12.09.1997

Bürgerkrieg als Dauerzustand

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Bürgerkrieg als Dauerzustand

NACH Zaire könnte der afrikanische Kontinent in diesem Jahr noch den Umsturz in einem anderen „Riesen“ erleben, dem Sudan. Das Schicksal des islamisch-fundamentalistischen Regimes in Khartum scheint von der Haltung abzuhängen, die der neue geopolitische Block ihm gegenüber einnimmt, der sich in Ostafrika mit Äthiopien, Eritrea und Uganda (und dessen Verbündetem, der Demokratischen Republik Kongo) herausgebildet hat. Dies alles beobachtet Südafrika mit wachsamem Blick, bereit, sich einzumischen und eine Vermittlerrolle einzunehmen.

Von unserem Korrespondenten JEAN-LOUIS PENINOU *

Ein scharfer Ostwind fegt weiterhin durch Afrika. So hat im Verlauf von sechs Monaten die Nationale Demokratische Allianz (NDA) durch drei Großoffensiven die militärische Situation im Sudan grundlegend verändert: in der Provinz Blue Nile, der sie sich von der äthiopischen Grenze her näherte, in Kassala, wo die eritreische, und im Süden, wo die ugandische Grenze ihr Ausgangspunkt war.1

Im Frühjahr 1997 verlor das Regime von Khartum die Kontrolle über den Großteil seiner östlichen Grenze, einer Trennungslinie von mehr als 2000 Kilometer Länge zu den vier Ländern, die das „neue Afrika“ verkörpern: das Eritrea des Isayas Afewerki, das Äthiopien des Meles Zenawi, das Uganda von Yoweri Museweni und die Demokratische Republik Kongo (das frühere Zaire) von Laurent- Désiré Kabila.

Die schwersten Niederlagen erlitt die sudanesische Armee im Süden des Landes. Doch zum ersten Mal konnte die Opposition Stützpunkte auch im Osten des Landes errichten, mitten in einem traditionell arabisch-islamischen Gebiet. Im Norden von Eritrea entstand eine Enklave, die sich auf mehr als 500 Quadratkilometern am Roten Meer entlangzieht; hier hat der Beja-Kongreß im Namen der NDA die Anfänge einer zivilen Verwaltung aufgebaut. (Der Beja-Kongreß ist eine Organisation, die bei den Beja-Stämmen, die als Nomaden zwischen dem Roten Meer und dem Nil wandern, großes Prestige genießt). Mit Agig, einem kleinen Seehafen, verfügen die Rebellen sogar über einen Zugang zum Roten Meer.

Bei der Einnahme von Kurmuk (Blue Nile) wurden die Rebellen von äthiopischem Militär unterstützt. Addis Abeba verfolgte dabei eigene Interessen: die Vernichtung der Stützpunkte zweier Widerstandsbewegungen gegen das Zenawi-Regime – der Oromo-Befreiungsfront und der Front der Beni Shangul. Und das führten die äthiopischen Truppen durch, bevor sie abzogen. Auch gibt es gute Gründe für die Vermutung, daß eritreische Truppen bei der Operation gegen die Stadt Agig beteiligt waren.2

Die NDA ist eine Koalition von neun antiislamistischen Organisationen; dazu gehören vor allem die Sudanesische Volksbefreiungsarmee (SPLA) von John Garang, die im Norden durch die New Sudan Brigade repräsentiert wird, aber auch die beiden großen, traditionell rivalisierenden gemäßigt islamischen Parteien, die Umma von Sadik al-Mahdi und die Demokratische Unionspartei (DUP) von Osman al-Mirghani.3

Die im Süden operierende SPLA und die alteingesessenen politischen Kräfte des Nordens einigten sich bereits im Juni 1995 auf eine gemeinsame politische Plattform, doch dauerte es Monate, bis sie sich auch auf das Prinzip einer einheitlichen militärischen Organisation verständigten. Und auch wenn das Ziel „eine Armee, mehrere Parteien“ seit der letzten Konferenz der Opposition im Juni 1997 nun als offizielle NDA-Linie verkündet wird, ist noch nichts wirklich entschieden.

