Düstere Aussichten für die Demokratie in Westafrika
Von PHILIPPE LEYMARIE *
„Ein Burkiner lebt in der Elfenbeinküste unter schlimmeren Bedingungen als ein Schwarzer in Europa.“ Als der senegalesische Präsident Abdoulaye Wade am 22. Januar 2001 – bei der Eröffnung eines Forums über „Rassismus, Fremdenhass und Intoleranz“1 die Afrikaner mit diesen Worten aufforderte, auch vor der eigenen Tür zu kehren, betonte er ausdrücklich, er spreche „als freier Intellektueller“, als einfacher Teilnehmer. Doch nur zwei Tage später attackierten Demonstranten die Läden senegalesischer Staatsangehöriger in Abidjan, der faktischen Hauptstadt der Elfenbeinküste, eines Landes, das sich seit 1995 in seine Ideologie der „Ivoirité“ verrannt hat.2
Bis zu Beginn der Neunzigerjahre verstand sich die Elfenbeinküste – drei Jahrzehnte lang von Félix Houphouët-Boigny autokratisch regiert – als Land der Prosperität und der Öffnung: Der weltweit größte Kakaoproduzent nahm über 4 Millionen Ausländer auf (bei einer Gesamtbevölkerung von 15 Millionen Menschen), vor allem aus Burkina Faso, Mali, Guinea und Ghana. Die Elfenbeinküste war der wichtigste Partner Frankreichs und Europas innerhalb der frankophonen Welt, das wirtschaftliche Rückgrat Westafrikas, sie galt als „Wunder“, als „Vorzeigemodell“. Alles schien hier möglich: beim Geburtsdorf des Präsidenten (Yamoussoukro) eine neue politische Hauptstadt aus dem Boden zu stampfen; Straßen durch den Regenwald zu bauen; mitten im Busch die „größte Kathedrale der Welt“ zu errichten . . .
Zehn Jahre danach hat sich das Bild dramatisch gewandelt: Einbruch des Kakaokurses und Zerschlagung des ganzen Produktionszweiges, Abwertung des CFA-Franc, gescheiterte Nachfolge des „Alten“ (Félix Houphouët-Boigny), Staatskrisen in Sierra Leone und Guinea, Machtzuwachs Nigerias nach einer langen Militärdiktatur, Neuorientierung der französischen Kooperation (siehe Kasten rechts) usw. Am Vorabend der Machtergreifung von General Robert Gueï im Dezember 1999 waren die Kassen leer, das Land befand sich im Würgegriff der internationalen Finanzorganisationen.3
An der Wende zum neuen Jahrtausend zerbricht der Mythos der strukturellen Stabilität der Elfenbeinküste, innerhalb von zwölf Monaten erlebt das Land fünf Staatsstreiche. Alles beginnt mit dem „Weihnachtsputsch“ 1999: Ein paar hundert Soldaten holen sich ihre versprochenen Gratifikationen kurzerhand von den Kais des Hafens von Abidjan und besetzen die Rundfunk- und Fernsehstation. General Gueï, unter Präsident Houphouët-Boigny Generalstabschef, akzeptiert die Macht, die seine „Kinder“ ihm in die Hände legen, und erhält die Unterstützung der Opposition, auch die der Sammlungsbewegung der Republikaner (RDR), der Partei des ehemaligen Premierministers Alassane Ouattara, die vor allem im Norden des Landes verankert ist.
Im Mai 2000 wird Alassane Ouattara der Verschwörung beschuldigt, seine Minister werden aus der Regierung ausgeschlossen. Am 4. Juli kommt es aufgrund nicht gehaltener Versprechen zu einer erneuten Meuterei hunderter Soldaten, die Abidjan verwüsten und sich an den Bewohnern der Stadt vergreifen. Im Oktober sorgt eine neue, maßgeschneiderte Verfassung dafür, dass der Parteivorsitzende der RDR von der Kandidatur um die Präsidentschaft ausgeschlossen wird, da er nicht die staatsbürgerlichen Voraussetzungen besitzt.4 Als die Anhänger Ouattaras öffentlich protestieren, werden sie als Putschisten verdächtigt.
