13.11.1998

Die neu-alten Guerillas in Guerrero

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Die neu-alten Guerillas in Guerrero

Das Abkommen von San Andrés über indigene Rechte, am 16. Februar 1996 von Delegationen der mexikanischen Regierung und der Zapatistischen Befreiungsarmee (EZLN) unterzeichnet, harrt noch immer seiner Umsetzung: Die Regierung von Präsident Ernesto Zedillo hat ihre Unterschrift zurückgezogen. Gleichzeitig nahm die Präsenz der Militärs in Chiapas ebenso zu wie die Aktivitäten paramilitärischer Gruppen. Das Gleiche läßt sich auch in anderen südlichen Bundesstaaten der mexikanischen Republik beobachten, insbesondere in Guerrero, wo verschiedene neue und neu-alte Guerilla-Formationen in Erscheinung getreten sind.

Von unserem Korrespondenten MAURICE LEMOINE

MIT jedem Kilometer, den man in die mächtige Sierra Madre del Sur hineinfährt, verändern sich die Gesichter, die man draußen erblickt. Nach und nach werden die Menschen immer indianischer. Wälder, Felsen, Riesenkakteen und armselige Felder – von Chilpancingo1 aus dauert es fünf Stunden, bis schließlich die Stadt Tlapa de Comonfort auftaucht, Verwaltungszentrum einer Region von Guerrero, die ihrem Namen alle Ehre macht: La Montaña. Rund um die Stadt erheben sich gewaltige Bergmassive.

Es gibt hier keinerlei Industrie und auch sonst kaum eine Möglichkeit, einer bezahlten Tätigkeit nachzugehen – mit Ausnahme des Marktes, zu dem die Bauern an den Samstagen und Sonntagen aus den Bergen herabsteigen. Sonst nichts. Baustahl reckt sich büschelweise aus den zahlreichen halbfertigen Gebäuden. Sie werden im Takt der Aufträge fertiggestellt werden, die von „dort“ eintreffen. „Vier meiner Cousins sind in den Vereinigten Staaten“, sagt der zweiundzwanzigjährige Benito, der mit dem Gedanken spielt, auch dorthin zu gehen.

Seit kurzem ist es vorbei mit der letargischen Ruhe in dem kleinen Flecken. Eine Kaserne mit sechshundert Soldaten ist gerade eben hier eingerichtet worden. Und die Leute raunen sich halblaut den Grund dafür zu: Eine geheimnisvolle Geschichte von bewaffneten Gruppen. „Es hat in Chiapas angefangen“, murmelt der alte Juan Basurto. „Aber dort sind sie politischer. Die Ideen von Marcos finden ja weltweit Verbreitung. Hier ist es eine andere, weniger bekannte Truppe.“

Von dieser Revolutionären Volksarmee (EPR), die seit dem 28. Juni 1996 im Hinterland von Guerrero herumspukt, hat Benito aus der Zeitung erfahren. Er unterstreicht das noch einmal: Aus der Zeitung! Er, der in der Vereinigung der indigenen Berggemeinden (UCIM) aktiv ist, hat allerdings durchaus seine Meinung zum Thema. „Wir haben nichts mit ihnen zu tun“, betont er, „aber wir respektieren sie. Es sind soziale Aktivisten wie wir auch, nur haben sie einen ganz anderen Weg gewählt.“

Es ist gut, daß „sie“ da sind

RUND um Tlapa erhebt sich zwischen 600 und 3000 Meter hoch die Montaña, der steilste, unwegsamste Teil des Bundesstaates. Die Gegend ist sehr arm. Zumeist gedeihen zwar Mais, Bohnen und Reis, doch sind diese Produkte auf dem Markt nichts wert, und an den kalten Orten bringt nicht einmal die milpa2 einen Ertrag. Zwei Strohhüte, deren Anfertigung einen Arbeitstag erfordert, bringen einen Peso3 ein. Jeder dieser Hüte wird von den acaparadores, den fliegenden Händlern, für siebzehn Pesos weiterverkauft werden. Die Montaña ist von Indios bevölkert: Nahuas, Mixteken, Tlapaneken. Sie haben ihre Bräuche, sie säen und ernten ihr bißchen Zeug und verkaufen es billig. Das Holz verschenken sie buchstäblich.

„Diesen Armen fehlt die politische Bildung“, meint Benito. Er selber ist nebst seiner Tätigkeit in der UCIM auch aktiv in der Oppositionspartei, der Partei der Demokratischen Revolution (PRD) von Cuauhtémoc Cárdenas. Auf seinem weiten T-Shirt prangt eine riesige Mickeymausfigur sowie ein Schriftzug – „Hard Rock Café“ ist zu lesen –, und während er von San Francisco und Washington träumt, redet er doch voller Begeisterung von seinen autochthonen Vorfahren (er ist Mestize) und verteilt seine Flugblätter von der UCIM. „Wir sind der Ansicht, daß man Klassenbewußtsein dadurch erwirbt, daß man weiß, welcher Klasse man angehört und wer unsere Klassenfeinde sind (der Staat, die Bourgeoisie, der Imperialismus).“ Als er vor der stattlichen Kirche vorbeikommt, die den Ort überragt, nimmt er respektvoll den Hut ab. „Das ist eine heilige Stätte, die sehr viele Wunder vollbringt“, sagt er. In seiner Person vereint Benito ganz Guerrero.

