Portugal will seine Slums loswerden
Von unserem Korrespondenten EMMANUEL VAILLANT *
ZEHNTAUSENDE leben noch immer in den baufälligen, fast unbewohnbaren Baracken. Trotz eines jährlichen Wirtschaftswachstums von 3,2 Prozent liegt Portugal in Bezug auf das Entwicklungsniveau nur auf Rang 28 in der Welt. Mit einem Sonderprogramm, für das 2,2 Milliarden Mark innerhalb von sechs Jahren zur Verfügung stehen, will die Regierung nun die Slums beseitigen, von denen die großen Städte, wie Porto oder Lissabon, umgeben sind. Aber die Umsetzung des Vorhabens stößt auf unzählige Schwierigkeiten. Bislang sind nur 20 Prozent der Slumbewohner in neue Quartiere umgezogen.
Am Ortseingang von Mato Cheirinhos, einem zwanzig Kilometer von Lissabon entfernt gelegenen Städtchen mit tausend Einwohnern, hat man vier Wohnblocks auf die grüne Wiese gestellt. Der Anstrich ist frisch, die Fensterläden sind geschlossen, die Wohnungen stehen noch leer. Dort, wo einmal der Spielplatz des Neubaugebiets liegen soll, steht derzeit ein Zelt, das mehr als dreihundert Personen fasst. An diesem Sonntag ist alles, was in der Region Rang und Namen hat, in Mato Cheirinhos versammelt, vom Parlamentsabgeordneten bis zum Polizeikommandanten, vom Bürgermeister bis zu den Vertretern der Wohnungsbaugesellschaft.
Die Zeremonie hat etwas von einer Preisverleihung. Ein Name wird aufgerufen, dann betritt eine Familie, eine junge alleinstehende Person oder ein Rentnerpaar – Portugiesen, Afrikaner, Roma – unter dem Applaus der versammelten Menge die Bühne. Einer der Amtsvertreter reicht ihnen ein Bund Schlüssel und ein Heft, das sich „Leitfaden Wohnen“ nennt. Noch eine Woche, und sie alle werden ihre selbst gezimmerten Behausungen in den Slumgebieten von Lissabon gegen neue Wohnungen in dieser oder einer der vier anderen Siedlungen der Region eintauschen, die in jüngster Zeit gebaut wurden.
Als sie das Zelt verlassen, richten sich Mikrofone und Fernsehkameras auf die neuen Wohnungsbesitzer, deren Gesichter oftmals Bewegung spiegeln und die dieser Trubel ein wenig verlegen macht. Die portugiesischen Medien berichten umfassend über das Ereignis, denn es handelt sich um eine der ersten Wohnungsvergaben im Rahmen des „Programa especial de realojamento“ (PER), jenes staatlichen Umsetzungsprogramms, das bereits vor sechs Jahren vom portugiesischen Parlament verabschiedet wurde und die Beseitigung der barracas, der slumartigen Siedlungen zwischen Lissabon und Porto zum Ziel hat. Von diesem Programm mit einem Volumen von 200 Milliarden Escudos (rund 2,2 Milliarden Mark) sind nach offiziellen Angaben 150 000 Personen betroffen.
Die Aufgabe, die man sich gestellt hat, muss im Zusammenhang mit einem auffälligen Gegensatz gesehen werden. Portugal kann sich eines Bruttoinlandsprodukts rühmen, das jährlich um 3,2 Prozent wächst, sowie einer auf 2,1 Prozent gesenkten Inflationsrate und einer Arbeitslosenquote, die mit 4,5 Prozent zu den niedrigsten Europas zählt. Doch das Land, das sich so als Musterschüler Brüssels erweist1 , liegt, was die Lebensqualität betrifft, noch weit zurück.2 Und trotz einer ehrgeizigen und von der EU geförderten Politik staatlicher Großbauprojekte – wie, zur Expo 98, die Vasco-da-Gama-Brücke über den Tejo – gibt es noch immer die Slums, diese sichtbaren Zeichen der Armut, die man nun, da das Land in einen nie gekannten Konsumrausch verfallen ist, gern zur Vergangenheit erklären würde.