General Robert Gueï, der selbst mit dem Gedanken an einen „Wahlputsch“ spielt, gibt die Macht erst ab, als Laurent Gbagbo, Chef der Ivorischen Volksfront (FPI) – der ewigen Oppositionspartei – unmittelbar nach den Präsidentschaftswahlen die Straße mobilisiert. Nachdem es Gbagbo selbst zum Staatsoberhaupt gebracht hat, behält er die Klausel bei, die Wählbarkeit und „Ivoirité“ verknüpft, und sieht sich am 4. Dezember der Wut der RDR-Anhänger ausgesetzt, die diesmal ihrerseits von den Parlamentswahlen ausgeschlossen sind. Bei einer neuerlichen Meuterei von Soldaten am 6. und 7. Januar dieses Jahres richten sich die Verdächtigungen einmal mehr gegen die Militärs aus dem Norden, die zudem beschuldigt werden, Unterstützung aus dem Ausland erhalten zu haben.
Die Lunte der „Ivoirité“ brennt also aufs Neue. Dieses Selbstgefühl, der „wahren“ Elfenbeinküste anzugehören – der des Südens, des Regenwalds, der Küste, der Animisten und Christen –, besteht schon seit der Unabhängigkeit: Die Muslime des Nordens, die Sahelbewohner, die „Sudanesen“ der „oberen Elfenbeinküste“ wurden von ihren Landsleuten nie sonderlich geschätzt.5 Um sich an der Macht zu halten, zögerten weder der ehemalige Präsident Bédié noch General Gueï, noch Präsident Gbagbo selbst (einer der Mitautoren des Verfassungsentwurfs, durch den sein Hauptgegner de facto ausgeschlossen wurde), mit diesem regionalen Feuer zu „spielen“.
Man zeigte mit dem Finger auf die „Fremden“ oder Assimilierten, und Ouattara avancierte – gegen seinen Willen – zur Symbolgestalt der Diskriminierung der Nordbewohner. Erstmals wagte ein Politiker der oberen Elfenbeinküste, seine Präsidentschaftsambitionen offen zu zeigen: Die Verbissenheit, mit der man ihn zu disqualifizieren versuchte, trug als entscheidender Faktor dazu bei, den Nationalismus der Dioula zu schüren und zu radikalisieren.
In der Elfenbeinküste floss mehr Blut denn je zuvor. Niemand hätte sich vorstellen können, dass die Heimat von „Frieden“ und „Weisheit“ – von Houphouët-Boigny zu ideologischen Leitbildern erklärt – eines Tages eine „Muslimverfolgung“ von pogromähnlichem Ausmaß erleben würde; dass die Wahl eines zivilen Präsidenten 171 Menschenleben (nach offiziellen Angaben) fordern würde, von denen die meisten aus dem Norden stammten; und dass am 26. Oktober 2000 im Stadtviertel Yopougon in Abidjan ein Massengrab mit über 57 verstümmelten Leichen entdeckt werden würde.6 „Welch abgrundtiefe Bestialität!“, beklagte sich der Oberste Rat der Imams. „Sind wir so tief gefallen?“, fragte der katholische Erzbischof von Abidjan bestürzt. „Houphouët, komm zurück, sie sind wahnsinnig geworden!“, titelte eine panafrikanische Wochenzeitung7 ; und ein Leitartikler wunderte sich, dass ein „anständiger Militär, dem noch zu Weihnachten ein durchaus akzeptabler Putsch ohne große Blessuren gelungen war, [jetzt] mit einem Wahlgang mehr Opfer hinterlässt als mit einem bewaffneten Staatsstreich“.8
Das ivorische Parlament wird heute zu gleichen Teilen von den Abgeordneten der Ivorischen Volksfront (FPI) – der Partei von Präsident Gbagbo – und jenen der Demokratischen Partei der Elfenbeinküste (PDCI), der früheren Einheitspartei, beherrscht. Die RDR, die eine Zeit lang in der Wählergunst mit der FPI gleichauf zu liegen schien, hat in der Nationalversammlung keinen einzigen offiziellen Repräsentanten. Durch die völlige Abwesenheit einer Opposition ist die Legitimität von Präsident Gbagbo mit einem Makel behaftet, zumindest in den Augen seiner wichtigsten Partner auf dem internationalen Parkett. Unter Berufung auf seine „Revolution“ will er „weder neue Wahlen abhalten, noch die Verfassung umschreiben“, im Gegensatz zu seinem Gegner Alassane Ouattara, der einen „radikalen Neuanfang“ fordert.