Tototepec gehört nicht zu den zahlreichen caseros (Weilern), die von jeglicher Zufahrtsmöglichkeit abgeschnitten sind. Doch die extreme Armut ist auch hier präsent. Nur die Sympathisanten der Partei, die seit Urzeiten an der Macht ist, der Institutionellen Revolutionspartei (PRI), erhalten gelegentlich Hilfe (im allgemeinen nur unmittelbar vor den Wahlen): Reis, Bohnen, Zucker. Aber meistens fehlt es an allem, auch an Wasser. „Dabei gibt es Wasser“, empört sich Primo Álvarez, ein mixtekischer Primarschullehrer, der zweisprachig unterrichtet. „Wenn wir eine Pumpe hätten, könnte das ganze Dorf versorgt werden. Es gibt auch genügend Holz, aber keine Möglichkeit, es zu nutzen. Man könnte Kalk produzieren, die entsprechenden Steine sind vorhanden, doch wir haben keinerlei Mittel.“

Die Aktivisten von der PRD, die in diesem PRI-regierten Dorf in der Minderheit sind, schlagen sich mit den Behörden herum, um Dünger zu bekommen. Am vergangenen 1. Juni erhalten sie anstelle einer Antwort Besuch von den judiciales, der Kriminalpolizei, und der Armee. Türen werden eingetreten, Häuser durchwühlt, Küchengeräte zertrümmert, die Saatvorräte in alle Winde zerstreut. Um das Maß vollzumachen, wird eine junge Frau vor den Augen ihres Ehemannes vergewaltigt. „Sie haben mich beschuldigt, ein Chef der EPR zu sein“, seufzt Primo Álvarez. Er ist Direktor der Schule mit fünf Lehrern und unterrichtet eine fünfundvierzigköpfige Klasse, doch zusätzlich muß er sein Feld bestellen. Sein Monatslohn von 1600 Pesos (ca. 160 Dollar) reicht zum Leben nicht aus. „Wo sollte ich denn die Zeit hernehmen, mich einer bewaffneten Gruppe anzuschließen?“ Mit einer angewiderten Handbewegung weist er auf seine Hütte. „Anstatt uns das Militär zu schicken, sollten sie Schulen und Kantinen bauen, Stipendien vergeben, Kleidung und Schuhe für die Kinder verteilen, vernünftige Unterkünfte für die Lehrer schaffen ...“ Dann kommt er auf die berühmte EPR zurück, die ihnen so viel Unannehmlichkeiten einbringt: „Wir selbst kämpfen auf dem demokratischen Weg. Wir haben niemals Waffen getragen. Doch wir respektieren ihren Kampf, ihre Art zu denken. Denn sie machen sich auch die Forderungen der indigenen Bevölkerung zu eigen.“

In Cochoapa el Grande, beinahe am Ende der Welt und über den Wolken, ist die Armee am 13. Juli 1998 aufgetaucht. Haus für Haus hat sie alles durchsucht. Sie hat die Leute geschlagen. Nicht alle, bloß die „Subversiven“ von der PRD (und wer mutmaßlich zu deren Umfeld gehört). Wie überall errichtet sie regelmäßig Straßensperren, wo jeder über sein Kommen und Gehen befragt und aufs unangenehmste bedrängt wird. In diesem tief gespaltenen Dorf ist der comisario4 von der PRD. Seit seiner Wahl hat die Elektrizität hier Einzug gehalten. Der vorherige PRIistische comisario hatte seinerzeit einen Kredit für den Bau einer Brücke bekommen. Es gibt immer noch keine Brücke. Doch trotz dieser offensichtlichen Tatsachen ist die PRI nicht weg vom Fenster, nur die Gräben in der Gemeinde werden noch tiefer.

Doch die „offizielle“ Partei hat auch Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen. Um 17 Uhr kommen in einer langen Reihe mehrere Dutzend Bauern mit geschultertem Werkzeug zurück in den casero. Sie werden von einem Regierungsprogramm dafür bezahlt, die abgeholzten Hänge gegen Erosion neu zu bepflanzen. Ausnahmslos alle sind Mitglieder der PRI. Kein einziger der als „oppositionell“ eingestuften Bewohner hatte Zugang zu dieser Arbeit. „Die Leute haben die Nase voll“, entschlüpft es einem Indianer, der dann doch auf der Hut ist und mit einer Umschreibung fortfährt. „Hier erzählt man sich die Geschichte einer Guerilla von früher, der des Lehrers Lucio Cabañas. Es wird wieder losgehen. Am Ende wird es Krieg geben oder was weiß ich was ...“

Ein junger Bursche, der ihn begleitet, redet nicht lange um den heißen Brei herum. Einmal ist keinmal. Sein Blick ruht auf den Berggipfeln, die den Horizont zerklüften: „Es ist gut, daß ,sie‘ da sind, weil, wenn wir jetzt plötzlich ein Problem haben, werden ,sie‘ uns helfen.“ In sehr freundlichem Ton lehnt er es anschließend ab, seine Identität preiszugeben. In der heutigen Zeit reicht viel weniger aus als das, um zu sterben.

