14.08.1998

Himmelfahrt einer Ehebrecherin

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Himmelfahrt einer Ehebrecherin

AUF ersten Blick scheinen Che Guevara, Lady Diana und Mutter Teresa nichts gemein zu haben außer der Tatsache, daß alle drei zu Ikonen von Millionen Menschen in aller Welt geworden sind. Während der argentinische Revolutionär in die Geschichte eingehen wird, ist das für die albanische Nonne keineswegs sicher. Und die Erinnerung an die Prinzessin von Wales hätte wenig Chancen, mehr als zwei Generationen zu überdauern, wenn nicht das „Diana-Business“ dem Gedächtnis nachhelfen würde. Am 1. Juli eröffnee Lord Spencer ein Museum/Mausoleum zum Gedenken an die verstorbene Prinzessin. Nur 10 Prozent der Einnahmen aus diesem „Dianaland“ sind letztlich für karitative Zwecke bestimmt. Aber das ist unbedeutend – Hauptsache, der Mythos bleibt bestehen.

 ■ Von MANUEL VÁZQUEZ MONTALBÁN *

In seinem Werk „Das Gastmahl“ behauptet Platon, das ursprüngliche menschliche Wesen habe, als es noch nicht in unterschiedliche Geschlechter aufgespalten war, die Form einer Kugel besessen und sei rundum sich selbst genug gewesen. Von daher komme es, daß die Kugel in allen archaischen Kulturen die Vollendung und die Ganzheit symbolisiert habe. Andererseits ist auf metaphorischer Ebene die Rose die im Westen meistverwendete symbolische Blume; sie steht für die Erneuerung und für die reine Liebe, weshalb auch Beatrice in Dantes „Göttlicher Komödie“ ihrem Geliebten im letzten Kreis des Paradieses eine gelbe Rose überreicht.

Insofern lag der spanische Designer Eric Satué völlig richtig, als er wenige Monate vor der Hochzeit von Cristina von Bourbon, der Tochter des spanischen Königs, mit Ignacio Urdangarin, einem Handballer des Club Barcelona, dies als „Vereinigung der Rose und der Kugel“ bezeichnete, wobei es sich bei der „Kugel“ in diesem Fall um einen Handball handelte. Eine mysteriöse Verschwörung verhinderte schließlich, daß das Ereignis unter dieser subtilen Symbolik stattfand, aber man muß sie sich vergegenwärtigen, um die geheime Botschaft dieser so untypischen Hochzeit besser zu verstehen: Zum ersten Mal in der Geschichte heiratete eine königliche Prinzessin einen Handballer, noch dazu einen des Clubs von Barcelona, des Barça.

Eines schönen Tages war die Infantin Cristina in Barcelona gelandet, wo sie eine Stelle in der Caixa-Bank antrat, ganz so, als wäre sie eine gut beratene Immigrantin der Mittelklasse, denn die Caixa gehört zum Allersolidesten, das es in Katalonien gibt. Man hätte mutmaßen können, es handle sich um monarchistische Expansionsgelüste, doch die junge Frau lebte nur einfach ihr Leben, auf ihre Art. Und sie ließ sich fotografieren, wenn sie noch etwas verschlafen zur Arbeit kam oder wenn sie zurückhaltend und schüchtern mit den gewöhnlichen Bürgern sprach.

Von Zeit zu Zeit fuhr sie für ein königliches Familienfoto nach Madrid, kam danach aber schnell wieder nach Barcelona zurück, wo sie ihr eigenes Leben hatte, eine Sache, die ja so einfach nicht zu haben ist. Während die Liebschaften ihres Bruders Felipe manchmal wie Mayerlingsche Rätsel erscheinen und die Verlobung ihrer älteren Schwester Elena vom Konkordat mit dem Heiligen Stuhl oder dem Konzil von Trient bestimmt zu werden schien, ist die Begegnung von Cristina mit dem Barça-Spieler nichts anderes als ein Teil des normalen alltäglichen Lebens und scheint nur eine einzige Liturgie zu kennen, nämlich die der modernen Religion des Sports: „Barça, Barça, Barça“ anstelle von „Sanctus, Sanctus, Sanctus“. Ohne Zweifel gefiel ihr Ignacio, weil er blond ist wie ihr Vater, aber größer, und außerdem spielte er besser Handball. Dann kamen die Gebote des Protokolls, und aus dem Techtelmechtel von Caixa und Barça wurde ein Ereignis für den Gotha1 , festgehalten und übertragen für die Fernsehzuschauer in aller Welt unter dem wachsamen Auge einer sozialistischen Filmemacherin, Pilar Miró2 .