Die barracas, meist aus Backstein, aber auch aus Holz, gibt es seit Beginn der sechziger Jahre; sie wurden auf öffentlichem oder privatem Grund errichtet, ohne dass ihre Erbauer in irgendeiner Weise als Eigentümer ausgewiesen waren. Es war die Zeit, als unter der Salazar-Diktatur die Industrialisierung Portugals betrieben wurde und hunderttausende Bauern in die Städte und die Randgebiete von Lissabon und Porto strömten.
Nur fünf U-Bahn-Stationen vom hauptstädtischen Zentrum, der Calçada da Picheleira, entfernt zeugt einer der ältesten Slums von dieser Landflucht. Zwar sind die gewundenen Gassen, in denen kreuz und quer die Wäsche zum Trocknen hängt, gepflastert, wie alle Gehsteige Lissabons, doch die Abwässer fließen hier aus zerborstenen Rohren ins Freie. Die hölzernen Türen in den abgenutzten Backsteinfassaden tragen aufgepinselte Hausnummern, Wellblechdächer werden überragt von Fernseh-, mitunter auch Satellitenantennen und einem dichten Wirrwarr von Leitungen, die zu den wenigen von der Stadt errichteten Strommasten führen.
Diese zusammengeflickten und baufälligen Behausungen stehen hier seit mehr als dreißig Jahren. „Seit fünfunddreißig Jahren“, unterstreicht Teresa, die mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann, der in einer Maschinenfabrik arbeitete, als eine der Ersten hierher gekommen war. Auf Hochglanz gebrachter gefliester Fußboden, mit Azulejos, den berühmten Zierkacheln, und goldgerahmten Familienfotos geschmückte Wände, im Wohnzimmer lackierte Möbel und ein gewaltiger Farbfernseher – Teresas Bleibe ist gepflegt, trotz der Plastikwanne, die das Regenwasser auffängt, das durch ein Loch im verrosteten Dach tropft. „Mein Nachbar kommt das reparieren“, sagt die alte Frau. „Wissen Sie, in all den Jahren haben wir gelernt, hier zurechtzukommen. Ändern wird sich nichts. Wie soll man sich eine andere Wohnung leisten mit 32 000 Escudos [rund 330 Mark] Rente im Monat? Wir hatten schon damals keine andere Wahl.“
Wie all ihre Nachbarn stammt Teresa aus dem Süden Portugals, aus dem Alentejo, einer Landwirtschaftsregion. „Hier gibt es keine Roma. Wir sind alle Portugiesen, die vom Lande kommen. Einige sind zum Arbeiten in die europäischen Länder gegangen, andere nach Lissabon. Ob hier oder in Frankreich, wir sind immer in den Slums gelandet. Kennen Sie den von Champigny?“ Teresa hat einst als Hausangestellte gearbeitet. Erinnerungen werden wach an die Zeit, als Ende der sechziger Jahre die Rezession eine Welle der Abwanderung in andere europäische Länder auslöste, insbesondere nach Frankreich. Gewiss, damals sind längs des Autobahnrings um die Hauptstadt einige Wohnsiedlungen entstanden, die beiden Kinder Teresas leben dort mit ihren Familien. „Beide haben gute Positionen“, sagt die Mutter, der eine arbeite als Buchhalter in einer Computerfirma, der andere sei Filialleiter eines Spielzeugladens im Stadtzentrum.
