Erfolgspartnerschaften
Wie prominente Afroamerikaner mit Afrika Geschäfte machen von Jean-Christophe Servant
Es war eine schöne Abschiedsfeier. Und der Ehrengast war Olusegun Obasanjo, Nigerias nach acht Jahren aus dem Amt scheidender Präsident. Bei dem Dinner im großen Festsaal des New Yorker Waldorf Astoria am 19. Dezember 2006 traf der zur democrazy1 konvertierte Exgeneral einige hoch geschätzte Freunde wieder, unter ihnen Vertreter der drei wichtigsten Investoren in der Ölförderung des Landes: Chevron, Exxon und Shell Nigeria. Sie hatten diese „Feier und Hommage“ mit 850 prominenten Gästen gesponsert. Colin Powell, der nicht kommen konnte, nannte Obasanjo in einer Grußbotschaft „einen Freund“. Seit 1999 herrschte Obasabjo in dem bevölkerungs- und erdölreichsten Land Afrikas. Er war als Kämpfer gegen Korruption angetreten, nutzte zuletzt diesen Kampf aber vor allem, um politische Gegner auszuschalten. Nach zwei Amtszeiten stand nun sein Abschied von der Macht bevor, denn eine gewünschte dritte Amtsperiode war ihm vom Parlament Nigerias unter Verweis auf die Verfassung verweigert worden.
Zwischen Hauptgericht – Poulet fermier – und Dessert – Gâteau au chocolat – meinte Hope Masters, die Präsidentin der Leon H. Sullivan Foundation, dass Obasanjo den Friedensnobelpreis verdient hätte. Die junge Frau ist die Tochter von Leon H. Sullivan, dem berühmten Bürgerrechtler, der Ende der 1950er-Jahre in Philadelphia einen erfolgreichen und beispielhaften Geschäftsboykott gegen weiße Rassisten mitorganisiert hatte. Als er 1971 in den Aufsichtsrat von General Motors berufen wurde, formulierte er die „Sullivan Principles“, eine Art Unternehmenskodex für Firmen, die im damaligen Apartheidsregime Südafrika operierten. Nach dem Tod ihres Vaters gründete Masters 2001 die Leon H. Sullivan Foundation. Die private Stiftung organisiert auf dem Schwarzen Kontinent die wichtigsten Gipfeltreffen zwischen privaten afroamerikanischen und afrikanischen Unternehmern und Regierungsvertretern aus aller Welt. So stand der 7. Leon-H.-Sullivan-Gipfel in Nigerias Hauptstadt Abuja im Juli 2006 unter dem Motto „Afrika, Kontinent der Chancen – Entwicklung von Erfolgspartnerschaften“. Teilnehmer waren unter anderem Jamaikas Regierungschefin Portia Simpson-Miller und der Vizechef von Chevron.
Die Dankesbezeugungen beim Dinner im Astoria waren durchaus berechtigt, denn Obasanjo hatte die Voraussetzungen geschaffen, um Investoren in sein Land zu holen: die Gründung zahlreicher neuer Privatbanken, eine Privatisierungswelle und damit einhergehende Massenentlassungen im staatlichen Sektor. Vor seiner Wahl 1999 hatte Obasanjo sich in den USA präsentiert. Für seine Reise hatte Chevron-Texaco damals großzügigerweise einen Jet bereitgestellt und auch die eine oder andere Hotelrechnung beglichen.
Zur großen Freude seiner Zuhörer im Waldorf Astoria scheute sich Obasanjo bei seiner Dankesrede nicht, Geschäft und Glauben miteinander in Beziehung zu setzen: So habe Gott bestimmte Gebiete mit Erdöl gesegnet, damit aus dessen Ertrag die Entwicklung dieser Länder gesichert werden könne.
