13.03.1998

Die Arbeiter Zentralamerikas als Geiseln der „maquilas“

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Die Arbeiter Zentralamerikas als Geiseln der „maquilas“

Die ausländischen Zulieferbetriebe, die sich erstmals in den sechziger Jahren in Mexiko etabliert hatten, erleben seit einigen Jahren in den neugegründeten Freien Produktionszonen Mittelamerikas eine bemerkenswerte Blüte. Entstanden sind diese Betriebsformen aus einem komplementären Bedarf: aus dem Bestreben nordamerikanischer Firmen, ihre Fertigung in billigere Regionen auszulagern, sowie aus dem dringenden Bedürfnis des amerikanischen Südens, irgendwie neue Arbeitsplätze zu schaffen. Diese Unternemen sd Zerrbilder der rasanten wirtschaftlichen Globalisierung und zugleich die Vorreiter einer Politik, die auf dem Export von industriellen Erzeugnissen basiert. Sie können mit dem Einverständnis der Regierungen rechnen, die die Gewerkschaften mundtot machen wollen und gleichzeitig zulassen, daß die Rechte der Arbeiter mit Füßen getreten werden. Die Unternehmer verfügen also über die Handlungsfreiheit, den – großenteils weiblichen – Arbeitskräften eine Arbeitszeit von sechzig bis siebzig Wochenstuden aufzuzigen, und das zu Hungerlöhnen.

 ■ Von unserem Korrespondenten MAURICE LEMOINE

WENN Elena in ihrem Häuschen in Tipitapa, dreißig Kilometer von Managua (Nicaragua) entfernt, um vier Uhr morgens das Bett verläßt, dröhnt eine Schnulze nach der anderen aus dem Radio, das sie gleichzeitig mit der trüben Lampe anschaltet. Nachrichten gibt es um diese Zeit noch nicht, und so wird sie die neuesten Neuigkeiten erst im Verlauf des Tages erfahren: Eine pandilla (Verbrecherbande) hat das Viertel Quinta Niña in Angst und Schrecken versetzt; in Nicaragua werden täglich 175 Straftaten verübt; die Kriminalität ist 1997 zum vordringlichsten Problem geworden; nach einer Schätzung des Verkehrsministeriums ist die Hälfte der städtischen Busse von Managua – die neuen „Todesschwadronen“ – technisch in schlechtem Zustand; Präsident Arnoldo Alemán wird seine Regierung umbilden.

Kaffee kochen, die Kinder wecken – die Müdigkeit des Vortags sitzt ihr noch in den Knochen. Ein bescheidenes Frühstück, dann geht es zu Elenas Mutter, die die Kinder betreut. Elena hat es vergleichsweise gut. Viele ihrer Arbeitskolleginnen, in der Mehrzahl alleinstehende Mütter, müssen eine Bekannte oder Nachbarin finden, der sie im günstigen Fall nicht ganz so viel bezahlen, wie sie selbst nach Hause bringen. Das ist nicht immer einfach.

Ein letztes Mal hupt um 6 Uhr morgens auf dem zentralen Platz von Tipitapa der Bus, und Elena gelingt es gerade noch aufzuspringen. Sitzplätze sind keine mehr frei. Die Gesichter, vor allem die der compañeras, sind noch schlafverquollen. Gegen 20 oder 21 Uhr sind sie gestern abend nach Hause gekommen, mußten ihre Kleinen abholen, sich wenigstens einen Moment lang mit ihnen beschäftigen, Essen machen, das belegte Brot für den nächsten Tag herrichten und den Haushalt erledigen, bevor sie zu später Stunde erschöpft auf ihr Lager sinken konnten. „Eine Familie durchzubringen verlangt große Opfer, das können Sie mir glauben.“

Der Bus fährt Richtung Managua. Im Mittelgang stehend, wird Elena im Rhythmus der Schlaglöcher hin- und hergerüttelt. Nicht einmal an den bevorstehenden Sonntag mag sie denken. „Wir arbeiten von montags bis samstags. Am Ruhetag ist man dann einfach erschöpft. Das einzige Vergnügen ist ein bißchen Schlaf am Nachmittag. Am Morgen geht das nicht. Man ist wie ein Roboter. Wer gewöhnt ist, um vier Uhr aufzustehen, wacht von selbst auf, ist richtig ,programmiert' auf diese Uhrzeit.“ Und sonst? Einkaufen auf dem Markt, Haushalt und große Wäsche, Besuch bei einer Tante oder der Großmutter. Nur nicht ausgehen, denn die Kinder wollen alles kaufen, was sie sehen. „Manchmal sage ich mir: Lieber tot sein, als so ein hartes Leben weiterzuführen.“

Eine Maschine an einer Maschine

DER Bus hält in der Nähe des internationalen Flughafens von Managua, vor dem Eingang zur Freien Produktionszone Las Mercedes. Dröhnende Motoren, Hupkonzerte, weitere Busse drängen sich aus der Hauptstadt kommend in die Industriezone und entladen ihre menschliche Fracht. Männer und Frauen strömen auf das Gelände, in Richtung ihrer jeweiligen maquila1 . Die Arbeit beginnt offiziell um 7 Uhr. Wer um halb sieben anfängt, erhält eine Prämie von 50 Córdoba pro Monat (rund 9,40 Mark). Für diesen winzigen Betrag sind in aller Frühe bereits Tausende auf den Beinen. Die Arbeit endet frühestens um 17 Uhr 15, zumeist jedoch erst um 19, 20 oder 21 Uhr, für manche auch erst um 22 Uhr.

