11.01.2002

Der Libanon nach dem 11. September

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Der Libanon nach dem 11. September

Mit angespanntem Blick verfolgen die Palästinenser, die seit Ende des libanesischen Bürgerkriegs in Flüchtlingslagern des Libanon leben, die Situation im Gaza-Streifen und im Westjordanland. Die Befreiung von der israelischen Besatzung im Südlibanon hatte zunächst große Hoffnungen im Land geweckt und eine Phase des Wiederaufbaus eingeleitet. Anhaltende Spannungen in der Region und die Nachwirkungen des 11. Septembers gefährden jedoch die Stabilität und erschweren die Integration der Palästinenser.

Von MARINA DA SILVA *

EINE Nacht im Fastenmonat Ramadan. Plötzlich wird die Stille durch Schüsse aus automatischen Waffen durchbrochen. Rufe und Gesänge ertönen, als ginge ein Signal durch die Straßen des Flüchtlingslagers. In Jerusalem hat es an diesem 1. Dezember wieder einen Selbstmordanschlag gegeben. Nabil und seine Familie, Bewohner des kleinen Lagers Beddawi im Nordlibanon, hören mit Genugtuung, dass dieses Mal nicht nur Palästinenser zu Tode gekommen sind. „Täglich erleben wir, wie unsere Leute liquidiert werden – und niemand interessiert sich dafür. Seit mehr als fünfzig Jahren zahlen die Palästinenser immer wieder mit ihrem Leben – ein Ende ist nicht abzusehen. Wenn man meint, allein gegen alle anderen zu stehen, glaubt man oft auch, nichts als den eigenen Körper zu haben. Von diesem Gefühl wird die Intifada getragen.“

Die Palästinenser, die seit dem Ende des libanesischen Bürgerkriegs in rund einem Dutzend Flüchtlingslagern und Ghettos leben, verfolgen die Intifada sehr genau. In den Familien läuft der Fernseher ununterbrochen und die Bilder der beliebtesten Sender – al-Manar und al-Dschasira1 – zeigen unerbittlich die Brutalität der täglichen Repression in den besetzten Gebieten; sie bestärken das Gefühl, um alle Rechte betrogen zu werden, und fördern die Solidarität. Das Internet hat die Palästinenser in der Region und im Ausland wirkungsvoll vernetzt. „So enge Kontakte hatten wir noch nie“, meint Abu Ali Hassan, Sprecher des großen Lagers Ein al-Hilweh am Stadtrand von Saida. Die etwa 70 000 Einwohner spiegeln den Stimmungswechsel unter den Palästinensern insgesamt.

Seit dem 11. September ist die Lage gespannt. Nachdem Granatwerfer wiederholt auf libanesische Soldaten an den Kontrollpunkten geschossen hatten, wurde das Lager von Panzern umstellt. „Die Schüsse können nur das Werk von Provokateuren gewesen sein; sie nützen allein Israel“, empört sich Hassan. „Wir haben keinen Grund, uns gegen den libanesischen Staat zu wenden, der sich schließlich gegen die Besatzung und für die Intifada engagiert hat.“

In Raschidieh bei Tyrus, einem besonders armen und isolierten Lager, erklärt Adeel, ein junger Anhänger der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), der 11. September habe vor allem den Palästinensern geschadet: „Jetzt wird nicht mehr genau unterschieden zwischen dem Terrorismus und dem legitimen Kampf gegen die Besatzung. Für uns ist der Kampf gegen die Besatzung nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht.“

Diese Haltung wird im Libanon uneingeschränkt geteilt. Die Menschen protestierten, als die USA die Hisbollah auf die Liste der Terrororganisationen setzten und das Einfrieren der Hisbollah-Konten forderten. Schließlich ist die Hisbollah eine offiziell zugelassene Partei, stark im Parlament vertreten und ein wichtiger Teil des öffentlichen Lebens – sie besitzt ein einmaliges Netzwerk wohltätiger Einrichtungen. Man würdigt ihre Effizienz und vor allem die Rolle, die sie im Widerstand gegen die israelische Besatzung des Südlibanon gespielt hat.