Organisiert hatte das Galadinner Andrew Young, der Vorsitzende der Leon H. Sullivan Foundation. Er war früher ein enger Mitarbeiter Martin Luther Kings und wurde zur Symbolfigur der Bürgerrechtsbewegung. 1996 gründete er gemeinsam mit Carl Masters, dem Ehemann von Hope, und Hamilton Jordan, dem Sprecher des Weißen Hauses unter Jimmy Carter, das Consulting-Unternehmen GoodWorksInternational (GWI) mit Sitz in Atlanta. Die Firma, die sich auf die Erschließung der Exportmärkte Afrikas und der Karibik spezialisiert hat, verdanke ihren Erfolg vor allem den Beziehungen zu Obasanjo, meint Laolu Akande, USA-Korrespondent der nigerianischen Tageszeitung The Guardian. 40 Prozent ihres Umsatzes erziele die GWI mit dem Nigeria-Geschäft. Insgesamt gehe der Gewinn „in die Millionen“, wie die New York Times schreibt, ohne konkrete Zahlen nennen zu können.3
Das transnationale Netz macht die Gewinnstruktur von GoodWorks schwer durchschaubar. Außerdem betreibt das Unternehmen nicht nur für Nigeria Imagepflege, sondern auch für Angola, die Elfenbeinküste und Benin, neuerdings auch für Ruanda und Tansania. Das bringt mindestens 220 000 Euro pro Kunde und Jahr ein. GoodWorks arbeitet außerdem für US-Konzerne wie Chevron, General Electric, Motorola, Monsanto und Coca-Cola, die sich auf den afrikanischen Märkten positionieren oder ihre dortige Stellung festigen wollen. Der GWI winkt dabei die Aussicht auf 1,5 Prozent der Vertragssumme. Dieses mächtige Netz von Beziehungen zwischen afrikanischen Staatschefs und US-Geschäftsleuten ist im Laufe der langen und wechselhaften Karriere von Andrew Young geknüpft worden.
Young sitzt im Aufsichtsrat mehrerer der führenden 100 Unternehmen der USA. Die politische Laufbahn des früheren Bürgermeisters von Atlanta und heutigen „Apostels des Kapitalismus“ (Magazin Forbes) begann in der Zeit der Bürgerrechtsbewegung. Nach Kings Tod trat er der Demokratischen Partei bei, war von 1972 bis 1977 Kongressabgeordneter und wurde dann von Präsident Jimmy Carter zum ersten afroamerikanischen US-Botschafter bei den Vereinten Nationen ernannt. Wendepunkt in seinem Leben war indessen seine Wahl – und spätere Wiederwahl – zum Bürgermeister von Atlanta (1982–1989) und sein Erfolg, die Olympischen Sommerspiele von 1996 nach Atlanta geholt zu haben. Vor dem großen Ereignis lobte Young Atlanta gern als „Modell für das Afrika von morgen“.
Noch in den 1980er-Jahren hatte der Demokrat Young gegen die „herzlosen schwarzen Millionäre“ gewettert, „die wahrscheinlich in die Hölle kommen und besser daran täten, für die Republikaner zu stimmen“.4 Doch im Laufe der Jahre beteiligte er sich an immer mehr Zirkeln, die die Richtlinien der US-Politik vorgeben. „Je mehr ich über Paul Wolfowitz las, desto mehr Gemeinsamkeiten fielen mir auf“, bekannte Young noch im vergangenen Dezember. Auch er habe in Präsident Reagans Außenminister George Shultz5 denselben Mentor gehabt. „Unsere bisherigen Wege verliefen völlig entgegengesetzt, doch jetzt treffen wir uns mit dem gemeinsamen Ziel wieder, Frieden zu sichern“, sagte Young über den zurückgetretenen Weltbank-Chef.6 Die Kritik an Young und seinen Afrika-Geschäften nimmt immer mehr zu. Die schwersten Vorwürfe beziehen sich zwar auf Nigeria, doch sie betreffen bei weitem nicht nur die seit Ende der 1970er-Jahre geknüpften Beziehungen zu Obasanjo.