Wenn ich so ausgiebig über meine eigenen Prinzen rede, so geschieht das nicht aus Chauvinismus, sondern weil man in Spanien wie in Europa die spanische Monarchie so gern mit der britischen vergleicht, die von Skandalen meist sexueller Art heimgesucht wird und seit einem Jahr Trauer trägt, weil eines ihrer wichtigsten Sexsymbole in einem Autounfall umgekommen ist.

Doch während Lady Di, zu einer düsteren Dame vom See gewandelt, die Menschheit zu Tränenmeeren veranlaßte, erschienen Cristina und Ignacio, Ignacio und Cristina, Rose und Kugel, Kugel und Rose, auf den Bildschirmen des globalen Dorfes als zwar lebendige, aber innerhalb der Neuen Mythischen Weltordnung denn doch allzu randständige Prinzen.

Nein, auf dem Markt der Mythen sind die beispielhaften spanischen Königskinder fast nicht präsent; wohingegen eine überraschende Konkurrenz entstanden ist zwischen Lady Di, dem Che und Mutter Teresa von Kalkutta. Wie ein Albtraum muß es auf das Einheitsdenken, den Einheitsmarkt, die einzige Wahrheit und den Weltpolizisten gewirkt haben, als vor einiger Zeit die Figur des Che wiederauferstand, als Zeichen der Widerspenstigkeit, der Rebellion gegenüber der Heiligen Inquisition der neoliberalen Orthodoxie, nicht länger ein Prophet unnützer Revolutionen, sondern ein Symbol für das Recht auf Verweigerung.

Heutzutage repräsentiert der Che eine neue Art der Befreiung, losgelöst von der revolutionären Rhetorik, die längst zum nutzlosen Codewort für das geworden ist, was hätte sein können und nicht war. Er steht für das Recht des Individuums, solidarisch zu sein und sich nicht für die eigene Existenz entschuldigen zu müssen. Der Che ist ein Bezugspunkt, weil er sowohl dem Konservativismus der Rechten wie dem der Linken seinen moralischen Anspruch entgegengesetzt hat und uns zeigt, daß wir wieder erkennen müssen, was für eine Welt man uns da einrichtet.

Das System ist nicht mehr in der Lage, Wachstum zu versprechen, geschweige denn Glück. Das wußten früher nur wenige, doch heute ist es offenkundig für alle Welt. Und immer wenn das Bild des Che sich aus einer Menschenmenge erhebt, fliegen die Verschwörungen des Einheitsdenkens auf, und den opportunistischen Intellektuellen des Systems entweicht ein kurzes, süffisantes, aber auch hysterisches Lachen.

Die Wiederkehr der Che-Ikonografie hat verschiedene Gründe. Einige hängen mit der Mythologisierung von Lady Di und Mutter Teresa zusammen, wobei erstere als eigenartiger Prototyp einer ehebrecherischen Prinzessin, aber zugleich auch als Jungfrau und Märtyrerin erscheint und letztere als wohltätige Nonne aus Zeiten vor dem 2. Vatikanischen Konzil, aber zugeschnitten auf das Maß der heutigen, höchst unfrommen globalisierten Wirtschaft.3

In Zeiten, in denen die Überschreitung der Regeln keinen historischen Sinn mehr zu haben scheint und zum Selbstzweck wird, ist ein Bedürfnis nach Transgressionsmythen entstanden. Einer sozialen Kundschaft, die von allen Ängsten der Welt bedroht ist und keine Hoffnung mehr hat, ist eine Lady Di, die Regeln übertritt, ebenso recht wie ein Che.

Wenn eine Gesellschaft sich einen symbolischen Bezugspunkt schafft, heißt das, daß sie ihn braucht. In diesem Sinne könnte man die Rückkehr des Che interpretieren als Bedürfnis nach einem reinen revolutionären Wert, nach einem besiegten, aber reinen Propheten, im Gegensatz zu all den anderen, ebenfalls besiegten, aber darüber hinaus unreinen Propheten, und nach all den Katastrophen, die die revolutionären Utopien erlitten haben durch ihre Verwirklichung nach der russischen Revolution.