Jaum al-Tahrir, der „Tag der Befreiung“ ist für alle Libanesen ein heiliges Datum. Auch Adnan wird den 23. Mai 2000 nie vergessen: „In Merdschajun, al-Khiam, Bent Dschbail – überall sahen wir zu, wie sich die Israelis davonmachten. Am Ende des Tages waren hunderttausende in den Süden unterwegs.“

In der Bergfestung al-Khiam befand sich bis 1985 die berüchtigte Haftzentrale der Südlibanesischen Befreiungsarmee (SLA), eine zentrale Einrichtung im Terrorsystem der Israelis in der besetzten Zone. Adnan war viereinhalb Jahre in al-Khiam – „kaum der Rede wert“, verglichen mit dem Schicksal mancher Leidensgenossen, die 13 oder 14 Jahre in Haft verbrachten und immer wieder verhört und gefoltert wurden. Heute ist das Gefängnis ein Museum, das von der Hisbollah verwaltet wird. Das Gebäude wurde zwar gereinigt und gestrichen, doch Angst und Tod sind noch immer gegenwärtig.

Dass der Südlibanon auch nach seiner Befreiung dem regionalen Konflikt nicht entrinnen kann, ist der Hisbollah bewusst: „Israel hält weiterhin libanesisches Territorium besetzt“, erklärt der Hisbollah-Sprecher Hassan Azzedin. „Die aktuelle Rückzugslinie der Israelis (blue line) entspricht nicht der internationalen Grenze und wird vom libanesischen Staat nicht anerkannt – darum setzen wir den Widerstand fort.“ Er verweist darauf, dass die sieben Scheeba-Farmen2 am Rand des syrischen Golan immer noch zu Israel gehören, dass die blue line das Dorf Ghadschar3 durchschneidet und ihr Verlauf auch in Jarun, Aima und Udeisse umstritten bleibt.

Die israelischen Gewaltakte in Palästina haben neue Spannungen ausgelöst. Für Hassan Nasrallah, Generalsekretär der Hisbollah, ist die politische Unterstützung der Intifada eine Pflicht: „Wir sind bereit, uns der Verantwortung zu stellen, trotz des politischen Drucks und der Kriegsdrohungen gegen den Libanon und Syrien. Wenn das Schicksal der Region nur durch einen Krieg entschieden werden kann, soll er geführt werden.“ Diese Haltung findet keineswegs allgemeine Zustimmung: Nach 22 Jahren Krieg sind die Libanesen von der Vorstellung eines weiteren Krieges nicht begeistert. Aber sie registrieren, welch große Hoffnungen die arabische Welt in die Intifada setzt.

Die einfachen Leute sehen die militärischen Operationen gegen Afghanistan als einen ungerechten Krieg, der nur der Durchsetzung einer neuen Weltordnung dient. Das nächste Ziel steht für sie schon fest: Irak und alle, die sich nicht freiwillig unterwerfen. Die neue politische Weltlage nach den Anschlägen auf das World Trade Center hat die wirtschaftliche Misere des Landes verschärft und die Hoffnungen in der befreiten Südregion gedämpft. Dennoch, so der Volkswirtschaftler Yussef Khalil, könnte nur ein UN-Embargo das Land wirklich treffen, aber das ist derzeit nicht zu erwarten; im Vergleich zu Israel oder Ägypten erhält der Libanon wenig US-Hilfe, und sein Handel spielt sich hauptsächlich mit Europa ab.

Khalil hat die „Vereinigung zur Förderung der ländlichen Entwicklung“ gegründet, eine NGO, die mit Projekten für Fischer in Tyrus und palästinensische Flüchtlinge in den südlichen Lagern begann, ihre Aktivitäten aber inzwischen auf die ehemals besetzte Zone im Südlibanon ausgedehnt hat. Als das entscheidende Problem des Libanon sieht er die ungehemmte Konzentration des Reichtums in den Händen weniger, das nehme dem Land alle Entwicklungschancen: „In einem Land, in dem in wenigen Jahren der Anteil der Haushaltseinkommen, der für Grundbedürfnisse ausgegeben wird, von 40 auf 55 Prozent gestiegen ist, entfallen 50 Prozent der Bankdarlehen auf nur 1 Prozent der Bevölkerung. Der Libanon trägt schwer an den Staatsschulden, die Wirtschaft kommt nicht in Gang, die jungen Leute gehen zu tausenden ins Ausland.“