Die Unbestechlichen fingen wieder bei Null an

GUERRERO ist, zusammen mit seinen ebenso leidgeprüften Nachbarstaaten Chiapas und Oaxaca, einer der ärmsten Bundesstaaten Mexikos. In den sechziger Jahren, die am 30. Dezember 1960 mit dem Blutbad von Chilpancingo eröffnet wurden, war eine verschärfte Repression die einzige Antwort auf die Forderungen der Kopra-(Kokosmark-) und Kaffeebauern, der Lehrer und Schüler. 1963 griff der Grundschullehrer Genaro Vázquez, der Kopf der Nationalen Revolutionären Bürgervereinigung (ACNR), zu den Waffen.5 Nach einem Massaker an Kopra-Produzenten am 20. August 1967 in Acapulco gründete ein weiterer Lehrer, Lucio Cabañas, die Partei der Armen (PDLP) und ging 1967 in den Untergrund. In den siebziger Jahren häuften sich die bewaffneten Aktionen und gipfelten am 29. Mai 1974 in der Entführung von Rubén Figueroa senior. Bereits als er auf der Liste der PRI für den Gouverneursposten im Bundesstaat kandidierte, war der Mann bekannt für seine Gangster-Methoden.6 Eine Menschenjagd setzte ein, Lucio Cabañas starb im Dezember 1974 in einem Hinterhalt. Die überlebenden Kader der zerschlagenen Organisation tauchten in die Illegalität ab.

„Damals“, erinnert sich ein Alter, „existierten die Menschenrechte nicht!“ Rund hundert Tote, über dreihundert Verschwundene – die Armee säuberte die Gegend mit grausamer Gründlichkeit. Doch nach und nach erhoben sich Tausende von Häuptern, die nicht auf unbestimmte Zeit gebeugt verharren konnten. Eine Vereinigung von ejidos7 erblickte im Süden der Montaña, an der Costa Grande8 , das Licht der Welt. „Wir hatten in allen Gemeinden Delegierte“, sagt Hilario Acosta. „Die Regierung hat diese Delegierten dann eingeladen. Sie hat ihnen Essen, Geld und Frauen gegeben und sie dabei gebeten, sich dem Nationalen Bauernverband CNC (der offiziellen Landarbeitergewerkschaft) anzuschließen. An dem Tag, als der neue Vorstand gewählt wurde, haben sie alle für den CNC gestimmt.“ Die Unbestechlichen fingen wieder bei Null an und bildeten eine ejido-Koalition. Sie begannen, die Vermarktung des Kaffees in die Hand zu nehmen. „Aber die PRIisten haben sie infiltriert, und die Koalition spaltete sich.“

Die Zeichen der Zeit stehen dennoch nicht auf Kapitulation. Nach dem durch massive Fälschungen zustande gekommenen Wahlsieg Carlos Salinas de Gortaris bei den Präsidentschaftswahlen von 1988 bieten die Bauern dem betrogenen Kandidaten und künftigen PRD-Gründer und -Vorsitzenden Cuauhtémoc Cárdenas an, „unser Leben für die Verteidigung des oppositionellen Wahlsieges zu geben“, mit den Waffen in der Hand. Cárdenas' Ablehnung – er entscheidet sich für „den Weg der Legalität“ – erzeugt enorme Frustration. Zwar bleiben sie der PRD treu, deren oppositioneller Einfluß in Guerrero erheblich zunimmt, doch sie merken sich die Lektion: In Zukunft werden sie sich vor allem auf ihre eigenen Kräfte verlassen.

Im Januar 1994 entsteht die Bauernorganisation der südlichen Sierra (OCSS), die stärkste unter den zahlreichen Bewegungen, die Guerrero schon bald an den Rand der sozialen Explosion führen sollten. Schon seit Monaten in Gründung, tritt die OCSS, in der Mestizen und Indigenas gleichermaßen organisiert sind, einige Tage nach dem überraschenden Aufstand der Zapatisten im benachbarten Chiapas zum ersten Mal in Erscheinung. Gouverneur Rubén Figueroa junior versucht diese unabhängige Organisation zu vernichten, die Bestechungsversuche zurückweist, genauso wie er seine Schergen auf jegliche Art von Opposition hetzt. Alle werden beschuldigt, mit der Zapatistischen Befreiungsarmee (EZLN) in Verbindung zu stehen. Morde, Machtmißbrauch und Verhaftungen häufen sich.

