13.11.1998

Der lange Marsch der Haratin

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Der lange Marsch der Haratin

DIE in der internationalen Presse regelmäßig aufgegriffene Frage der Sklaverei in Mauretanien bewegt die Gemüter und erregt Anstoß. Oft bleibt dabei unberücksichtigt, daß alle Ethnien des Landes traditionell Produktionssysteme aufrechterhalten haben, die sklavereiähnliche Zustände zementieren. Das relativiert teilweise das im Westen gängige Bild vom armen „Schwarzen“, der von den „Weißen“ grausam unterjocht wird.

Von AMEL DADDAH *

Warum dürfen bei den Soninké Herren und Sklaven noch immer nicht auf dem gleichen Friedhof liegen? Warum erhalten Sklaven der Halpularen kaum Zugang zum Boden, der doch für diese Gemeinschaft die Hauptquelle wirtschaftlicher Emanzipation darstellt? Warum gilt es in beiden Ethnien, die im wesentlichen die schwarzafrikanische Minderheit in Mauretanien bilden, heute noch immer als skandalös und unanständig, wenn ein Abkömmling von Sklaven eine Frau heiraten möchte, die nicht seiner Kaste angehört?

Die Besonderheit der arabisch-berberischen oder maurischen Ordnung Mauretaniens liegt in Wirklichkeit nicht in der Praxis der Sklaverei an sich, die dort üblich war – und zum Teil noch immer ist1 –, sondern im Ausmaß dieser allgemein verbreiteten Praxis2 , wie am Beispiel der Gemeinschaft der Haratin ersichtlich wird, der bedeutenden Bevölkerungsgruppe „befreiter“ maurischer Sklaven und ihrer Nachkommen. Das vom Comité Militaire du Salut National (CMSN) 1980 veröffentlichte Kommuniqué, in dem in Mauretanien zum dritten Mal (auf dem Papier) die Sklaverei abgeschafft wurde3 , hat am Schicksal der Haratin ebensowenig Grundlegendes geändert wie (seit 1984) die Übernahme von Regierungsfunktionen durch Angehörige dieser Gemeinschaft, zu der über die Hälfte der mauretanischen Bevölkerung maurischen Ursprungs und somit 30 bis 35 Prozent der Gesamtbevölkerung zählen.

Die Gruppe bildet ein Segment – bzw. in der maurischen Gesellschaftsstruktur eine Kaste – innerhalb der traditionellen Gesellschaft. Ihre Situation gleicht der einer sozialen Schicht am unteren Ende der modernen sozioökonomischen Stufenleiter. Dies gilt sowohl auf dem Land als auch in den großen städtischen Ballungsräumen, in die sich infolge der trockenheitsbedingten Landflucht in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend auch Haratin mischten. Mit dem Wechsel vom traditionellen zum modernen System hat sich für die Bevölkerung der Haratin nichts geändert: Sie gehören nach wie vor zu den Ärmsten unter den Armen.

Der Geist der Landreform des Jahres 1983 – eine vom Ansatz her großartige zusätzliche Maßnahme zur Emanzipation der Haratin – hat unter dem Klientelismus gelitten, der die Führungsspitze des Staates mit ihren Stammesführern und dem neuerdings zunehmenden Einfluß der Lobbys aus Geschäftsleuten prägt. Insbesondere im mittleren und unteren Senegal- Tal hat der Ausbau der Bewässerungswirtschaft zur Ausbreitung von Reiskulturen geführt, die auf mittleren und großen Flächen betrieben werden und sich im Besitz reicher maurischer Geschäftsleute aus den Städten befinden. Diese Reiskulturen verdrängen nach und nach die kleinen Produktionseinheiten der Bauern, die traditionell durch Regen oder Hochwasser bewirtschaftet wurden. Die autochthone Bevölkerung, die oft verschuldet ist oder sich im Labyrinth der für die Vergabe von Konzessionen und Unterstützungen zuständigen Behörden verliert, muß sich oft als Landarbeiter bei den neuen Landwirten verdingen. Die mangelnde Absicherung des Bodenbesitzes der Kleinbauern schwächt die gesamte ländliche Bevölkerung Mauretaniens, ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kaste oder Ethnie. Doch die Chancen der Haratin sind aufgrund ihrer geringeren Grundschulbildung und ihrer mangelnden Ressourcen zweifellos zusätzlich begrenzt. So bleibt ihnen in der Region Gorgol beispielsweise keine andere Wahl, als sich auf die traditionellen Notablen zu stützen4 , was ihre Abhängigkeit von den ehemaligen Herren ebenso festigt wie diejenige vom ursprünglichen Bezugsrahmen ihres Stammes.