Die Wiederaufbauleistungen im Süden wurden durch neue Staatsschulden finanziert. Wo Ruinen waren, sind inzwischen Häuser und Siedlungen wie Pilze aus dem Boden geschossen – eine städtebauliche Anarchie, die das Gesicht des Landes endgültig zu zerstören droht. Es entstand außerdem ein Verbund von Krankenhäusern und Schulen. Trägerorganisation des Wiederaufbaus war der staatliche Conseil du Sud, der 1970 gegründet worden war, um den Widerstand der Bevölkerung gegen die israelische Aggression zu unterstützen. Er zahlte Entschädigungen an die Familien von Verwundeten, „Märtyrern“ und Exgefangenen. Für Soforthilfemaßnahmen standen rund 200 Millionen Dollar zu Verfügung. Mit weiteren 300 Millionen konnten nach Besatzungsende die Schäden an insgesamt 5 000 Häusern und sechs vollständig zerstörten Dörfern behoben und damit 95 Prozent der gesamten Häuser wiederhergerichtet werden. Pro Haus wurden durchschnittlich 20 000 Dollar investiert. Am Conseil du Sud (unter Leitung von Parlamentspräsident Nabih Berri, zugleich Führer der schiitischen Amal-Partei) führt kein Weg vorbei. Viele sehen in ihm „eine typische Einrichtung des konfessionellen klanartigen Pfründenwesens, an dem der Libanon krankt“.

Die ehemalige Besatzungszone, die etwa 850 Quadratkilometer (10 Prozent des Staatsgebiets) ausmacht und seit Beginn des Konflikts 1978 ein Viertel ihrer 300 000 Einwohner eingebüßt hat, besitzt einen hohen Symbolwert und ist stark affektiv besetzt. Viele Libanesen sind – teils sogar aus dem Ausland – zurückgekehrt, doch die meisten kommen nur für ein oder zwei Tage – für die 250 Kilometer vom Norden in den Süden des Landes braucht man nur wenige Stunden. Nicht viele lassen sich hier nieder, was auch daran liegt, dass es keine ernsthafte Wirtschaftsförderung gab und nur wenige Arbeitsplätze geschaffen wurden. Einige ganz Mutige haben wieder bei Null angefangen und sich neue Perspektiven geschaffen.

Die Kommunistin Leila, die aus al-Khiam stammt und 1985 als erste Frau ins Gefängnis kam, hat in Beirut unter schwierigsten Bedingungen gelebt. Nichts war ihr geblieben. Jetzt hat sie ein Café aufgemacht – ein einfacher und schneller Weg der Rückkehr in den Süden. Um das in ihrem Dorf geltende Verbot des Alkoholausschanks zu umgehen, ließ sie sich ein paar Kilometer entfernt nieder, unterhalb von Dschebel Siqui, einem Dorf mit drusisch-christlicher Bevölkerung. Leila gefällt es nicht, dass die Hisbollah in der Region das Sagen hat, aber sie fühlt sich nicht bedroht. „Der Widerstand ist nicht nur eine Sache der Hisbollah, sondern auch ein Stück unserer eigenen Geschichte. Bis zur Befreiung haben Militante aller Richtungen gegen die Besatzung gekämpft, gleichzeitig oder gemeinsam mit der Hisbollah. Wir stammen aus dieser Gegend, auch wir haben gekämpft, und unsere Häuser wurden zerstört. Also kann man uns nicht verwehren, hier nach unseren Vorstellungen zu leben.“