Um gegen das Verschwinden von Gilberto Romero, einem ihrer Mitstreiter, zu protestieren, fahren über hundert OCSS- Mitglieder am 27. Juni 1995 auf Lastwagen hinunter nach Atoyac de Álvarez. An der Stelle, die den Namen Aguas Blancas trägt, warten die Sicherheitskräfte in einem Hinterhalt und stoppen den Konvoi. Nachdem sie einen Teil dieser unbewaffneten Zivilisten dazu bewegt haben, von den Fahrzeugen zu klettern, eröffnen sie ohne Warnung das Feuer. Marino Sánchez erzählt zitternd vor Wut: „Ich lag auf dem Boden, die Kugeln pfiffen ganz nah vorbei. Wir waren umringt von Polizisten. Ich habe mit angesehen, wie sie verletzten Genossen den Gnadenschuß verpaßt haben.“ Ein Alptraum: Siebzehn Bauern werden ermordet, über zwanzig verletzt. Zwölf Monate später ist kein einziger der Anstifter dieses Massakers verurteilt. Als einziges Ergebnis der breiten Mobilisierung mußte Gouverneur Figueroa zurücktreten – er hat einem seiner Komparsen, Aguirre Rivero, Platz gemacht. Am Jahrestag des Massakers, während am Ort des Geschehens eine Gedenkveranstaltung mit sechstausend Teilnehmern stattfindet, tauchen etwa hundert bewaffnete Frauen und Männer auf, die Gesichter mit der unvermeidlichen pasamontañas-Mütze maskiert. Zum ersten Mal tritt die Revolutionäre Volksarmee (EPR) an die Öffentlichkeit.

„Nach einem Überraschungsmoment haben wir Freude in den Gesichtern gesehen“, erinnert sich ein Zeuge im Rückblick lächelnd. „Viele haben applaudiert. Ein Pfarrer ist hingegangen und hat sie umarmt, wobei er sagte: „Endlich!“ Das bei dieser Gelegenheit verlesene Kommuniqué, das Manifest von Aguas Blancas, hat wenig gemein mit der lyrischen Prosa des zapatistischen Subcomandante Marcos. „Wir haben beschlossen, unsere landwirtschaftlichen Geräte gegen die libertären Gewehre einzutauschen, die zum Sturz des Großkapitals und der volksfeindlichen Regierung beitragen werden. (...) Wir wollen die Errichtung einer demokratischen Volksrepublik (...) und rufen zur Bildung von Volkstribunalen auf, um über die Feinde des Volkes zu richten.“

Über gute und schlechte Aufständische

TERRORISTEN! Die Regierung Zedillo, die die Zapatisten in einen trügerischen Verhandlungsprozeß verstrickt hat, versucht die Auffassung zu nähren, es gäbe eine gute Guerilla, die EZLN, die über eine soziale Basis verfüge, und eine schlechte, die EPR, die diese nicht besitze. Sie wurde dabei zunächst bewußt oder unbewußt vom Subcomandante Marcos unterstützt, dessen Kommentare eisig waren. Die „Neuankömmlinge“ müßten „ihre Legitimität unter Beweis stellen“. Comandante José Arturo schickte eine schneidende Antwort, die den zapatistischen Medienstar paraphrasierte: „Wen müssen wir um Vergebung bitten, daß wir nicht zulassen, daß die Regierung uns weiter ermordet? Wen müssen wir um Vergebung bitten für unseren bewaffneten Aufstand? Müssen wir beispielsweise die Regierung um Vergebung bitten? Oder die Oligarchie? Oder müssen wir die EZLN um Vergebung bitten für diese Entscheidung?“9 Dann schloß er trocken: „Die Poesie kann nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sein.“

Beziehungen zwischen den beiden Guerillas gibt es kaum, aber heute auch keine Spannungen mehr. Auf eine Bemerkung des PRD-Abgeordneten Juan Guerra, Mitglied der parlamentarischen Versöhnungskommission Cocopa, der ihn frotzelt: „Die wollen dich links überholen!“ entgegnet Marcos: „Links von uns gibt es nichts als den Abgrund. Niemand ist radikaler als die Zapatisten.“ Um dann gelassener hinzuzufügen: „Ich werde die EPR weder ablehnen noch gutheißen, ich kann das nicht machen, wo wir doch selbst genauso kritisiert und beschuldigt worden sind, wie sie es heute werden.“10 Die EPR ihrerseits bezieht sich voller Respekt auf die EZLN, ohne dabei Differenzen zu verbergen. Sie verhehlt nicht, daß es ihr um eine Machtübernahme geht und daß sie zu diesem Zweck den zivilen mit dem militärischen Weg verbinden will.

Tatsächlich existierte die EPR schon seit vielen Jahren. Wenn ihr Erscheinen nur wenig Begeisterung hervorrief, so deshalb, weil die Klandestine Arbeiterpartei – Partei der Armen (Procup-PDLP) in ihren Reihen eine dominierende Stellung innehat. Diese abgeschottete Organisation maoistischer Prägung ist in den sechziger Jahren entstanden. 1972 entschied sie sich für die Linie des verlängerten Volkskriegs. „Sie hat einen mehr als schlechten Ruf“, erklärt in Mexiko-Stadt Enrique Ávila, einer der Anführer der Zapatistischen Befreiungsfront FZLN, die auf Anregung des Subcomandante Marcos als rein zivile Organisation neben dem EZLN gegründet wurde. „Sie hat in den vergangenen zwanzig Jahren mehrere Genossen getötet, die der Linken angehörten, von ihr aber als reformistisch eingestuft wurden. Das ist es, was mich stört.“ Die Procup hat im Verlauf ihrer Geschichte auch nicht gezögert, Dissidenten aus den eigenen Reihen zu eliminieren.