Die Freie Produktionszone Las Mercedes wurde 1990 gegründet, nachdem in den Wahlen die Rechte unter Violetta Chamorro gegen die Sandinisten gewonnen hatte. Hier sind achtzehn Unternehmen angesiedelt: ein nicaraguanisches, ein italienisches, eines aus Hongkong, sieben aus den Vereinigten Staaten, fünf aus Taiwan und sechs aus Süd-Korea. Mit Ausnahme des Cupido Internacional produzieren alle Kleidung für den nordamerikanischen Markt. Sie arbeiten auf Vertragsbasis für Riesenunternehmen wie J. C. Perney, Sears & Roebuck, Walmart und Montgomery Ward. 13000 Arbeitsplätzen sind entstanden, 1996 wurden Waren im Wert von rund 150 Millionen Dollar exportiert (1997 sind es voraussichtlich 220 Millionen Dollar; für 1998 werden 300 Millionen Dollar erwartet). „Der Hauptanreiz für Investoren liegt in der hohen Arbeitslosigkeit und der Arbeitswilligkeit der Menschen, in ausgesprochen konkurrenzfähigen Löhnen und in der geographischen Lage, zwei Flugstunden von den USA entfernt“, erklärt Gilberto Wong, Vorstandssekretär des Verbandes der Freien Produktionszonen.

Das maquila business kam in den sechziger Jahren in Mexiko auf, griff auf die Dominikanische Republik und die Karibik und anschließend auf ganz Mittelamerika über. Seit 1991 hat sich die Zahl der Unternehmen dank verschiedener Gesetze und insbesondere der von den USA angestoßenen Caribbean Basin Initiative (CBI) in rasendem Tempo vervielfacht. Die in den Freien Produktionszonen oder Industrieparks errichteten maquilas importieren Rohstoffe oder Halbfertigprodukte, die in einfachsten Schritten verarbeitet werden, um hauptsächlich in den USA wieder als teure Fertigprodukte verkauft zu werden. Das mittelamerikanische Geschäft ist dabei fast ausschließlich auf den Bekleidungssektor spezialisiert.

Um Devisen und ausländisches Kapital anzulocken, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und „die Wirtschaft zu dynamisieren“, rollen die Aufnahmeländer den roten Teppich aus: Sie stellen die Infrastruktur, bauen Straßen und Hafenanlagen, bieten zu günstigen Preisen Telefon, Wasser und Energie, zudem sind Importe wie Exporte vom Zoll befreit. Verkauf und Produktion spielen sich in den Freien Produktionszonen ab, die vom nationalen Territorium vollkommen abgeschnitten sind, keinen Wohnraum bieten und rechtlich einen extraterritorialen Status genießen. Auch Gebäude und Einrichtungen sind von Steuern befreit, die Betriebe entrichten weder Gemeindeabgaben noch Boden- oder Einkommensteuer.

Während in Nicaragua, das aufgrund der politischen Verhältnisse als letztes Land in diesen Markt eingestiegen ist, erst 13000 Menschen in solchen Produktionsstätten arbeiten, sind es in Mexiko, das eine Vorreiterrolle spielte, bereits fast 800000, in der Dominikanischen Republik 180000, in Guatemala 175000, in Honduras rund 90000 und in Costa Rica und El Salvador je 50000.2 In Panama wurde auf dem Gelände einer ehemaligen US-amerikanischen Militärbasis (sie fiel im Zuge des Carter-Torrijos-Abkommens an Panama zurück) ein Industriepark für 1200 Arbeiter errichtet. Alle Regierungen sind stark am weiteren Ausbau dieses Aktivitätszweigs interessiert, da sie nicht selbst in der Lage sind, Arbeitsplätze in anderen Bereichen zu schaffen – das nationale Kapital spekuliert lieber oder legt sein Geld im Ausland an. So werden die Freien Produktionszonen und maquilas nach und nach in ganz Mittelamerika zum Entwicklungsmodell schlechthin.

