Darfur – Motive eines Völkermords
Der Konflikt im Sudan ist komplizierter, als die Welt wahrhaben will von Gérard Prunier
Die Massaker in der westsudanesischen Region haben nach Schätzungen der UN bereits 400 000 Menschenleben gefordert. Zwei Millionen Zivilisten sind seit 2003 aus Darfur geflohen, weitere 250 000 seit August 2006.1
Im benachbarten Tschad hat die Ankunft einer Viertelmillion Flüchtlinge zu Unruhen geführt. Über dreißigmal mussten internationale Hilfsorganisationen ihre Notaufnahmelager schließen und die humanitäre Arbeit unterbrechen, um nicht selbst Opfer der Gewalt zu werden. Einige ihrer Mitarbeiter wurden von der sudanesischen Polizei festgenommen und, wie am 19. Januar in Nyala, mit Gewehrkolben verprügelt. Zwölf Mitarbeiter kamen bei Massakern um, fünf werden vermisst.
In Khartum versucht das Regime die wiederholten Luftangriffe in Darfur mit dem Argument zu rechtfertigen, diese richteten sich nur gegen Rebellengruppen, die dem „Friedensvertrag“ von Abuja vom 5. Mai 2006 nicht beigetreten sind.2 Aber die sudanesische Regierung wollte vor allem verhindern, dass die Widerstandsgruppen an einem Vereinigungskongress teilnehmen und mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft Forderungen für neue Verhandlungen stellen können.3
Auf diese Chronik einer angekündigten Katastrophe haben der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die Afrikanische Union (AU) bisher vor allem mit symbolischen und aufschiebenden Maßnahmen reagiert. Seit zwei Jahren sind 7 500 Soldaten aus afrikanischen Ländern (vorwiegend Ruanda und Nigeria) im Rahmen einer Darfur-Mission (African Mission in Sudan, AMIS) der AU in der Krisenregion stationiert. Dass sie überhaupt nichts bewirken konnten, lag vor allem an ihrer mangelnden Stärke: Um die 500 000 Quadratkilometer der Provinz Darfur zu überwachen, wären wenigstens 30 000 Soldaten nötig.
Überdies ist die AMIS-Truppe schlecht ausgerüstet und ihr Mandat auf geradezu lächerliche Weise begrenzt: Sie darf keine eigenen Patrouillen durchführen und muss sich auf die Schlichtung zwischen den Konfliktparteien beschränken. In der Praxis darf sie eigentlich nur eine Statistik über die Massaker führen. Letztlich fehlt es in der internationalen Gemeinschaft am politischen Willen, den Exzessen ein Ende zu bereiten, die UNO wie AU nach wie vor nicht als „Völkermord“ bezeichnen. Von Soldaten der afrikanischen Eingreiftruppe kann man das Resümee hören: „Wir sind hier überflüssig.“
Der AMIS-Einsatz wird fast ausschließlich von der Europäischen Union finanziert – nur die USA leisten noch einen kleinen Beitrag. Da die Mission völlig wirkungslos blieb, beschloss der UN-Sicherheitsrat am 31. August 2006, eine eigene Eingreiftruppe von 17 000 Mann zu entsenden. Aber die Umsetzung der UN-Resolution 1706 scheiterte bislang am Widerstand der sudanesischen Führung. Auf Drängen Chinas war in dem Text festgehalten, dass die sudanesische Regierung der Stationierung zustimmen müsse.
In Khartum gaben sich die Diplomaten die Klinke in die Hand, um Präsident Omar al-Baschir umzustimmen. Doch der hatte viele ziemlich bizarre Einwände: Einmal beschuldigte er die UN, sie wolle mit ihrer Truppe den „Zugriff des Westens auf die Ölvorkommen des Sudans“ absichern4 , ja eine „erneute Kolonisierung“ vorbereiten, dann wieder behauptete er, die internationalen Truppen könnten „das Aids-Virus einschleppen“5 , und drohte den Blauhelmen mit „Selbstmordanschlägen wie im Irak“.
