15.02.2002

Verstrahlte Gebiete

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Verstrahlte Gebiete

IN Russland kam es zur sowjetischen Zeit und seit 1991 verschiedentlich zu radioaktiven Verseuchungen, und zwar: – aufgrund jahrzehntelanger Atomwaffenproduktion etwa in den Gebieten um Majak, Sewerska (Westsibirien) und Schelesnogorsk (Südsibirien); – aufgrund zahlreicher Atomwaffentests in der russischen Arktis, etwa im Altai (an der Grenze zur Mongolei) und im Süden Sibiriens. Nach Berechnungen der Monatsschrift Silence belief sich der Fallout im Gefolge von Tschernobyl auf 1,6 Millionen Curie. Doch die Strahlung, die von den drei militärischen Nuklearfabriken (in Tomsk, Tscheljabinsk und Krasnojarsk) freigesetzt wurde, summiert sich auf über 1,7 Milliarden Curie – das Tausendfache. Am stärksten belastet sind dabei (durch radioaktives Kühlwasser) die sibirischen Flüsse; – aufgrund von 85 Nuklearexplosionen zu „friedlichen“ Zwecken, zum Beispiel in Jakutien (im hohen Norden), in Irkutsk (Südsibirien), in Perm (Ural) oder Astrachan (am Kaspischen Meer); – aufgrund mehrerer Unfälle in Kernkraftwerken, Forschungszentren und Wiederaufbereitungsanlagen. So breitete sich nach dem Unfall in der Majak-Fabrik vom 29. September 1957 eine radioaktive Wolke über drei Regionen der Sowjetunion aus (eine Fläche von insgesamt 23 000 Quadratkilometern). Zu diesen Festlandgebieten kommen noch die arktischen Gewässer und die Meere im Osten. Sie werden nicht nur von der verrottenden Flotte atombetriebener U-Boote verseucht, sondern auch durch die Strahlung unsachgemäß gelagerter radioaktiver Abfälle. Schließlich sind noch die zahlreichen Zwischenfälle in den Atommeilern zu nennen. Einen Rekord erzielte dabei 1999 das AKW von Kursk mit 21 gemeldeten Zwischenfällen. Wie hoch die radioaktive Belastung ist, zeigt sich auch darin, dass in den vergangenen fünf Jahren die staatliche Kontrollbehörde für radioaktive Belastungen (Radon) 450 Tonnen potenziell gesundheitsschädigendes Material vernichtet hat – von Baustellenaushub bis zu Pilzen, die auf dem Markt angeboten wurden.1

Fußnote: 1 The Christian Science Monitor, Boston, 4. Juli 2001.

Le Monde diplomatique vom 15.02.2002