Vom Auswanderungs- zum Einwanderungsland
DOCH diese Neubausiedlungen reichen nicht aus, um den Wohnungsbedarf zu decken, der schon bald aus einem neuen Exodus entsteht. Nach der Revolution vom 25. April 1974 und einem Entkolonialisierungsprozess, der nach der militärischen Niederlage in Afrika unvermeidlich ist, sieht sich Portugal 600 000 Flüchtlingen gegenüber, die von den Kapverdischen Inseln, von Guinea-Bissau, Angola und Mosambik sowie von São Tomé und Príncipe ins Land strömen. Diesen Menschen bleibt häufig keine andere Wahl, als in Behelfsunterkünfte zu ziehen. Trotz des Wirtschaftswachstums verschärft sich in den darauf folgenden Jahren die Situation noch weiter. Der EU-Beitritt 1986 markiert den Beginn einer Entwicklung, die von den neuen Partnern gefördert wird. Die Zunahme öffentlicher Aufträge führt dazu, dass im großen Maßstab geplant und gebaut wird, was ausländische Arbeitskräfte anzieht. Portugal, bis dahin traditionell ein Auswanderungsland, wird zum Einwanderungsland. Doch auf Grund des Wohnungsmangels ziehen auch diese Immigranten in die Slums und die wenigen, heruntergekommenen Neubausiedlungen an den Stadtautobahnen.
Die barracas stehen im Ruf, jedes ungenutzte Stückchen Land im Stadtinnern wie in der Umgebung zu belegen. In schlechter Lage – oftmals auf Abhängen oder an einer Verkehrsader (an einem Stadtring, einer Autobahn, ja sogar einem Kreisverkehr im Stadtzentrum oder auch längs einer Eisenbahnlinie) – missachten diese Siedlungen jegliche städtebaulichen Vorschrift. Warum sind diese Notunterkünfte in all den Jahren toleriert worden? „Weil es den Interessen der lokalen und nationalen Behörden entgegenkam“, antwortet Maria José Maranhão, Soziologin am Centro de estudos territoriais von Lissabon. „Der Baugrund ist rar, weshalb der legale Wohnungsmarkt von der Spekulation bestimmt ist, und einen sozialen Wohnungsbau gibt es nur in Ansätzen. So stellen diese Barackenbauten eine spontane Antwort auf den Bedarf der Arbeiter nach Wohnungen dar. Wenn sie auf diese Weise keine Miete zahlen, gibt es auch weniger Druck, die Löhne zu erhöhen. So hält man sich eine Arbeitnehmerschicht, die es erlaubt, konkurrenzfähig zu produzieren.“
Das bairro dos Marianas liegt in der Nähe des Bahnhofs, in Carcavelos, einem friedlichen Städtchen fünfundzwanzig Kilometer vor Lissabon, wo sich Einfamilienhaussiedlung an Einfamilienhaussiedlung reiht. „Sehen Sie, da drüben wohnen die alten Portugiesen aus den Kolonien. Es sind nicht mehr viele. Und hier, da wohnen die Afrikaner“, erklärt Fiorenzo. Er ist portugiesischer Staatsbürger, stammt aber von den Kapverden. Seit achtzehn Jahren lebt er in diesem 5 000 Einwohner zählenden Slum. Überall sieht man die Spuren von Armut und sozialer Instabilität. Die Baracken stehen Seite an Seite mit Wohnblocks, denen man ihr Alter deutlich anmerkt. Von einem mit Abfall übersäten unbebauten Grundstück weht entsetzlicher Gestank herüber; die Mülltonnen sind seit zwei Monaten nicht mehr abgefahren worden, und durch die schlammigen Straßen, unmittelbar an den bröckelnden Hausmauern entlang, fließen schwärzlich und schäumend die Abwässer.