Die in die Städte abgedrängten Haratin sind heute im informellen Sektor, der sich seit den achtziger Jahren rasant entwickelt hat, allgegenwärtig. Anfänglich dazu verurteilt, als nicht qualifizierte Arbeitskräfte oder als „Hauspersonal“ zu dienen, sind sie mittlerweile auch im Kleingewerbe gut vertreten, beispielsweise als Fleischer, Wäscher, Fuhrleute, Bus- und Taxichauffeure, Gemüseverkäuferinnen und in ähnlichen Berufen. Dennoch lassen sich jene Haratin, die als Unternehmer über ein gewisses Umsatzniveau hinausgekommen sind, an den Fingern einer Hand abzählen. In der Hauptstadt Nouakchott leben die meisten Angehörigen dieser Gemeinschaft nach wie vor im Elendsviertel, der kebba (wörtlich: Müllkippe). Auch wenn in diesem Land keine Bevölkerungsgruppe von der großen Armut verschont ist, haben Haratin doch vergleichsweise weniger Mittel zur Hand, um ihre Lage zu verbessern.

Präsident Mokhtar Ould Daddah sah es unter der Herrschaft der Mauretanischen Volkspartei (PPM) als gerechtfertigt an, die Frage der Sklaverei „vorläufig“ in der Schublade verschwinden zu lassen. Drei Monate vor seinem Sturz durch Militärs hatte er 1978 einem Führer der Bewegung zur Befreiung und Emanzipation der Haratin, besser bekannt unter der Bezeichnung El Hor (Der Freie), erklärt: „Das Problem der Sklaverei in Mauretanien kann nur auf zwei Arten gelöst werden: entweder durch eine blutige Revolution, wofür dem Land die Mittel fehlen, oder durch eine langsame gesellschaftliche Evolution auf der Grundlage wirtschaftlicher Entwicklung. Zweiteres ist soeben im Gange. Das beweist nicht zuletzt die Tatsache, daß die Sklavenhalter, die bisher von ,unseren Sklaven‘ sprachen, seit einigen Jahren Hemmungen haben, diesen Begriff zu verwenden, und Umschreibungen dafür suchen. Auf jeden Fall können wir uns mit den Feudalherren zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wo das Land bedroht ist5 , in dieser Frage nicht anlegen, selbst wenn uns das Problem bewußt ist.“6

Siebzehn Jahre nach Verkündigung des Gesetzes über die Abschaffung der Sklaverei in Mauretanien lassen die Durchführungsbestimmungen noch immer auf sich warten. Diese Langsamkeit ist nicht ganz losgelöst von der Bedeutung der islamischen Identität als Instrument der Machtlegitimierung zu sehen. Denn eine Hinterfragung der Legitimität der Sklaverei gliche in gewisser Weise einer Verletzung der Gebote des Islam, der offiziellen Staatsreligion, zu der sich die überwiegende Mehrheit der Mauretanier bekennt. Diese Spannung kommt im übrigen klar im Wortlaut der berühmten Verordnung aus dem Jahre 1981 zum Ausdruck, in deren ausformuliertestem Artikel das Prinzip der Entschädigung der Herren anerkannt wird, jedoch „(...) keinerlei Maßnahmen zugunsten der Freigelassenen ergriffen wurden, um sie zu vollwertigen Mauretaniern zu machen, also zu Bürgern mit den gleichen Rechten und Pflichten wie alle anderen Staatsangehörigen auch“7 .

Eine städtische Haratin-Kultur

DIE Bereitschaft, den Status quo in Frage zu stellen, scheint auch in der Opposition nicht sehr ausgeprägt zu sein. Die Oppositionsführer haben es bisher vermieden, in ihren Reden auf die offenkundige, aber den Traditionen des Landes widersprechende Tatsache hinzuweisen, daß der Islam deutlich von jeder Versklavung von Muslimen abrät.