In den vergangenen Jahren unterstützte die Procup die Partei der Armen (PDLP) darin, sich neu zu konstituieren und in Guerrero wieder Fuß zu fassen. In ihrem Dunstkreis betätigten sich vierzehn revolutionäre Organisationen11 , die sich immer wieder phasenweise annäherten, während sie weiterhin unabhängig voneinander agierten. Die zapatistische Erhebung in Chiapas und die Hoffnung, die sie weckte, beschleunigten dann die Vereinigung. Am 1. Mai 1994 schließt sich dieses heterogene Ensemble in einer einzigen Front zusammen und bildet so die EPR. Am 18. Mai 1996 wird eine einheitliche politisch-militärische Struktur eingeführt, mit einer gemeinsamen Armee. An Geld fehlt es nicht. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gehen die Entführungen des Hauptaktionärs der mexikanischen Nationalbank (Banamex), Alfredo Harp, und des Besitzers der Supermarktkette Gigante, Angel Lozada, am 14. März und 25. April 1995 in Mexiko-Stadt auf das Konto der EPR. Als Lösegeld für ihre Freilassung wären dann 40 Millionen Dollar in die Kriegskasse der Guerilla gefallen.

Die Guerilla und die Demokratie

AM 30. August 1996 geht die EPR in sieben Bundesstaaten in die Offensive, vor allem in ihren Hochburgen Guerrero und Oaxaca (sie ist auch in Veracruz und in Chiapas präsent). Ende Oktober fordert eine erneute Kampagne zehn Todesopfer in den Reihen der Sicherheitskräfte. Sporadische Aktionen folgen. Keine Frontalzusammenstöße, sondern begrenzte Aktionen. „Angesichts des Kräfteverhältnisses“, räumt Anfang 1998 „Manuel“, ein Mitglied der Guerilla, ein, „befinden wir uns in einer Phase der Selbstverteidigung, wir reagieren auf die Aggression der Armee.“

Wie um die kursierenden Gerüchte zu bestätigen („in den letzten Jahren hat die Procup dazugelernt“) entspricht der Tonfall immer weniger dem der siebziger Jahre. „Man hat uns mit Sendero Luminoso verglichen ... Wir sind keine Provokateure. Wir haben zwanzig Jahre lang mit Leuten zusammengearbeitet, die verhungern. Aguas Blancas hat den Prozeß beschleunigt. Die soziale Basis wollte wissen: Was machen wir jetzt? Wir haben geantwortet: Hier sind wir! Der Sozialismus steht nicht auf der Tagesordnung. Wir glauben, daß der bewaffnete Kampf allein den Umschwung nicht herbeiführen kann. Alle Formen des demokratischen, pazifistischen, parlamentarischen Kampfes sind notwendig. Doch in Anbetracht der Situation in Mexiko bedarf es auch bewaffneten Drucks.“ Eine einzige Frage bleibt offen. Gehörte Manuel zur damaligen Zeit, als von den inneren Streitigkeiten noch nichts an die Öffentlichkeit durchsickerte, noch zur EPR oder bereits zur Revolutionären Armee des Aufständischen Volkes (ERPI)?

Es waren die Ereignisse in El Charco (Costa Chica), die die Existenz der ERPI ans Licht brachten. Im Land von Acteal12 und Aguas Blancas stellen sie nur eine traurige Wiederholung dar. Im Morgengrauen des 17. Juni 1998 greift die Armee eine Schule an, wo mehrere Dutzend Indianer versammelt sind, und tötet im Verlauf einer sechsstündigen „Auseinandersetzung“ elf Guerilleros, ohne selbst auch nur einen einzigen Toten zu beklagen. Die Kontroverse beginnt, als die Überlebenden und Festgenommenen Beschwerde führen: Es seien gar keine Guerilleros zugegen gewesen und es habe auch kein Kampf stattgefunden; die Opfer (mehrheitlich Bewohner des Dorfes) seien eiskalt exekutiert worden.

Der zweite Teil der Erklärung wird sich als wahrheitsgemäß erweisen. Der erste Teil hingegen wird später bezweifelt werden, und zwar nach einem Hinterhalt gegen die Armee am 22. Juni in der Region Tierra Caliente und einem weiteren gegen eine Patrouille der Bundespolizei am 4. Juli auf der Straße Chilapa-Tlapa (La Montaña). „Ja, wir haben uns in El Charco mit den Bauern versammelt. Da die compas13 keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben, wurden wir überrascht. Das hier ist unsere Antwort“, bekennt sich die bislang unbekannte Gruppierung.

