Kolumbien – eine Nation, zwei Staaten
POPAYÁN (Departamento Cauca) – das koloniale Zentrum, der Erholungspark Colgate-Palmolive, die Graffiti „Ja zur Globalisierung ... der Volkskämpfe“, „USA nos USA“ („Die USA benutzen uns“) ... Impressionen jenseits der berühmten Panamericana. Verlässt man die Traumstraße der Welt und dringt weiter ins Landesinnere vor, werden die asphaltierten Straßen rar, tauchen verfallene Weiler auf, und die Campesinos klagen über ihr Leid. „Ich kann mich noch genau daran erinnern. Mein Vater hat für ein Ferkel 20 000 Pesos gezahlt und das Schwein für 320 000 verkauft. Heute kostet das Junge 80 000, und für das gemästete Tier bekommst du noch 200 000.“1 Bei den Rindern sieht es nicht anders aus. Eine ausgewachsene Kuh bringt zwar wie noch vor fünf Jahren 500 000 Pesos ein. Nur ist sonst alles teurer geworden, was für die Viehzucht benötigt wird.
Auf winzigen Grundstücken drängen sich der Straße entlang die Häuser. Die üppigen, sanft ansteigenden Hänge der Fincas2 dagegen gehören den Reichen, die von auswärts gekommen sind. Dort verkaufen die Einheimischen ihre Arbeitskraft. So etwa ein Bauer, der mit starrem Blick auf seine Kaffeetasse vor sich hin erzählt: „Sie zahlen mir gerade den Minimallohn, 235 000 Pesos im Monat. Das reicht knapp fürs Essen.“ Ein anderer, glücklicher Besitzer einer kleinen Parzelle: „Genau weiß ich es selbst nicht, aber sie dürfte mir monatlich ungefähr 180 000 Pesos einbringen.“
Hier, in der tiefsten Provinz Kolumbiens, werden keine Schlagzeilen geschrieben, trotz Grenzstreitigkeiten und Blutrache, trotz der alten Geschichten über das Land, das den Mächtigen in blutigen Kämpfen abgerungen wurde. Um ihrem tristen Schicksal zu entrinnen, schließen sich die Menschen zusammen. Einzelne wollen die Gruppe spalten: „Wie immer versuchen einige Leute, Probleme zu machen. Wir haben ihnen Zeit gelassen, alles erklärt. Manche haben sich gebessert, andere nicht.“ Die alte bäuerliche Vorsicht gebietet, sich flüsternd zu unterhalten und die Dinge nur andeutungsweise zu benennen. „Die Sache kann jederzeit ruchbar werden. Es kommt, wie es kommen muss. Sie werden hinausgedrängt. Die einen gehen weg, andere kommen um. Wer sie getötet hat? Schwer zu sagen, keiner von hier. Der eine oder andere hat die Leute vielleicht gesehen. Man weiß aber nicht, wer sie sind. Manchmal tauchen sie auf, um Probleme zu lösen.“
Die Armee der Armen
sELBST wenn sie unter sich sind, sprechen sie kaum über den bewaffneten Konflikt. „Da oben“ sollen skrupellose Mörder herumstreunen, die von der Armee und den Großgrundbesitzern bezahlt werden. „Wer es wagt, Ungerechtigkeiten anzuprangern, gerät in die Schusslinie der Paramilitärs; früher oder später bringen sie ihn um.“ Und die Guerilla? Allgemeines Schweigen, bis plötzlich ein Bauer loswettert: „Sie überfallen die Dörfer und zerstören sie; sie töten, auch in der Zivilbevölkerung. Und wenn sie Masten sprengen, treibt das nur den Strompreis in die Höhe. Bezahlen müssen das alles natürlich wir!“ Die Worte brechen aus ihm heraus, als wollte er sich Erleichterung verschaffen. Erneutes Schweigen in der Runde, bevor sich ein junger Mann nicht mehr länger zurückhalten kann: „Die Guerilla ist die Armee der Armen, das sage ich euch.“ Sein Nachbar pflichtet ihm vorsichtig bei. Ein Vierter macht ein besorgtes Gesicht und lenkt das Gespräch in eine andere Richtung.
Zwischen dem 1. und dem 25. November 1999 blockieren in der Region Popayán des Departamento Cauca über 50 000 Bauern, Lehrer und Indígenas die Panamericana, die auf dieser Höhe Kolumbien mit Ecuador verbindet. Der Protest richtet sich gegen die drastischen Sparmaßnahmen des konservativen Präsidenten Andrés Pastrana, der die Sozialausgaben kürzen will, die früheren Regierungen abgerungen worden waren. Fünf Bataillone unter Führung von zwei Generälen werden in die Gegend entsandt, dazu Militärpolizei. „Ein unglaublicher Truppenaufmarsch. Man glaubte sich in Vietnam!“ Während die ersten Verletzten zu beklagen sind, kündigt die Volks- und Indígenabewegung die sofortige Besetzung der Region an. Eine Regierungskommission nimmt daraufhin in der Nacht des 25. November Verhandlungen auf und verspricht 100 Milliarden Pesos. Der drohende Konflikt kann in letzter Minute abgewendet werden.