Mit der Wahrheit haben diese absurden Rechtfertigungen wenig zu tun. Worum es geht, hat Jan Pronk, bis Ende 2006 Sondergesandter des UN-Generalsekretärs Kofi Annan, auf seiner Website deutlich formuliert: „Von führenden sudanesischen Regierungsvertretern hörte ich wiederholt, sie hätten sehr wohl die Risiken abgewogen, die ein Einlenken gegenüber dem Sicherheitsrat mit sich bringe. Sich zu weigern, bedeutete die Gefahr einer Konfrontation mit der internationalen Gemeinschaft. Aber auch die Zustimmung war nicht ohne Risiko: Sie hätte die innere Opposition gestärkt und den Verlust der Macht bedeuten können. Nach Abwägung beider Möglichkeiten sei man zu dem Schluss gelangt, die Zustimmung berge mehr Gefahren in sich als die Ablehnung.“ – „Da hatten sie Recht“, meint Pronk, der im November 2006 aus dem Sudan ausgewiesen wurde, weil er sich in seinem Weblog auch über Niederlagen der Regierungstruppen in Darfur geäußert hatte.
Das Regime in Khartum hegt überdies den Verdacht, die Blauhelmsoldaten könnten sich als Arm des Gesetzes für den Internationalen Strafgerichtshof erweisen, wo seit zwei Jahren eine von den UN erstellte Liste von gesuchten Kriegsverbrechern vorliegt. Am 27. Februar erhob der IStGH Anklage gegen Ahmed Haroun, den Minister für humanitäre Fragen, sowie gegen Ali Abd al-Rahman, einen Führer der Janjaweed-Milizen. Sudans Regierung wies die Anklagen zurück und hatte schon vorher eine Auslieferung ausgeschlossen. Der politischen Opposition würde die Einleitung von Strafverfolgungen natürlich moralischen Auftrieb geben – den regierenden Islamisten dürfte Slobodan Milosevic auf der Anklagebank in Den Haag in ihren Albträumen erschienen sein.
Das Regime weigert sich zwar, eine UN-Friedenstruppe ins Land zu lassen, begrüßt aber eine weitere Finanzierung der AMIS-Verbände durch die internationale Gemeinschaft. Damit wird eine wirkungslose Mission fortgesetzt, mit stiller Duldung Europas und der USA. Die Regierung in London gab am 23. Januar bekannt, sie werde den AMIS-Einsatz mit weiteren 15 Millionen Euro unterstützen. Zugleich kann man von britischen Diplomaten inoffiziell erfahren, dass niemand der AU-Truppe zutraut, die Zivilbevölkerung in Darfur vor den Übergriffen der Janjaweed zu schützen (siehe Kasten).
In dieser verfahrenen Situation brachte die UNO eine „gemischte“ Lösung ins Gespräch: Da Khartum sich gegen eine UN-Truppe sperrt, nicht aber gegen die Soldaten der Afrikanischen Union – warum nicht gemeinsame Einsatzkräfte entsenden? Letztlich sollen nur 103 Polizisten und 20 Bürokräfte zur Unterstützung der AMIS in Darfur tätig werden, aber im UN-Hauptquartier und auf den Treffen der Afrikanischen Union führt man gewichtige Diskussionen über die mögliche Zusammensetzung dieser „Hybridkräfte“. Es steht zu befürchten, dass die regierenden Islamisten den Vorschlag akzeptieren und als bedeutendes Zugeständnis hinstellen werden. Wobei auch sie genau wissen, dass damit alles beim Alten bleibt.
Woraus erklärt sich die nachsichtige Haltung der „internationalen Gemeinschaft“ im Darfur-Konflikt? Natürlich mit der Blockadehaltung Chinas im Sicherheitsrat, aber auch mit der Haltung der USA: einer Mischung aus vermeintlich geschickter Diplomatie, falschen Versprechungen und entschlossenem Auftreten, das die Wirkungslosigkeit der Forderungen verdecken soll.
