15.12.2000

Ein globaler Pakt

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Ein globaler Pakt

IM Januar 1999 lancierte Kofi Annan auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, bei dem sich alljährlich die Eliten aus Politik und Wirtschaft einfinden, die Idee zu einer Partnerschaft zwischen der UNO und der Geschäftswelt. Die Initiative mit dem Namen Global Compact (Globaler Pakt) wurde nur kurz nach dem Fiasko des Weltwirtschaftsgipfels aus der Taufe gehoben. Sie soll die Schwierigkeiten bewältigen helfen, die manchen Volkswirtschaften aus der direkten Konfrontation mit der Allmacht des Marktes erwachsen, wenn dem sozialen Fortschritt angesichts der Globalisierung enge Grenzen gesetzt sind und sich die Opposition gegen die Auswirkungen dieser Globalisierung lauter artikuliert.

Mit Global Compact ruft Annan die Eliten des privaten Sektors auf, sich zu ihrer zivilen Grundeinstellung zu bekennen und Verantwortung zu übernehmen. In enger Zusammenarbeit mit der UNO und ihren Unterorganisationen sowie mit Nichtregierungsorganisationen sollen sie bei der Ausarbeitung allgemein verbindlicher, universaler Werte mitwirken. Nach den Worten des Generalsekretärs geht es darum, „das Potential des Marktes mit der Autorität universeller Ideen zu verbinden.“ Global Compact schlägt vor, in den Bereichen Menschenrechte, Arbeit und Umwelt neun Hauptprinzipien einzuhalten, die niedergelegt sind in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in den Statuten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und auch in den Resolutionen des Umweltgipfels von Rio 1992 und des Kopenhagener Gipfels für Soziale Fragen 1995. Es handelt sich, wie die UNO erklärt, um die „ambitionierteste Bemühung zur Etablierung von Arbeitsbeziehungen zwischen der UNO, dem privaten Sektor und den Bürgerbewegungen.“1

DIE Kontakte mit dem privaten Sektor führten im Juni 1999 zu einem Treffen bei den Vereinten Nationen in New York, bei dem sich etwa hundert Führungskräfte internationaler Konzerne öffentlich dafür ausgesprochen haben, den Globalen Pakt zu unterstützen. In drei Jahren, so eines der beschlossenen Ziele, wolle man die Unterstützung von etwa hundert multinationalen Firmengruppen und etwa 1 000 nationalen Unternehmen gewonnen haben.

Am Ende einigte man sich auf eine Formulierung, wonach es sich bei Global Compact nicht um einen Verhaltenskodex handelt, „sondern um einen Referenzrahmen und eine Dialogplattform, die zu mehr Übereinstimmung zwischen den Praktiken des privaten Sektors und den universellen Werten führen soll“. Als Garant des Unternehmens soll die UNO fungieren. Deren Initiative versteht sich in einem evolutionären Sinn. Aber ihre Unschärfe sowie das Fehlen juristischer Druckmittel und jeglicher Kontrolle darüber, ob die unterzeichneten Vereinbarungen von den multinationalen Firmen auch eingehalten werden, haben auch Kritiker auf den Plan gerufen. In einem Text mit dem Titel „Die Vereinten Nationen in zweifelhafter Gesellschaft“, hebt eine Vereinigung von Nichtregierungsorganisationen hervor, daß „Global Compact denjenigen Konzernen, deren Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen notorisch sind, die Möglichkeit gibt, ihr Image aufzubessern, indem sie sich mit dem blauen Banner der Vereinten Nationen drapieren.“2

R.-P. P.

Fußnoten: 1 Siehe www.unglobalcompact.org. 2 Joshua Karliner und Kenny Bruno, Internationald Herald Tribune, Paris, 10. August 2000. Die Autoren sind Mitarbeiter des Transnational Ressource & Action Center, San Francisco, www.corpwatch.org.

Le Monde diplomatique vom 15.12.2000, von R.-P. P.