süd-Korea, ähnlich wie in Japan, eher unscharf.6 Die staatlichen Subventionen gehen einher mit der gnadenlosen Unterdrückung der Arbeiterklasse und dem Abbau der Menschenrechte. Alle Politiker sowie die militärische Führung halten bedeutende Aktienanteile und sitzen in den Aufsichtsräten der großen Firmen. Im Milieu der chaebol verkehrt – und heiratet – man nur in den eigenen Kreisen. Wer würde sich da nicht an den Satz des großen deutschen Industriellen Walter Rathenau aus dem Jahr 1909 erinnern: „Dreihundert Männer, von denen jeder jeden kennt, leiten die wirtschaftlichen Geschicke des Kontinents. Es handelt sich .... um die zweite Generation der Erwerbenden und Leitenden.“7

Helmut Maucher, Generaldirektor von Nestlé, aber auch „Impresario“ des Davoser Forums, hält den Vorsitz der Gesellschaft der europäischen Industriellen, eines Elite-Clubs von 47 Firmen unter den „Zweihundert Größten“. Als unerbittlicher Gegner der europäischen Sozialcharta tritt er wie alle Mitglieder seiner Kaste vehement für die Flexibilisierung der Arbeitszeit ein.

Zwischen 1986 und 1996 ist die Zahl der Firmenzusammenschlüsse jährlich um 15 Prozent gestiegen, und nichts weist auf eine Trendwende hin. Wenn dieser Prozeß sich bis zum Jahr 2000 fortsetzt, werden die kumulativen Kosten dieser Transaktionen auf rund 10000 Milliarden Dollar angewachsen sein (im Vergleich dazu belief sich das BIP der Vereinigten Staaten 1996 auf 7600 Milliarden Dollar). Offensichtlich können die transnationalen Unternehmen in einer Periode, die sich durch Deflation, verlangsamtes Wirtschaftswachstum, Unterbeschäftigung und Verschuldung auszeichnet, ihre Expansion nur dadurch vorantreiben, daß sie ihre Konkurrenten schlucken, um neue Märkte zu erschließen.

Die Unternehmenszusammenschlüsse erlauben es auch, auf dem Weltmarkt Skalenerträge zu realisieren. So verfahren zahlreiche transnationale Unternehmen, wie etwa Boeing und die drei größten amerikanischen Automobilkonzerne oder in Japan und Süd-Korea die Konzerne der Automobil-, der Elektronik- und der Schiffsbauindustrie. Fünf der größten transnationalen Unternehmen haben mehr als die Hälfte des Weltmarktes in den Schlüsselsektoren Luftfahrt- und Weltraumtechnik, Elektroindustrie, Elektronik- und Softwareindustrie erobert; zwei weitere teilen sich den Fast-food-Sektor, fünf den Markt für Getränke und Tabak.

Die Transnationalen verdanken ihren Erfolg nicht nur den eigenen Regierungen, sondern auch den enormen Subventionen und Steuervergünstigungen ihrer Gastländer, wie etwa Großbritannien und Irland. Und auch die osteuropäischen Regierungen sind neuerdings bemüht, mittels Privatisierungen und aller erdenklichen Steuervorteile den Staatsbesitz zu zerschlagen und restlos zu verkaufen.

Mit Schlagwörtern wie „Liberalisierung“, „Privatisierung“, „Deregulierung“, „internationaler Freihandel“ soll eine zunehmende Konzentration gerechtfertigt werden, die auch vor Fusionen und Allianzen der großen Unternehmensgruppen (etwa zwischen Shell und BP) nicht haltmacht. In diesem Klima der Marktkonzentration kommt den großen Investmentbanken, Versicherungsgesellschaften und Pensionsversicherungen eine bedeutende Rolle zu. Und Wall Street ist eifrig bemüht, die Portefeuille-Gewinne aufzupumpen, womit auch die Investmentbanken auf ihre Kosten kommen.

