10.09.1999

Man nannte es den Dritten Weg

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Man nannte es den Dritten Weg

Von RICARDO PETRELLA *

BEGRIFFE wie „Staat“ und „Bürger“ gehören zu den Tabuworten des Sozialkonformismus; sie wurden durch die Begriffe „Marktgesellschaft“ und „Individuum“ ersetzt. In den letzten zwanzig Jahren hat die wirtschaftsliberale Ideologie das Weltbild der politischen Führungskräfte verkehrt, allen voran bei jenen Regierungen, die sich als links bezeichnen. Das Resultat ist eine Atomisierung aller kollektiven Strukturen und die systematische Eliminierung des Staates als Garant des Gemeinwohls, die gerade von denen orangetrieben wurde, die ihm eigentlich dienen sollten. Die Politik scheint heutzutage vornehmlich darauf aus zu sein, die Möglichkeit politischer Gestaltung und gesellschaftlichen Handelns schlechthin zu zerstören.

In den letzten zwanzig Jahren wurden die Rolle des Staates und sein Handlungsspielraum weltweit neu definiert und eingeschränkt. Seine währungspolitische und militärische Souveränität wurde ebenso beschnitten, abgebaut und zerstückelt wie seine Möglichkeiten, im Bereich der Wirtschaft oder der Information und Kommunikation regulierend einzugreifen.1 Das gilt auch für den Anspruch des Staates, ein repräsentativer und glaubwürdiger Vertreter des Gemeinwohls zu sein: Für die Öffentlichkeit ist er gegenüber den global operierenden Unternehmen und den „Märkten“ ein zunehmend schwacher und ohnmächtiger Akteur geworden. Doch Neoliberale und Konservative stehen bei diesem Kreuzzug gegen den Staat nicht allein. Vielmehr haben sie zahlreiche Demokraten in Nordamerika, Japan und Indien, aber auch einen Großteil der europäischen Sozialdemokraten und Sozialisten als Bundesgenossen gewonnen. Gerade dieses bedarf einer Erklärung.

In der Regel wird in diesem Zusammenhang auf die Krise des Wohlfahrtsstaates und des Nationalstaates verwiesen. Doch damit ist nicht hinreichend erklärt, weshalb die Regierungen in so vielen Ländern die Selbstenteignung der Staatsmacht vorangetrieben haben. Ebenso bedeutsam für diese Entwicklung ist zweifellos das radikal gewandelte Verständnis von Gesellschaft, das sich vor allem in fünf Schlüsselbegriffen artikuliert: Individuum, Markt, „Angemessenheit“2 , Unternehmen und Kapital. Unter dem Strich haben wir es mit einer vollständigen Dekonstruktion des „Politischen“ zu tun.

Der Sozialstaat, der im Gefolge der Weltwirtschaftskrise der Jahre 1929 bis 1932 und des Zweiten Weltkrieg verwirklicht wurde, war Resultat der sozialen Kämpfe des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er war ein Kompromiss zwischen Kapital und Arbeit, insofern er eine Verteilung der verfügbaren Ressourcen und eine gerechtere Umverteilung der Gewinne erlaubte, die sich aus der gesteigerten Produktivität ergaben. Das führte zwischen 1945 und 1975 in allen westlichen Ländern zur Verringerung der Einkommensunterschiede und zu einem allgemein höheren Lebensstandard.

Ab Ende der sechziger Jahre setzte jedoch eine systematische Kritik am Sozialstaat ein, und zwar aus ganz unterschiedlichen Richtungen. Da hieß es, der Sozialstaat entlasse die Menschen aus der Verantwortung für sich selbst; oder er sei ineffizient und habe sich als unfähig erwiesen, die zunehmende öffentliche Verschuldung aufzuhalten; oder er mische sich willkürlich in die Wirtschaftssphäre ein und korrumpiere das öffentliche Leben.3 Diese interessegeleitete Kritik äußerte sich vor dem Hintergrund einer bestimmten Entwicklung: Seit Ende der sechziger Jahre ging die durchschnittliche Kapitalrendite zurück, und zwar weitgehend als Folge der vom Staat betriebenen Umverteilungspolitik zugunsten der Arbeitseinkommen. Seither ist die Rückkehr zu hohen Profitraten das Hauptziel aller Konservativen und Neoliberalen der Welt, das sie zu ihrem Kampf gegen den Sozialstaat anspornt.