Die Elfenbeinküste am Rande einer Sezession
AUF dem Höhepunkt der Krise sorgte eine Zeitung, die der Leitfigur des Nordens nahe steht, für eine Sensation, als sie die Karte eines zweigeteilten Landes unter dem Titel veröffentlichte: „Die Elfenbeinküste am Rande der Sezession“.9 Spielt der politische Kompass des Regimes verrückt, nimmt man bewusst das Risiko in Kauf, „den Norden zu verlieren“, indem man dessen glaubwürdigste Vertreter systematisch vom politischen Leben ausschließt? Oder hat sich das Regime – um den Preis des Blutvergießens – einfach nur eines alten Ressentiments bedient, um mit Hilfe formaljuristischer Tricks bestimmte unliebsame Rivalen auszuschalten, die heute isoliert oder sogar diskreditiert sind?10
Ist es tatsächlich so, wie eine panafrikanische Zeitung schreibt, dass „die bestimmenden Kreise der Elfenbeinküste heute nicht reif sind, einen muslimischen Präsidenten zu akzeptieren, der aus dem Norden des Landes stammt und sich darauf beruft“?11 Oder müssen sich die Bewohner des Nordens – knapp 40 Prozent der Gesamtbevölkerung – mit der Einschätzung des Präsidenten zufrieden geben, wonach der Norden seit der Unabhängigkeit vernachlässigt wurde und man künftig, so Laurent Gbagbo, „eine Art positiver Diskriminierung zu seinen Gunsten praktizieren muss“, um diese „politisch ausgeschlachtete Angst“ zu mindern?12
Im Augenblick jedenfalls scheinen die Instrumentalisierung der „Ivoirité“, die vor allem als Zugehörigkeit zum Süden verstanden wird (und nicht als allgemeines Nationalgefühl) und die kollektive psychische Bereitschaft, den Bruch mit dem Norden zu akzeptieren, das gesamte gesellschaftliche und politische Leben zu bestimmen: die Allianzen im Parlament, die Zusammensetzung der Regierung, das Verhalten der Zivilgesellschaft, die Repressionstendenzen und das Verhalten des Justizapparats.
Diese Spaltung, so der Wissenschaftler Richard Banegas, beschränkt sich im Übrigen nicht auf eine vordergründige politische Kontroverse um die Staatsbürgerschaft von Alassane Ouattara, sondern „dokumentiert eine gesellschaftliche Krise, die sich in den Städten in einer zunehmenden Fremdenfeindlichkeit niederschlägt und auf dem Lande in immer gewalttätigeren Auseinandersetzungen um Grundbesitz“.13
Dieses Jahr der Unruhen in der Elfenbeinküste hat in ganz Westafrika eine Schockwelle ausgelöst. Die hier residierenden Ausländer oder Einheimischen ausländischer Herkunft – knapp ein Drittel der Gesamtbevölkerung – leben in einem Gefühl der Unsicherheit, und mehrere tausend haben bereits die Rückkehr in ihre Heimatländer angetreten: Die Erinnerung an den Exodus von zwei Millionen Ausländern aus Nigeria (darunter eine Million Ghanaer), denen die Behörden 1983 zwei Wochen Zeit gaben, um das Land zu verlassen, ist in der Region noch sehr wach.
Zudem erwartet man von den jeweiligen Herkunftsländern – Burkina Faso, Mali, Niger, Togo, Ghana –, dass sie sich für das Schicksal ihrer Staatsangehörigen interessieren, die mehr oder weniger offen verdächtigt werden, die Gegner des ivorischen Regimes zu unterstützen. So versammelte Präsident Gbagbo im Rahmen eines im Januar dieses Jahres geschlossenen Abkommens die Innen- bzw. Verteidigungsminister der fünf Nachbarstaaten der Elfenbeinküste zu einem Treffen, bei dem sich jedes dieser Länder verpflichtete, nicht als „Operationsbasis für destabilisierende Aktionen“ zu dienen.