„Hier heißt es hart arbeiten“, bestätigt Gilberto Wong, vor einem Foto, auf dem Präsident Arnoldo Alemán ihm die Hand schüttelt. „Aber wer etwas leistet, verdient mehr als die Fachkräfte außerhalb der Zone.“ Konkret rund 1200 Córdoba pro Monat (225 Mark). Er betet ein paar nicaraguanische Löhne herunter: Lehrer 75 Mark, Polizisten 56 Mark, Ärzte und Krankenschwestern im Gesundheitsdienst knapp 190 Mark. „Das stimmt“, gibt Pedro Ortega zu, der Generalsekretär der Gewerkschaft Textil, Bekleidung, Leder und Felle im Sandinistischen Dachverband der Arbeiter (CST): „In der Freien Produktionszone kann man bis zu 140 Dollar verdienen (260 Mark), doch dafür muß man zwölf bis vierzehn Stunden täglich arbeiten. Der Grundlohn beträgt nur 50 Dollar! Wer nichts produziert, verdient nichts.“

Es ist das gnadenlose Universum, die abstumpfende Abgeschlossenheit der tropischen sweatshops. „Man ist eine Maschine an der Maschine. Sobald man sich gesetzt hat, bleibt keine Zeit mehr, an irgend etwas zu denken“, klagt eine junge Arbeiterin des südkoreanischen Unternehmens Chih Hsing Garments.

Drei Jahre lang hat auch Elena in einem asiatischen Unternehmen gearbeitet, dann hat sie gekündigt. „Wir wurden permanent schlecht behandelt. Jeder kann sich irren. Wer etwas falsch gemacht hatte, wurde auf den Kopf und auf die Hände geschlagen und als Esel, als Tier beschimpft. Wenn man einen Moment Pause machte, um ein Glas Wasser zu trinken, wurde man angeschrien. Der Grundlohn lag bei 22 Dollar in zwei Wochen. Ich begann um 7 Uhr mit der Arbeit und verließ den Betrieb normalerweise erst um 21 Uhr. Ich machte vier Überstunden, aber davon bezahlten sie nur zwei.“ Seither ist Elena beim US- amerikanischen Unternehmen Mills Color angestellt und fertigt Hosen: „Die chinitos3 sind am unerbittlichsten. Die Amerikaner sind zurückhaltender. Das Problem ist das nicaraguanische Personal. Sie sind schlimmer als die Gringos!“

Ebenso ernüchtert klingt eine Angestellte des Unternehmens Nien Hsing: „Wir haben eine Vorarbeiterin, eine nica. Sie behandelt uns genauso schlecht wie die chinos. Eine ungenau zusammengenähte Hose oder ähnliches, und schon bist du gefeuert. Eine Auseinandersetzung: ,Du kannst nach Hause gehen.' Und auf die Frage, warum, bekommst du bestenfalls zur Antwort: ,Hier wird nicht diskutiert!' Da nützt kein Protest. Sie geht zur Verwaltung, erzählt ihre Lügen, und da sie einen besonderen Draht zu den Chinesen hat, wirst du einfach rausgeworfen.“

Elenas Grundlohn beträgt 17,50 Dollar die Woche (31,50 Mark). „Wenn ich meine 175 Córdoba ausgegeben habe, muß ich mir Geld für den Bus leihen.“ Oft muß sie sonntags arbeiten, um auszukommen. „Was uns rettet, sind die vielen Überstunden. Die werden verlangt, wir haben sowieso keine Wahl.“ In den Monaten vor der Haupteinkaufssaison in den USA (zu Schulbeginn und Weihnachten) wird die Produktion drastisch hochgeschraubt. Mónica vom Unternehmen Nien Hsing: „Man wird gewarnt: ,Heute kommt ihr nicht raus, bevor das Soll erfüllt ist. Die Lieferung muß morgen raus.' So bleibt man bis 22 Uhr. Wir sind zur Zwangsarbeit verdammt.“ Wenn nötig, wird bis 2 Uhr morgens weiter geschuftet. Wer sich weigert, bekommt einen Verweis oder wird entlassen. Nach einer Phase mit höllischen Arbeitsrhythmen folgt dann plötzlich der Einbruch. „Das Material ist nicht eingetroffen, und wir haben keine Arbeit. Wir kommen über den Grundlohn nicht mehr hinaus“, seufzte im Januar eine Arbeiterin. In solchen Zeiten werden dann überschüssige Arbeitskräfte „zur Erholung“ nach Hause geschickt, ohne Lohn natürlich. „Für uns ist das eine Katastrophe. Wir sind so sehr auf das Geld angewiesen.“

Zu Mittag schrillt ein Signal, und die Menschenmassen strömen hastig aus den Gebäuden. Die mitgebrachte und längst kalt gewordene Mahlzeit wird ausgepackt, oder man drängt sich um die Frauen, die gekochtes Fleisch, Mais oder Bohnen anbieten. „Für das Essen muß man hier 10 Córdoba hinlegen (1,80 Mark). Dazu kommen noch 4 Córdoba pro Tag für das Verkehrsmittel. Das macht in sechs Tagen fast 80 Córdoba, bei einem Lohn von 160.“ Im Schatten der Bäume, in der prallen Sonne oder auf dem Betonboden um die Fabrikgebäude haben sich die Arbeiter plaudernd zum Essen niedergelassen. „In der Regenzeit ist es schlimmer, da stehen wir wie gerupfte Hühner im Regen herum.“ „Wir haben zwar eine Kantine gefordert“, seufzt ein Arbeiter der taiwanesischen Firma Fortex, „aber der patron hat uns mitgeteilt, daß er kein Geld für eine solche Investition hat. Das einzige, was wir bekommen haben, ist eine Bank. Wir sind aber viel zu viele für diese armselige Bank. So essen wir halt auf dem Boden.“ Aus dem Schornstein der Chentex, der gleich daneben in den Himmel ragt, quillt dichter schwarzer Rauch, den der Wind auf die Essenden herunterdrückt.