Mehr noch als die „regionalistische“ Kritik an der „Diktatur“ des Nationalstaats hat die wirtschaftliche Globalisierung die Argumente, welche die Notwendigkeit, den Nutzen und die Effizienz des Staates in Abrede stellen, glaubwürdiger erscheinen lassen. Der freie Kapitalverkehr hat dem Nationalstaat die Kontrolle über die Währung entzogen, die nur noch eine Ware ist, deren Wert durch den Markt bestimmt wird. Die Globalisierung der Handels-, Unternehmens- und Produktionsstrukturen hat den staatlichen Wirtschaftsraum als vorrangigen strategischen Bezugsrahmen entwertet.

Einmal der Kontrolle über sein Territorium und seinen Markt beraubt, hatte der Staat als Subjekt und Ort der politischen Gestaltung nicht mehr viel zu sagen. So konnte man die Liberalisierungsmaßnahmen legitimieren, mit deren Hilfe in den letzten zwanzig Jahren im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (Gatt) und später der Welthandelsorganisation (WTO) eine weltweite Regulierungsmacht etabliert wurde, die sich den Interessen gigantischer privater Firmen unterordnet – und dies mit Unterstützung und Zustimmung der mächtigsten Regierungen der Welt, an erster Stelle der US-amerikanischen. Logische Folge dieser Liberalisierungspolitik waren die Deregulierungsschübe, die eine Privatisierung ganzer Wirtschaftsbereiche einleiteten.

Eine zentrale Rolle spielte dabei die Wissenschafts- und Technologiepolitik: Sie orientierte sich nicht am Ziel der Partizipation und an der Sorge um das Gemeinwohl, sondern stellte sich in den Dienst privater Interessen vor allem der Industrie, des Agrobusiness und des Dienstleistungssektors. Gefördert wurde diese Entwicklung durch eine Interpretation des Rechts auf geistiges Eigentum, die Wissen zunehmend zum Privateigentum und zur Ware machte. Bildung und Ausbildung wurden den Imperativen der Wirtschaft unterworfen. Die „neue“ Gesellschaft, die „Informationsgesellschaft“, die angeblich unsere Zukunft darstellt, wurde – im Einverständnis und mit Hilfe der Politiker4 – von den großen Privatunternehmen vereinnahmt: Microsoft, Cisco, Intel, IBM, Ericsson, Nokia, Time Warner & Walt Disney, CNN, Bertelsmann, Murdoch usw. In der Sicht dieser Firmen ist die Informationsgesellschaft im Begriff, eine neue politeia zu entwickeln, eine direkte Regierung im Weltmaßstab, die ohne Staat auskommt.

Nach alledem bleibt dennoch unverständlich, wieso die westlichen Politiker – und zumal die mit „linkem“ Selbstverständnis – an dieser Selbstenteignung des Staates aktiv mitgewirkt haben. Eine Erklärung bietet vielleicht folgende Hypothese: Seit der Französischen Revolution sieht die Linke in Wissenschaft und Technik einen Motor des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts, ein Instrument zur Befreiung von Unterdrückung, Sklaverei und der Beschränkung von Freiheit und Menschenrechten. Als dann jedoch um die Mitte unseres Jahrhunderts politische Führer der Linken zu Sachwaltern von Politik und Wirtschaft wurden – und damit auch in die wohlhabende Mittelschicht aufstiegen –, sorgte ihre positivistische Grundeinstellung zugleich für eine Affinität zu anderen Segmenten der Führungsschichten, und zwar im Zeichen zweier Ziele: Produktivität und internationale Wettbewerbsfähigkeit.

Billigkeit und Marktgesellschaft

VOR diesem kulturellen und soziologischen Hintergrund kamen Ende der sechziger Jahre vor allem drei Erscheinungen hinzu, von denen sich die Linke veranlasst sah, aktiv in einen neuen Diskurs über Gesellschaft und Welt einzusteigen: Erstens die wissenschaftlichen und technischen Umwälzungen, insbesondere auf den Gebieten der Automatisierung, Information und Kommunikation, mit all ihren Auswirkungen auf Produktion, Beschäftigung, Arbeitsmarkt und internationalen Wettbewerb; zweitens der Rückgang der Profitraten in einer westlichen Wirtschaft, die gegenüber den neuen aufstrebenden Konkurrenten an Dynamik verloren hatte; und drittens die immer deutlicher werdende Gewissheit, dass die „sozialistisch“ genannten Länder als glaubwürdiges Alternativsystem nicht taugen.

