12.04.2002

Gute Patrioten und andere Kannibalen

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Gute Patrioten und andere Kannibalen

FÜR die Chefanklägerin Carla Del Ponte dürfte es eine merkwürdige Erfahrung sein: Der groß inszenierte Prozess in Den Haag, der die Verbrechen des früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic ans Licht bringen sollte, verschafft dem Angeklagten neue Popularität. Seit dem 12. Februar hat Milosevic durch seine offensiv geführte Verteidigung die Zeugen der Anklage verunsichert und die Widersprüche im Konzept des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien deutlich gemacht. Das hat immerhin die positive Folge, dass die Debatte über die Geschichte der blutigen Zerschlagung Jugoslawiens und die Verantwortung des Westens neu eröffnet wird.

Von unserer Korrespondentin CATHERINE SAMARY *

„Beim Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien wird Geschichte geschrieben. Wir müssen alles tun, um Einfluss auf die Art dieser Geschichtsschreibung zu nehmen.“1 Diese Aussage des jugoslawischen Präsidenten Vojislav Koštunica markiert einen Wendepunkt. Sie erfolgte nicht zufällig genau in dem Moment, in dem das dritte Jugoslawien2 durch die jüngst beschlossene Staatenunion von Serbien und Montenegro im Verschwinden begriffen ist.

Um den Angeklagten nicht mit dem serbischen Volk gleichzusetzen, betonte Chefanklägerin Carla Del Ponte, es gehe ihr nicht nur „um begangene Verbrechen, sondern um alle begangenen Verbrechen“. Dass die Anklage gegen den früheren Staatspräsidenten Slobodan Milošević erst 1999, während der Nato-Luftangriffe auf Jugoslawien, erhoben wurde – und nicht schon 1993, nach der Einrichtung des Haager Tribunals –, hat allerdings verhindert, dass tatsächlich alle Verbrechen zur Verhandlung kommen können. Schließlich kann dieser Prozess nicht die ganze Wahrheit über die Verantwortlichkeit von Milošević für die Verbrechen aufdecken, die in der Zeit zwischen der Zerstörung von Vukovar und dem Massaker von Srebrenica begangen wurden. Und er muss, indem er andere Schuldige unbehelligt lässt, an der Inkonsistenz einer Schuldzuschreibung scheitern, die über einige dunkle Punkte hinwegsieht.3 So war der Angeklagte zwischen 1993 und 1995 eine zentrale Stütze der westlichen Friedenspläne, mit denen die „ethnischen Säuberungen“ legitimiert wurden, und zwar unter Zustimmung aller Chefs der beteiligten Kriegsparteien. Und zwischen 1996 und 1998 legitimierten die westlichen Regierungen die repressiven Maßnahmen gegen die UÇK, die damals noch als „terroristisch“ galt.

Schon mit dem Auftritt von Mahmut Bakalli, dem ersten Belastungszeugen, begannen die Äußerungen Milošević‘ zur Situation im Kosovo 1989 für das Tribunal zu einem Problem zu werden (siehe Kasten). Bakallis Darstellung der Ereignisse mag falsch sein, doch steht außer Zweifel, dass mit der Änderung der staatsrechtlichen Stellung des Kosovo (sprich: der Aufhebung der Autonomie) die Auflösung von Titos altem System der Gleichgewichte verbunden war. Milošević hatte damals die Rückendeckung der bundesstaatlichen Instanzen – auch was die Entsendung von Truppen anging.