Aus Sicht Washingtons hat sich der Sudan nach dem 11. September 2001 durch sein Bekenntnis zum Kampf gegen den Terrorismus Verdienste erworben. Dem sudanesischen Geheimdienst gelang es tatsächlich, eine filmreife Nummer mit dem „bösen Bullen“ und dem „guten Bullen“ zu inszenieren: Den Bösen gab der damalige Innenminister und Präsidentenberater Nafi Ali Nafi, den Guten spielte sein Stellvertreter, Geheimdienstchef Salah Abdallah „Gosh“. Nafi galt als Extremist, während Gosh – der immerhin zu den Erfindern der Unterdrückungsstrategie in Darfur zählt – als Verbündeter im „Kampf gegen den Terror“ im Juni 2005 zum Meinungsaustausch mit der CIA und Außenministerin Condoleezza Rice eingeladen wurde.
Der Ertrag dieser zweifelhaften Zusammenarbeit bleibt bis heute ungewiss. Washington stellt deutliche Forderungen, denen keine konkreten Maßnahmen folgen – obwohl Präsident Bush in der Darfur-Frage von der öffentlichen Meinung und sogar führenden Republikanern unter Druck gesetzt wird. So hat Arnold Schwarzenegger, der Gouverneur von Kalifornien, durchgesetzt, dass öffentliche Einrichtungen seines Bundesstaats die Aktien von in- und ausländischen Unternehmen abstoßen, die im Sudan Geschäfte machen. Mit einer ähnlichen Kampagne für den Investitionsboykott war es US-Menschenrechtlern 2003 gelungen, die kanadische Ölfirma Talisman zum Rückzug aus dem Sudan zu zwingen.
Das Weiße Haus lehnt solche Divestmentkampagnen ab. Das doppelte Spiel Washingtons brachte Präsident Bushs Sonderbeauftragten für den Sudan, den früheren USAID-Direktor Andrew Natsios in ein Dilemma.6 Er wusste sich letztlich nur mit einem Ultimatum zu helfen: Für den Fall, dass Sudan nicht bis zum 1. Januar 2007 der Stationierung der UN-Truppe zustimme, drohte er Sudans Präsident Baschir mit einem geheimnisvollen „Plan B“. Allerdings konnte er den internationalen Journalisten keinerlei Details zu diesem Plan verraten, der bis heute im Dunkeln blieb.
Die geopolitische Rolle Chinas im Sudan trägt ebenfalls zur Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft in der Darfur-Frage bei. Für Peking ist der Sudan der zweitgrößte Handelspartner in Afrika: 2006 erreichte der Handelsaustausch 2,9 Milliarden US-Dollar; China kauft 65 Prozent des sudanesischen Erdöls. Außerdem bezieht das Regime al-Baschir den größten Teil seiner Waffen aus China – einschließlich jener Gewehre, mit denen die Menschen in Darfur getötet werden.
Lippenbekenntnisse aus Peking
Bei seinem Staatsbesuch im Sudan Anfang Februar beschränkte sich Präsident Hu Jintao auf Wirtschaftsgespräche und einen Besuch der Baustelle des Merowe-Staudamms. An den Kosten von bis zu 1,8 Milliarden US-Dollar ist Peking mit 300 Millionen beteiligt. Immerhin riet Hu Jintao seinem Kollegen Baschir, die Stationierung von Blauhelmen in Darfur zu akzeptieren – doch der interpretierte dieses Lippenbekenntnis korrekt, als er anschließend erklärte, er habe „keineswegs das Gefühl gehabt, unter Druck gesetzt zu werden“. Im UN-Sicherheitsrat vertritt Peking die scheinheilige Position, die Resolution 1706 dürfe nicht zur „Missachtung der Souveränität des Sudans“ führen.
Die französische Regierung hält sich in der Darfur-Frage zurück und versucht nach Kräften, den Partnern in der Region zu helfen, die unter der sudanesischen Politik zu leiden haben. Dass Frankreich dem Sudan lange gegen die „angelsächsischen“ Anfeindungen in Schutz genommen hat, wurde ihm von den Islamisten in Khartum nicht vergolten. Der Rechtsstreit um die Förderrechte des französischen Erdölkonzerns Total im Südsudan findet kein Ende, und treue Verbündete Frankreichs, wie die Präsidenten Idris Déby im Tschad und François Bozizé in der Zentralafrikanischen Republik, müssen zusehen, wie sudanesische Regierungsmilizen aus Darfur auf ihr Territorium übergreifen und Unruhe stiften.