Die 1991 eingeleitete Demokratisierung des Regimes – oder was als solche ausgegeben wird – hat durch die verschiedenen Wahlstrategien die Gehorsamkeitsbeziehungen tribaler, regionaler oder ethnischer Natur verstärkt. In der Frage der Sklaverei lag die wichtigste Konzession der Regierung in der öffentlichen Werbung für eine Theorie, die ursprünglich vom Nationalen Komitee zur Überwindung der Folgen der Sklaverei in Mauretanien (Cnesem) lanciert wurde. Das Anliegen dieses Komitees ist die Tilgung jeder Vorstellung von Partikularismus aus der Sprache (und aus allen Erwartungen an die Ausrichtung öffentlicher Programme).8 Um die Haratin zu vollwertigen Bürgern zu machen, genüge es, die Armut „im allgemeinen“ zu bekämpfen ...

Die Vereinigung SOS-Sklaven versuchte demgegenüber, die Bedeutung der psychologischen Zwänge nachzuweisen, die mit dem Sklavenstatus einhergehen: insbesondere den heimtückischen und starken Druck, der die Entschlossenheit der Sklaven und ihrer Nachkommen (unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit!), ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, tendenziell abstumpfen läßt. Doch auch hier fehlt es an Klarheit: Das komplexe Problem der Haratin wird von der Kritik an den Überresten der Sklaverei absorbiert, und um diese Praktiken zu belegen, beruft man sich auf einige wenige isolierte Fälle, die regelmäßig vor Ausländern bemüht werden.

Keine dieser Vereinigungen wurde bislang von der Staatsmacht anerkannt, wenn auch Mohamed Salem Ould Merzoug, der wichtigste Sprecher von Cnesem, Minister für Wasserkraft und Energie ist. Dagegen wurde Boubacar Ould Messoud, Vorsitzender von SOS-Sklaven und zugleich ein Angehöriger der Haratin, Anfang 1998 wegen Mitgliedschaft in einer nicht anerkannten Vereinigung zu dreizehn Monaten Gefängnis verurteilt. Das Urteil wurde am 24. März 1998 vom Berufungsgericht bestätigt, jedoch sogleich wieder sistiert, da gleichentags in Paris die Beratende Gruppe der Weltbank für Mauretanien tagte und der amerikanische Präsident Bill Clinton anläßlich seiner Afrikareise auf der Insel Gorée in Senegal einkehrte – einer historischen Hochburg des Handels mit schwarzafrikanischen Sklaven.

Dieses „offizielle“ Zurückweichen in der Frage der Sklaverei – wie in jener der ethnischen Minderheiten wie der Schwarzafrikaner in Mauretanien – darf nicht zur Verschleierung des grundlegenden Wandels führen, der sich in der Identität der Haratin vollzieht. In den Zelten der Sklaven, in ihrem Gesang und den von ihnen verbreiteten Erzählungen äußert sich „am klarsten die heftige Kritik an den Herren“9 . Dabei handelt es sich jedoch in erster Linie um „einen Widerstand gegen die Verwilderung der ,normalen‘ Beziehungen zwischen Herren und Sklaven, gegen die übertriebene Ausbeutung, und nicht so sehr gegen die Sklavenstatus an sich“10 .

Der Soziologe Abdel Wedoud Ould Cheikh ist indessen der Ansicht, daß „im Gegensatz zum physischen Elend, das ,traditionellerweise‘ bis zu einem gewissen Grad allen Angehörigen der maurischen Gesellschaft ungeachtet ihrer Klassenzugehörigkeit gemeinsam ist, das moralische Elend der Sklaven, die sich ihren Herren oft durch eine komplexe und widersprüchliche, auf das ,Onkel-Tom-Syndrom‘ zurückzuführende sentimentale Beziehung verbunden fühlen, differenzierter betrachtet werden muß. Wobei die Anhänglichkeit an den Sklavenstatus in der Stadt gerne benützt wird, um die ursprünglich statutarische ländliche Abhängigkeit in Form klientelistischer Beziehungen fortzuführen.“11