Es wurde ein gemeinsames militärisches Oberkommando gebildet, bestehend aus sieben Vertretern der unterschiedlichen Parteien. Sein Chef ist John Garang, als dessen Stellvertreter fungiert General Abderahman Said, ein ehemaliger hoher Offizier der Armee. Daß die traditionellen Parteien des mehrheitlich arabisch-muslimischen Nordens als einzigen Militärchef John Garang akzeptiert haben, der im übrigen der einzige Anführer der SPLA- Kräfte im Süden ist (wo die Bevölkerung christlichen beziehungsweise animistischen Glaubens ist), gibt Aufschluß über die veränderte Stimmung im Lande. Dennoch bleiben die Ost- und die Südfront getrennt.

Die schwierige Aufgabe, diese Front zu organisieren, wurde General Abderahman Said, einem ehemaligen stellvertretenden Generalstabschef der regulären sudanesischen Armee, übertragen. Es war nicht einfach, die Beja-Nomaden, die sich auf ihnen vertrautem Boden bewegen, die Kämpfer aus den Reihen der traditionellen Parteien, die aus Khartum stammen, und die Deserteure zusammenzubringen. Jede Organisation hat ihren eigenen bewaffneten Arm, der Aufbau einer einheitlichen Kommandostruktur erfordert Zeit, und der eine oder andere in der Opposition würde es vorziehen, wenn das Regime der Nationalen Islamischen Front (NIF) „auf sudanesische Weise“ zusammenbräche, also wie im Oktober 1964 und im März/April 1985 durch Volksaufstände in der Hauptstadt – und nicht durch einen bewaffneten Kampf mit ungewissem Ausgang.

Das Regime ist offensichtlich fest entschlossen, nicht aufzugeben, und stellt trotz der katastrophalen Wirtschaftslage ständig neue Truppen auf. Die NIF, aus städtischen intellektuellen Kreisen hervorgegangen, hatte in den ländlichen Massen wenig Rückhalt und war deshalb bei der Machtergreifung am 30. Juni 1989 auf die Armee angewiesen. Jedoch mißtraut sie den Streitkräften und setzt statt dessen auf Stammesmilizen und Volksverteidigungsgruppen – eine gefährliche Orientierung, die den gesamten Zentralsudan um ein halbes Jahrhundert zurückgeworfen hat. Auf den fruchtbaren Landstrichen der Provinzen Darfur und Kordofan haben Stammeskonflikte und Plünderungen zugenommen, und unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die Rebellen sind mehrere Stämme, insbesondere in Kordofan, in großem Umfang wieder zur alten Praktik der Sklaverei zurückgekehrt.4

Im Süden des Landes verstand es der Fundamentalisten-Führer Hassan at-Turabi, Stammeskonflikte und persönliche Rivalitäten zwischen verschiedenen Rebellenführern zu nutzen und zu verstärken, bis schließlich im Frühjahr dieses Jahres eine neue Miliz gebildet wurde. Dafür geizte er nicht mit politischen Konzessionen. So wurde in Khartum am 21. April dieses Jahres in einem feierlichen Akt, bei dem die Chefs mehrerer Nachbarstaaten zugegen waren, ein erstaunlicher „Friedensvertrag“ mit fünf Oppositionsgruppen aus dem Süden unterzeichnet, die sich von der SPLA abgespalten hatten. Dieses Dokument erfüllt auf dem Papier praktisch alle Forderungen, die die südsudanesischen Rebellen seit 1983 erhoben haben. Es sieht sogar die Abhaltung eines Referendums über die Selbstbestimmung in vier Jahren vor; bis dahin sei ein Koordinationsrat einzurichten, der den Süden verwaltet; überdies wird den südlichen Provinzen das Recht eingeräumt, die Scharia, das islamische Recht, nicht anzuwenden. Am 7. August wurde John Garangs früherer Mitstreiter Riek Machar offiziell als Präsident des Koordinationsrates für den Süden eingesetzt. Als Gegenleistung formierten sich die neuen südsudanesischen Verbündeten des Regimes in einer einzigen Bewegung, der Südsudanesischen Verteidigungsarmee, die den Krieg gegen die SPLA führen soll.