Seither sind alle führenden Köpfe der Bewegung untergetaucht, um ihre Haut zu retten. Sie vermeiden es, zwei Nächte hintereinander im selben Haus zu übernachten. Ihre politische Arbeit setzen sie trotzdem ungebrochen fort.
Strömender Regen ergießt sich über den Weiler, irgendwo im Departamento Cauca. Eine Frau hüllt sich fröstelnd in ihr Schultertuch: „Bei dieser Kälte wird es wieder Kinder geben. Aber, ach, dieses Leben ... nichts als Kopfzerbrechen hat man.“ Zwei Gewerkschafter – von welcher Branche, tut nichts zur Sache – sind auf Rundreise unterwegs. In einem kleinen Saal schildern die Bauern die Härten ihres Alltags: Der Milchpreis wird von den Multis diktiert, die Regierung hat wieder Lehrerstellen gestrichen, Frauen und Mütter sind jeden Morgen ab vier Uhr auf den Beinen.
Nach langem Zuhören ergreift der Gewerkschafter das Wort. Er spricht in diesem abgelegenen Winkel der Welt vom Internationalen Währungsfonds, von der G 7 und von der Auslandsverschuldung. „Und was macht Pastrana? Er führt nur Befehle aus. Compañeros, entweder ihr organisiert euch, oder es wird alles noch schlimmer werden.“ Die Leidensgeschichten der Leute vermischen sich zu einem einzigen Geraune. „Vor sechs Jahren hat die Guerillabewegung M 19 ihre Waffen niedergelegt. Hat das die Probleme der Bevölkerung gelöst?“, wirft der Gewerkschafter in die Runde. Seine Frage ist alles andere als harmlos, wo doch angeblich derzeit im ganzen Land der Ruf nach Frieden laut wird. Die Antwort fällt einhellig aus: „Nein, natürlich nicht.“ Die Schlussfolgerung aus dieser Feststellung scheint so bedrohlich, dass eine Bäuerin ihrem Unbehagen Luft macht: „Stimmt es, dass die Gewerkschaft mit der Guerilla unter einer Decke steckt?“ – „Es gibt verschiedene Arten, die Guerilla zu unterstützen: Man kann sich ihr anschließen, mit ihr zusammenarbeiten oder sympathisieren. Sie haben ihren Weg gewählt und wir den unseren. Jedenfalls stehen sie der Volksbewegung nicht im Weg, sondern unterstützen sie.“ Auf diese wenig verschlüsselte Antwort kann sich jeder seinen Reim machen – und tut es offenbar auch. Man beglückwünscht und umarmt sich und vereinbart ein nächstes Treffen. „Die Gewerkschaft muss uns sagen, woran wir uns halten sollen“, meint zur Begründung ein Teilnehmer.
Eine Flugstunde trennt die Viermillionenstadt Bogotá von dem 21 000 Seelen zählenden San Vicente del Caguán, der Hauptstadt des südlichen Departamentos Caquetás und der Guerillabewegung Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo (FARC-EP)3 . Eine Dornier 328 von der Fluggesellschaft Satena, „der Linie, die Kolumbien verbindet“, setzt die Reisenden ab. Nie war der Werbeslogan so treffend wie jetzt. Denn Satena wird von der Armee geleitet, während Guerilleros die Armeemannschaft und die zivilen Passagiere in Empfang nehmen. Trotz Kriegszustand. Die Militärs halten sich im Übrigen nicht länger als nötig auf. Wenig später hebt ihr Flugzeug wieder ab.
Die Armee musste in jüngster Zeit gravierende Rückschläge hinnehmen. In den letzten Jahren sind die Angriffskapazitäten der Guerilla drastisch gestiegen.4 Sofort nach seinem Amtsantritt beschloss der am 21. Juni 1998 gewählte Präsident Andrés Pastrana, mit der mächtigsten Guerillaorganisation in Verhandlungen zu treten, und traf sich persönlich mit ihrem Chef Manuel Marulanda.5 Trotz heftiger Kritik seitens des Verteidigungsministers, der Generäle und der US-Regierung räumte er indirekt ein, dass die Guerilla zu den Waffen gegriffen habe, um für eine gerechte Sache zu kämpfen. Er schlug einen Dialog vor und entmilitarisierte fünf Municipios (Landgemeinden) – San Vicente del Caguán, La Macarena, Vista Hermosa, Mesetas und Uribe –, um sinnvolle Gespräche zu ermöglichen und die Sicherheit der Rebellenführer zu gewährleisten. Das gesamte Gebiet, aus dem sich die Armee am 7. November 1998 widerwillig zurückzog, umfasst 42 000 Quadratkilometer – etwa die Größe der Schweiz oder zweimal die Größe El Salvadors. Die in den umliegenden Gebieten allgegenwärtige FARC-EP zog friedlich in die Dörfer ein und machte San Vicente zu ihrem Brückenkopf.