Nach außen hin vertritt GoodWorks eine Unternehmensphilosophie nach dem Leitsatz „We do well by doing good“ (Gutes tun durch gute Arbeit).7 In Wirklichkeit offenbart sich hier jedoch die Doppelmoral afroamerikanischer Wirtschaftskreise, die seit Ende der 1990er-Jahre im subsaharischen Afrika operieren: Sie verdanken ihre Geschäfte in erster Linie den Freihandelsabkommen, die Washington mit den „Musterschülern“ des Kontinents geschlossen hat. Wie Antoine Glaser, Chefredakteur des in Paris erscheinenden Afrika-Bulletins Lettre du Continent feststellt, ist GoodWorks Vorreiter einer Generation von afroamerikanischen Unternehmern, die sich zunehmend „als neue Akteure US-amerikanischen Einflusses in Afrika“ betätigen. „In der Öffentlichkeit sind sie die Ersten, die auf ethische Prinzipien wie Transparenz pochen, wenn es um Geschäfte in Afrika geht“, fügt Glaser hinzu, „dabei sind sie selbst direkt in Machenschaften mit so diskreditierten Figuren wie dem angolanischen Präsidenten José Eduardo dos Santos verwickelt.8 Und diese Tendenz wird noch zunehmen, je stärker die wirtschaftliche Konkurrenz zu China wird, das auf dem afrikanischen Kontinent seinen Status als kolonialgeschichtlich unbelastete Macht systematisch auszunutzen weiß.“ Im Juni 2006 haben zum Beispiel Angola und China eine Reihe bilateraler Abkommen unterzeichnet; Angola liefert China 15 Prozent seines Erdölverbrauchs und ist damit wichtigster Versorger des Riesenreichs. Bereits vor drei Jahren hat Peking Milliardenkredite an Angola vergeben, das laut Transparency International zu den zehn korruptesten Staaten weltweit gehört.
Unternehmer wie Young, die in der schwarzafrikanischen Öffentlichkeit medienwirksam ihre afrikanischen Wurzeln und ihre Rolle als Vorkämpfer der Bürgerrechte hervorkehren, könnten Washington bei der Jagd auf die Dividenden der Finanzhilfe als trojanisches Pferd dienen. Antoine Glaser meint, man müsse einen neuen Begriff finden, der beschreibt, wie beherrschend die ökonomische Stellung afroamerikanischer Berater in Afrika ist. Denn Young und andere seien nicht nur Mittelsleute großer US-Unternehmen, sondern sie fungieren auch als Unterhändler des Außenministeriums. So gründet das Consultingunternehmen GoodWorks seine Niederlassungen ausschließlich in den Ländern, die in den Genuss von US-Zollvergünstigungen kommen.
Andrew Youngs seltsame Wandlung
Immer öfter werden die engen Beziehungen zwischen GoodWorks und Obasanjo in zahlreichen Zeitungskommentaren in den USA scharf angegriffen. Doch Globalisierungskritiker und Menschenrechtsaktivisten in den USA verfolgen die Aktivitäten der noblen Gesellschaft schon seit längerem. So hatte Andrew Young zum Beispiel 1999 im Auftrag der Firma Nike deren Fabriken in Südostasien inspiziert und in seinem Bericht festgestellt, es gebe „keinerlei Belege für eine schlechte Behandlung der Beschäftigten“. Wenige Wochen später qualifizierte ein unabhängiger Bericht die Arbeitsbedingungen, unter denen der Sportartikelhersteller in diesen Ländern produziert, als „gefährlich, unmenschlich und abscheulich“.