Unentschlossene Feinde

MIT diesem „Friedensabkommen“ im Rücken hat der sudanesische Präsident Omar al-Baschir diverse diplomatische Vorstöße unternommen, um seine zahlreichen Feinde zu spalten. Zunächst versuchte er es in Äthiopien. Im April dieses Jahres besuchte der sudanesische UN- Abgeordnete al-Fatih Urwah Addis Abeba, um Ministerpräsident Meles Zenawi den üblichen Handel vorzuschlagen: gegenseitiger Verzicht darauf, die Opposition des anderen zu unterstützen. Äthiopien ist von den drei Staaten der Anti-Turabi-Koalition der einzige, der die diplomatischen Beziehungen mit Khartum nicht abgebrochen hat, und der Botschafter des Sudan in Addis Abeba, Osman al- Sajed Fadal al-Said, ein früherer sudanesischer Geheimdienstchef, weiß schon lange, wie man mit der Führung Äthiopiens reden muß, deren innenpolitische Lage prekär ist. Al-Fatih Urwah kam strahlend aus Addis Abeba zurück und versicherte, nichts trübe mehr das Verhältnis der beiden Nachbarstaaten. Prompt gab Khartum am 15. Mai bekannt, daß die Büros zweier äthiopischer Oppositionsgruppen, der Oromo-Befreiungsfront und der Befreiungsbewegung Äthiopiens (EDLM), in der sudanesischen Hauptstadt geschlossen worden seien. Im Laufe der Wochen verschwanden feindliche Töne zwischen den beiden Ländern aus den Medien, und Khartum bestätigte, daß sich keine äthiopischen Truppen mehr auf sudanesischem Gebiet befänden.

Der Gipfel der Intergovernmental Authority of Dryness and Development (IGADD), der Anfang Juli in Nairobi stattfand, bedeutete für Sudans Präsident al-Baschir hingegen eine verpaßte Gelegenheit. Die IGADD unter dem Vorsitz des kenianischen Staatschefs Daniel arap Moi bildet seit mehreren Jahren einen international anerkannten regionalen Rahmen zur Lösung des Südsudan-Problems. Sie handelt auf der Grundlage einer „Prinzipienerklärung“, in der der Sudan als eine multiethnische, multikulturelle und multireligiöse Gesellschaft anerkannt wird, und bemüht sich, unter Führung der regionalen Staatschefs (von Sudan, Uganda, Äthiopien, Eritrea, Dschibuti, Somalia und Kenia) Friedensverhandlungen einzuleiten. Im September 1994 hatte Khartum diese Verhandlungen abgebrochen; doch heute wollen die sudanesischen Machthaber Zeit gewinnen, und die IGADD ist für sie von unschätzbarem Vorteil: Sie befaßt sich ausschließlich mit dem Südsudan, und von der NDA nimmt sie keine Notiz.

Bei der Eröffnung des Gipfels erklärte al-Baschir feierlich, er anerkenne die Prinzipienerklärung der IGADD als „Diskussionsbasis“, woraufhin arap Moi sogleich daran ging, ein Treffen zwischen al-Baschir und Garang zuwege zu bringen. Doch dieser lehnte ab und meinte, das Treffen könne später stattfinden. Schließlich wurde gar nichts daraus, nicht zuletzt, weil der ugandische Präsident Museweni seine Teilnahme am Gipfel abgesagt hatte, um seiner Verstimmung Ausdruck zu verleihen. Er hatte verlangt, daß der Sudan im Vorfeld der Verhandlungen eine Gruppe junger ugandischer Mädchen freilassen müsse, die von der Widerstandsarmee des Herrn (LRA) entführt worden waren und im Sudan festgehalten wurden.

Der eritreische Präsident Afewerki seinerseits erklärte den Gipfelteilnehmern, daß sein Tischnachbar al-Baschir ein Mörder sei, der einen Offizier beauftragt habe, ihn zu ermorden (der in Eritrea verhaftete Kapitän Khairat hatte ein umfassendes Geständnis über seinen Attentatsversuch und seine Hintermänner abgelegt5 , worauf al-Baschir seinen Amtskollegen Afewerki als blutigen Diktator beschimpfte. Damit war der Gipfel beendet.

Den Sommer hindurch bemühte sich die Regierung in Khartum, das Problem des Südens vom Konflikt mit der Opposition zu trennen. Am 14. Juli erklärte Außenminister Ali Osman Muhamad Taha vor dem Parlament – das von den islamischen Fundamentalisten kontrolliert wird und sich besorgt gezeigt hat über die „Risiken“, die durch das Abkommen mit Riek Machar drohten –, man sei nach wie vor gewillt, John Garang zu treffen; man versuche sowohl den „inneren Frieden“ (das Abkommen vom April) als auch den „äußeren Frieden“ (Verhandlungen im Rahmen der IGADD) herzustellen.