Idris Déby unterstützt in Darfur, obwohl er es abstreitet, die Fraktionen der Guerilla, die sich mehrheitlich aus dem Volk der Zaghawa rekrutieren, dem er selbst angehört. Frankreich leistet der Armee des Tschads im Kampf gegen die von Khartum gesponsorten Milizen logistische Unterstützung. Im Dezember 2006 beteiligten sich französische Truppen im Norden der Zentralafrikanischen Republik an Luftangriffen und Bodenkämpfen, mit denen sudanesische Regierungsmilizen aus dem Land vertrieben werden sollten.
Doch es geht nicht nur um solche Grenzkämpfe, sondern auch um Ölinteressen: Präsident Déby liegt im Konflikt mit den US-Ölgesellschaften, die Förderanlagen im Norden des Tschad betreiben, und hat bereits gedroht, sie aus dem Land zu weisen.7 Die Tatsache wiederum, dass Rebellen, die im April 2006 bis an den Stadtrand von N’Djamena vorrückten, chinesische Waffen besaßen, wirft die Frage auf, ob Peking darauf aus ist, die gegenwärtigen Machthaber in Zentralafrika zu stürzen.8
Bei den Vereinten Nationen spricht man von „ethnischen Säuberungen“ in Darfur, vermeidet aber den Begriff „Völkermord“, wie es auch die Afrikanische Union oder die NGO „Ärzte ohne Grenzen“ tun. Die häufigste Begründung für diese Zurückhaltung ist die Legende, es handele sich um „Stammeskriege“: Aufgrund des Klimawandels fänden die arabischen Nomaden in der Sahelzone für ihre Herden nicht mehr genug Nahrung, deshalb machten sie der sesshaften schwarzen Bauernbevölkerung das Weideland streitig.
Wie viele Klischees ist auch dieses nicht völlig abwegig – allerdings lassen sich einige Tatsachen auf diese Weise nicht erklären: So kann man die Luftangriffe wohl kaum den Nomadenstämmen zuschreiben; zudem ist erwiesen, dass die Janjaweed-Reitermilizen von der sudanesischen Armee bewaffnet und logistisch unterstützt werden und häufig gemeinsam mit Armeeeinheiten im Einsatz sind. Mitte Dezember 2006 hat die größte arabische Volksgruppe Darfurs, die Baggara Risaiqat, eine eigene Guerilla gegründet, um gegen die Verelendung ihres Volks und die Vernachlässigung durch die „arabische“ Führung in Khartum anzukämpfen.9
Auch die Milizen, die systematische Überfälle auf die schwarzafrikanische Bevölkerung ausführen, sind natürlich nicht nur bewaffnete arabische Nomaden: Unter ihnen finden sich viele Straftäter unterschiedlicher ethnischer Herkunft, die dadurch aus dem Gefängnis freikamen, dass sie bei der Miliz anheuerten; desgleichen Deserteure aus den Verbänden der Regierungsarmee im Süden, die seit dem Abkommen von Nairobi (2005) nicht mehr gebraucht wurden.10 Weitere Kämpfer rekrutieren die Milizen auch aus kleinen Stämmen von Kamelzüchtern in Norddarfur, wie den Jallul (die als Einzige wirklich unter dem Klimawandel leiden). Und sogar aus einigen kleinen schwarzafrikanischen Ethnien wie den Gimr, die sich sozialen Aufstieg und wirtschaftliche Vorteile erhoffen, indem sie sich dem Völkermord im Dienst der „arabischen“ Sache anschließen.