Im Ort selbst sind – zumindest oberflächlich – keine Spannungen spürbar. Der Marktflecken wirkt sauberer als vergleichbare Ortschaften. Lieferwagen, gelbe Taxis, Scharen von Zweirädern und lärmende Gassenküchen prägen das Bild. Einige Guerilleros sind vor dem Haus der Kultur postiert, wo sie tagsüber ihre Befehlsstelle aufgeschlagen haben, während sie sich bei Einbruch der Nacht zurückziehen.
San Vicente liegt noch im Schlaf. Im Fond eines Wagens, der die Ortschaft verlässt, sitzt eine Frau und erzählt ihre Lebensgeschichte. 1951 wurde sie geboren. Sie erinnert sich noch daran, wie man einem Mann den Kopf abgeschnitten hat – und wie sie sich erinnert! Auch die Finca sieht sie noch vor sich. Wasser und Holz mussten herbeigeholt werden. Es hieß arbeiten, arbeiten und nochmal arbeiten. Sie redet und redet und kann kein Ende finden. Die Schlaglöcher halten sich in Grenzen, und der Fahrer hat nur eine Hand am Steuer. „Die Regierung hat nie etwas unternommen. Die Straße ist von der Guerilla repariert worden.“ Die Señora lässt einen Seufzer vernehmen: „Heute ist es ruhig hier. Früher hätten einem um diese Tageszeit Verbrecher die Kehle durchgeschnitten.“ Die Guerilleros seien sehr jung, ergänzt sie nur. Und viele wirklich sehr elegante Frauen seien darunter. „Haben Sie die gesehen? Elegantísimas.“ Ein wenig weiter steigt sie vor einer abgelegenen kleinen Farm aus, bevor das Fahrzeug seinen über hundert Kilometer langen Weg zu einem gewissen „Treffpunkt“ fortsetzt.
Der Alltag des irgendwo im Wald versteckt liegenden Guerillalagers ist geprägt durch eine Mischung aus Disziplin und Zwanglosigkeit. Zwischen den Reihen der Cambuchos, der persönlichen Unterkünfte, herrscht Geschäftigkeit unter den in tadellosen, wenn auch etwas zusammengewürfelten Uniformen (von armeegrün über schwarz bis zu tarnfarben) steckenden Guerilleros. Hier wird am Marxismus-Leninismus festgehalten, allem zum Trotz. Sie sprechen sich übrigens nicht mit Compañero an, wie in allen anderen bewaffneten Bewegungen Lateinamerikas, sondern mit Camarada, Genosse. Die Erklärung liefert Comandante Raúl Reyes, Nummer eins der Verhandlungsdelegation der FARC-EP, der sein ewig gleiches Che-Guevara-T-Shirt trägt und hinter dem leicht ergrauten Bart hervorgrinst. „Welche Fehlentwicklungen es auch immer im Sozialismus gegeben haben mag, das Elend ist nicht verschwunden. Weder in Kolumbien noch sonstwo. Der Kapitalismus hat keine Lösungen gebracht. Mehr denn je sind die Bedingungen heute reif, um den Kampf fortzusetzen. Lateinamerika wird durch das neoliberale Modell ausgeblutet. Von der Globalisierung sind wir alle betroffen.“
Es wäre gelogen zu behaupten, die Kämpfer hätten sich alle eine ausgefeilte marxistische Sprache angeeignet. Dafür sind sie einfach zu jung. Oft stammen sie aus mittellosen bäuerlichen Familien mit zehn Kindern und müssen ab zwölf Jahren ihren Eltern in der Finquita, dem Kleinstbauernbetrieb, unter die Arme greifen. Selbst wenn sie die Grundschule besucht und lesen und schreiben gelernt haben, gibt es keine Arbeit für sie. Mit 16 suchen sie sich eine Frau, mit der sie wiederum zehn Kinder zeugen, um diese in derselben Armut groß werden zu lassen. Manuel sah als kleiner Junge die Guerilla durch seine Heimatregion Caquetá ziehen. „Ich war begeistert. Angesichts der Situation im Lande spielten meine Freunde und ich oft Krieg. Dabei war ich immer ein Guerillero.“ Natürlich zog auch die Armee in der Gegend herum. „Das war aber etwas völlig anderes. Die Armee wusste, dass meine Mutter der Opposition angehörte. Deshalb wurde sie geschlagen.“ Mit 14 schloss sich der heute 20-Jährige den FARC an. „Mit 14 ist man bei uns kein Kind mehr. Man hat bereits eine klare Sicht der Dinge.“
Camarada Olga Marín, Mitglied der politisch-diplomatischen Kommission, kann das nur bestätigen, was nicht heißt, dass sie die Situation idealisieren will. „Politisch ungeschulte Leute wissen natürlich nichts vom Marxismus-Leninismus. Sie sehen unsere gut ausgerüsteten und wohlgenährten Kämpfer, die in Versammlungen mit der Bevölkerung sprechen und ihnen den Sinn des Kampfes erklären. Sie haben kaum eine Perspektive. In der Guerilla lebt es sich besser als auf dem Land, und so schließen sie sich uns an.“ Hier treffen sie mehrheitlich auf andere Bauern, die sich dem Druck der Terratenientes (der Großgrundbesitzer) entziehen, aber auch auf Stadtbewohner und Akademiker, die durch das Elend vertrieben wurden, oder auf politische Aktivisten und Gewerkschafter, die sich aus der legalen Oppositionsarbeit zurückziehen mussten, um nicht ermordet zu werden.