Der Che ist der Revolutionär, der zum Sieg der kubanischen Revolution beitrug, sich dann jedoch in Kuba nicht als Bürokrat einrichten wollte. Er verkörpert den Internationalisten, der sich persönlich aufopfert und sich als eine Art „offenes Kunstwerk“ darstellt, ein König Artus, der eines Tages zurückkehren und Freiheit und Gerechtigkeit wiederherstellen wird. Ein im Leben wie im Tode durch hervorragende Fotografien geadelter König Artus zudem, dessen Totenmaske zu einem Leichentuch Christi wird, zu einem Abbild des ermordeten Gerechten. Es handelt sich hier um einen Fall von militantem Romantizismus, dessen machtvoller Neuauftritt auf dem Markt der Symbole auf einen Mangel an historischen Vitaminen hinweist, eine offenkundige lyrische und epische Verkümmerung, der ungestillte Hunger derer, die Geschichte nur noch in pasteurisierter Form zu sich nehmen. Es ist die gleiche moralische Verkümmerung, die auch zur Himmelfahrt von Lady Di als Weggefährtin von Mutter Teresa geführt hat.

Was unterscheidet einen Prinzen von einem König? Der König erscheint als der eigentliche primus inter pares, und der Prinz als sein Erbe. Doch ein konstitutioneller König oder Prinz ist nur noch göttlicher Mandatsträger, der von einem Parlament abhängt. Was war Charles von England? Nichts oder fast nichts, bis zu seiner morganatischen Ehe mit Diana Spencer und den darauffolgenden Bettgeschichten.

Nur allzu offenkundig war das maßlose Erstaunen von Prinz Charles über die Berge von Blumen, die sich in den Tagen nach ihrem Tod vor dem Haus der toten Prinzessin erhoben.4 Immer wenn er einen der Sträuße nahm, um ihn obsessiv zu betrachten oder seinen Söhnen zu zeigen, schien er Direktiven seines Image-Beraters zu befolgen: „Nehmen Sie irgendeinen Strauß, und jeder Bürger des Vereinigten Königreiches wird glauben, es sei der Seine.“ Aber Imagepflege hin oder her, Charles schien sich bei jedem Blumenstrauß zu fragen: „Warum nur? Was hat diese Frau getan, um eine solche Zuneigung des Volkes zu verdienen?“

Der Umstand, daß der Thronprinz nach dem Tod von Lady Di als Schotte verkleidet in Balmoral auftauchte, um an Blumengebinden zu riechen, gab die Möglichkeit zur Feststellung, daß seine Beine es mit denen von Lady Di nicht aufnehmen konnten, den zweifelsohne schönsten königlichen Beinen aller Zeiten. Die Erinnerung an die Mediendarbietungen von Charles und Diana, die im Fernsehen ihre Eheprobleme ausbreiteten, war unvermeidlich: Während Charles sich mit einer Darbietung im Tudor-Stil begnügte, gab Diana eine perfekte Show à la Actor's Studio, wenn auch mit einer gewissen Zurückhaltung, wie man es von einer Prinzessin, zumal einer morganatischen, erwarten darf. Die nimmermüde Seele der Massen erinnert sich an jene großen, manchmal überquellenden Augen, die nach einem Anhaltspunkt zu suchen schienen, der nur für Lady Di selbst existierte.

Der Actor's-Studio-Stil hat es Diana ermöglicht, sehr korrekt ihre Rolle der fast unnützen Prinzessin zu spielen, die ihre Aufgabe, für Nachkommenschaft zu sorgen und die Kontinuität der Monarchie zu gewährleisten, erfüllt hat. Obwohl eine Prinzessin, verkörperte sie auch die Rolle der verletzten Frau, die entschlossen war, von Prinz zu Prinz zu gehen, vom Prinzen Englands zum Derby- oder Rugby- oder Playboy-Prinzen.