60 Prozent der EPR-Kommandos operieren in Guerrero. Die ERPI entsteht am 8. Januar 1998; ihr gehören Leute an, die sich von kämpfenden Einheiten aus Guerrero und der Führung der dortigen Sektion der Demokratischen Revolutionären Volkspartei (PDPR, der politische Arm der EPR im Untergrund) abgespalten haben. Jeden Tag wichen die Standpunkte der Leute aus Guerrero ein wenig mehr von denen des Zentralkomitees ab. „Viele Gemeinden verlangten eine Antwort auf die Angriffe“, erklären im August die Kommandanten Antonio und Santiago. „Die EPR handelt so nicht. Sie organisiert Operationen, die nicht den Erwartungen der Bevölkerung entsprechen, sondern den jeweiligen konjunkturellen Entwicklungen im Land. Wir schlugen vor, auf die Repression zu antworten, aber wir bekamen für derartige Aktionen von der EPR kein grünes Licht.“

Die künftigen Operationen, so wird angekündigt, werden durch die Notwendigkeit bestimmt sein, auf die staatlichen Machtexzesse zu reagieren. „Diese Armee gehörte bislang zu einer Partei, wir geben sie zurück in die Hände des Volkes. Entscheidet, was wir tun sollen. Wir werden ausschließlich da in Aktion treten, wo das Volk es entscheidet.“ Eine Position, die eigentlich auch den Zapatisten gefallen müßte. Mit ihnen gibt es allerdings immer noch keinerlei Verbindung14 . „Aber die EZLN hat wichtige Beiträge in Sachen Demokratie geleistet“, räumt man bei der ERPI ein, „was sich in der Formel ,gehorchend befehlen‘ ausdrückt.“ In dieser Hinsicht gibt es sehr wohl eine Annäherung, wenn auch bisher eine einseitige.

In El Charco sind die Wunden nicht verheilt. Da steht die zerstörte, von Kugeln durchsiebte Schule, wo die Tragödie sich abgespielt hat (sie hat sechzig Waisen hinterlassen): „Das ist jetzt ein trauriger Ort. Der Geist unserer Toten schwebt darüber, und unser Glaube besagt, daß wir ihn erst wieder nutzen dürfen, wenn Gerechtigkeit hergestellt ist.“ Die Antwort auf die Frage, ob die Guerilla durch ihre Anwesenheit für das verantwortlich ist, was den Zivilisten zugestoßen ist, entspricht ungefähr dem, was man überall im Bundesstaat zu hören bekommt: „Wir selbst kämpfen weiterhin auf dem demokratischen Weg. Aber jeder hat das Recht, seine Mittel zu wählen. Wenn sie sich für den bewaffneten Kampf entschieden haben, dann, weil die Verzweiflung sie dahin getrieben hat. Wir respektieren sie. Der wahre Schuldige ist die Staatsmacht.“

Von den 580 Morden an PRD-Aktivisten in den letzten Jahren haben sich 207 in Guerrero ereignet, das sind 35 Prozent. Der ehemalige Abgeordnete Rafael Ranferi wurde beschuldigt, ein Anführer der EPR zu sein – was er energisch von sich wies – und mußte in Frankreich politisches Asyl beantragen. Seit 1996 zirkuliert eine schwarze Liste mit 106 Namen, von der paramilitärischen Gruppe Confidencial 08 erstellt, die die zukünftigen Opfer mit dem bewaffneten Kampf in Verbindung bringt. „An der Costa Grande sind seit 1995 34 unserer Aktivisten umgebracht worden“, berichtet Norma Mesino, eine führende Aktivistin der OCSS. „Im vergangenen Juli haben sie einen Anführer ermordet, Eusebio Vásquez. Er wurde schon seit längerem von José Vargas bedroht, dem Oberbefehlshaber der Polizei von Tepetixtla. Festgenommen wegen dieses Mordes wurde dann aber einer von uns, Erasto Hurtado! Ihr Ziel ist, uns als eine gewalttätige Organisation hinzustellen und obendrein zu spalten.“

52 Mitglieder der Breiten Front zum Aufbau einer nationalen Befreiungsbewegung (FAC-MLN), einem Zusammenschluß von dreihundert Gewerkschaften, Parteien und Organisationen, der in Acapulco gegründet wurde und in Guerrero besonderes Gewicht hat, schmoren aufgrund verschiedenster Anklagen im Gefängnis. Das eine bedingt das andere: Von der Regierung dazu gedrängt, weigerte sich die FAC-MLN, den bewaffneten Kampf zu verurteilen. Die Militarisierung des Bundesstaates schreitet voran, und Paramilitärs hinterlassen auch hier, ebenso wie in Chiapas, breite Blutspuren, wohin sie kommen.

Ein schäbiges pueblo, hoch oben auf einem Berggipfel im Herzen der Montaña. Indianische Aktivisten der PRD – sie sind Lehrer – sitzen um einen Tisch, ein Bier in der Hand, und sprechen über die nächsten Wahlen. Der Wahrscheinlichkeit nach müßte die PRD im Februar 1999 den Gouverneursposten von Guerrero gewinnen, und im Jahr 2000 die Präsidentschaft der Republik mit dem ingeniero Cuauhtémoc Cárdenas. Diese Einschätzung ist gleichzeitig sehr kühn („Wir glauben weiterhin an den demokratischen Kampf, um den Wechsel herbeizuführen ...“) und ernüchtert („... aber wir denken, daß dieser demokratische Kampf nicht erfolgreich sein wird“). Auch wenn die Regierung, nicht zuletzt unter dem Druck der EZLN, der PRD und der internationalen Öffentlichkeit, politische Freiräume geöffnet hat, auch wenn sie im Juli 1997 den Sieg von Cárdenas bei den Bürgermeisterwahlen von Mexiko-Stadt sowie den Verlust der absoluten PRI-Mehrheit im Kongreß zugelassen hat, wissen doch alle hier, daß die Situation in den quasifeudalistischen Regionen des Landes, die von lokalen Kaziken beherrscht werden, festgefahren bleibt.