Argeni ist eine schlanke Bäuerin mit langem Haar. Sie ist 22, behauptet sie. Sie beklagt sich über den Machismo, der besonders auf dem Land herrscht; die Frauen seien doppelt ausgebeutet, nämlich „sexplotada“. Sicher ist, dass unter den Bedingungen von Armut und Analphabetismus zuvorkommende Gentlemen und Familienväter eher selten sind. Als die Guerilla auftauchte, entdeckte Argeni, deren einzige Perspektive darin bestand, ein Leben lang für die Reproduktion zu sorgen, dass auch zart gebaute Frauen kämpfen und Reden halten können und dass sie in der Guerilla von den männlichen Mitgliedern als gleichwertig behandelt wurden. Damals war sie 16 Jahre alt. Als ihre Eltern bemerkten, dass sie verschwunden war, befand sie sich bereits in weiter Ferne.6 Seither hat sie ihre Waffe nicht mehr aus der Hand gegeben.
Die Guerilla und die Drogen
WENN es Abend wird und sich das Lager mit Pärchen belebt, die Arm in Arm mit geschultertem Gewehr und Verhütungsmittel in der Tasche herumspazieren, geht sie in BH und mit Kalaschnikow ihrer Beschäftigung nach. „Wenn es ein Problem gibt und dein Gewehr hundert Meter weit weg liegt, bist du erledigt, bevor du es holen kannst.“ Und vom Sterben hält sie gar nichts. Sie träumt von einem Kolumbien, in dem eines Tages soziale Gerechtigkeit herrschen wird und die Frauen mit Respekt behandelt werden. „Hier sind alle gleich. Es gibt sogar weibliche Comandantes. Und wenn ein Guerillero eine Frau diskriminiert, wird er bestraft.“ Seit zwei Jahren erlebt diese „erbarmungslose Guerilla“ mit ihrem so schrecklichen Ruf einen spektakulären Zulauf von jungen Frauen, die 30 bis 35 Prozent der Truppenbestände ausmachen.
Dass die FARC-EP derzeit nicht gerade notleidend ist, wird an den unter den Bäumen geparkten Camionetas und Wagen mit Vierradantrieb ersichtlich. Die Kämpfer bekommen reichlich zu essen. Im Zelt der „Befehlsstelle Information“ klappern den ganzen Tag lang die an das Internet angeschlossenen Computer, die nur vom unauffälligen Brummen der Stromaggregate übertönt werden. Für das Oberkommando der Armee und seine amerikanischen Berater hat dieser Wohlstand einen einzigen Namen: Drogenhandel. Während San Vicente del Caguán zum Departamento Caquetá gehört, finden sich die restlichen vier Municipios der entmilitarisierten Zone im benachbarten Meta. Die gesamte Region ist so groß wie Frankreich und zählt 1,5 Millionen Einwohner, verfügt über einen Flughafen und über eine Straße. Hier lebt niemand aus reinem Vergnügen. Wen es hierhin verschlägt, den hat die Armut getrieben. Ein Bauer im Zentrum von Meta muss fünf Tagesmärsche zurücklegen, um ins nächste Dorf zu gelangen. „Es bleibt ihnen gar keine andere Wahl als die Guerilla oder der illegale Kokaanbau. Der bewaffnete Kampf ist für diejenigen interessant, die nichts besitzen. Und was die Drogen angeht, die lassen sich im Gegensatz zu Bananenkisten gut zu Fuß transportieren.“ Das klassisches Argument der Rebellen, um ihre Hände in Unschuld zu waschen, wird man vielleicht einwenden. Nur ist es diesmal Alan Jara Urzola, der Gouverneur von Meta, der es ausspricht.