Der eine Betrieb stellt seinen 1000 Arbeitern ganze vier Toiletten zur Verfügung, ein anderer acht für 1500 Beschäftigte. Sie sind schmutzig, werden nicht gereinigt. In manchen asiatischen Betrieben werden Marken ausgegeben, wenn jemand während der Arbeitszeit aufs Klo muß, was nur einmal pro Tag und Person erlaubt ist. „Brauchst du länger als drei Minuten, holen sie dich mit großem Trara heraus.“

Am 18. November 1997 beginnt Oscar Rivas, ein 21jähriger Arbeiter der Firma Nien Hsing, seine Arbeit an der Zentrifuge. Mehrmals hat er sich bereits erfolglos beschwert, daß er sich an der Maschine elektrische Schläge holt. Handschuhe und eine Schutzmaske stehen ihm genausowenig zur Verfügung wie Stiefel, obwohl er mit Chlor arbeitet und der Boden ebenso durchfeuchtet ist wie die Luft. Er drückt den Anlasser der Zentrifuge. 380 Kilowatt durchfahren seinen Körper, er stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus. David Gutiérrez Flores (22 Jahre), verantwortlich für die Instandhaltung der Gebäude der Freien Produktionszone, stirbt am 13. Dezember ebenfalls an einem Stromschlag. Am 8. Januar 1998 gibt das nicaraguanische Arbeitsministerium bekannt, daß im Jahr 1997 in der Freien Produktionszone Las Mercedes 662 Arbeitsunfälle vorgekommen sind, drei davon mit tödlichem Ausgang.

Die Arbeitskraft der Frauen ist am meisten gefragt

EINEN Tag später, am 9. Januar 1998, bittet in El Progreso (Honduras) die junge Carmen Marilu Zerón, eine Angestellte von Industrias Daly, dessen Leiter Young Ki Kim als „Mister King“ bekannt ist, um 7 Uhr 30 um Erlaubnis, den Betrieb verlassen zu dürfen. Sie fühlt sich sehr schlecht und möchte dringend zum Arzt. Das wird ihr schroff verweigert. Eine Stunde später verliert sie das Bewußtsein. Sie stirbt noch im Verlauf des Vormittags, nachdem ihr die Klinik der Honduranischen Krankenversicherungsanstalt (IHSS), in das sie schließlich gebracht wird, die Aufnahme mit der Begründung verweigert, ihr fehlten die notwendigen Papiere.

Unter einer Hitzeglocke liegt das trostlose Städtchen San Pedro Sula, wirtschaftliches Zentrum von Honduras und Eingangstor zum geschäftigen „Korridor der maquilas. Die Zone mit ihren 193 Unternehmen und 90000 Beschäftigten zieht sich über rund 40 Kilometer bis Puerto Cortés an der Karibikküste hin und beherbergt die Mehrzahl der bereits bestehenden Industrieparks (15 weitere sind in der Planung oder im Bau). In den Räumen der Asociación hondureña de maquiladoras (AHM) gibt man sich hinsichtlich der Arbeitsunfälle zurückhaltend. „Objektiv gesehen gab es selbst in den Anfangszeiten der maquila, als viele kleine Probleme auftraten, prozentual weniger Zwischenfälle als in anderen Industriezweigen“, beteuert Luis Felipe Molina. Es folgen einige Zahlen: Der Mindestlohn beträgt in den maquilas im Schnitt 40 Lempiras pro Tag (5,60 Mark), gegenüber 30 Lempiras in der restlichen Industrie. 1996 kamen die Arbeiter bei wahnsinnigen Arbeitszeiten und Überstunden auf einen geschätzten Monatslohn von 136 Dollar (255 Mark).