Die Bevölkerung, die hier lebt, entstammt verschiedenen Einwanderergenerationen. Die Männer arbeiten überwiegend in der Baubranche, die Frauen als Reinigungskräfte oder im Restaurantgewerbe. „Wer Arbeit sucht, der findet immer etwas“, erklärt Fiorenzo, der wie die meisten seiner Nachbarn Maurer ist. „Aber es hängt auch von der Jahreszeit ab: Im Winter ist es ruhig, im Sommer kann man sich vor Arbeit nicht retten.“ Gewiss, diese gering qualifizierten Arbeitskräfte kommen immer irgendwo unter: heute auf dieser Baustelle, morgen auf jener, und bezahlt werden sie tageweise, mitunter sogar – für das Verlegen von Azulejos – meterweise. Die brutalen Methoden auf dem portugiesischen Arbeitsmarkt werden auch von dem – immerhin neoliberalen – Abgeordneten und Wirtschaftsfachmann David Justino kritisiert: „Die Arbeitsbedingungen hierzulande sind haarsträubend. Wenn unsere Unternehmen heute wettbewerbsfähig sind, so auf Grund der niedrigen Löhne, nicht dank technologischen Fortschritts. Die Flexibilität geht heute zu weit. Es herrscht das Gesetz des Dschungels.“
Fiorenzo lebt mit seiner Frau und vier Kindern, die zwischen zwölf und zwanzig Jahre alt sind, in vier Zimmern. „Ich habe alles selbst gebaut“, sagt er, während er den Besucher in seiner Baracke herumführt und auf die feuchten Wände und den stellenweise eingebrochenen Fußboden verweist, die in scharfem Kontrast stehen zu der modernen Ausstattung: Fernsehapparat und Konsole für Videospiele, Hi-Fi-Anlage, Einbauküche usw. „Haben wir das verdient, so zu leben?“, empört er sich. Dieses überwiegend von einer afrikanischstämmigen Bevölkerung bewohnte Viertel mit den löchrigen Straßen und den Häusern, an denen ständig gebaut und repariert wird, gilt als ein Ghetto – ein Ruf, den seine Bewohner gern loswerden möchten. „Natürlich gibt es hier Drogen und Kriminalität, aber nicht mehr als anderswo auch. Wir leben wie alle“, verteidigt sich Fiorenzos Frau Lúcia, und ihr Mann fügt hinzu: „Das einzige Problem ist die Wohnung, nicht die Arbeit.“
Einige Kilometer weiter zieht sich neben einer Gruppe altersschwacher Wohnblocks ein anderer Slum einen Abhang hinab. Hier gibt es für fünfhundert Menschen zwei Wasserstellen. Vor der Kulisse mehrerer Autowracks spielen zerlumpte Kinder, nicht weit von einer Baracke, in der drei junge Prostituierte ihrem Gewerbe nachgehen. Eine Gruppe von Männern wartet, bis der Nächste an der Reihe ist, sie trinken ein Bier nach dem anderen. Dieses bairro trägt den Namen „Fim do Mundo“, Ende der Welt. Francisco, ein vierzigjähriger Guineer, führt hier ein Restaurant in einem Raum seiner Baracke, der seiner Familie zugleich als Wohnzimmer dient. Seine Frau und die beiden Töchter kümmern sich um die Küche, er bedient und diskutiert mit den Gästen, die aus den umliegenden Hütten und den angrenzenden Wohnblocks stammen. „Wir machen keinen Unterschied zwischen denen in den Blocks und uns. Wir sitzen alle im selben Boot. Die Blocks hier werden das Viertel der Strohwitwen genannt, weil da viele Frauen allein mit ihren Kindern leben. Ihre Männer arbeiten auf Schweizer oder deutschen Baustellen und kommen ein- oder zweimal im Jahr nach Hause.“