Serben wie Albaner können legitime Ansprüche auf das Kosovo geltend machen.4 Den Serben gilt die Region als das „serbische Jerusalem“ – eine symbolische Bedeutung, die tiefe Wurzeln in der Vergangenheit hat. Aber im Kosovo gab es seit je auch eine albanische Bevölkerung, deren Siedlungsgebiete bei der Gründung Albaniens im Jahre 1912 dem neuen Staat nur deshalb nicht zugeschlagen wurden, weil die Großmächte dies nicht wünschten. Unter den wechselnden Herrschaften kam es immer wieder zu Vertreibungen und Umsiedlungsaktionen. In der jugoslawischen Verfassung von 1974 wurde für das Kosovo eine Kompromisslösung festgeschrieben: Die Region sollte eine Provinz Serbiens bleiben, zugleich aber sollten die Rechte der Albaner in allen öffentlichen Belangen gestärkt werden.5 Das führte zu einer massiven Abwanderung der serbischen Minderheit, deren Bevölkerungsanteil sich innerhalb von zwanzig Jahren von 40 Prozent auf 10 Prozent reduzierte. Als die verlassenen Gebiete von Albanern übernommen wurden,6 begann man in Belgrad von „Völkermord“ zu reden.

Slobodan Milošević, seit 1987 Generalsekretär des serbischen Bunds der Kommunisten, war der erste kommunistische Führer, der sich in der Nationalitätenfrage nicht mehr an die Parteidisziplin hielt, sondern in seinen Reden an die serbische Bevölkerung des Kosovo die alten nationalistischen Mythen beschwor7 (aber fällt das in die Zuständigkeit des Haager Tribunals?). Seine Brandreden hatten katastrophale Wirkung, auch wenn sie stets – noch im Geiste Titos – die Brüderlichkeit zwischen den Völkern Jugoslawiens beschworen. Zumal mehr als die Hälfte der albanischen Kosovaren im Jahre 1989 noch keine zwanzig Jahre alt waren und sich ihre Erfahrungen mit Jugoslawien auf die Unterdrückung beschränkten, die 1981 eingesetzt hatte.

Dass dem Kosovo nach der Bundesverfassung von 1974 ein Vetorecht zugestanden wurde, bescherte Serbien einen Verfassungskonflikt, denn die Provinz gewann damit erheblichen Einfluss auf alle Entscheidungen der Republik. Aber diese Bestimmung markiert zugleich einen wichtigen Fortschritt in den Bemühungen um die rechtliche Gleichstellung von Albanern und slawischen Völkern innerhalb des Bundesstaats. „Für die Serben ist es eine tragische Entwicklung, dass die Albaner die Unabhängigkeit fordern“, meint der Historiker Alexandre Djilas, der Sohn von Milovan Djilas, einem Kampfgefährten Titos, der bereits Anfang der 1950er-Jahre zum Dissidenten wurde. „Aber eine noch größere Tragödie ist es, dass man sie in den Rahmen Serbiens pressen wollte. […] Was wir brauchen, sind nicht gemeinsame staatliche Institutionen, sondern gutnachbarschaftliche Beziehungen.“

1987 begann Milošević, seinen Aufstieg zur Macht mit Parolen über den Schutz der Serben im Kosovo zu betreiben, doch bald darauf weitete er sein Konzept auf die Serben in Kroatien und Bosnien aus, indem er etwa über die neuen Nachbarstaaten sagte: „Sie haben das Recht, uns zu verlassen, wir haben das Recht, zu bleiben – und zu fordern, dass sich uns all jene anschließen, die sich in den neuen Staaten bedroht fühlen.“ So lautete die offizielle Darstellung der Auseinandersetzungen, die sich über ein Jahrzehnt hinzogen, und genau so fasst sie die Mehrheit der serbischen Bevölkerung auch auf.