Das Eingangstor zum Park San Miguel nahe Choloma, rund 15 Kilometer nördlich von San Pedro Sula, ist sauber und adrett, aber um so verfallener wirkt die Stadt, deren Einwohnerzahl von 36000 im Jahr 1974 auf 106000 hochgeschnellt ist. Auch die von einem gepflegten Rasen umgebene honduranische Fabrik Sulatex – „die Investoren lieben Grünflächen“, erklärt unser Begleiter – hat nichts von einem Gefängnis. Sie hat eine bescheidene Kantine und gewährt der Belegschaft zwei fünfzehnminütige Pausen pro Tag, eine am Vormittag und eine am Nachmittag. In der langgestreckten, neonbeleuchteten Halle ertönt Hintergrundmusik zum Lärm der Maschinen, während die jugendlichen, mehrheitlich weiblichen Beschäftigten die zukünftigen T-Shirts mit konzentriertem Blick durch die Nähmaschine führen. „Es ist nicht immer einfach“, scherzt der freundliche Abteilungschef Luis Quan Ulloa. „Ich muß täglich die Produktion gewährleisten und mich gleichzeitig mit Menstruation und Schwangerschaft befassen, mit kranken Kindern und Ehemännern, die nach dem Saufen nicht nach Hause gekommen sind.“ Dieser technische Angestellte hat nichts von einem Sklaventreiber. Er arbeitet, ist Teil der „Maschinerie“, und stellt einfach fest: „Es stimmt, sie sind sehr jung.“ Ohne zu heucheln fügt er hinzu: „Wären sie älter, könnten sie den Rhythmus gar nicht durchhalten.“4 Hinter einer Arbeiterin, die in einem Wahnsinnstempo ein Stück nach dem anderen zusammennäht, steht eine Aufseherin mit Stoppuhr in der Hand, um zu gewährleisten, daß der Rhythmus nicht abfällt.

Die Arbeiterinnen, meist Ehefrauen, oft auch alleinerziehende Mütter, sind im allgemeinen anstelliger als ihre männlichen Kollegen und außerdem geschickter für diese Art von Arbeit.5 Abgesehen vom Arbeitstempo haben die meisten anderen maquilas mit der Sulatex nur wenig gemeinsam.

Ob in der Dominikanischen Republik, Honduras, Guatemala oder in Nicaragua, überall wird über Drohungen, Belästigungen und Vergewaltigungen geklagt. „Ist eine Frau schwanger und arbeitet an einer Maschine, wird sie an eine andere Stelle versetzt, die höhere körperliche Anstrengungen erfordert, damit sie kündigt“, berichtet Pedro Ortega von der CST (Nicaragua). „Manche Frauen versuchen durchzuhalten, am Ende erleiden sie häufig aufgrund der übermäßigen Belastungen Fehlgeburten. Viele werden auch unter dem ein oder anderen Vorwand entlassen.“ Die Betriebe wollen sich die Finanzierung des dreimonatigen Schwangerschaftsurlaubs sparen, der den Frauen während der Stillzeit zusteht.

Mit Gewalt gegen die Gewerkschafter

IM koreanischen Unternehmen Pindu in La Ceiba (Honduras), einer für 200 Personen angelegten Fabrik, in der sich 420 Beschäftigte abrackern, fallen Ende Mai 1997 innerhalb einer Woche 60 Arbeiterinnen in Ohnmacht. In einem Bericht des Arbeitsministeriums werden zwar verschiedene Mängel wie der Platzmangel, die überhöhten Temperaturen und die fehlende Entlüftung genannt, doch ist auch von „ansteckender Hysterie“ die Rede, was offensichtlich beruhigender klingt.

Am 10. Juni fallen in der maquila Won Chang, die 600 junge Arbeiterinnen beschäftigt, 30 Frauen in Ohnmacht. Einzige Sorge von Juan Bendeck, dem Präsidenten des Honduranischen Rates für Privatunternehmen (Cohep): „Diese kollektiven Ohnmachtsanfälle könnten von Kreisen ausgeschlachtet werden, die daran interessiert sind, diesem Wirtschaftssektor zu schaden.“ Einem Sektor, in dem 1997 Exporte im Wert von einer Milliarde Dollar erzielt wurden.

Die honduranischen maquilas stehen tatsächlich häufig im Blickfeld der Kritik. In diesem Sinn sprechen die Veröffentlichungen der AHM eine (unfreiwillig) klare Sprache: „Eine der wichtigsten Tätigkeiten [der AHM] in diesem Bereich [Verteidigung der maquila-Industrie] war der Auftritt mehrerer unserer Direktoren vor dem Kongreß der Vereinigten Staaten, um den gegen Honduras gerichteten Anschuldigungen entgegenzutreten, wonach in dieser Industrie minderjährige Sklaven beschäftigt würden.“6 Diese Behauptung, die von Menschenrechtsorganisationen insbesondere in den Vereinigten Staaten, wo die Fertigprodukte abgesetzt werden, verbreitet wurde, hat dort viel Staub aufgewirbelt. Am 16. September 1996 wurde sie durch die Aussage von Wendy Diaz, einer ehemaligen Arbeiterin des Unternehmens Global Fashion, bestätigt.

„Ausländische Einmischung in innere Angelegenheiten von Honduras“7 , nannte das indigniert die AHM und faßte daraufhin den Beschluß, sich mit Unterstützung des Lobby-Unternehmens Washington Word Group an die Kongreßmitglieder zu richten, um die Vorwürfe zu entkräften. Nach einer Untersuchung und der Inspektion einzelner Betriebe ihrer Wahl dementierten Juan Carlos Bossio von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und Robert Wholey vom US-amerikanischen Department für Arbeit den Einsatz von Kindersklaven.