Einige Tage später empfing das Regime in Khartum einen von Präsident Kabilas Ministern und verkündete, man sei glücklich, daß der kongolesische Staatschef beabsichtige, einen Vermittlungsvorstoß bei seinem Freund Garang zu unternehmen – wovon Kabila nie gesprochen hatte. Im August wurde dann Nelson Mandela dazu aufgefordert. Staatspräsident al- Baschir machte sich, in Begleitung von Riek Machar, nach Pretoria auf, wo er den südafrikanischen Präsidenten drängte, Garang an den Verhandlungstisch zu holen; Mandela ließ sich zu einem „Aufruf zur Feuerpause“ im Südsudan überreden.

Die NDA-Parteien hatten bereits zu Anfang ihrer Allianz vereinbart, daß sie mit dem Regime in Khartum nicht getrennt verhandeln würden. Indes erinnerte die SPLA auf der letzten NDA-Konferenz im Juli in Asmara ihre Mitstreiter daran, daß allein sie zu den Treffen der IGADD geladen werde, und es wurde – inoffiziell – akzeptiert, daß sie weiterhin daran teilnehmen könnte. Kann John Garang – auf die Gefahr hin, seine Verbündeten von der nordsudanesischen Opposition zu verlieren – die Regierung beim Wort nehmen und sich dem mit Riek Machar eingeleiteten „Friedensprozeß“ anschließen, indem er im Rahmen der IGADD Verhandlungen führt? Das erscheint zweifelhaft; alles hängt von der Haltung der anderen Staaten in der Region ab.

Der Entschlossenste ist zweifellos der eritreische Präsident Afewerki. Überzeugt, daß vom Sudan nichts Gutes zu erwarten sei, solange Hassan at-Turabi an der Macht bleibt, setzt er sich aktiv für eine militärische Lösung ein und unterstützt die NDA nach Kräften. Am 23. Juli, wenige Tage nach dem „Solidaritäts-Gipfel“ in Kinshasa, auf dem er Präsident Kabila seine Unterstützung zugesichert hatte, empfing er den neuen Machthaber des Kongo in Asmara und bereiste mit ihm das sudanesisch-eritreische Grenzgebiet, um ihn dazu zu bewegen, die sudanesische Opposition zu unterstützen.

In Addis Abeba bleibt man dagegen eher zurückhaltend. Präsident Meles Zenawi führt eine Minderheitsregierung und sieht sich, trotz Unterstützung der USA und der internationalen Organisationen, mit einer zu starken Opposition konfrontiert, um nicht dem Sudan gegenüber Vorsicht walten zu lassen. Sieben Jahre nach dem Sturz des Mengistu-Regimes hat sich der gegen die Amhara gerichtete „ethnische Föderalismus“ als Fehlschlag erwiesen, und so hat Äthiopien mehr Gründe als Eritrea, sich mit einem – wie auch immer gearteten – Regime in Khartum abzufinden, das ihm zusichert, die äthiopische Opposition nicht länger zu unterstützen.

Ugandas Präsident Museweni steht derzeit Afewerki näher als Zenawi. Von den drei Verbündeten scheint er der einzige zu sein, der gelegentlich mit der Schaffung eines unabhängigen Süd-Sudan liebäugelt. Zumindest dürfte er als einziger einen gewissen Vorteil darin sehen. Ein unabhängiger Süd-Sudan wäre zwangsläufig auf Uganda ausgerichtet. Im übrigen ist Museweni ein persönlicher Freund von John Garang, der eher ein Gegner der Abspaltung des Südens ist; aber das hindert ihn nicht, sich – zum Ärger seiner Verbündeten – sporadisch für flüchtige Versöhnungsgesten mit dem Regime in Khartum herzugeben.

Diese neuen afrikanischen Machthaber verbindet nicht nur der Umstand, daß sie alle ehemalige siegreiche Guerillachefs sind. Sie zeichnen sich auch durch ihr Geschick aus, die Großmächte der Welt für ihre Interessen einzuspannen, ohne von diesen allzu abhängig zu werden. Wenn heute das Bild eines „amerikanischen Lagers“ entworfen wird, so sieht man großzügig an der Tatsache vorbei, daß Washington zwar von allen Seiten umworben wird, doch bei konkreten Zwistigkeiten noch nie aufgefordert wurde, vermittelnd einzugreifen.

