13.11.1998

Was ist ein Hedge-Fonds?

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Was ist ein Hedge-Fonds?

WÖRTLICH übersetzt bedeutet dieser Begriff „Sicherungsfonds“ oder „Risikobegrenzungsfonds“. Treffender wäre unter den orwellschen Verhältnissen der Finanzwelt freilich die Übersetzung „Spekulationsfonds“. „Hedge-Fonds“ ist ein Sammelbegriff für höchst unterschiedliche Investmentfirmen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, daß sie auf Rechnung vermögender Einzelpersonen – der Mindesteinsatz beträgt mehrere hunderttausend Dollar – oder institutioneller Anleger mit „modernsten“ Methoden der technischen Analyse Spekulationsgeschäfte tätigen.

Hedge-Fonds brauchen mit Blick auf Eigenkapital und Produktdiversifizierung keinerlei Mindestvorschriften zu beachten und sind keiner Aufsichtsbehörde Rechenschaft schuldig. Ein Fonds mit weniger als 99 Geschäftspartnern unterliegt, wenn er sich nicht an Kleinanleger wendet, nicht der Aufsicht der „Securities and Exchange Commission“ (SEC) und kann daher mit Einsätzen „spielen“, die in keinerlei Verhältnis zu seinen Eigenmitteln stehen. Daß die Hedge-Fonds im regulierungsfreien Raum operieren dürfen, wird aber auch mit ideologischen Gründen gerechtfertigt: Man setzt auf die „Selbstdisziplin des Markts“. Darüber hinaus will man verhindern, daß sich die Hedge-Fonds in Off-shore-Zentren absetzen.

Obwohl es an Statistiken ansonsten nicht mangelt, kennt niemand die genaue Zahl der Hedge-Fonds und der von ihnen manipulierten Summen; Schätzungen sprechen von weltweit 4000 Fonds mit einem Anlagevolumen von rund 200 Milliarden Dollar (vor fünf Jahren waren es erst 4 Milliarden Dollar).1

Fußnote: 1 Nach Angaben der Hennessee Hedge Fund Advisory Group, New York Times, 27. September 1998. Vgl. Les Échos, 28. September 1998.

Le Monde diplomatique vom 13.11.1998