Obwohl AHM und Behörden es bestreiten: Die Kinderarbeit in den maquilas, selbst wenn es sich nicht um „Sklaven“ handelt, stellt ein reales Problem dar. Dafür spricht unter anderem der letzte Bericht, den das Komitee für die Verteidigung der Menschenrechte in Honduras (Codeh) zu dieser Frage vorgelegt hat. Von den 86 Beschwerden gegen maquilas, die dieser Organisation im ersten Quartal 1997 von dort Beschäftigten gemeldet wurden, stammten neun von 17jährigen Arbeitern und eine von einem 14jährigen Kind (insgesamt also 11,7 Prozent der gesamten Anzeigen von Minderjährigen).8

Jayro Ayala ist hauptamtlich in einem kleinen Büro der Unabhängigen Gewerkschaft der Arbeiter von Honduras (FITH) in Choloma tätig. Er macht eine ernüchterte Handbewegung: „Manchmal fühlt man sich völlig machtlos. Alle sind gegen uns.“ Er kommt gerade aus Puerto Cortés, „wo wir im Augenblick ein großes Problem haben“. Aus dem koreanischen Unternehmen Transpacifico wurden zahlreiche Fälle von Mißhandlung und sogar ein Vergewaltigungsversuch gemeldet. Zwischen dem 27. November und dem 4. Dezember 1997 trat die Belegschaft in Streik. Nach der Wiederaufnahme der Arbeit passierte zunächst nichts, bis zum 19. Dezember, als 142 Arbeiter ihren Lohn erhielten – und ihr Entlassungsschreiben.

Nun werden nurmehr diejenigen eingestellt, die bereit sind, auf jegliche gewerkschaftliche Aktivität zu verzichten und keine Forderungen mehr zu stellen. In einer schweren Krisenzeit wie dieser ziehen es viele Arbeiter vor, zu schweigen und durchzuhalten. Lieber lassen sie sich übermäßig ausbeuten, als daß sie ihre Arbeit verlieren wollen.

„Kommt man neu in einen Betrieb, heißt es: ,Bei uns wird von dann bis dann gearbeitet. Wenn dir das paßt, kannst du bleiben, sonst kannst du wieder gehen. Draußen warten noch zehn andere auf deinen Arbeitsplatz'“, bestätigt eine nicaraguanische Arbeiterin und fügt hinzu: „Leider haben wir keine Gewerkschaft. Die ist nicht erlaubt. Fehlt gerade noch das Schild: Gewerkschaften verboten!“

Als Debora Guzmán am 21. August 1995 die Fabrik M y J Modas in Guatemala verläßt, bemerkt sie ein Auto mit getönten Scheiben. Kurz darauf übergibt ihr ein Kind einen Brief der Wageninsassen: „Vergessen Sie nicht, daß wir Sie schon lange in Ruhe gelassen haben. Wenn Sie Ihr Kind lieben, dann sorgen Sie dafür, daß Ihr Mann unsere Forderungen erfüllt. (...) Es wird Zeit, daß er sich entscheidet: Entweder verläßt er die Gewerkschaft, oder seine Frau und sein Kind werden dafür bezahlen.“

Seit Mai 1994 wird Felix González, Deboras Mann, verfolgt und mit dem Tode bedroht, weil er sich in einem Konflikt mit dem Unternehmen Lunafil SA engagiert hat, das seine Niederlassung in Amatitlán geschlossen und 200 Arbeiter entlassen hatte, was diese als illegal und ungerechtfertigt ansahen. Debora Guzmán selbst wurde am 28. Februar letzten Jahres entführt und 24 Stunden lang festgehalten, unter Drogen gesetzt und geschlagen, bevor man sie, kilometerweit von ihrer Wohnung entfernt, wieder freiließ.

In diesem Land, in dem die Gewalt gegen Arbeiter und Gewerkschafter, die sich für ihre Rechte einsetzen, wieder einmal zunimmt, sind solche Drohungen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Am 19. März 1995 wurde in einer Schlucht nahe der Viertel Galilea und El Limón in Ciudad Guatemala eine Leiche entdeckt, die Folterspuren aufwies. Bei dem Toten handelt es sich um Alexander Yovany Gomez, den Kassenwart der Gewerkschaft der Arbeiter der Empresa Maquiladora RCA. 70 Arbeiter dieser Fabrik standen damals in einem Arbeitskonflikt mit dem koreanischen Besitzer, um ihr Recht auf Organisierung durchzusetzen. Sylvia Lilia Escobar, die an den Verhandlungen beteiligt war, wurde von der Direktion des Betriebes wiederholt verwarnt. Man drohte ihr, sie könnte ebenfalls „verschwinden“, wenn sie ihre Aktivitäten nicht aufgebe. Bei einer Betriebskontrolle begnügte sich ein dem Arbeitsministerium unterstellter Inspektor, sie vor versammelten Direktoren und dem Fabrikbesitzer zu warnen: „Die Gewerkschafter enden früher oder später tot in einem Graben.“

Die Konsumenten im Norden können etwas tun

IM nachsandinistischen Nicaragua ist ein derartiges Ausmaß an Repression undenkbar. Doch als 1993 die Arbeiterinnen des koreanischen Unternehmens Fortex, der schlechten Behandlung und der sexuellen Belästigungen überdrüssig, in Streik traten, zogen die Vorgesetzten ihre Pistolen und schossen in die Luft. Und dann gingen sie mit brutalen Kampfsportmethoden (im konkreten Fall Tae Kwon Do) gegen die sich zur Wehr setzenden Frauen vor. Nach diesem Vorfall gründete der Sandinistische Dachverband der Arbeiter (CST) geheime (!) Arbeiterkommissionen. Am 16. August 1996 beschloß die Kommission von Fortex, eine Gewerkschaft zu gründen.