In den Achtzigerjahren, als Militärs und die politische und wirtschaftliche Führung vom Kokainhandel profitierten, erlebte die Guerilla, wie Koka in großen Mengen verschoben wurde. Seither haben der Staat und seine politische Klasse mit ihren ehemaligen Mafia-Verbündeten gebrochen.7 Die Bauern sind so arm geblieben wie zuvor. „Sie sind unsere soziale Basis“, meinen empört die Führer der FARC-EP über die Anschuldigung, sie seien nichts anderes als Comandantes der „Drogenguerilla“. „Es ist doch nicht unsere Aufgabe, die illegalen Kulturen zu zerstören, um die Bauern damit in den Hunger zu treiben. Im Übrigen unterstützt die Mafia die Militärs bei der Finanzierung der paramilitärischen Kräfte. Warum sollten ausgerechnet wir diese Geißel der Menschheit als Einzige unter einem moralischen Gesichtspunkt betrachten? In erster Linie handelt es sich um ein wirtschaftliches und soziales Problem.“
Wo weder Entwicklung stattfindet noch die Ernährung gesichert ist, spielt die durchaus neoliberale Philosophie des Konkurrenzkampfes und der gegenseitigen Übervorteilung eine wesentliche Rolle sowohl in Bezug auf den Krieg wie auch auf den Drogenanbau. Die immer wieder als bloßer Banditenhaufen ohne Ideologie beschuldigten FARC-EP erheben ganz offen von den Raspachines, den Drogen-Zwischenhändlern, eine Steuer auf Koka oder das grob verarbeitete Ausgangsmaterial; wenn sie diese entrichten, können sie unbehelligt ihrer Tätigkeit nachgehen. Von den Bauern verlangt die Guerilla keine Steuern. Nach Ansicht aller Experten verfügt sie auch nicht über die für den Import von Zusatzstoffen oder den Export des verarbeiteten Produkts nötigen Netzwerke oder die Laborinfrastruktur, und schon gar nicht über ein System der Geldwäsche.8 „Wenn wir so reich wären, wie man uns nachsagt, wäre die Revolution längst beendet“, spötteln die Comandantes.
Als die Armee 1998 die Zona de despejo (entmilitarisierte Zone) räumte, blieb es auf dem Land weitgehend ruhig. Seit langem schon hatte hier die Guerilla als unsichtbare, aber deutlich präsente Autorität ihre Regeln durchgesetzt. Als die Eliteeinheiten der FARC-EP in den Dörfern und insbesondere in San Vicente del Caguán auftauchten, wurde die Bevölkerung zum Teil von Panik ergriffen. Wie zuvor 700 andere Ortschaften, die seit langem von den Behörden aufgegeben worden waren und in denen die Bürgermeister nichts tun konnten, ohne sich zuvor mit diesem Staat im Staate abgesprochen zu haben, lernte auch San Vicente die Ordnung der Guerilla kennen.
Wenn die FARC-EP das Dynamitfischen oder das Abholzen im Wald verbietet, dann müssen alle mit Konsequenzen rechnen, die dieses Gesetz übertreten. Nicht anders als in der Stadt. Wer tötet, wird zum Tod verurteilt. Wer jemand anderen schlägt, muss Strafe zahlen (zwischen 50 und 100 Mark). Diebe werden zu zwei oder drei Monaten Arbeit für das Gemeinwohl verdonnert. Bazuqueros (Drogensüchtige) und Weiterverkäufer werden ebenso wie Vergewaltiger aufgefordert, sich zu bessern oder sich aus dem Staub zu machen. Zwei Mal werden sie verwarnt, danach gibt es kein Pardon. Minderjährige dürfen keinen Alkohol konsumieren und sich nach Mitternacht nicht mehr auf der Straße herumtreiben. In San Vicente, wo Abrechnungen, Schlägereien und Verbrechen früher sechs Menschenleben wöchentlich forderten, gibt es, seit sich die FARC-EP niedergelassen hat, nur noch sechs Tote im Jahr. Für die weniger groben Aufgaben wird die Guerilla von einer neu gebildeten Zivilpolizei (Policía cívica) mit Freiwilligen aus der Region unterstützt. Die soziale Bilanz: Zwei Begräbnisinstitute mussten zumachen.
Der Krieg der Bürger
DEN ‚Genossinnen Sexarbeiterinnen‘ haben wir dagegen ihren Broterwerb nicht streitig gemacht. Wir haben sie nur aufgefordert, sich auf der Straße unauffällig zu verhalten.“ Auch wenn sie gelegentlich flexibel angewandt werden – die Methoden haben es in sich. Viele Einwohner – wenn auch nicht alle, und am allerwenigsten der Bürgermeister, dessen Autorität ernsthaft untergraben ist – schätzen die neue Situation. „Heute können wir bei unverschlossenen Türen leben!“ In diesem durch die alltägliche Gewalt zerrissenen Land (25 000 Tote im Jahr) ist die Rückkehr zur staatlich gesicherten Ordnung jedenfalls nicht absehbar.