Im Februar 2006 gab es einen neuen Skandal, diesmal in Zusammenhang mit Wal-Mart.9 Andrew Young wurde von dem führenden US-Einzelhandelsunternehmen mit der Leitung der konzerngebundenen Interessengruppe „Working families for Wal-Mart“ beauftragt. Hier sollte er wie zuvor für Nike das Image des Geschäftsriesen aufpolieren. Zielgruppe der Kampagne waren insbesondere Schwarze und sozial Schwache, „denen Wal-Mart erstklassige und frische Ware anbietet“. Young erntete herbe Kritik, als er wenig später über kleine Ladenbesitzer, die ethnischen Minderheiten angehören, sagte: „Gerade diese Leute betrügen uns, sie verkaufen uns altes Brot, schlechtes Fleisch und welkes Gemüse. Ich finde, sie haben die Afroamerikaner genug übers Ohr gehauen. Erst waren es die Juden, dann die Koreaner und jetzt die Araber. Schwarze betreiben fast nie solche Läden.“ Man warf ihm Rassismus vor. Young gab am Ende seine Tätigkeit für Wal-Mart auf. Kommentar des Wal-Mart-Sprechers: „An diesen Aussagen bestürzt uns besonders, dass sie von einem Mann kommen, der sich so viel und schon seit langem für Chancengleichheit in diesem Land einsetzt.“
Im Vorfeld der nigerianischen Wahlen von 2007 verstärkten mehrere afroamerikanische Websites ihre Angriffe. Prexy Nesbitt, Intellektueller aus Chicago und in den 1970er-Jahren selbst Vorkämpfer gegen die Apartheid in Südafrika, sagte in einem Interview: „Eine größer werdende Gruppe von Afroamerikanern hat keinerlei Verantwortungsbewusstsein, empfindet keinerlei Scham, hat keinerlei Bindungen zum afrikanischen Kontinent und ist unfähig zu handeln. Condoleezza Rice ist ein gutes Beispiel dafür. Ebenso die neue Staatssekretärin für afrikanische Angelegenheiten, Jendayi Frazer. […] Man sieht immer mehr Afroamerikaner im Dienst des Systems. Sie sind gewissermaßen die Polizisten dieses Systems, das eine neue Kolonisierung Afrikas anstrebt, militärisch wie wirtschaftlich.“10
Kritisiert wird auch die Art und Weise, wie sich GoodWorks mit Hilfe von Obasanjo Eingang in die afrikanischen Entscheidungszirkel verschafft hat. Young hingegen schwärmt von Obasanjo als jemandem, „der seit den 1960er-Jahren an allem beteiligt war, was in Afrika an Gutem geschehen ist“. Als GoodWorks Anfang 2007 zehnjähriges Geschäftsjubiläum feierte, wies der Journalist und Leitartikler Ken Silverstein, der zu den besten Kennern der Wirtschaftsbeziehungen der USA zu Afrika gehört, in einem Kommentar auf die nicht eingelösten ethischen Ansprüche des Unternehmens hin: „Atlantas Bürgermeisterin Shirley Franklin erklärte neulich, GoodWorks sei der Beweis dafür, dass Kapitalismus auch der Allgemeinheit dienen könne. Wenn sie unter Allgemeinheit die korrupten afrikanischen Staatsführer, ihre amerikanischen Kumpel und die riesigen internationalen Energiekonzerne versteht, dann trifft das zu. Aber wenn sie damit sagen will, GoodWorks werde im Kampf gegen die Armut in Afrika seinem Firmennamen gerecht, täuscht sie sich gewaltig.“11
In der Führungsriege von GoodWorks sitzen unter anderen zwei ehemalige afroamerikanische US-Botschafter in Nigeria, Howard Jeter und Walter Carrington. Das Büro in der nigerianischen Hauptstadt Abuja wird geleitet von Sharon Ikeazor, ehemals Justiziarin der nigerianischen Niederlassung der Royal Dutch Shell. Ebenso zwiespältig ist das Profil des Mitbegründers und heutigen Chefs von GoodWorks, Carlton A. Masters. Er kam aus Jamaika, bevor er die US-Staatsbürgerschaft annahm. 2005 heiratete er die Tochter Leon H. Sullivans. Die Hochzeit mit Hope Sullivan wurde in Abuja in der Villa des nigerianischen Präsidenten gefeiert – zweifellos ein besonderes Privileg. 2001 gründete Masters sogar mit Obasanjos Schwager und dessen Frau in Florida ein kurzlebiges Unternehmen, die Sunscope Investments.12
