15.08.1997

Und irgendwann auch Nunavik

zurück

Und irgendwann auch Nunavik

NEBEN der Bundesregierung, in deren Verantwortungsbereich die Gründung des Nunavut-Territoriums in den Northwest Territories fällt, ist auch die Provinz Quebec mit der Inuit-Frage konfrontiert. Im Juli 1994, ein Jahr nachdem das Parlament von Ottawa den Gründungsbeschluß des neuen Territoriums ratifizierte, gab die Regierung von Quebec ihre Entscheidung bekannt, der nördlich des 55. Breitengrades gelegenen Inuit-Region (500000 Quadratkilometer) eine größere politische Autonomie zu gewähren und insbesondere den 8000 Inuit Nord- Quebecs das Recht einzuräumen, ihre eigene Regionalregierung und ein Regionalparlament aufzustellen.

Doch änderte sich die Situation, nachdem das Referendum über die Unabhängigkeit Quebecs am 30. Oktober gescheitert war. Die Inuit, die in ihrer großen Mehrheit mit Nein gestimmt hatten, erkannten, daß das Engagement der Bundesregierung – die zugleich die Rivalitäten innerhalb der Provinz Quebec schüren wollte – für die Sache der Inuit begrenzt war. Aufgrund der Meinungsverschiedenheiten über Form und Inhalt einer gewünschten Autonomie und aufgrund einer geschickten Behandlung der Angelegenheit durch die Regierung Lucien Bouchards wurde die Nunavik-Frage auf Eis gelegt.

Sie kann jedoch jeden Moment wieder auf die Tagesordnung gelangen, zumal, wenn es neuerlich zu einem Referendum über die Unabhängigkeit der Provinz Quebec kommen sollte, denn jeder der drei Beteiligten – Inuit, Quebec, Ottawa – versucht, die anderen Beteiligten zu instrumentalisieren. „Das Projekt Nunavik widerspricht explizit der Idee eines unabhängigen Nationalstaates Quebec.“1

B. C.

Fußnote: 1 Eric Cannabio, „Géopolitique d'une ambition inuit. Le cas Nunavik (Québec)“ Paris-VIII 1997.

Le Monde diplomatique vom 15.08.1997, von B. C.