Das neue Weltbild, das die Sachwalter unseres Planeten artikulieren, stützt sich auf fünf tragende Ideen. Das erste Prinzip ist der eindeutige Vorrang des Individuums in seiner Rolle als Innovator, Konsument und Produzent. Das Individuum ist es also, das in Interaktion mit seinesgleichen die Spielregeln festlegt. Diese Interaktion beruht auf dem Prinzip, dass jeder Einzelne frei ist, sich auf eine Weise zu verhalten und auszutauschen, die einen maximalen individuellen Nutzen verspricht. Wobei sich der Nutzen wiederum am Geldwert der Güter und Dienstleistungen bemisst, die dem Individuum zu eigen oder zugänglich sind. Die Gesellschaft basiert auf ökonomischen Transaktionen, in denen der Einzelne – im Austausch von Lebenszeit, Kenntnissen, Gütern oder Dienstleistungen – bestrebt ist, die Kosten zu minimieren und den Gewinn zu maximieren. Der Prozess der gesellschaftlichen Steuerung verläuft nicht mehr vertikal, indem Normen von oben geltend gemacht werden, und zwar gemäß Prinzipien, die den Individuen „äußerlich“ bleiben. Er verläuft nunmehr horizontal, also auf unterer Ebene über ein Vertrags- und Konsensverfahren und gemäß Prinzipien, die „innerhalb“ der Individuen angelegt sind.

Das zweite Element: Wo nicht allgemeine Normen, sondern allein die individuell festgelegten und beliebig wechselnden Prozeduren gelten, ist offensichtlich der Markt das Modell, das für die Optimierung der Transaktionen sorgt. Der Markt setzt sich gegen alle anderen Optionen durch: gegen Kooperativen, Genossenschaften und Solidargemeinschaften, gegen den Staat und das Prinzip unentgeltlicher Leistungen. Der Markt stellt das einzige Verfahren dar, nach dem sich die Individuen immer wieder – mittels des Preises – über die Zuweisung und Verteilung der Ressourcen einigen können. Damit wird die ganze Gesellschaft zu einem Markt und bietet sich die „Marktgesellschaft“ – und nicht nur die Marktwirtschaft – als quasi „natürliche“ Form der Organisation und Ausgestaltung des Staatswesens an.

Der Markt sorgt – und dies ist die dritte Hauptidee – über das Kriterium der „Angemessenheit“ für soziale Gerechtigkeit im wahren Sinne. Im Gegensatz zum Wohlfahrtsstaat sei die „Marktgesellschaft“ zutiefst gerecht. Weil sie jedem Individuum erlaube, sich am Wettbewerb zu beteiligen, könne jeder die Verantwortung für sich selbst übernehmen und mittels Eigeninitiative und Kreativität sein eigenes Wohlergehen sichern. Diese These erinnert stark an Theorien von John Rawls4 oder auch an den „Dritten Weg“ von Autoren wie Anthony Giddens5 , dem Hausphilosophen von Tony Blair. In diesen Theorien wird das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit aufgewertet. Zum Beispiel Arbeitslosigkeit: Da hat einer versäumt, eine gute Ausbildung abzuschließen, in seiner beruflichen Karriere ist etwas schiefgelaufen, er war nicht ausreichend konkurrenzfähig. Der Übergang vom Begriff des Rechts auf Arbeit zu der Verpflichtung, den Beweis für die eigene „Verwendbarkeit auf dem Arbeitsmarkt“ anzutreten, zeigt das ganze Ausmaß der ideologischen Verschiebung, die sich in den neunziger Jahren in allen politischen Lagern vollzogen hat. In diesem Zusammenhang kommt dem Bereich Ausbildung und Fortbildung ein zentraler Stellenwert zu. In einer sich rasch verändernden Gesellschaft bleiben nur die wettbewerbsfähig, die optimal in der Lage sind, ihre Kenntnisse und ihr Wissen zu erweitern und sich auf neue Anforderungen einzustellen. Um das zu erreichen, bedarf es einer guten Schulausbildung. Nach dem Prinzip der Angemessenheit ist ein Staat dann gerecht, wenn er allen den Zugang zu Schule und Ausbildung ermöglicht. Doch dann bleibt es den Einzelnen überlassen, sich im Rahmen des schulischen Wettbewerbs den größten Nutzen zu verschaffen. Auf diese Weise haben die Politiker nicht nur die Idee akzeptiert, dass es begründete Ungleichheiten zwischen den Menschen gibt, die insbesondere aus den Unterschieden im Bemühen und im Erfolg der Einzelnen resultieren. Sie sanktionieren auch die Auffassung, dass das Erziehungs- und Ausbildungssystem mehr und mehr der sozialen Auslese zu dienen habe. Was dann durch die täglich gelebte Realität bestätigt wird.