Diejenigen, die der britischen Monarchie vorwerfen, sie hätte einen Fehler begangen, als sie Prinzessinnen ohne königliches Blut akzeptierte, irren sich. Sarah Ferguson hat dieser Monarchie eine Portion gesunder Lebenskraft gegeben und Lady Di einen Hauch von Schwäche. Diana hat dem Hause Hannover (wie die Windsors früher hießen) ein langes Leben als Monarchie ermöglicht, und nur der Umstand, daß sie nicht katholisch war, wird verhindern, daß sie als erste Ehebrecherin heiliggesprochen wird, als Jungfrau und Märtyrerin, „Prinzessin der Massen“ – dieser Massen, deren Rebellion immer wieder erstaunt und die erst kürzlich solch flüchtige Ikonen eingefordert hat wie den Che, Lady Di und Mutter Teresa.

Im vergangenen Januar war ich in Kuba. Man bereitete sich auf das Treffen des Papstes mit Fidel Castro vor, das heißt auf das Treffen des Heiligen Geistes mit dem Geist der Geschichte – in Havanna, der Stadt der Geister. Ich hätte nie erwartet, dort die Lösung des Rätsels der Verehrung von Che Guevara, Lady Diana und Mutter Teresa zu finden.

Auf dem Platz der Revolution dominierte immer noch das gigantische Porträt des Che, der in diesen Tagen aber aus den Augenwinkeln das nicht minder gigantische Jesusbild ansah, das man für die päpstliche Messe aufgestellt hatte. Doch der Che war überall in der Stadt präsent, als fast ausschließliche Ikone der Revolution und moralische Stütze in Krisenzeiten. Zur gleichen Zeit erfuhr ich, daß der Stadthistoriker und –konservator Eusebio Leal dabei war, einen Platz zu Ehren von Lady Di einzuweihen.

Tatsächlich hatten die kubanischen Behörden beschlossen, einen Platz im Herzen der Altstadt Lady Di zu widmen. Bei der Einweihung hielt Eusebio Leal eine blumige Rede, danach sprach der britische Botschafter einige gemessene Worte. Man erwartete den Besuch des Papstes, doch auf diesen Platz war schon der Geist der Prinzessin von Wales herabgekommen. Eusebio Leal erinnerte daran, daß Lady Di in der gleichen Woche wie Mutter Teresa gestorben ist. „Erinnert euch an ihre Körper“, forderte er, und jedermann teilte die Ansicht, daß sie sehr verschieden waren. „Doch vergleicht ihren Geist: beide widmeten sich aufopfernd ihrem Nächsten: Mutter Teresa mit ihrer bekannten Selbstlosigkeit, und Diana von Wales, indem sie ihre wertvollen Kleider für den guten Zweck hergab.“ Herausragende Intellektuelle wie Alfredo Guevara oder Miguel Barnet haben die Symbolsprache dieses Platzes analysiert und ein Konzept von See und Phallus ausgemacht, blumige, karibische Ausdrucksformen, die dennoch in gewisser Weise auf die letzte Ruhestätte der Dame vom See verweisen, die der untröstliche Bruder Lord Spencer so gewissenhaft überwacht. Jemand kommentierte: „Es kommen immer mehr britische Touristen nach Kuba; gewiß wird dies eine Pilgerstätte für sie, und sie werden viele Pfund Sterling hier lassen.“

Eusebio Leal plant nicht nur die Zukunft Havannas, sondern die der kulturellen Globalisierung, und sein Blick erfaßt ohne Zweifel auch das Schauspiel in Paris, auf dem Pont de l'Alma, wo eine schweigende und neugierige Menge den Ort sehen will, an dem Lady Di ihre letzten Worte gesprochen hat: „Laßt mich in Ruhe, laßt mich in Ruhe ...“

Seit einem Jahr ist sie nun schon die Light-Heilige des Gotha, und immer zahlreicher werden die kommerziellen Projekte post mortem. Angefangen mit der Insel, wo sie inmitten des Spencerschen Landsitzes ruht und auf der ihr Bruder kürzlich ein Museum eröffnet hat, für das die nekrophilen Pilger umgerechnet 30 Mark Eintritt bezahlen. Die Erinnerung an Lady Di wird durch die Gerichte geschützt: sie haben das Wochenmagazin Paris-Match dazu verdonnert, dem Schwiegervater in pectore der Prinzessin, Mohamed Al Fayed, umgerechnet 16000 Mark zu bezahlen, weil es ein Foto veröffentlicht hatte, auf dem Lady Di und Dodi sich küssen.

