11.09.2014

Nickel aus der Südsee

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Nickel aus der Südsee

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Neukaledonien verfügt über 20 bis 30 Prozent der weltweiten Nickelvorkommen. Das für die Herstellung von Stahl und zahlreichen Legierungen unentbehrliche Metall wurde früher ausschließlich als Roherz exportiert. Die Separatisten betrachten dies als Ausplünderung ihres Landes, denn die Einnahmen kommen allein den europäischen Minenbesitzern zugute. Für die Kanakische sozialistische Front der nationalen Befreiung (FLNKS) ist deshalb die „Minenfrage“ ein zentraler Punkt in den Verhandlungen mit dem französischen Staat.

Die Übernahme mehrerer Nickellagerstätten durch das Unternehmen Sofinor, das sich mehrheitlich im Besitz der von Separatisten regierten Nordprovinz befindet, spülte genug Geld in die öffentlichen Kassen, sodass massiv in den Ausbau des Tourismus und der Aquakulturen investiert werden konnte. Zudem entstanden bei dem Nickelverarbeitungsbetrieb in Vavouto an der Nordwestküste Tausende neuer Arbeitsplätze.

Die FLNKS strebt nicht nur die politische, sondern auch die ökonomische Unabhängigkeit an, weshalb sie wirtschaftspolitisch schon immer auf die Nickelindustrie setzte. Die Einkünfte aus diesem Bereich sollen über öffentliche Investitionen umverteilt werden, also nicht allein den traditionellen Besitzern der Flächen zugutekommen, in denen das Erz lagert. Die Partei fordert außerdem eine staatliche Mehrheitsbeteiligung von mindestens 51 Prozent an allen Nickelprojekten in Neukaledonien und zudem auch an den Hüttenwerken im Ausland, namentlich in Südkorea und China.

Mit dem Nickelwerk von Goro, das sich zu 69 Prozent in Besitz des brasilianischen Bergbauriesen Vale1 befindet, entstand in der Südprovinz ein weiteres großes Verhüttungsprojekt. Das dort eingesetzte Verfahren gilt jedoch als umweltschädlich, zumal giftige Abwässer direkt im Meer um das Neukaledonische Barriereriff landen, das die Unesco als Teil des Weltnaturerbes ausweist. 2012 wurde Vale von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, darunter Greenpeace, am Rande des Davoser Weltwirtschaftsforums mit dem Public Eye Award „ausgezeichnet“, der an die dreckigsten Unternehmen der Welt vergeben wird. Obwohl der Konzern einiges Geld in Maßnahmen zum Schutz des Korallenriffs und seiner Fauna investiert hat, kam es im letzten Mai zu einer Freisetzung von Säure, was gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Anwohnern und der Polizei auslöste.

Langfristig könnte das Nickel etwa 30 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beitragen, derzeit sind es nur 10 Prozent. Die enorme Bedeutung, die das „Teufelsmetall“ für die kaledonische Wirtschaft hat, macht es zwangsläufig zum politischen Zankapfel und zum Auslöser weiterer Konflikte.

Fußnote: 1 Siehe Philippe Revelli, „Treffpunkt Rio. Internationaler Widerstand gegen einen multinationalen Konzern“, Le Monde diplomatique, Oktober 2010.

Le Monde diplomatique vom 11.09.2014