Wenn die Bevölkerung die Siegerin wäre

SICHER, Chilpancingo und Acapulco sind bei den Kommunalwahlen am 6. Juli 1997 der PRD zugefallen, doch die ländlichen Gebiete sind immer noch fest in der Hand der PRI. Seit einigen Monaten durchstreift diese Partei das Land und kauft die Leute, indem sie Geschenke, Kleidung, Mais und andere Arten von Düngemittel verteilt. „Diese Leute sind so arm, daß man ihnen nur ein Essen anzubieten braucht, ein paar Bohnen, und man führt sie, wohin man will, wie eine Herde Vieh.“ Obendrein hat Rubén Figueroa, der Gouverneur, der nach dem Verbrechen von Aguas Blancas zum Rücktritt gezwungen worden war, seine Rückkehr in die Politik angekündigt, um mit allen Mitteln den Sieg der Opposition in diesem Bundesstaat zu verhindern.

Gleichwohl scheint die PRD ausgerechnet unter den perredistas (so heißen ihre Mitglieder) keine Begeisterung hervorzurufen. „Die Lösung unserer Probleme läuft nicht einzig und allein über einen personellen Wechsel“, heißt es in Tlapa. „Die PRD ist nicht die Lösung.“ Dann wird abgemildert: „Aber indem sie dazu beiträgt, Räume zu öffnen, erlaubt sie zumindest gewisse Fortschritte.“ In der stickigen Hitze von Tepetixtla geht man noch weiter. „Ob nun die PRI oder die PRD die Wahlen gewinnt, wird keinen so großen Unterschied machen. Ich hätte es lieber, wenn die Bevölkerung die Siegerin wäre.“ Die örtliche PRD ist unzweifelhaft radikal. Tatsächlich sind die Aktivisten keine „Aktivisten der PRD“, sondern von Bauern- oder Basisorganisationen vom Typ OCSS oder FAC-MLN. Sie sympathisieren mehr oder weniger offen mit der Guerilla und benutzen die Partei im Grunde, um sich Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen und der Repression zu entkommen.

Ohne diese Stimmen zurückweisen zu können, auf die sie angewiesen ist, sieht die PRD auf Bundesebene diesen Linksruck ungern, der der sozialdemokratischen Partei jene politische Mitte zu entfremden droht, auf die sie ihre Hoffnung gründet. Diese radikale Basis wird auch weiterhin für Probleme sorgen, auch und vor allem im Fall eines Wahlsiegs von Cárdenas im Jahr 2000. Dieser möchte gerne die Staatsmacht erobern, und so verdammt er den Neoliberalismus nicht grundsätzlich, sondern möchte nur seine Spitzen brechen. Er lehnt auch das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta nicht mehr ab, sondern möchte es nur noch umgestalten.

In Guerrero ist des öfteren von einer „PRI Nummer zwei“ die Rede. PRD-intern bewerben sich zur Zeit nicht weniger als sieben Kandidaten für die Gouverneurswahl von 1999; dabei sind die beiden aussichtsreichsten Anwärter, Felix Salgado und Xavier Olea, Überlaufer aus der PRI. Doch damit nicht genug: Am 21. August verkündete Octaviano Santiago, der Vorstandsvorsitzende der PRD im Bundesstaat, daß seine Partei Gespräche mit einigen der neun Anwärter der PRI eingeleitet habe, damit diese ihre Partei verlassen und sich an der Vorrunde zur Bestimmung des PRD-Kandidaten beteiligen.15

In jedem Fall „gehen wir bei nächsten Wahlen ein umfassendes Bündnis mit der PRD ein“, sagt die OCSS-Aktivistin Norma Mesino. „Ohne uns in Illusionen zu wiegen, glauben wir doch, daß mit ihr eine positivere Beziehung möglich wäre, daß einige unserer Forderungen erfüllt werden würden.“ Und sei es nur eine Abmilderung der Repression. Denn in Metlatonc, der allererbärmlichsten Gemeinde des Bundesstaates, warnt Felipe Ortiz von der PRD: „Der Regierung stehen zwei Wege offen. Den Willen der Bevölkerung respektieren oder eine Radikalisierung herbeiführen. Die Leute sind entschlossen. Guerrero ist ein Pulverfaß, das jederzeit hochgehen kann.“ Die ERPI hat ihrerseits bereits Farbe bekannt: Sie befindet sich in einer Phase der „stillen Akkumulation von Kräften“, um eine aufständische Situation unterstützen zu können. „Wir denken, daß es notwendig ist, sich vorzubereiten, denn in bestimmten Konjunkturen kann es Auslöser geben, die die Massen zum Aufstand bewegen.“