Im Herbst 2006 wurde Carlton A. Masters von der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (Ecowas, mit Sitz Abuja) zum Sondergesandten für die Beziehungen zur afrikanischen Diaspora ernannt. Die Nigerianer in den Vereinigten Staaten hatten sich schon vorher gewundert, warum ihr Land, das in den USA über ein sehr kompetentes diplomatisches Personal verfügt, überhaupt eine Lobbyingfirma wie GoodWorks engagierte, für immerhin 500 000 Dollar im Jahr. Sie reagierten als Erste auf diese Ernennung: „Dass ein US-Bürger diesen Posten übernimmt , soll wohl heißen, dass kein Afrikaner die Aufgabe wahrnehmen kann“, empörte sich der Präsident des Exilvereins Nigerian Leadership Foundation, Steve Nwabuzor.13 Masters hingegen fühlt sich vor allem geehrt: „Seit über 25 Jahren widme ich all meine Energien der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklung dieses Kontinents […]. Ich werde diesen Posten nicht nur dafür nutzen, die globale Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse Afrikas zu lenken, sondern will auch die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und den 15 Mitgliedern der Ecowas enger gestalten.“14
Für GoodWorks steckt hinter der Kritik, die beiderseits des Atlantik zusehends heftiger wird, der nigerianische Vizepräsident und Obasanjo-Gegner Atiku Abubakar (der bei der Präsidentenwahl im April 2007 unterlag). Dieser habe in der Diaspora gezielt Verleumdungen verbreitet, um seine eigenen Ziele zu fördern. Außerdem stamme Abubakars Vermögen ebenfalls aus dunklen Quellen. Monatelang tobte ein Krieg der Presseerklärungen und Enthüllungen in den Medien. Die einen unterstützten Obasanjos „Strohmann“, den neuen Präsidenten Umaru Yar’Adua, die anderen standen auf der Seite des Vizepräsidenten, dem Veruntreuungen vorgeworfen werden.
Der Leitung von GoodWorks scheinen die Anschuldigungen wegen ihrer panafrikanischen Geschäfte dennoch unangenehm zu sein, jedenfalls war sie für uns nicht ansprechbar. Die Kritik wird direkter. Der nigerianische Rechtsanwalt Femi Falana, der Präsident der westafrikanischen Anwaltskammer ist, sagte unumwunden: „Andrew Young interessiert sich überhaupt nicht für die Probleme Nigerias. Er will hier bloß Profit machen.“15
Der einstige Bürgermeister von Atlanta ist auch Mitinhaber der nigerianischen Ölgesellschaft Sun Trust Oil, die seit 2002 Inhaberin einer der gewinnträchtigsten Förderlizenzen im Lande ist. Ein anderer GoodWorks-Manager, Howard Jeter, sitzt im Aufsichtsrat der Environmental Remediation Holding Corporation (ERHC), die wegen der Methoden Kritik erntete, mit denen sie sich mehrere Erschließungskonzessionen in der zwischen Nigeria und der Republik São Tomé und Principe vereinbarten gemeinsamen Entwicklungszone sicherte.16 Im Prinzip ist es nicht verwerflich, wenn US-Lobbyisten ein Land vertreten und gleichzeitig für Unternehmen arbeiten, die sich dort zu etablieren versuchen. Sie können sich auch am Geschäftsleben des Landes beteiligen, bei dem GoodWorks unter Vertrag steht. Doch die dabei entstehenden Verbindungen, die oft wenig transparent sind und zu unsauberen Machenschaften geradezu einladen, verleiten auch zur Plünderung der Ressourcen und damit zur Enteignung der Bevölkerung, die auf diese Ressourcen angewiesen ist.
