11.06.1999

Auch Frankreich

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Auch Frankreich

NEBEN einer Reihe anderer Länder wie Rußland, Türkei, Saudi-Arabien, Pakistan, Thailand und Israel verfügen auch die französischen Streitkräfte über AU-haltige Waffen. 1995 äußerte General Galois in einem Gespräch mit der Wochenzeitschrift VSD: „Der Einsatz solcher Munition würde eine völlige Mißachtung der von der internationalen Staatengemeinschaft beschlossenen Grundsätze bedeuten. (...) Eine allgemeine Verbreitung dieser Waffen liefe auf die Legalisierung radioaktiver Verseuchung hinaus. (...) Ich kann nicht glauben, daß die Franzosen diesen Weg beschreiten wollen.“1

Nach einer parlamentarischen Anfrage erklärte 1993 der damalige britische Verteidigungsminister Jeremy Hanley, Großbritannien habe am Centre d'études von Gramat im französischen Departement Lot AU-Waffen getestet. 1994 enthüllte die Zeitschrift Damoclès, Panzer vom Typ Leclerc seien mit „Pfeilgeschossen aus Tungsten oder abgereichertem Uran“ ausgerüstet.2 In derselben Ausgabe schrieb Bruno Barrillot, Direktor des französischen Friedens- und Konfliktforschungsinstituts „Centre de documentation et de recherche sur la paix et les conflits“, daß der Jahresbericht des Observatoire national des déchets radioactifs von 1994, der von der Agence nationale pour la gestion des déchets radioactifs (Andra) herausgegeben wird, eine Aufstellung über das Établissement technique von Bourges enthält. Darin wird die Lagerung von „Abfällen“ erwähnt, die „aus Versuchsschüssen mit AU-haltigen Pfeilgeschossen stammen“. Barrillot schrieb weiter, daß abgereichertes Uran auch auf dem militärischen Testgelände des Commissariat à l'énergie atomique (CEA) in Moronvilliers gelagert werde.

Ausgangspunkt für den VSD-Bericht von 1995 war die Entdeckung einer US- amerikanischen Exportlizenz über 75 Tonnen abgereichertes Uran nach Frankreich, und zwar „zum Zwecke der Munitionsherstellung“.3 Die Frage, weshalb Frankreich solche Mengen an AU importiert, wo es nicht weiß, wo es die eigenen AU-Mengen hinschaffen soll, blieb bis heute unbeantwortet. Als die Zeitschrift Damoclès 1998 erneut das Verteidigungsbudget analysierte, entdeckte sie den Vermerk, daß die Fertigungsanlage von Giat Industries in Salbris „vor ihrer Schließung den Produktionsauftrag über 60000 AU-haltige 120-Millimeter-Granaten abwickeln“ werde.4

Die französischen AU-Waffen fallen ebenso unter die Bestimmungen für „militärische Geheimnisse“ wie das berüchtigte „Syndrom“, über das die französischen Soldaten, die an der Seite der Amerikaner und Briten im Golf gekämpft haben, strengstes Stillschweigen zu wahren haben.

C. A.-D.

Fußnoten: 1 VSD 932, 6. Juli 1995. Dazu das Dossier in Le Monde diplomatique, April 1995. 2 Damoclès 61, Lyon, 4. Quartal 1994 (Vierteljahreszeitschrift des Centre de documentation et de recherche sur la paix et les conflits). 3 Die auf den 1. Februar 1991 datierte Lizenz des US-Unternehmens Nuclear Metals Inc. wurde von der amerikanischen Nuclear Regulatory Commission ausgestellt und weist als Empfänger das französische Unternehmen Cerca in Bonneuil-sur-Marne im Departement Val-de-Marne aus. 4 Damoclès 79, 4. Quartal 1998.

Le Monde diplomatique vom 11.06.1999, von C. A.-D.