Die Firma Asbro hat versucht, eine Lady-Di-Puppe herzustellen, ein anderes Unternehmen will ein Lady-Di-Puzzle kreieren, und selbst in einer Margarine- Werbung tauchte eine Unterschrift der Prinzessin auf. Die Politologiestudenten der Freien Universität Berlin widmen sich dem Thema „Die Prinzessin von Wales, Mythos und Politik“, und das offizielle Testament von Lady Di ist längst ein Bestseller.

In einer weiteren nekrophilen Anwandlung veröffentlichte die spanische Zeitschrift Lecturas die Schnittmuster der berühmtesten Kleider von Diana Spencer, damit die erblühenden spanischen Mädchen sich kleiden können wie die Heilige.

Nach dem Tod von Diana erschien eine Welle von Artikeln über die märchenhafte Prinzessin, mit einer Reihe unerwarteter Autoren, von einem Spezialisten für Zeitgeschichte wie Paul Preston bis hin zum exilkubanischen Schriftsteller Guillermo Cabrera Infante, der einen Artikel schrieb mit dem Titel: „Pavane für eine verstorbene Engländerin oder Die Prinzessin, die leben wollte“. Darin ist folgender erbaulicher Absatz zu lesen: „Doch Diana war leicht, ihre Leiche wog fast nichts. Man sagt, sie hätte zum Himmel aufsteigen können, wenn sie Mary Poppins oder eine fliegende Nonne gewesen wäre.“

Man sagt auch, ihre Schwiegermutter, Elisabeth II., habe beschlossen, im Kensington-Palast ein Museum zu ihrem Gedenken einzurichten. Und in den ehemaligen Pferdeställen der Familie ist ein Ort des Gedenkens zu ihren Ehren eröffnet worden, auf Anordnung ihres Bruders Charles Spencer, der noch bis vor einem Jahr als einer der größten Champagnertrinker des Königreichs bekannt war, nun aber zum Rächer seiner Schwester avanciert ist, der Vergeltung fordert für all die Qual, die ihr von der Königsfamilie und der Skandalpresse angetan worden ist.

Dieser zweifelhafte Aristokrat und eifrige Vermarkter der Exklusivrechte für die Fotos von seinem Privatleben (die Bilder von der Geburt seines eigenen Sohnes verkaufte er für 250000 Pfund an die Zeitschrift Hello!), könnte sich in eine wahrhaft shakespearsche Figur verwandeln, die durch die Gänge des Schlosses spukt, in dem Diana gelebt hat, mit der Leiche (im metaphorischen Sinne) auf den Armen.

Er hat begriffen, daß das 20. Jahrhundert, nach dem schmählichen Ende so vieler stählerner Helden, nun die harten Helden wie den Che oder Mutter Teresa banalisieren muß und sich auf zarte Heldinnen wie Lady Di stürzt, die ein leichter Fast- food-Bissen war, bis sie zur einzigen geheiligten Mumie der Postmoderne wurde.

dt. Andreas Simmen

* Spanischer Schriftsteller, Essayist und Journalist, Autor der Kriminalromane um den Detektiv Pepe Carvalho; auf deutsch erschien von ihm zuletzt „Das Quartett“, dt. von Theres Moser, Berlin (Wagenbach) 1998.

Fußnoten: 1 Der „Gotha“ ist ein Verzeichnis der registrierten Adelsfamilien und gibt Auskunft über Adelsränge, genealogische Abkunft und Personalstand. 2 Pilar Miró, Filmemacherin, vor allem von „Das Verbrechen von Cuenca“ oder „Der Hund des Gärtners“. War während der Regierung von Felipe González Generaldirektorin des staatlichen Fernsehens; sie starb am 20. Oktober 1997, kurz nachdem sie die Übertragung der Prinzessinnen-Hochzeit geleitet hatte. 3 Siehe Christopher Hitchens, „Strenge für die Armen, Milde für die Reichen. Mutter Teresa, eine Medienheilige“, Le Monde diplomatique, November 1996. 4 Siehe Joan Smith, „Diana, une femme du passé“, Le Monde diplomatique, Oktober 1997.

Le Monde diplomatique vom 14.08.1998, von MANUEL VÁZQUEZ MONTALBÁN