Ein Teil der Stadt macht mit den Guerilleros gemeinsame Sache. Als sie in die Ortschaft einzogen, gab es nur fünf Asphaltstraßen. Mit Hilfe von Gemeinschaftsarbeit, die in den allermeisten Fällen auf Zustimmung stößt, versuchen sie den Schlamm zu bändigen. Asphalt und Werkzeug werden zur Verfügung gestellt. Zudem verstehen die Guerilleros es zweifellos, sich Gehör zu verschaffen. In dieser traditionellen Rinderzuchtregion werden neuerdings die Viehtransporter dazu angehalten, nicht leer zurückzukommen, sondern auf dem Rückweg Baumaterial aufzuladen.
Zwar wird die persönliche Freiheit beschnitten, doch dafür erhält die Stadt langsam ein neues Gesicht. Zur offensichtlichen Genugtuung der Einwohner sind nun bereits sechzig Straßen asphaltiert. Unzufrieden ist allerdings Padre Miguel, der Pfarrer am Ort. „Niemand hat sie darum gebeten, die Straßen zu pflastern. Ihre Gemeinschaftsarbeit ist nichts anderes als Zwangsarbeit. Sie wiederholen nur, was sie auch schon in Sibirien gemacht haben“, donnert er von der Kanzel. Comandante Jairo Martínez nimmt es mit Humor: „Klar, bevor wir gekommen sind, gab es sechs Tote in der Woche, zu 130 000 Pesos das Begräbnis, und dazu noch die Kollekte am Ende der Messe. Wir haben ihm sein kleines Gewerbe kaputtgemacht. So sind sie, unsere Dissidenten.“
Leider ist das nur ein Teil der Wahrheit. In den ersten Monaten ist es nach zahlreichen Aussagen tatsächlich zu Exzessen seitens der Guerilla gekommen, darunter Durchsuchungen, die Festnahme von Zivilpersonen und gezielte Morde. „Inzwischen ist das schon wieder besser geworden“, meint beschwichtigend Comandante Raúl Reyes, ohne dass er die Taten leugnen würde. Das Gebiet, für dessen Verwaltung sie plötzlich zu sorgen hatten, ist doppelt so groß wie El Salvador. „Unsere Glaubwürdigkeit stand auf dem Spiel. Was wäre wohl gesagt worden, wenn wir zugelassen hätten, dass hier das Chaos ausbricht oder weitergeht?“ So viel zum Thema Ordnung und Verbrechen.
Bleibt der Krieg, der richtige. Bevor die Region entmilitarisiert wurde, war in San Vicente das Cazadores-Bataillon stationiert. Über Jahre hinweg haben die Militärs die Bevölkerung psychologisch bearbeitet. Als sie abzogen, ließen sie nicht nur Sympathisanten, sondern auch Agenten zurück, die der Guerilla möglichst viele Hindernisse in den Weg legen und damit den Friedensdialog zum Scheitern bringen sollen. „Wir hatten einschlägige Informationen und mussten drastische Maßnahmen ergreifen. Das Problem ist, dass die eingeschleusten Agenten keine Uniformen tragen. Deshalb gab es Beschwerden von Leuten, die nicht verstanden, dass diese scheinbar so harmlosen Menschen Informationen sammelten, unsere Kader und Sympathisanten registrierten, Sabotageakte und Attentate vorbereiteten.“
Laut amnesty international sind in der Region fünfzehn Personen verschwunden. Die Sache trifft den Kern der Tragödie, die nur wenige bei ihrem wahren Namen nennen wollen: den Bürgerkrieg.9 Dasselbe Denken kennzeichnet auch die Paramilitärs – mit einem kleinen, nicht unbedeutenden Unterschied: Letztere sind in den Sechzigerjahren aufgekommen, als noch amerikanische Berater den politischen Rahmen vorgaben, der jeden Ansatz zu sozialem Wandel im Keim ersticken sollte. Seit 1985 fungieren sie als bewaffneter Arm der Drogenhändler und als Hilfstruppen der Armee und sind für die schmutzigsten Aufgaben zuständig.10 Seit April 1997 haben sie sich zu den Autodefensas Unidas de Colombia (AUC) zusammengeschlossen und metzeln die tatsächliche oder vermeintliche soziale Basis der Guerilla nieder. „In diesem Krieg gibt es viele zivile Opfer“, räumt ihr Chef Carlos Castaño ein. „Und wissen Sie, warum? Weil zwei Drittel der tatsächlichen Guerilleros keine Waffen tragen, sondern als Zivilbevölkerung getarnt auftreten.“11
Als am 28. Mai 1984 zwischen der Regierung von Belisario Betancur und der FARC-EP ein Waffenstillstand vereinbart wurde, verpflichtete sich die Staatsmacht auf eine Reihe von politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen. Sie räumte den bewaffneten Einheiten eine Frist von einem Jahr ein, um sich politisch zu organisieren. Im November 1985 gründete die FARC-EP eine neue breite Bewegung, die Unión Patriótica (UP), die sich 1986 erfolgreich an den Wahlen beteiligte und auf 350 Gemeinderäte, 23 Abgeordnete und 6 Senatoren kam. Über 4 000 führende Mitglieder, Kader und Aktivisten der UP wie auch der Kommunistischen Partei sind in der Folge einer Mordwelle zum Opfer gefallen. „So einen Fehler machen wir kein zweites Mal.“ Nun hat die Guerilla bereits angekündigt, ihre Waffen auch nach Unterzeichnung eines Friedensabkommens nicht abgeben zu wollen.