Nationalisten, demokratisch geadelt

DABEI haben sich in den 1980er-Jahren die nationalistischen Tendenzen auf allen Seiten gegenseitig hochgeschaukelt. Zugleich entstanden neue bürokratische Strukturen in den Republiken und Provinzen, die immer mehr Rechte bekamen. Am Ende stand die „Privatisierung“ im Namen der Nation, das Gemeinschaftseigentum, das „allen und jedem“ gehören sollte, war in Frage gestellt. Zugleich erlaubte der Niedergang des Titoismus den Wiederaufstieg antikommunistischer nationaler Bewegungen, die von den westlichen Regierungen seit den 1980er-Jahren mit dem Titel „demokratisch“ geadelt wurden. Diese Nationalismen spielten sich propagandistisch die Bälle zu, während das Projekt der Bundesregierung unter Ante Marković (1989), eine wirtschaftsliberale Privatisierung in ganz Jugoslawien durchzuführen, in Slowenien, Kroatien und Serbien gleichermaßen torpediert wurde. Slowenien solidarisierte sich zwar politisch mit den Albanern gegen Belgrad, war aber nicht länger bereit, für das Kosovo zu zahlen. Der kroatische Präsident Franjo Tudjman lehnte alle Vorstellungen von einem Gesamtjugoslawien ab. Die Kosovofrage galt ihm schon deshalb als innere Angelegenheit Serbiens, weil er hinsichtlich der „Serbenfrage“ im eigenen Land freie Hand haben wollte. Und die Forderung der 1989 von einigen Intellektuellen gegründeten „Vereinigung für eine demokratische jugoslawische Initiative“ (UJDI), über den Status des Kosovo eine demokratische Entscheidung im gesamtjugoslawischen Rahmen herbeizuführen, war rasch wieder vom Tisch.

Parolen, wie sie Milošević zum Kosovo vortrug, waren auch andernorts zu hören. So trat etwa der bosnische Präsident Alija Izetbegović bei seinen Auftritten gern als frommer Muslim auf, weshalb man ihn nicht mehr als Repräsentanten aller bosnischen Bürger, sondern eher als Bedrohung wahrnehmen konnte, obwohl er sich offiziell für ein multiethnisches Bosnien aussprach. Kroatiens Präsident Tudjman gab allzu gern zu Protokoll, dass seine Gattin „weder Jüdin, noch Serbin“ sei, und sorgte außerdem dafür, dass der „Platz der Opfer des Faschismus“ in Zagreb in „Platz der großen Kroaten“ umbenannt und die symbolträchtige, von der Ustascha benutzte Fahne Großkroatiens zur Staatsflagge wurde.8 All diese Maßnahmen mussten die in Kroatien lebenden Serben natürlich in Panik versetzen.

Die Krise des Titoismus ging einher mit dem Wiederaufstieg der alten nationalistischen Gruppierungen mit antikommunistischem Hintergrund. Verglichen mit diesen Parteien machte Milošević‘ Sozialistische Partei einen durchaus sozialverträglichen und nicht übermäßig nationalistischen Eindruck, weshalb ihr auch die Stimmen von Wählern zufielen, die das Programm des in Serbien vorherrschenden Nationalismus ablehnten. Milošević war imstande, anderen Gruppierungen das Wasser abzugraben, indem er die Zukunft Gesamtjugoslawiens beschwor und sich dennoch zugleich als Retter der Serben aufspielte.

Für Alexandre Djilas war das Milošević-Regime eine Art „politischer Kannibalismus“, der darin bestand, „sich die programmatischen Vorstellungen anderer Richtungen einzuverleiben“. Wobei er hinzufügt: „Natürlich ist es absurd, von einem Naziregime zu sprechen. Die Verhältnisse waren viel demokratischer als unter Tito; wer seinerzeit Karikaturen des politischen Führers veröffentlicht hätte, wäre sofort ins Gefängnis gewandert. Aber das soll nicht heißen, dass dieses Regime keine Verbrechen begangen hat und dass es nicht für die gesamtjugoslawische Krise verantwortlich ist.“