Chiapas, Guerrero, Oaxaca, Veracruz, das ist fast der gesamte mexikanische Süden, der zwischen Gewalt und Frieden hin- und hergerissen ist. Wenn Cuauhtémoc Cárdenas bei den Präsidentschaftswahlen von 2000 unterliegt – und sei es regulär –, möchte hier für das, was dann passiert, niemand mehr seine Hand ins Feuer legen. „Wenn die Armee die EZLN angreift“, sagte das EPR- (oder ERPI)-Mitglied „Manuel“ Anfang des Jahres im Vertrauen, „hat Marcos zwar gesagt, daß er keine Retter will. Aber man kann ja nicht einfach mit verschränkten Armen abwarten. Wir würden von der Selbstverteidigung zur Kriegserklärung übergehen.“ Ein kleines Mittelamerika im Nafta- Territorium! Mit allen Zutaten, nicht bloß für einen klassischen Konflikt – Guerilla gegen Militärs –, sondern, wenn man den Voraussetzungen in der Region Rechnung trägt, für einen lokalen Bürgerkrieg.

Die Guerilla hat keinerlei Zukunft in einem Mexiko, wo künftig die Option von Wahlen existiert und wo die PRD reformistische Hoffnungen schürt. Doch strahlende Tage und eine langwährende Legitimität stehen ihr bevor, wenn die soziale und politische Demokratie nicht auch in den ärmsten Bundesstaaten einkehrt. Anstatt die Gefahr zu minimieren, schürt die Staatsmacht sie und spielt nur einen einzigen Hebel aus. In Tlapa ist Benito, als er aus der Niederlassung der UCIM herauskam, einem judicial von der Kriminalpolizei begegnet. Der Mann hat ihn aufgehalten, hat die Hand auf seinen Arm gelegt und ihn kalt angesehen, um dann bloß zu sagen: „Ich weiß, wer du bist. Ich weiß, was du tust.“

dt. Miriam Lang

Fußnoten: 1 Chilpancingo ist die Hauptstadt des Bundesstaates Guerrero. Mexiko ist in 31 Bundesstaaten und einen Bundesdistrikt gegliedert. 2 Traditionelle Parzelle zur Selbstversorgung, wo Mais angebaut wird (Anm. d. Ü.) 3 10 Pesos entsprechen derzeit etwa einem Dollar. 4 Entspricht in kleinen Dörfern dem Bürgermeister. 5 Genaro Vázquez stirbt 1972 an den Folgen eines Autounfalls. 6 Siehe „Guerre sociale au Guerrero“, Opuscules et Pamphlets, Bd. I und II, Paris (Syllepse) 1997. 7 Ejido: auf vorkolumbianische kommunale Bewirtschaftungsformen zurückgreifende Form des Landbesitzes. Die Parzellen bleiben Staatseigentum, werden aber über die Kommunen je einem ejidatario zur Nutzung überlassen. Dieser kann sie vererben, aber nicht verpachten oder verkaufen. Wenn eine Parzelle über zwei Jahre lang nicht genutzt wird, fällt sie an die Gemeinde zurück und wird neu verteilt (Anm. d. Ü.) 8 Guerrero umfaßt fünf Regionen: Montaña, Centro, Tierra Caliente, Costa Chica und Costa Grande. 9 Am 16. Januar 1994 hatte der damalige Präsident Salinas de Gortari angekündigt, er werde dem Parlament ein Amnestieprojekt für die führenden Leute des zapatistischen Aufstandes vorlegen. Am 18. Januar lehnt der Subcomandante Marcos dies in einem Text, der berühmt geworden ist, ab und antwortet: „Was will man uns verzeihen?“ In: Andreas Simmen (Hrsg.), „Mexiko. Der Aufstand in Chiapas“, Zürich/Berlin (WoZ-Verlag/ID-Verlag) 1994. 10 Juan N. Guerra, „Historia personal de la Cocopa“, México (Grijalbo) 1994. 11 Fuerzas Armadas de Liberación Nacional (FALN), Fuerzas Armadas Revolucionarias del Pueblo (FARP), Comando Francisco Villa, Comando Morelos, Comandos armados mexicanos, Brigada Genaro Vásquez, Brigada Vicente Guerrero, Brigada obrera de autodefensa, Brigada 18 de mayo, Brigada campesina de ajusticiamiento, Organización revolucionaria obrera Ricardo Flores Magón, Células comunistas, Organización ejército del Pueblo, etc. 12 Massaker an 45 vorgeblich zapatistischen Indígenas, in der Mehrzahl Frauen und Kinder, das am 22. Dezember 1997 in Chiapas verübt wurde. 13 Verkleinerungsform für compañeros (Genossen). 14 Immerhin gibt es eine indirekte Verbindung: Dissidenten der EZLN, die mit der Linie des Subcomandante Marcos nicht einverstanden waren, insbesondere mit der Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen 1995, sind zur EPR gewechselt. 15 Im Bundesstaat Zacatecas hat die PRD den Gouverneursposten mit einem PRI-Mitglied an der Spitze errungen, das in letzter Minute übergetreten war: Ricardo Monreal. In Puebla hat sie einen Kandidaten aufgestellt, der lange Zeit im konservativsten Flügel der PAN aktiv war.

Le Monde diplomatique vom 13.11.1998, von MAURICE LEMOINE