Der Weg von al-Khiam nach Bent Dschbail führt an der israelischen Grenze entlang. Überall an der Straße leuchten nagelneue Straßenlampen, die ihr grelles Licht auf Felsen und Gras werfen. Für den Süden bedeutet die Befreiung „Wiederaufbau plus Elektrizität“. Auf israelischer Seite sieht man inmitten der kargen Landschaft üppige Gärten – ein „Wunder“, das sich der reichlichen Bewässerung verdankt. „Alles illegal von libanesischem Gebiet abgepumpt“, behaupten die Bauern der Gegend. Am Straßenrand sieht man immer wieder Plakate zum Ruhm des Widerstands: Darstellungen von Panzern, Katjuscha-Raketenwerfern und Fahnen (vor allem der Hisbollah). Daneben blasse Davidsterne, als habe man die Lust auf diese Auseinandersetzung verloren. Das beliebteste Ausflugsziel im Südlibanon ist Marun-Ras bei Bent Dschbail. Vom Aussichtspunkt eines malerischen Hochplateaus geht der Blick weit hinüber nach Galiläa. Auch die Hisbollah ist vertreten: Neben vier Raketenwerfern, die auf Israel gerichtet sind, hat man eine gigantische Plakatwand aufgebaut, an der – jeden Abend hell erleuchtet – die Botschaft prangt: „Jerusalem, wir kommen.“

In Bent Dschbail, einem Dorf mit ausschließlich schiitischer Bevölkerung, hat allein die Hisbollah das Sagen, noch ganz im Glorienschein ihres Sieges. „Wir sind direkt nach der Befreiung hierher zurückgekommen“, berichtet Azza Charara, die an der Universität im Libanon unterrichtet. Begeistert erzählt Azza von dem historischen Umbruch und von der Verwandlung der Menschen. Um ihre Sicherheit macht sie sich, ebenso wie ihr Mann, der Soziologe Ahmad Beydoun, nicht allzu viele Gedanken: „Natürlich sind die Gefahren in der Region nicht gebannt, vor allem nach dem 11. September. Aber das betrifft alle Libanesen, denn die Israelis sind in der Lage, überall im Libanon zuzuschlagen.“

Die Aufgabe, das befreite Gebiet wieder in eine lebensfähige und attraktive Region zu verwandeln, hat für beide eine symbolische Dimension. „Es gab Befürchtungen, dass hier ein ‚libanesisches Kosovo‘ entstehen würde, mit Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen, aber nichts dergleichen ist geschehen – Konflikte mit konfessionellem Hintergrund oder Racheakte sind sehr selten. Sogar die Villa, die sich Hafez Hachem, die Nummer zwei der SLA, von den Schutzgeldern der Geschäftsleute hat bauen lassen, ist unangetastet geblieben. Die Leute hier haben große Besonnenheit bewiesen.“ Das Ende der Besetzung hat auch die Überwindung einiger interner Fronten mit sich gebracht: Jene, die weggegangen waren, versuchten die zu verstehen, die geblieben waren. Man hat gelernt, den starren Gegensatz von Kollaboration und Widerstand aufzulösen und unterschiedliche Sichtweisen und Schicksale zu akzeptieren.

Der 11. September hat nun alte Befürchtungen wieder geweckt und daran erinnert, wie fragil das Konstrukt der nationalen Einheit ist. „Die USA können jederzeit unter irgendeinem Vorwand Druck auf den Libanon ausüben, und das würde die ohnehin ausgeprägten antiamerikanischen Haltungen verstärken. Die Menschen machen sich große Sorgen. Aus Bent Dschbail sind viele in die USA gegangen, vor allem nach Michigan, und ihre Familien hier sind abhängig davon, von den ausgwanderten Familienmitgliedern Geld geschickt zu bekommen. Aber die neuerliche antiarabische Stimmung in den USA wird weitreichende Folgen haben. Viele Studenten aus den Golfstaaten, die in den USA waren, haben sich bereits an der amerikanischen Universität in Beirut eingeschrieben, weil sie in Amerika nicht mehr leben können oder wollen.“

Wenn es zwischen dem Libanon und den USA zu finanzpolitischen Auseinandersetzungen kommen sollte, behält der Süden des Landes seinen Geiselstatus. Für Stefan De Mistura, persönlicher Referent des UNO-Generalsekretärs, hat die Befreiung des Südlibanon noch nicht wirklich stattgefunden: „Im Süden gibt es 130 000 ‚Soldaten‘ – Soldaten, die Tag und Nacht, sommers wie winters, auf der Lauer liegen und das Töten nicht lassen können. Jeden Monat gibt es mindestens ein Todesopfer.“ Die Minenräumung, die überwiegend von Spezialisten aus den USA, Kanada, Frankreich, Norwegen und der Ukraine durchgeführt werden muss, kommt nur langsam voran. De Mistura schätzt, dass der Süden, wenn es im derzeitigen Tempo weitergeht, erst in 53 Jahren frei von Minen sein wird. Dabei könnte diese Aufgabe auch in vier Jahren erledigt sein, wenn ausreichende Mittel vorhanden wären – und dabei würden außerdem 10 000 Arbeitsplätze geschaffen.

