16.04.1999

Schuld ist immer das Ausland

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Schuld ist immer das Ausland

KURZ bevor der frühere Generalstabschef der jugoslawischen Armee, Momcilo Perisic, in Ungnade fiel, hatte er sich öffentlich über die Isolation Serbiens gewundert und damit den Zorn von Präsident Slobodan Milosevic heraufbeschworen. In der Tat hatte das staatliche Fernsehen während der Verhandlungen von Rambouillet intensiv darauf hingewiesen, daß Belgrad von China und Rußland unterstützt werde. Im Umfeld von Milosevic ist man weit davon entfernt, das Erstaunen des Generals Perisic zu teilen, vielmehr betont man die unheilvolle Politik gewisser „internationaler Mächte“, aus der sich die Absonderung Serbiens erkläre.

So bezichtigt der jugoslawische Außenminister Zivadin Jovanovic die US-Regierung in einem Gespräch mit Le Monde diplomatique, sie habe die „Terroristen“ der Befreiungsarmee des Kosovo (UÇK) ins Leben gerufen und mit Waffen versorgt: „Gewisse Stellen der USA unterstützen offen den Separatismus und den Terrorismus im Kosovo, und zwar sowohl politisch wie militärisch.“ Der Chef der jugoslawischen Diplomatie stützt seine These auf Äußerungen Madeleine Albrights am Ende der Konferenz von Rambouillet. Wenn die Verhandlungen aufgrund der albanischen Delegation scheiterten, könne man die albanische Seite nicht mehr unterstützen und wäre gezwungen, jede Hilfe von außen zu kappen, hatte die amerikanische Außenministerin dort gesagt. Auf die Frage nach den Beweggründen der Amerikaner antwortet Jovanovic: „In dieser Krise geht es vor allem darum, die Vorherrschaft der Nato gegenüber anderen internationalen Organisationen zu sichern und zu demonstrieren, daß die Europäer von den Amerikanern abhängig sind.“ Insofern, unterstreicht der Minister, sei die UÇK „geschaffen worden, um behaupten zu können, im Kosovo herrsche Krieg und deshalb sei die Aufstellung internationaler Streitkräfte in einem souveränen europäischen Staat notwendig.“

Viele Beobachter in Belgrad befürchten, daß sich die Lage in Montenegro rapide verschlechtern könnte.1 Seit der Reformer Milo Djukanovic im Oktober 1997 an die Spitze des zweiten Teilstaates der jugoslawischen Bundesrepublik gewählt wurde, sind die Brücken zwischen Podgorica und Belgrad abgebrochen. Doch Jovanovic beschwichtigt: „Diese Spannungen sind vorübergehender Natur. Sie werden von denen geschürt, die unser Land destabilisieren wollen.“ Dem Minister zufolge soll Washington im Jahre 1998 rund 17 Millionen Dollar aufgewendet haben, um die Aktivitäten der Oppositionsbewegungen und der unabhängigen Presse zu unterstützen. „Für dieses Jahr haben die Amerikaner ihnen 25 Millionen Dollar versprochen“, empört sich Jovanovic.

Südlich von Serbien nehmen die Spannungen zu, nördlich des Landes wächst die Verbitterung. Dragan Veselinov, Chef der Partei „Koalition für die Vojvodina“, kämpft leidenschaftlich für die – 1989 aufgehobene – Autonomie dieser Agrarregion, in der eine bedeutende ungarische Minderheit lebt (knapp 15 Prozent der Bevölkerung der Region). Er beschuldigt Belgrad, die Vojvodina zu „kolonisieren“. „Die regierungsnahen Zirkel kontrollieren alle sozialen Einrichtungen sowie die wichtigsten Unternehmen unseres Gebiets“, klagt er. Auch hier treibt das Vorgehen der Milosevic-Regierung eine Bevölkerung in wachsende Verzweiflung, die gegen die Verarmung kämpft.

T. H.

Fußnote: 1 Siehe „Le Montenegro prend ses distances avec la Serbie et Slobodan Milosevic“, Le Monde, 4. März 1999.

Le Monde diplomatique vom 16.04.1999, von T. H.