Auch Francisco hat lange Zeit als Maurer auf Baustellen gearbeitet, aber vor drei Jahren hatte er einen Unfall mit einer schweren und bleibenden Beinverletzung. „Mir blieb nichts anderes übrig, als das Restaurant aufzumachen. Aber jetzt müssen wir umziehen. Es ist wegen der Kinder. Die können hier nicht bleiben. Wenn Sie eine vernünftige Arbeit suchen und haben Fim do Mundo als Adresse, da können Sie bis ans Lebensende warten, ehe Sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden.“ Francisco steht seit über einem Jahr auf der Liste derer, die von dem Umsetzungsprogramm profitieren sollen. Er hat sich bereits unter den angebotenen Wohnungen eine ausgesucht. Er hofft nur, dass er auch an seinem neuen Wohnort ein Restaurant betreiben kann. „In der Vergangenheit wurden viele Fehler gemacht, die wir nicht wiederholen wollen“, hebt Maria João Freiras hervor, Soziologin am Laboratório nacional da engenharia civil, einer Regierungseinrichtung, die sich mit dem Problem der Slums beschäftigt. „Zum Beispiel hat man lange Zeit geglaubt, es genüge, die Leute umzusetzen. Aber das Wohnungsproblem ist nur der sichtbare Teil des Eisbergs. Es genügt nicht, eine Wohnung zu haben, es genügt nicht einmal, eine Arbeit zu haben, um aus dem Teufelskreis der Ausgrenzung herauszukommen. Der Beweis: die Arbeitslosenrate liegt in den Slums niedriger als im Landesdurchschnitt. Wir müssen nach dem Umfeld im weitesten Sinne des Wortes fragen, nach den Gründen, warum etwa die Kinder, die bessere Berufsabschlüsse als ihre Eltern haben, trotzdem nur Arbeit auf derselben Qualifikationsstufe wie diese finden – als ob ihnen jeder soziale Aufstieg versagt wäre, als ob die Ausgrenzung ihr Kainsmal wäre.“
Mit welcher Umsicht und Vorsicht zu Werke gegangen wird, zeigt sich zum Beispiel an der Umsiedlung von Barackenbewohnern in ein Viertel von Trajouce, einer Arbeiterstadt in der Gegend von Cascais. Bevor die „Barackenleute“ in die neue Siedlung zogen, wurde ein Jahr Vorarbeit geleistet, damit alle sich kennen lernten, denn die Bewohner des Städtchens hegten durchaus Vorbehalte. „Es musste mit den Vorurteilen aufgeräumt werden, die den Leuten aus den Behelfssiedlungen in der Regel anhängen. Die Alteingesessenen meinten, deren Ansiedlung brächte ihrem Ort und ihnen selbst einen schlechten Ruf. So haben wir zum Beispiel allerlei mit den Kindern veranstaltet, damit die Mütter zusammenkommen“, erzählt Isabel, eine junge Soziologin, die das Programm wissenschaftlich begleitet.
Von Seiten der Behörden musste einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden – in Form massiver Investitionen. Die Stadt bekam neue, EU-finanzierte Infrastruktureinrichtungen: eine Schule, ein Ärztezentrum, eine Polizeistation, neue Straßen und Buslinien. Nichts scheint vergessen worden zu sein, um ein Umfeld aufzuwerten, das sozialen Auseinandersetzungen Raum bieten könnte, in denen es um wirtschaftliche, aber zugleich um wichtige symbolische Fragen geht.
Bei den Umzusiedelnden gab es erhebliche Schwierigkeiten. „Die Leute waren an ein enges soziales Geflecht gewöhnt, zum Beispiel an den Wasserstellen, wo man sich beim Wäschewaschen traf. Untersuchungen, die wir gemacht haben, zeigen, dass die Alten sich besser umgewöhnen als die Jungen. Denn Umsetzung heißt ja zugleich: neue, normalisierte Lebensräume. Wobei die soziale Kontrolle von den Jugendlichen nicht unbedingt positiv aufgenommen wird. Die Erwachsenen dagegen investieren wieder in ihre private Sphäre, die Küche oder das Wohnzimmer“, erläutert die Soziologin. Ein knappes Jahr nach der Umsetzung ist die Situation in Trajouce ermutigend. Die Befürchtungen zerstreuen sich, die „Barackenleute“ werden allmählich ihren schlechten Ruf los. Einige von ihnen konnten auf Grund besonderer Vergünstigungen Eigentümer ihrer neuen Wohnungen werden. Die Schule kann sich über einen Mangel an Schülern nicht beklagen, und die neue Polizeiwache erwägt umzuziehen, weil sie unterbeschäftigt ist.
Diese wie andere Erfahrungen überzeugen, doch machen sie allzu leicht vergessen, dass die Ergebnisse des Umsetzungsprogramms immer noch ungenügend sind: Im Dezember 1999 hatten erst 20 Prozent der 150 000 registrierten Bewohner von Barackensiedlungen Wohnungen erhalten.
dt. Passet/Petschner
* Journalist