In Kolumbien, diesem Land der sozialen Ausgrenzung, in dem Liberale wie Konservative die Wirtschaftsinteressen der Oligarchie verteidigen, flammt also erneut der Krieg auf und breitet sich aus. Eine gewissenhafte (und grausame) Auflistung aller Opfer, die alle Kämpfenden auf dieselbe Stufe stellt, wird dieser Realität nicht gerecht, obwohl auch die Guerilla nicht vor harten Methoden zurückschreckt. Dazu gehört die Erhebung der vacuna (Impfung) genannten Revolutionssteuer, die Erpressung von Lösegeldern durch Entführungen, was sie die Sympathien des Mittelstands kostet, die Einschüchterung von Wählern, um ihr genehme Bürgermeister durchzusetzen, oder die Einnahme von Dörfern durch mit Dynamit umwickelte Gasflaschen – wobei auch Opfer unter der Zivilbevölkerung unvermeidbar sind.
Die Guerilla räumt ein, dass diese Vorwürfe zutreffen – mit Ausnahme allerdings des letzten Punktes. In einem mit „Empfehlungen für die Zivilbevölkerung“ überschriebenen Dokument gibt sie folgenden Rat: „Lassen Sie nicht zu, dass Kasernen und Militärbasen in unmittelbarer Nähe Ihrer Häuser gebaut werden. Denn wir befinden uns im Kriegszustand.“ Doch wie soll man als gewöhnlicher Bürger verhindern, dass sich die Armee eben gerade inmitten der Zivilbevölkerung einnistet?
Der Friede der Reichen
DIE Armee selbst wettert, die FARC-EP horte im Schutz der entmilitarisierten Zone Waffen, rekrutiere Kämpfer und bilde diese aus. Genossin Olga Marín zuckt nur mit den Schultern. „Die in dieser Region stationierten Einheiten waren immer schon hier. Wir haben immer rekrutiert und ausgebildet. Neu ist einzig, dass ihnen bewusst wird, wie viele wir sind!“ Die ständig zwischen Bogotá und Washington hin und her jettende oberste Armeeführung bringt noch ein weiteres Argument gegen die Entmilitarisierung in Anschlag: Diese erlaube den Eliteeinheiten der Guerilla, sich auf nahe gelegene Kampfschauplätze zu stürzen, um sich daraufhin wieder in ihre Schutzräume zurückzuziehen.
Der Druck ist so stark, dass auch Präsident Pastrana die Anschuldigungen übernimmt. Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten. „Wir haben dem Staatschef gesagt, wir würden die Ortschaften zurückgeben und den Dialog abbrechen, falls er diesen nicht weiterführen könne, nur weil die Gringos (die Nordamerikaner) das nicht zulassen oder Armee und Wirtschaft ihn daran hindern. Dann wird eben auch in diesen fünf Gemeinden der Konflikt wieder aufflammen wie im restlichen Kolumbien auch.“ Und um jegliche Zweifel auszuräumen, startete die FARC-EP eine scharfe Offensive, in der sie die Armee in alle vier Himmelsrichtungen hunderte Kilometer über die entmilitarisierte Zone hinaus zurückdrängte.
Am 23. September 1999 kehrte Präsident Pastrana mit der Zusage aus Washington zurück, das Land würde drei Jahre lang Hilfsgelder zur Bekämpfung des Drogenhandels (in Wirklichkeit der Guerilla) erhalten. Unter dem frei auslegbaren Vorwand der Drogenbekämpfung befinden sich zwischen 300 und 400 US-amerikanische Zivil- und Militärberater in Kolumbien. Ein erstes Drogenbekämpfungsbataillon, dem 67 Ausbilder aus den USA angehören, wurde gebildet, zwei weitere Bataillone sollen demnächst folgen. Ihre eigentliche Aufgabe ist es, die von der FARC-EP kontrollierten Gebiete zurückzuerobern. Trotz der Verhandlungen zeichnet sich für das tief gespaltene Kolumbien immer deutlicher ein Krieg ab.