Für viele Länder der Region ist im Zuge der ivorischen Staatsstreiche und Dramen der letzten Monate ein Mythos zu Grabe getragen worden: der Mythos der westafrikanischen Einheit, der Freizügigkeit, einer die Grenzen der Kolonisation sprengenden Afrikanität. Mit dem Ergebnis, dass in der gesamten Zone die finanzielle und kommerzielle Ordnung bedroht ist – wenn nicht sogar mehr. Abidjan, Sitz der Afrikanischen Entwicklungsbank (BAD) sowie der Zentralbank der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA), spielt eine entscheidende Rolle für das ökonomische Gleichgewicht in der Region.14 Schlimmer noch: Eine „regionale Umwälzung“ könnte die Folge sein, falls die Elfenbeinküste tatsächlich „kurz vor einem Völkermord“ steht und Malier, Guineer, Ghanaer, Senegalesen oder Burkiner abgeschlachtet würden, „weil sie Ausländer sind oder verdächtigt werden, diesem oder jenem Lager in die Hände zu spielen“.15
Doch alle leben auch in der ständigen Angst, dass es in ihrem eigenen Land zu einem neuerlichen Bruch zwischen Nord und Süd kommen könnte: Von Mauretanien bis zum Tschad, von Guinea bis Nigeria werden nationale Einheiten, die eigentlich nicht funktionieren, nur durch einen prekären Kräfteausgleich aufrechterhalten – oder durch drastische Abschottung. In diesen Strukturen wirken Kontroversen aus alten Zeiten verdeckt fort, die „Leute aus dem Norden“ – Muslime aus dem Sahel mit ihrer gelegentlichen Neigung, die Scharia anzuwenden16 – galten häufig als die Erben jener Stammesgemeinschaften, die mit den „arabischen Sklavenhaltern“ gemeinsame Sache gemacht hatten, während die „Leute aus dem Süden“, die näher an den Großstädten und der Küste leben, traditionell eher dem Lager der Weißen und ihrer christlichen Missionare zugerechnet wurden.
In manchen dieser Länder bestand eine faktische Teilung: Die einen hatten quasi ein Monopol auf die Präsidentschaft, während sich die anderen auf den Handel beschränken mussten. Im Niger, der für seine Praxis eines toleranten Islam bekannt ist, kam es letztes Jahr in Niamey zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Radikalen, die gegen die Abhaltung einer Modenschau protestierten.
Die Sicherheit der Region wird durch die wachsende Intoleranz zwischen verschiedenen Stammesgemeinschaften nicht gerade gefördert. Im Übrigen haben die militärischen Konfrontationen der letzten zehn Jahre – Guerillas der Tuareg im Niger und in Mali, fortgesetzte bewaffnete Konflikte im Tschad und Bürgerkriege in Liberia und Sierra Leone – Westafrika inzwischen zu einer derjenigen Zonen des Kontinents gemacht, in denen die so genannten leichten Waffen besonders ungehindert zirkulieren. Besiegte, Demobilisierte, frühere Kindersoldaten oder ehemalige Milizionäre, die nicht mehr ins Zivilleben zurückgefunden haben, suchen nach Möglichkeiten, wieder zu Sold und Ansehen zu kommen, indem sie sich und ihre Waffenkenntnisse meistbietend verkaufen. Diese Leute sind zu jedem Gewaltstreich bereit: Überfälle auf Dörfer, Straßensperren, Viehdiebstahl, Ausraubung von Touristen.
So kämpfen Milizionäre der Revolutionären Einheitsfront Sierra Leones (RUF) oder der Vereinigten Befreiungsbewegung Liberias (Ulimo-K) sowie guineische Exmilitärs in den Wäldern und Bergen im Grenzgebiet zwischen Liberia und Sierra Leone, einer Region mit zahlreichen Edelsteinvorkommen. Seit September letzten Jahres fallen sie immer wieder auf guineisches Territorium ein, wo über 400 000 sierra-leonische und liberianische Flüchtlinge leben, die sich hier vor den Bürgerkriegen in ihren Ländern in Sicherheit gebracht haben.