Im übrigen muß die Clinton-Regierung zwar auf die Empörung der humanitären Organisationen Rücksicht nehmen – in deren Augen die Menschenrechtssituation im Sudan katastrophal ist –, und sie muß auch der antifundamentalistischen Einstellung im Kongreß Rechnung tragen, doch ist sie in ihrer Ablehnung des sudanesischen Regimes zurückhaltender, als es scheinen mag. Washington schwankt, ob es eine „sanfte Entwicklung“ oder eine militärische Lösung unterstützen soll. Offiziell wurde die Erklärung des sudanesischen Präsidenten in Nairobi von der amerikanischen Regierung begrüßt; und als Gare Smith, stellvertretender Unterstaatssekretär, am 24. Juli 1997 Khartum einen Besuch abstattete, war dies seit vier Jahren der ranghöchste Besuch aus den USA.

Das gleiche gilt für Frankreich. Khartum wird nicht müde, über die „positive“ Haltung in Paris zu jubeln. Seit der Terrorist Carlos im August 1994 in einer aufsehenerregenden Aktion den Leuten des Innenministers Charles Pasqua ausgeliefert worden ist, kursieren in der Region Gerüchte über angebliche Verbindungen zwischen den beiden Geheimdiensten. Auch unterhalten die beiden einzigen Nachbarn des Sudan, die noch bis vor kurzem ihr Wohlwollen gegenüber Khartum bekundeten – Tschad und Zentralafrika – bekanntlich gute Beziehungen zu Paris. Da recht unklar ist, welchen Nutzen Frankreich aus dieser Haltung ziehen könnte, hoffen nun die Staaten der Region, daß der Regierungswechsel in Paris zu einer veränderten Haltung führen wird.

dt. Eveline Passet

* Journalist

Fußnoten: 1 Siehe Gérard Prunier, „Wenn Islamisten sich in Afrika verirren“, Le Monde diplomatique, Februar 1997. 2 Am 25. April wurde die AFP-Korrespondentin in Asmara, Ruth Simon, verhaftet. Sie hatte wenige Tage nach der Operation gegen die Stadt Agig Äußerungen des Präsidenten Afewerki wiedergegeben, in denen er bei einer Versammlung von Mitgliedern der Regierungspartei darauf Bezug genommen hatte, daß sich eritreische Soldaten auf sudanesischem Territorium aufhielten. Von eritreischer Seite wurde dies als „grobe Verzerrung“ der Worte des Präsidenten offiziell dementiert. Ruth Simon, einstige Widerstandskämpferin der Eritreischen Volksbefreiungsfront, bleibt in Haft, ohne daß ihr der Prozeß gemacht würde. 3 Die anderen Gruppierungen sind: die Demokratische Sudanesische Armee, die Nationale Sudanesische Partei (mehrheitlich aus Nuba bestehend), die rechtmäßige Führung der Sudanesischen Armee, die Alliierten Streitkräfte des Brigadegenerals Abdelasis Khalid, die Föderative Demokratische Allianz (eine Gruppierung in den Darfur-Provinzen, die von Scherif Herir angeführt wird) und der Beja Congress. 4 Der UN-Sonderberichterstatter Gaspar Biro legte zu diesem Thema im April 1996 einen erschütternden Bericht vor. Mehrere journalistische Reportagen und Berichte von regierungsunabhängigen Organisationen bestätigen, daß die Praxis der Versklavung fortgesetzt wird. 5 Eritrea hat im Juli dieses Jahres beim UN-Sicherheitsrat diesbezüglich eine Beschwerde eingereicht, in der dieser Attentatsversuch mit dem gegen den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak 1995 in Addis Abeba verglichen wurde. Das Geständnis von Kapitän Khairat wurde in den eritreischen Medien veröffentlicht, doch weder wurde dieser Mann des sudanesischen Geheimdienstes Vertretern der internationalen Medien präsentiert, noch wurde ein öffentlicher Prozeß gegen ihn angekündigt.

Le Monde diplomatique vom 12.09.1997, von JEAN-LOUIS PENINOU