Viertes Element: Das Privatunternehmen ist die Organisation, die innerhalb der „Marktgesellschaft“ die Koordination der Transaktionen unter Wettbewerbsbedingungen am besten gewährleistet und somit auch eine gerechte Verteilung von Kosten und Gewinnen. Zudem bildet es die Organisation, die der Revolution in Informatik und Telekommunikation den größten Nutzen abgewinnen konnte: Es hat sich in ein Netzwerksystem mit zunehmend horizontalen und dezentralen Entscheidungsstrukturen verwandelt, was ein „partizipatives Management“ ermöglicht, das die Mitarbeiter in die Verantwortung einbindet.

Damit sind wir beim fünften und letzten Hauptelement des neuen Gesellschaftsbildes: Ursprung und Maß jeden Wertes ist das Kapital, und das gilt für jede materielle oder immaterielle Ware oder Dienstleistung einschließlich der menschlichen Person. Auf seine Eigenschaft als „menschliche Ressource“ reduziert, hat das Individuum keinen „Wert“ mehr, wenn es nicht mehr „rentabel“ ist. Dieses Gesetz gilt erst recht für einen Produktionsmechanismus, eine Ware oder eine Dienstleistung.

Wenn sich also Regierende, die sich der Linken zurechnen, als Anhänger der Marktwirtschaft bekennen, wissen sie sehr wohl, dass sie Befürworter der fünf skizzierten Prinzipien sind, also der„Marktgesellschaft“. Im Unterschied zu manchen ihrer sozialdemokratischen Freunde machen Tony Blair und Gerhard Schröder, die Verfasser des Manifestes „Der Dritte Weg für Europas Sozialdemokraten“, daraus immerhin kein Geheimnis.6 Angesichts dieser umfassenden Verzichtserklärung lässt sich der Begriff des Politischen nur dadurch rekonstruieren, dass man die Identitäten neu definiert, und zwar auf der Ebene von fünf räumlich-zeitlichen Einheiten: Stadt, Region, Nationalstaat, Kontinent und ganze Welt. Diese Identitäten können sich nur aus der Dynamik von Zugehörigkeiten herausbilden, durch die sich die einzelnen und kollektiven Subjekte als Träger gemeinsamer, aber auch divergierender Interessen ausdrücken könnten. Dies sei hier am Beispiel der beiden räumlich-zeitlichen Einheiten veranschaulicht, die am weitesten voneinander entfernt liegen, nämlich der Stadt und der Welt.

Die Stadt ist im Begriff, sich in ein volatiles Netz von Beziehungen aufzulösen, die sich bis ins Virtuelle verflüchtigen, in einen Ort für Nomaden und Einzelwesen, die sich zeitlich nur begrenzt niederlassen. Eine Politik der Stadt würde darauf zielen, soziale Netze des solidarischen örtlichen Zusammenlebens neu zu erfinden, indem man Orte schafft, an denen Zugehörigkeit und Repräsention entstehen kann. Sie müsste neuen städtischen Parlamenten, urbanen Netzen der Agora, zu Macht, Sichtbarkeit und Legitimität verhelfen und damit die Bürger befähigen, sich aktiv an den Angelegenheiten des Gemeinwesens zu beteiligen. Dazu gehören die massenhafte öffentliche Erörterung politischer Entscheidungen wie auch Debatten, die sowohl über neue öffentliche Netze laufen würden wie auch über neue Print- und audiovisuelle Medien. Dazu müsste man die lokalen Tauschsysteme aufwerten, aber auch die Kanäle, über die sich Wissen und Fähigkeiten solidarisch verteilen lassen. Es müssten neue Kooperativen oder genossenschaftliche Organisationen entstehen, die Läden unterhalten, Kleinkredite vergeben oder auch Feste ausrichten.