Der ehemalige liberianische Kriegsherr Charles Taylor wird beschuldigt, diese Überfälle finanziert zu haben; zudem soll er versuchen, auch Guinea in diesen regionalen westafrikanischen Konflikt hineinzuziehen, um Zugriff auf sämtliche Diamantminen zu bekommen. Die Regierungen der USA und Großbritanniens haben internationale Sanktionen gegen das Regime in Monrovia gefordert. Die Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten (Ecowas)17 zögerte letzten Monat noch, ein 1 700 Mann starkes Kontingent der Westafrikanischen Friedenstruppe (Ecomog) zwecks Grenzsicherung aufmarschieren zu lassen, „aus Angst, sie in ein Blutbad zu schicken“.
Der liberianische Präsident, Chef eines „Schurkenstaats“, hat sich nicht gescheut, „General Moskito“ bei sich aufzunehmen, den ehemaligen militärischen Befehlshaber der RUF, der 1999 in Sierra Leone die Operation „No living thing“ geleitet hatte, bei der tausende Menschen terrorisiert, verstümmelt und ermordet wurden. Taylor bietet den Rebellen dieses Landes Asyl, Ausbildung und Waffen, und diese bezahlen ihn dafür mit Diamanten: Allein nach Belgien exportiert Liberia sechzehnmal mehr Karat, als das Land selbst produzieren kann!18
Durch die Kampagne der Vereinten Nationen gegen den illegalen Diamantenhandel – eine Plage, die bereits zur Zerrüttung der Demokratischen Republik Kongo und Angolas beigetragen hat – wurde die Annahme einer internationalen Regelung und eines Embargos gegen die sierra-leonische RUF (und gegen die Nationalunion für die völlige Unabhängigkeit Angolas, Unita) erreicht. Doch die zahlreichen Zwischenhändler sowie die nachsichtige Haltung Liberias, Togos und vor allem Burkina Fasos machen es leicht, dieses Embargo zu umgehen. So liegen der UNO Beweise vor, dass 1999 Lieferungen via Ouagadougou nach Monrovia gelangten. Der Bericht des Expertenkomitees, das auf Bitten des aus Ghana stammenden UNO-Generalsekretärs Kofi Annan eingesetzt wurde, verdächtigt diese Länder, ständige Beziehungen zu bestimmten notorischen Waffenschmugglern aus Osteuropa zu unterhalten: Der eine grast die „rechtsfreien“ Zonen des schwarzen Kontinents ab, in die er mit einer Flotte von mehreren dutzend Flugzeugen Waffen liefern lässt; der andere, einer der Paten der Mafia von Odessa, vermittelt Flugkörper oder leichte Maschinengewehre aus osteuropäischer Produktion und hatte im Mai 2000 auch den ivorischen General Robert Gueï mit Waffenausrüstungen versorgt.19
Für einen „afrikanischen Milošević“ – wie amerikanische Blätter den Liberianer Charles Taylor bisweilen zu bezeichnen pflegen – oder für einen frankoafrikanischen Dinosaurier wie den Präsidenten von Guinea, General Lansana Conté (der seinen Hauptwidersacher seit über zwei Jahren im Gefängnis schmachten lässt) bedeutet die Entwicklung sicher eine angenehm überraschende Wende in jenem Westafrika, das doch vor zehn Jahren dem Kontinent das Signal zur großen demokratischen Reinigung gegeben hatte.
Immerhin hat in Ghana Hauptmann Jerry Rawlings, ein ehemaliger Putschist, Bewunderung ausgelöst, als er – nach achtzehn Jahren an der Macht – seine Wahlniederlage sportlich akzeptierte. In Benin stehen etwa zwanzig Kandidaten bereit, um sich um die Nachfolge von Staatschef Mathieu Kérékou zu bewerben. In Mali, im Niger und im Senegal ist das politische Leben – trotz der immer wieder aufflackernden Unruhen in der Casamance und im benachbarten Guinea-Bissau – offenbar zur Ruhe gekommen, die Regierungswechsel dürften hier reibungslos ablaufen. Und in Nigeria geht die Ernennung der Minister nicht mehr ohne langwierige Anhörungen im Senat ab, bei denen der Vorschlag des Präsidenten bestätigt oder aber auch zu Fall gebracht wird.
dt. Matthias Wolf
* Journalist bei Radio France Internationale.