Damit ist noch nicht erklärt, warum Khartum die schwarzafrikanische Bevölkerung in der sudanesischen Westprovinz mit aller Macht unterwerfen oder gar ausrotten will. Religiöse Gründe spielen keine Rolle – alle Bewohner Darfurs, die Mörder wie ihre Opfer, sind sunnitische Muslime. Es handelt sich vielmehr um eine Mischung aus ethnischen und kulturellen Motiven. Im Sudan bilden die Araber eine Bevölkerungsminderheit, allerdings mit einer langen regionalen Herrschaftstradition, die ihren aktuellen und schärfsten Ausdruck im Regime der Islamisten gefunden hat.
Auch der 2005 geschlossene Frieden zwischen dem Norden und dem Süden des Sudan scheint immer brüchiger zu werden. Zum zweiten Jahrestag des Nairobi-Abkommens am 9. Januar erteilte Sudans Vizepräsident Salva Kiir Mayardit (der Vertreter des Südens) dem Präsidenten Baschir eine unmissverständliche Warnung: Sollte sich nichts ändern, werde der Süden in vier Jahren ganz sicher von der im Vertrag vorgesehenen Option der Unabhängigkeit Gebrauch machen. Die arabische Führungselite in Khartum sieht sich also im Zugzwang. Ihre politischen Prioritäten sind dabei klar: Erstens will man den Grenzverlauf zwischen Norden und Süden so ändern, dass der Süden die größten Ölvorkommen verliert; zweitens bereitet man sich auf den nächsten Waffengang vor; und drittens arbeitete man an mächtigen internationalen Bündnissen, wobei man sich mit China bereits völlig und mit dem Iran beinahe einig ist.
Schutzwall gegen fremde Ethnien
Aber auch das Projekt, einen ethnischen Schutzwall in der Region zu schaffen, hat hohe Priorität. Und zu diesem soll neben den Nuba-Bergen in Kordofan eben auch Darfur gehören.11 Die Stämme der Nuba wurden von 1992 bis 2002 in zahlreichen Militäroperationen niedergemacht. Darfur erweist sich jetzt jedoch als großes Problem: Khartum fürchtet nichts mehr als eine Allianz der Schwarzafrikaner im Westen mit einem unabhängigen schwarzafrikanischen Süden – der auch noch über Öleinkünfte verfügt.
Also muss die Rebellion in Darfur mit allen Mitteln unterdrückt werden. Eine Aufgabe von so hoher strategischer Bedeutung will Sudans Führung nicht den regulären Streitkräften überlassen, schon weil deren Führung auch viele Offiziere aus den schwarzafrikanischen Ethnien dieser Region angehören. Deshalb kommen die „arabischen“ Janjaweed-Milizen, die sich aus kleinen ethnischen Gruppen und sozial Deklassierten rekrutieren, wie gerufen. Ihr Auftreten soll nach der Kalkulation der Machthaber auch verhindern, dass sich die „echten Araber“ in Darfur, die Stämme der Baggara (die zwischen 22 und 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen) dem Aufstand anschließen. Für die Baggara ist es allerdings ein zweifelhaftes Angebot, die Mordpläne des Regimes in Khartum gutzuheißen, nur weil sie sich als Araber fühlen dürfen. Denn im Alltag leiden sie unter der Diskriminierung der Region genauso wie ihre schwarzafrikanischen Mitbürger.
So sind die Öleinkünfte letztlich nur durch ein Mordprogramm zu sichern. Den Preis bezahlt jetzt die Bevölkerung von Darfur. In Ruanda brauchte es nur rund hundert Tage, und 800 000 Menschen hatten ihr Leben verloren. In Darfur dagegen dauert die ethnische Säuberung bereits vier Jahre. Angesicht dessen klingt die Parole „Nie wieder!“ nur frivol oder verlogen. In Darfur zeigt sich wieder einmal, dass die Frage, was Todesopfer zählen, von deren Hautfarbe abhängt.
Fußnoten:
Aus dem Französischen von Edgar Peinelt
Gérard Prunier forscht am Centre national de la recherche scientifique (CNRS, Paris) und ist Direktor des Centre français d’études éthiopiennes in Addis Abeba. Von ihm erschien zuletzt: „Darfur: Der ‚uneindeutige‘ Genozid“, Hamburg (Hamburger Edition) 2006.