In der globalen Dimension könnte die Rekonstruktion des Politischen darin bestehen, dass man die Förderung des Gemeinwohls thematisiert, also in erster Linie die Bewahrung oder Wiederherstellung der unentbehrlichen Existenzbedingungen von Milliarden Menschen. Also müssen Luft, Trinkwasser, die Meere, die Sonnenenergie etc. zum gemeinsamen Gut der Menschheit erklärt und als solche auch „verwaltet“ werden, das heißt auf der Basis weltweit geltender öffentlicher Regelungen. Hinzu kämen noch weitere politische Themen, die die ganze Welt betreffen: die Sicherung der gemeinsamen Versorgung (in den Bereichen Ernährung, Umwelt, Finanzen, Gesundheit), die Erhaltung des Friedens, die kulturelle Vielfalt, die Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dazu muss eine neue Politik ein neues weltweites Finanz- und Währungssystem sowie neue Bestimmungen für den internationalen Handel definieren und durchsetzen, die mit den geltenden Normen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Welthandelsorganisation (WTO) brechen.

An einschlägigen Anregungen ist kein Mangel. Sie kommen von politischen Initiativen wie Attac, der Gruppe von Kopenhagen, der Gruppe von Lissabon, vom Komitee für den Erlass der Schulden der Dritten Welt, vom Weltforum für Alternativen oder von der Koordinationsstelle der AMI gegen das Klonen.8 Eine weitere vordringliche Aufgabe ist die Konsolidierung des Internationalen Strafgerichtshofs, das im Hinblick auf die Schaffung eines weltumgreifenden moralischen und politischen Bewusstseins und eines „Weltrechtsstaats“ von höchster symbolischer Bedeutung ist.

dt. Eveline Passet

* Professor an der Katholischen Universität Louvain (Belgien), Präsident der „Amis du Monde diplomatique“, Autor von „Economie sociale et mondialisation de l'économie“, Quebec (Suco edit.) 1997.

Fußnoten: 1 Zum Begriff der Souveränität vgl. Pierre de Senarclens, „Mondialisation, souveraineté et théories des relations internationales“, Paris (Armand Colin) 1998. Vgl. ebenfalls die Artikel von Susan George und Monique Chemillier-Gendreau in Le Monde diplomatique, Juli 1999. 2 Angemessenheit oder auch Billigkeit (équité): Begriff, der dem positiven Recht ein naturrechtliches Verständnis von Gerechtigkeit entgegensetzt. Neuere Denker wie John Rawls verwenden den Begriff im Sinne einer „gerechten“ Verteilung von Gütern nach Leistung und Verdienst, im Gegensatz zu künstlich-sozialstaatlich festgeschriebener Verteilungsgerechtigkeit. (Anm. d. Ü.) 3 Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) spielte bei der Infragestellung von Sinn und Zweck des Wohlfahrtsstaates eine führende Rolle. 4 Vgl. sein Hauptwerk „Eine Theorie der Gerechtigkeit“, aus d. Engl. von Hermann Vetter, Frankfurt/Main (Suhrkamp) 1996. 5 Anthony Giddens, „Der dritte Weg“, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1998. 6 José Vidal-Beneyto, „Die Privatisierung der Sozialdemokratie“, Le Monde diplomatique, Juli 1999. 7 Siehe den „Bericht über die menschliche Entwicklung 1999“ des UN-Entwicklungsprogramms UNDP, Brüssel (De Boeck) 1999. 8 Die Ergebnisse dieses Treffens mit dem Thema „Die Diktatur der Märkte? Eine andere Welt ist möglich“, finden sich auf der Website von Attac unter http://attac.org.

Le Monde diplomatique vom 10.09.1999, von RICARDO PETRELLA