Trotz zahlreicher Hindernisse, die das Arbeitsministerium von Violetta Chamorro der Legalisierung in den Weg legte, und trotz der Entlassung ihrer Führung wurde am 23. Dezember die erste Gewerkschaft in der Freien Produktionszone anerkannt. Drei weitere folgten bald darauf: bei Nien Hsing (taiwanesisch), Ecco (italienisch) und Fundación Cupido (US-amerikanisch). Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Seit Februar 1997 sind bei Nien Hsing 28 Gewerkschaftsaktivisten der Repression zum Opfer gefallen, und bei Fundación Cupido wurden drei Gewerkschaftsführer entlassen.

In den honduranischen maquilas sind ebenfalls rund dreißig Gewerkschaften entstanden, ihre Führung wurde jedoch jedes Mal sofort entlassen. „Sobald sich eine Gewerkschaft als juristische Person registrieren lassen will, verständigt das Arbeitsinspektorat die Direktion der maquila und gibt die Namen der Beteiligten weiter“, erzählt Jayro Ayala. „Inzwischen ist es so weit, daß wir uns darauf verlassen können. Wenn ein Arbeiter aus seinem Betrieb ausscheiden will, weil er kaputt ist oder eine Kündigungsentschädigung erhalten will, braucht er nur demonstrativ Kontakt mit uns aufzunehmen. Das funktioniert durchweg: Wer das tut, wird sofort gefeuert!“ Zwar wurden zwei Kommissionen ins Leben gerufen, um das Verhältnis zwischen den verschiedenen Seiten zu klären: eine Zweierkommission aus Gewerkschaften und den Unternehmern und eine Dreierkommission mit zusätzlicher Beteiligung der Regierung. „Doch das sind nur hohle Strukturen, bei denen nichts herauskommt.“

„Hier befehlen wir“, bekam Pedro Ortega im Mai 1997 von Colonel Lucas Ming Wei, dem Vertreter der Gruppe Nien Hsing, zu hören, als er gegen die brutale Behandlung protestierte, die Tausenden Arbeitern der Freien Produktionszone von Managua widerfährt. Ming Wei warnte: „Wenn die Gewerkschaften nicht abgeschafft werden, gehen wir hier weg. In Mexiko werden wir besser behandelt. Immerhin haben wir 65 Millionen Córdoba [12,2 Millionen Mark] in diese Industriezone investiert!“ Angesichts dieser ständig wiederholten Drohungen schlagen sich neben der nicaraguanischen auch die anderen Regierungen der Region offen auf die Seite der Ausbeuter. „Die Regierung muß sich ihren Wünschen beugen, denn Tausende von Arbeitsplätzen hängen von dieser Industrie ab, und die zu schaffen, ist die Regierung selbst nicht in der Lage.“

Es steht einiges auf dem Spiel. Für die asiatischen Unternehmen, die in ihren Ursprungsländern die Ausfuhrquoten für Textilartikel in die USA ausgeschöpft haben, bietet Mittelamerika, das von Sonderabkommen profitiert, eine unverhoffte Möglichkeit, die Exporte dennoch zu erhöhen. Die amerikanischen Unternehmen verkaufen (wie alle anderen auch) eine Hose, in der Lohnkosten von 0,20 Dollar stecken, in New York, Boston oder Chicago für mindestens 20 Dollar.

Nach mehrmonatigem Kampf gelang es den Arbeiterinnen von Camosa, einer guatemaltekischen Bekleidungsfabrik, die zur nordamerikanischen Kette Philipps-Van Heusen gehört, am 14. August 1997, einen Tarifvertrag durchsetzen. Es ist der einzige Vertrag dieser Art, der bisher in einer Freien Produktionszone Guatemalas unterzeichnet wurde, und einer der wenigen, die überhaupt in den mittelamerikanischen Freien Produktionszonen abgeschlossen werden konnten.

Doch die jahrelange Aufklärungsarbeit bei den US-amerikanischen Verbraucherorganisationen, Menschenrechtsgruppen und Gewerkschaften über die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den maquilas beginnt Früchte zu tragen. Die im honduranischen La Lima angesiedelte koreanische maquila Kimi beispielsweise mußte schwere Verluste hinnehmen, nachdem die US-amerikanischen Abnehmer Gabb & Macy's den Vertrag aufkündigten, und wäre aufgrund der Reaktion der Konsumenten im Norden fast in Konkurs gegangen. Die Bestellungen wurden erst wieder aufgenommen, nachdem das Unternehmen der Einrichtung einer Art Aufsichtsgremium zugestimmt hatte, in dem das Komitee zur Verteidigung der Menschenrechte (Codeh), die Frauenorganisation Comedhu, die Caritas von San Pedro Sula und die Jesuiten von Honduras vertreten sind.