Goldman Sachs – eine der größten Investmentbanken und erste Adresse für die Konsolidierung transnationaler Gesellschaften – ist ein typisches Beispiel. Nachdem das Unternehmen in den letzten Jahren getreu seiner allenthalben propagierten Rezeptur auch bei sich selbst die Last der „überhöhten Lohnkosten“ reduziert und 20 Prozent der Belegschaft entlassen hatte, konnte Goldman Sachs 1995 seine Gewinne innerhalb eines Jahres von 931 Millionen Dollar auf 1,9 Milliarden Dollar verdoppeln. Die Sparmaxime galt jedoch nicht für alle. So schüttete die Firma an jeden ihrer 175 Gesellschafter zusätzlich zu den Kapitalerträgen einen Jahresbonus von über 200000 Dollar aus.

Bei Morgan Stanley8 hat allein der Präsident 1996 über 14 Millionen Dollar an Bonusgeldern eingestrichen – das sind 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Doch beschränken sich diese Banken keineswegs mehr darauf, die Fusionierung von Unternehmen zu arrangieren und zu fördern: Sie orientieren sich auch selbst an dieser Tendenz. So entstand durch die Fusion von Morgan Stanley mit Dean Witter eine der größten Investmentfirmen der Welt mit einem Marktwert von über 24 Milliarden Dollar.9 Dies hat bei den übrigen Investmentbanken und Börsenmaklerfirmen bereits zu einer Kettenreaktion geführt.

Wie lange wird dieses Spiel noch dauern? „Offen gesagt weiß das niemand“, erklärt ein New Yorker Banker. „Die Banken setzen sehr große Summen ein. Wir versuchen wie wild, die Fusionierungen voranzutreiben, und wir leben davon.“ Dieser Experte weiß, wovon er redet, und erläutert ohne Umschweife, daß die Flut der Unternehmenszusammenschlüsse über Verschuldung finanziert wird. So wie die gesamte Weltwirtschaft.

Die 1996 gegründete Novartis ist der zweitgrößte Pharmagigant. Die Firma entstand durch die Fusion von Sandoz und Ciba-Geigy, dem größten Zusammenschluß in der Geschichte der Multis. Allein an Vermittlungsgebühren und Anwaltshonoraren hat diese Operation rund 95 Millionen Dollar gekostet, die sich J. P. Morgan Stanley und die Schweizer Bankgesellschaft (SBG) untereinander teilten. Von einem Tag auf den anderen stieg die Kapitalisierung von Novartis von 63 auf 82 Milliarden Dollar.

Wer könnte da noch, wenn einer Handvoll Bankiers ein solcher Geldregen zuteil wird, von einer Krise des Kapitalismus reden? Die Kehrseite der Medaille ist für die anderen gedacht: Gleich nach Gründung von Novartis kam es im Namen von „Kostenökonomie“ und „Umstrukturierungen“ zu den üblichen Massenentlassungen. 10 Prozent der Arbeitsplätze wurden in einem ersten Schub abgebaut, und dabei wird es nicht bleiben. Dafür ging der Börsenwert der beiden Unternehmen sprunghaft in die Höhe. Und die einschlägigen Finanzkreise feierten die Operation als einen Sieg der Rationalität des Marktes.

Die gleiche Euphorie herrschte an der Wall Street und auf den anderen Finanzmärkten, als Boeing die Firma McDonnell Douglas schluckte (14 Milliarden Dollar). Hier lief die Strategie allerdings anders, denn die Übernahmeentscheidung wurde nicht allein vom Boeing-Aufsichtsrat gefällt; auch das Pentagon und das US-Handelsministerium waren daran interessiert, daß der amerikanischen Luft- und Raumfahrtindustrie der Zugang zu den internationalen Märkten eröffnet wird. Auch diese Übernahme führte zu Massenentlassungen. Im übrigen ist die Zahl der US- amerikanischen Rüstungsbetriebe seit 1992 von 32 auf 9 zurückgegangen, wobei mehr als eine Million Arbeitsplätze abgebaut wurden.10

Bei diesem letzten Beispiel gingen strategische Überlegungen und Gewinnstreben Hand in Hand. Denn den Führungsspitzen von Boeing, Verteidigungs- und Handelsministerium ging es nicht bloß um die Ausweitung der amerikanischen Exportmärkte. Sie sahen die Stunde gekommen, um den europäischen Airbus zu verdrängen, sprich zu liquidieren.