Die große Trockenheit der siebziger Jahre, die das Gleichgewicht des traditionellen Produktionssystems erschüttert hat, stellte einen ersten Angriff auf diese Art der „Integration“ der Beziehung zwischen Herren und Sklaven dar, und der Wahlzirkus der politischen Eliten gibt ihm gerade den Rest. Auf dem Land sind im Verlauf der letzten zehn bis fünfzehn Jahre radikalere Formen der Abgrenzung der Haratin entstanden, und in den immer häufigeren und radikaleren Konflikten um den Boden drückt sich ihre stärkere Entschlossenheit aus, sich Gerechtigkeit zu verschaffen.

In den Städten des Landesinneren und selbst in kleinen Dörfern bestehen nebeneinander unterschiedliche Verhältnisse und Beziehungen zwischen Haratin und „alten“ Herren: traditionelle Abhängigkeitsbeziehungen, Lohnabhängigkeit und Produktionsautonomie. Ein neuer Faktor kommt vor allem aus den großen städtischen Zentren, wo die individuelle Initiative stärker zum Tragen kommt, den Prozeß der Entsolidarisierung der unsprünglichen tribalen Beziehungen deutlich beschleunigt hat und damit mehr als anderswo die Zwänge der psychologischen Abhängigkeit aufgebrochen sind. Nachdem der jährliche Migrationszyklus der Haratin nach wie vor durch die Rückkehr auf das Land markiert ist, wo sie sich in der Pflanzperiode als Arbeitskräfte betätigen, ist davon auszugehen, daß etwas von der entstehenden städtischen „Haratin- Kultur“ auch regelmäßig auf das Land übertragen wird.

Seinen politischen Ausdruck fand dieser Wandel bereits bei den Kommunalwahlen 1990, was insbesondere an der Leichtigkeit ersichtlich wurde, mit der Messaoud Ould Boulkheir, der ungestüme Haratin-Politiker, in Nouakchott die Massen anzog und für die Dauer einer Versammlung die tribalistischen und regionalen Grenzen sprengte.

Die gesamte politische Klasse – die ein besseres Gespür zu besitzen scheint als gemeinhin angenommen – trägt diesem neuen Kräfteverhältnis Rechnung, auch wenn stark zu bezweifeln ist, ob eine tatsächliche Emanzipation entlang der oft sehr gewundenen Pfade der Politik wird erfolgen können. Denn wenn der Staat in der Dynamik der Verteilung seiner Pfründen zukünftig auch einige glückliche Vertreter der Haratin berücksichtigt – und ihnen damit einen „vollwertigen Status einräumt“ – sowie die Frage der Staatsbürgerschaft der Haratin unter den offiziellen Hauptanliegen der Oppositionsarbeit figuriert, hütet man sich dennoch auf seiten der Regierung wie der Opposition davor, in dieser Frage offen zu intervenieren.

Nur selten legen die Vertreter der Oppositionspartei Aktion für Veränderung (AC), einer hauptsächlich aus Haratin und Schwarzafrikanern zusammengesetzten Gruppierung, am Rande dieser abwartenden, vorsichtigen Haltung vereinzelte Anwandlungen eines radikaleren politischen Auftretens an den Tag, während ihr Zögern gleichzeitig die (nur zu berechtigte) Angst verrät, ihre Anliegen könnten von ihren Konkurrenten in der maurischen Öffentlichkeit verteufelt werden.

Währenddessen verarmt die Haratin- Bevölkerung immer mehr, und die Möglichkeit gewaltsamer Formen der Teilhabe an den Krisen, die das Land künftig zu bewältigen haben wird, wird größer.12 Die Gemeinschaft der Haratin, ein wichtiges Segment der ethnischen Mehrheit, mit der sie sich kulturell identifiziert, ist zweifellos in einer besseren Ausgangsposition, sich an die Spitze eines Emanzipationsprozesses zu stellen, als die Minderheiten, die durch die jahrelange, gewaltsame und systematische Repression, mit der die Nation noch immer nicht fertig geworden ist, traumatisiert sind.

dt. Birgit Althaler

* Soziologe und Journalist.