Ein Skandal in Jamaika offenbarte jüngst die Methoden, mit denen GoodWorks arbeitet. Clive Mullings, jamaikanischer Rechtsanwalt, Abgeordneter der Arbeiterpartei und Oppositionssprecher in Energie- und Telekommunikationsfragen, hatte beschlossen, über einen Vorfall „den Schleier zu lüften“. Es ging um eine internationale „Schmiergeldaffäre zwischen dem Erdölhandels- und Transportkonzern Trafigura und GoodWorks einerseits und den nigerianischen und jamaikanischen Machthabern andererseits“. Für ihn liegt ein „Betrug in internationalem Maßstab“ vor. Den Hintergrund bilden bilaterale Abkommen aus den 1990er-Jahren zwischen den staatlichen Erdölgesellschaften Nigerias und Jamaikas.17 GoodWorks soll in dieser komplizierten Sache seit 2000 mitmischen, also praktisch seit Obasanjos Machtantritt. „Damals fragte die amtierende konservative Regierung Jamaikas beim GoodWorks-Chef Carl Masters an, ob er der Petroleum Company of Jamaica (PCJ) helfen könne, bei der Nigeria National Petroleum Corporation Erdöl zu beschaffen. Das ist schon seltsam, wenn man weiß, dass die PCJ seit 1978 nie derartige Hilfe gebraucht hat.“ Gleichzeitig trat Trafigura auf den Plan, ein weltweit in 36 Ländern operierendes Unternehmen, das 2006 auf 57 Milliarden US-Dollar Umsatz kam. Trafigura war beauftragt, Erdöl zu möglichst günstigem Preis aufzukaufen und zu transportieren. Der in Südafrika in eine ähnliche Affäre verwickelte Konzern erhielt für seine Tätigkeit Rückprovisionen in Form eines Prozentsatzes pro transportiertem Barrel, während GoodWorks Honorare kassierte: 15 Prozent des Nettoerlöses der Petroleum Company of Jamaica.18
Ein fettes Geschenk für die Parteikasse
Die heute als Trafigura-Affäre bekannten Betrügereien flogen auf, als bekannt wurde, dass von Amsterdam aus 460 000 Euro auf das Konto des jamaikanischen Ministers Colin Campbell überwiesen wurden. Einen Monat vor dieser Überweisung hatten sich Vertreter von Trafigura (unter ihnen der Firmenchef) privat mit der damaligen Tourismusministerin Portia Simpson-Miller getroffen. „Die Regierung redet von einem ‚Geschenk‘, Trafigura hingegen von einer ‚geschäftlichen Transaktion‘ im Rahmen der Neuverhandlung ihres ausgelaufenen Vertrags.“ Die niederländischen Behörden ermittelten. Informationsminister Campbell musste zurücktreten. Der damalige Premierminister Percival James Patterson (1992–2006) hingegen, der die Sache eingefädelt hatte, wechselte in die Chefetage von GoodWorks. Simpson-Miller übernahm die Amtsgeschäfte.
Beim jüngsten Kongress der Sullivan Foundation, der am 20. Juli 2006 in Abuja stattfand, lud Andrew Young ungeniert US-Präsident George W. Bush ein, am nächsten Treffen teilzunehmen, das 2008 in Tansania stattfinden soll. Im Übrigen wurde GoodWorks von der Regierung in Daressalam für 375 000 Dollar angeworben. Die Firma soll in den Vereinigten Staaten Begegnungen veranstalten mit dem Ziel, „den negativen Informationen über Tansania, die von der US-Presse verbreitet werden, etwas entgegenzusetzen“. Zufällig arbeitet GoodWorks auch für die sehr umstrittene kanadische Minengesellschaft Barrick Golds, weltgrößter Goldminenbetreiber, die vor allem in Tansania aktiv ist.
In Nigeria brachte die von Gewalt und Unregelmäßigkeiten überschattete Präsidentschaftswahl vom April 2007 das befürchtete Ergebnis: Eine nicht ganz sauber zustande gekommene, aber auch nicht überraschende Mehrheit für Umaru Yar’Adua. Man betrachtet ihn als Marionette des scheidenden Präsidenten Obasanjo – und sieht in ihm schon einen neuen GoodWorks-Kunden. Das Dinner im Waldorf Astoria war denn auch, wie der Journalist Laolu Akande berichtet, für Obasanjo und GoodWorks eine willkommene Gelegenheit, „Yar’ Aduas Kandidatur und Image aufzubauen. Sie erklärten zum Beispiel, Yar’ Adua hätte, obwohl er als Gouverneur des nordnigerianischen Staates Katsina die Scharia eingeführt hatte, dort die Menschenrechte gewahrt und das Schlimmste verhütet, nämlich das Erstarken des radikalen Islamismus.“
In Jamaika hat der Abgeordnete Clive Mullings weiterhin beide Kontinente, Amerika und Afrika, im Blick, wenn er über GoodWorks recherchiert. Sein Ziel: „Die Anhaltspunkte miteinander verbinden und den internationalen Betrug öffentlich machen.“
Fußnoten:
Aus dem Französischen von Josef Winiger
Jean-Christophe Servant ist Journalist.
Le Monde diplomatique nimmt am Zeitschriftenprojekt Documenta 12 magazines teil.