Im Bewußtsein dieser Gefahr haben die honduranischen Zulieferbetriebe am 28. und 29. Juli 1997 in San Pedro Sula einen Verhaltenskodex ausgearbeitet und unterzeichnet; Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen blieben von den Verhandlungen allerdings ausgeschlossen. Bleibt abzuwarten, ob es sich um tatsächliche Verbesserungen handelt oder um ein simples Manöver, das nur den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen soll. Einige Monate zuvor hatte die AHM an verschiedenen Besprechungen der Kommission zur Revision des Arbeitsrechts teilgenommen, um „im Rahmen der Möglichkeiten“ die Aufnahme eines Abschnitts über die maquiladora-Industrie in das Gesetz zu erreichen. In den Ergänzungsvorschlägen, die beim Honduranischen Rat für Privatunternehmen eingingen, fanden sich Formulierungen zu den Stichworten Produktivität, Effizienz, Verfügbarkeit der Arbeiter und so weiter.

Die Politiker machen alles mit

AM 28. Mai 1997 wurde in der Freien Produktionszone von Managua der Grundstein für ein neues Gebäude gelegt, das 16000 Quadratmeter umfassen, 2 Millionen Dollar kosten und 6000 Personen Beschäftigung bieten soll. Unter dem wohlwollenden Blick des ultrakonservativen Präsidenten Arnoldo Alemán ließ sich Oberst Lucas Ming Wei, der Vertreter der Gruppe Nien Hsing, über seinen Gemütszustand aus: „Ebenso wie die nationalen Unternehmen sind auch wir äußerst besorgt über das neue Arbeitsgesetz und die jüngsten Angriffe der politisierten Gewerkschaftsbewegung, die eine regelrechte Desinformationskampagne auf internationaler Ebene gegen unsere Unternehmen losgetreten hat, womit die Stabilität unserer Investitionen in Frage gestellt ist.“

Zu dieser Behauptung meint der Gewerkschafter Pedro Ortega: „Die Regierung hat mich namentlich beschuldigt, ein internationales Komplott zu schmieden und Nicaragua destabilisieren zu wollen. Sie hat eine Offensive gegen die Gewerkschaften gestartet, obwohl wir wiederholt betont haben, daß wir nicht grundsätzlich gegen ausländische Investitionen sind. Wir akzeptieren die dauerhafte Präsenz der maquilas. Wir bestehen einzig und allein darauf, daß sie die Tarifverträge, die Freiheit der gewerkschaftlichen Organisierung, das Arbeitsrecht und die Würde der Arbeiter respektieren müssen.“

dt. Birgit Althaler

Fußnoten: 1 Zulieferbetriebe. Der Begriff kommt aus dem spanischen maquilar, Mahlgeld abliefern, was bedeutet, daß der Müller vom Bauern für den Verleih der Mühle einen Teil des erhaltenen Mehls verlangt. 2 Ende 1995 arbeiteten in diesem Sektor fast 25 Prozent der Industriearbeiterschaft Mexikos. In Guatemala waren es 77, in Costa Rica 27 und in El Salvador 9 Prozent, 30 in Jamaika im Jahre 1992 und 40 Prozent in der Dominikanischen Republik 1993. Quelle: „Growth in Employment in the Maquila Industry“, in „Preliminary Overview of the Economy of Latin America and the Caribbean 1996“, Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL), New York, 19. Dezember 1996. 3 Chinitos bedeutet soviel wie kleine Chinesen. In der Welt der maquila gelten alle Asiaten als Chinesen, ob sie aus Korea, Taiwan oder Hongkong kommen. Dazu zählt auch der peruanische Präsident Alfredo Fujimori, der japanischer Herkunft ist. 4 Das Durchschnittsalter der Arbeiter und Arbeiterinnen in der maquiladora-Industrie in Mittelamerika liegt bei 23 bis 25 Jahren. Quelle: „Growth in Employment in the Maquila Industry“, a. a. O. 5 Frauen sind überall in der Mehrheit: 58 Prozent in Mexiko (1995), 60 bis 62 Prozent in Costa Rica, 70 bis 75 Prozent in Honduras, 78 Prozent in Guatemala (1993) und 60 Prozent in der Dominikanischen Republik (1992). Quelle: „Growth in Employment in the Maquila Industry“, a. a. O. 6 „Plan de trabajo realizado en 1996“, in „Memoria 1996“, hrsg von der Asociación hondureña de Maquiladoras. 7 Ebenda. 8 Proyecto maquila, Erstes Halbjahr 1997, Oficina regional Codeh Zona Norte, San Pedro Sula, Cortés.

Le Monde diplomatique vom 13.03.1998, von MAURICE LEMOINE