Fußnoten: 1 Wenn Eltern gewaltsam von ihren Kindern getrennt werden, wenn diese Kinder ihr Erbe nicht einlösen können oder wenn die Arbeit der einen oder der anderen von den Herren/Arbeitgebern nicht bezahlt wird. 2 Im maurischen Milieu hat sich durch die weniger starke Einmischung der Kolonialverwaltung und die Entscheidung, die dort verbreitete Sklaverei zu tolerieren, um die maurischen Notablen zur Unterstützung der Kolonialmacht zu gewinnen, die Autonomie der traditionellen Lebensweise länger gehalten. 3 Die Sklaverei wurde erstmals Anfang des Jahrhunderts durch die Kolonialverwaltung, dann 1960 vom unabhängigen mauretanischen Staat (Erklärung der Gleichheit der Mauretanier vor der Verfassung) und schließlich im „Communiqué des Comité militaire de salut national“ (CMSN) vom 5. Juli 1980 (bestätigt in der Verordnung Nr. 81-234 vom 9. November 1981) aufgehoben. 4 „La Question foncière en Mauritanie. Terres et pouvoirs dans la région du Gorgol“, Paris (L'Harmattan) 1994. 5 Nach dem Rückzug der Spanier wurde die Westsahara zwischen Marokko und Mauretanien aufgeteilt. Dadurch wurde Mauretanien in einen Konflikt mit der saharischen Befreiungsfront Polisario verwickelt, der die Militärausgaben hochschnellen ließ und schwere Schädigungen der wirtschaftlichen Einrichtungen nach sich zog. 1979 verzichtet Mauretanien auf seine Ansprüche und schließt Frieden mit der Polisario. 6 Zitiert nach Mohamed Lemine Ould Ahmed, „L'abolition de l'esclavage en Mauritanie“, Diplomarbeit, Universität Dakar 1983, S. 5f. 7 Mohamed Lemine Ould Ahmed, a. a. O. S. 7. Die Vorsicht und das Mißtrauen im Regierungslager hatten sich in den letzten Jahren durch Pressekampagnen im Ausland verschlimmert, die insbesondere von Journalisten und schwarzafrikanischen Forschern getragen wurden, die ebenso sensationslüstern sind wie verstrickt in die Zeichen ihrer eigenen gelebten Geschichte. Siehe z. B. Elinor Burkett, „God Created me to be a Slave“, The New York Times, 12. Oktober 1997; oder Ken Ringle, „Activists Say Slavery Exists in N. Africe“, The Washington Post, 14. März 1996. 8 Diese Aversion gegenüber dem Begriff des Partikularismus ist sicherlich für diejenigen nachvollziehbar, die das Drama von 1989 (gescheiterter Putschversuch schwarzafrikanischer Offiziere) und die „ethnischen Säuberungen“ der Jahre 1990 und 1991 nicht überwunden haben und sich seither beharrlich weigern, das Schicksal der schwarzafrikanischen mauretanischen Flüchtlinge wahrzuhaben. 9 Aline Tauzin, „Le gigot et l'encrier. Maitres et esclaves en Mauritanie à travers la littérature orale“, Revue du monde musulman et de la Méditerranée, Nr. 51 (1), 1989, S. 76. 10 Aline Tauzin, a. a. O. S. 87. 11 Abdel Wedoud Ould Cheikh, „Nomadisme, islam et pouvoir dans la société maure précoloniale (XIe-XIXe siècles). Essai sur quelques aspects du tribalisme“, Dissertation, Paris-V, 1985, S. 453. 12 Es hat sich bereits gezeigt, daß die Frage der Haratin durch dieses „kulturelle Andere“, die schwarzafrikanischen Mauretanier, ausgesprochen verkompliziert wird. Letztere leben insbesondere im Tal des Senegal-Flusses, wo sie in direkter Konkurrenz zu den Haratin stehen. Die Pogrome im Jahr 1989 sind noch nicht vergessen, als sich in den Städten mit Keulen bewaffnete Haratin freiwillig in den Dienst der maurischen Aufwiegler stellten, um „Schwarze zu verprügeln“, und damit in diesen Tagen des mörderischen Wahns zu Erfüllungsgehilfen der Gewalt wurden.

Le Monde diplomatique vom 13.11.1998, von AMEL DADDAH