Unter den Ereignissen der letzten Monate wird gerne die Massendemonstration vom 24. Oktober 1999 hervorgehoben, als Millionen Kolumbianer mit einem grünen Band im Knopfloch auf die Straße gingen und „No más“ („Es reicht“) skandierten. Weniger Beachtung findet die Tatsache – die den gutmeinenden Demonstrationsteilnehmern nicht zum Vorwurf zu machen ist –, dass diese Friedenshoffnung vom Establishment instrumentalisiert wurde, um die Guerilla möglichst rasch zu zerschlagen und weiterhin ungestört von der traditionellen Ordnung profitieren zu können. In einem beispiellosen Medientrommelfeuer wurde zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen. Getragen wurde die Kampagne von den Tageszeitungen El Tiempo und El Espectador sowie von Radio und Fernsehen, die der Oligarchie gehören, die ihrerseits den Konflikt anheizt und finanziert. Und dabei ist kaum jemand auf die Idee gekommen, die von der Mittelschicht vergessene andere Seite der Zivilgesellschaft um ihre Meinung zu bitten – sie könnte ein Lied singen von der Eintönigkeit des Lebens in Armut.
Da ist etwa das Lachen einer alten Frau in einem abgelegenen Viertel von Popayán, die ihr Leben lang kämpfen musste, um über die Runden zu kommen: „Das hier ist der Frieden der Reichen. Nein, ich war nicht auf der Demonstration.“ Oder der Leiter einer NGO, der resümiert: „Die Menschen sind kriegsmüde, sie wollen aber auch nicht länger hungern. Frieden ist eben mehr als nur Waffenstillstand.“ Oder die zahlreichen leitenden Aktivisten von Volksorganisationen, die insgeheim den Dialog und den ständigen Kontakt mit der Guerilla aufrechterhalten.
„Wenn wir morgen eine Demonstration zur Frage der sozialen Gerechtigkeit organisieren würden“, erklärt beispielsweise ein Funktionär einer großen Gewerkschaft, „gingen wesentlich mehr Menschen auf die Straße. Doch das können wir nicht.“ Während des letzten Generalstreiks im September 1999 wurden zwei seiner Kollegen ermordet, über 200 landeten im Gefängnis. Seit 1999 wurden 27 führende Gewerkschafter ermordet, seit 1986 sind es 3 000. Trotz leiser Kritik an der bewaffneten Bewegung – „ihrem zu hierarchischen Funktionieren, ihrer oft rücksichtslosen Art, die Bevölkerung zu beeinflussen“ – pflichtet er der Einschätzung bei, der Frieden lasse sich nicht auf die Unterzeichnung eines Stücks Papier oder die Niederlegung der Waffen reduzieren, sondern müsse zu einer tatsächlichen Veränderung im Land führen. „In der gegenwärtigen Situation muss die Guerilla den Druck aufrechterhalten.“
„Der Marxismus-Leninismus muss erneuert und den neuen Gegebenheiten weltweit angepasst werden“, meinte im Dezember 1999 Comandante Raúl Reyes in einem Gespräch im Lager. „Es kann nicht mehr die Rede davon sein, einen Sozialismus nach sowjetischem, chinesischem, vietnamesischem oder kubanischem Vorbild aufzubauen. Wir befinden uns in einer neuen Phase der Geschichte, im Zeitalter von Cyberspace und Internet. Die wissenschaftlichen und technischen Mittel müssen in den Dienst wirtschaftlicher, politischer und sozialer Veränderungen gestellt werden.“ Anfang Februar 2000 hat er seine Lageruniform gegen einen dreiteiligen Anzug eingetauscht und sich in Begleitung einer Delegation aus Vertretern der Regierung und des kolumbianischem Privatsektors nach Stockholm (und in andere europäische Hauptstädte) begeben, um die politischen und wirtschaftlichen Modelle der skandinavischen Länder und ihre mögliche Übertragung auf ein südamerikanisches Land zu studieren.
Heißt das, dass beide Seiten auf der Suche nach einem neuen Weg sind? Vielleicht. Aber nicht nur. Wenn Washington Öl ins Feuer gießt und den Krieg anheizt, dann tut es das auch, um im eigenen Land nicht den Eindruck zu erwecken, als verschleppe man durch Unnachgiebigkeit und mangelnde Offenheit eine tragfähige Lösung des Konflikts. Wenn außerdem auch in Europa die Sensibilität für das Problem wächst, dann wäre die direkte Konfrontation mit den Vereinigten Staaten womöglich entschärft.
dt. Birgit Althaler