Aufgrund der Übernahme von McDonnell Douglas beherrscht Boeing jetzt 64 Prozent des Marktes. Der Konzern erhält nun auch jene Aufträge vom Verteidigungsministerium, die bisher McDonnell Douglas vorbehalten waren; zudem wird Boeing höhere staatliche Subventionen kassieren. Für 1997 erwartet Boeing einen Umsatz von 51 Milliarden Dollar, davon 40 Prozent aus Rüstungsaufträgen.

Wo sind hier die Kriterien des freien Marktes geblieben? Als Boeing McDonnell kaufte (und es sind noch weitere Übernahmen zu erwarten), hat es sich damit zugleich riesige Subventionssummen gesichert. Der Konzern verkauft seine Produkte und Dienstleistungen weit unter dem Marktwert. Das Pentagon finanziert seit Ende des Zweiten Weltkriegs die Forschung und Entwicklung des Konzerns mit Milliarden-Subventionen und dem Kauf von Flugzeugen.

Bislang gibt es noch keine politische Macht, die dem erdrückenden Übergewicht der transnationalen Unternehmen in der Weltwirtschaft Paroli bieten könnte. Wird das im nächsten Jahrhundert anders aussehen? Werden die Multis ihre totalitären Strukturen der Beherrschung und Ausbeutung aufrechterhalten können? In einer endlichen Welt kann es kein unbeschränktes Wirtschaftswachstum geben: Zumindest dieses Gesetz gilt für alle, auch für die Megakonzerne. Niemand kann voraussagen, wo und wann die Konzentration des Kapitals an ihre Grenzen stößt. Doch die sozialen und politischen Verwüstungen haben schon jetzt zu deutlichen Rissen im gesamten System geführt.

dt. Andrea Marenzeller

* Wirtschaftswissenschaftler. Autor u. a. von “The World in their Web: The Dynamics of Textile Multinationals“ (gemeinsam mit John H. Cavanagh), London (Zed) 1981.

Fußnoten: 1 So ist zum Beispiel die Verschuldung der amerikanischen Bundesregierung (die Summe, die die Regierung zur Finanzierung ihrer Ausgaben aufgenommen hat) von 910 Milliarden Dollar im Jahr 1980 auf 3210 Milliarden im Jahr 1990 und 4970 Milliarden Dollar im Jahr 1995 angestiegen. Ende 1997 wird sie voraussichtlich 6200 Milliarden betragen. 2 Fortune, New York, 5. August 1996. 3 Zu den „Zweihundert Größten“ zählen nicht die privaten Giganten (die nicht an der Börse notiert sind) wie Cargill, Koch, Mars, Goldman Sachs, Marc Rich etc. 4 Vgl. Frédéric F. Clairmont, „Sous les ailes du capitalisme planétaire“, Le Monde diplomatique, März 1994. 5 Vgl. The International Herald Tribune, 18./19. Januar 1996. Vgl. auch Laurent Carroué, „Arbeiter und Studenten bändigen den Tiger“, Le Monde diplomatique, Februar 1997. 6 Die Verfilzung von Staat und Finanzoligarchie wurde wieder einmal deutlich, als der Finanzminister eine Geldspritze von 7,2 Milliarden Dollar aus Steuergeldern gewährte, um die durch den Zusammenbruch der Hanbo-Gruppe (Stahl und Bauwesen) ausgelösten Konkurse aufzufangen. 7 Neue Freie Presse, Dezember 1909, siehe auch Tilmann Buddensieg, „Ein Mann vieler Eigenschaften“, Berlin (Klaus Wagenbach) 1990. Ferner „The German Great Banks and their Concentration“, Dokumente des amerikanischen Senats, Vol. XIV, nr. 503, Washington D. C., 1911. 8 Vgl. Financial Times, London, 6. Februar 1996. 9 Ebenda. 10 Vgl. The Economist, London, 21. Dezember 1996.

Le Monde diplomatique vom 11.04.1997, von FRÉDÉRIC F. CLAROT