Die Frage der Minenräumung hat auch viel mit dem Tauziehen um die Friedensverhandlungen zu tun. De Mistura kritisiert die israelischen Übergriffe unermüdlich und verteidigt die Weigerung der libanesischen Regierung, die Grenze zu überwachen, solange die UN-Resolution 242 nicht umgesetzt ist. „Wer sagt denn, dass sich die Souveränität eines Staates darin ausdrückt, dass er Einheiten an seiner Grenze postiert, die andere Einheiten beobachten? Die meisten Staaten der Welt bekunden ihre Souveränität dadurch, dass sie Ärzte, Lehrer und Richter beschäftigen, Institutionen unterhalten . . .“ Besondere Sorge bereitet dem UN-Diplomaten der schwindende Einfluss der UN-Mission im Libanon (Unifil)4 , die von einer Schutztruppe immer mehr zu einer Beobachtertruppe geworden ist, und dies obwohl, wie er sagt, „der Südlibanon neben dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland zweifellos zu den besonders explosiven Gebieten im Nahen Osten gehört“.

Angesichts der Nachbarschaft des Libanon zu Palästina, des gemeinsamen Schicksals und der uneingeschränkten Solidarität mit der Intifada meint man, dass die etwa 350 000 palästinensischen Flüchtlinge im Land akzeptierte Gäste seien. Die Realität sieht anders aus: „In einer Art schizophrenen Wahrnehmung scheint man zu meinen, es handele sich nicht um das gleiche Volk“, erregt sich Rula, eine junge Lehrerin. Diskriminiert und verelendet lebten die Palästinenser im Libanon unter schlimmeren Bedingungen als irgendwer sonst in der arabischen Welt, sagt sie. Laut Verfassung ist ihnen eine endgültige Niederlassung in diesem Land verboten, und ihnen wird offiziell und informell übel mitgespielt, was Arbeitsmöglichkeiten, Unterbringung, Ausbildung und Gesundheitswesen anbetrifft. 2001 gehörte es zu den ersten Aktionen der neuen Regierung unter Ministerpräsident Rafik Hariri, ein Gesetz zu verabschieden, das Palästinensern den Erwerb von Grundeigentum untersagt.

Einen gewissen Rückhalt finden die Palästinenser allein bei der Hisbollah, die sich zwar grundsätzlich gegen ihre Integration ausspricht („um ihr Recht auf Rückkehr nach Palästina zu bewahren“), aber ihre Forderungen nach Bürgerrechten unterstützt und soziale Hilfsdienste auch in den Flüchtlingslagern unterhält. Keine der übrigen politischen Kräfte hat sich jemals ernsthaft dafür eingesetzt, dass den Palästinensern Grundrechte und ein Leben in Würde zusteht. „Doch die libanesischen Medien – nicht nur die Organe der Hisbollah – spielen eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung der öffentlichen Meinung in der arabischen Welt zur Unterstützung der Intifada“, betont Rula und fragt: „Müssten sie alle nicht längst begriffen haben, dass der Funke der Intifada auch auf die Flüchtlingslager im Libanon überspringen könnte?“

dt. Edgar Peinelt

* Journalistin

Fußnoten: 1 Al-Manar ist der libanesische Sender der Hisbollah, Al-Dschasira sendet aus Katar. 2 Dass Syrien das Gebiet der Scheeba-Ländereien an den Libanon abgetreten hat, wurde von Israel nie anerkannt. 3 Ghadschar, ein Dorf mit 1 300 alawitischen Einwohnern, ist teilweise noch von Israel besetzt. 4 Die UNO hat derzeit noch 3 500 Mann in etwa vierzig Stützpunkten stationiert, die entlang einer Grenzline von 95 Kilometern verteilt sind.

Le Monde diplomatique vom 11.01.2002, von MARINA DA SILVA