Auch das Bündnis zwischen Milošević und der nationalistischen Rechten, die in der Tradition der Tschetniks9 steht, war Ausdruck dieses politischen Kannibalismus: Der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS) gelang es, mit dem Jugoslawien Titos nicht endgültig zu brechen – das gilt vor allem für die Sozialpolitik und im Hinblick auf die Bundesarmee –, aber gleichzeitig die „antiserbischen“ Aspekte des Titoismus zu kritisieren und den Widerstand der Tschetniks neu und positiv zu bewerten. Vladimir Krslanin, ehemals Minister unter Milošević und heute Sekretär für internationale Beziehungen der SPS, erklärt dazu: „Während des Zweiten Weltkriegs gab es [im Kampf gegen die deutsche Okkupation] zwei Richtungen unter den Tschetniks. Die eine war nicht ganz so patriotisch, und mit ihr konnten sich die kommunistischen Partisanen verbünden.“ Für den SPS-Funktionär bestehen diese Unterschiede fort und finden heute ihren Ausdruck in der Auseinandersetzung zwischen „dem Patrioten Vojislav Šešelj10 und Vuk Drašković, der eher zur Zusammenarbeit mit dem Westen neigt“. Anfang der 1990er-Jahre traten beide Richtungen gemeinsam für die Errichtung eines „Großserbien“ ein.

„Wer hat denn die Truppen von Arkan, von Šešelj und Drašković in Kroatien mit Waffen versorgt?“, fragt Alexandre Djilas. In seinen Augen liegen hier die schwersten Verfehlungen des Regimes von Milošević. Aber er fügt hinzu: „Es gibt noch andere Schuldige – auch im Ausland.“ Djilas verweist vor allem auf die Unterstützung Deutschlands und des Vatikans für das Kroatien Tudjmans, das sehr rasch auch von den anderen westlichen Regierungen anerkannt wurde, obwohl das Schicksal der Serben in Kroatien damals noch nicht geklärt war.

Professor Jaksić, dessen Vater, ein orthodoxer Priester, 1941 von den Ustascha-Faschisten umgebracht wurde, kann die Furcht sehr gut verstehen, die nach den ersten Maßnahmen des Tudjman-Regimes unter den kroatischen Serben herrschte: „Aber das heißt doch nicht, dass sie Verbrechen an ihren kroatischen Nachbarn begangen haben. Die Gewalttaten haben doch die paramilitärischen Gruppen ausgelöst, die aus Belgrad kamen, die Anhänger von Vuk Drašković und Vojislav Šešelj, und auch Mitglieder der Staatspolizei von Milošević. Das waren alles andere als spontane oder unabwendbare Zusammenstöße.“ Damals hatte sich der kroatische Rat der Serben in Zagreb unter dem Vorsitz von Milorad Pupovac für ein „Autonomiestatut der Serben in Kroatien“ ausgesprochen.

Historische Alternativen

DAMIT sind wir zweifellos bei einer entscheidenden Frage angelangt: Gab es eine historische Alternative zu der Entwicklung, die dann real ihren Gang nahm? In der ethnisch geprägten Sichtweise („die Serben“, „die Kroaten“ usw.) der Konflikte wird das Streben nach Selbstbestimmung einfach mit der denkbar radikalsten nationalistischen Haltung gleichgesetzt. Tatsächlich waren es aber in Kroatien und Bosnien paramilitärische Milizen, die die Angst unter der Bevölkerung geschürt und sie zu Gewalttaten aufgestachelt haben.

„Es ist jedenfalls nicht angemessen, von einem allgemeinen Klima der Gewalt auf dem Balkan zu sprechen“, betont Alexandre Djilas, der sich seit langem mit den Nationalitätenfragen in Mittel- und Osteuropa beschäftigt. „In den heutigen Kriegen zeigt sich ein geografisches Verteilungsmuster der extremen Gewalttaten, das der Topografie der Gewalt im Zweiten Weltkrieg entspricht. Wo ein Gebiet unter neue Herrschaft gerät, entsteht immer sofort eine ungeheure Angst, ausradiert zu werden.“ Natürlich dürfen die Verbrechen der Vergangenheit nicht als Rechtfertigung für neue Verbrechen dienen. Doch die Geschichte macht, zusammen mit dem Wiederaufleben revanchistischer Bewegungen, sehr wohl begreiflich, warum die nationalistischen Kampagnen in den alten Konfliktzonen und insbesondere in der kroatischen Krajina oder in Bosnien so erfolgreich sein konnten.

Die Kriege und die nationalen Konflikte haben aber auch den Blick auf eine ganz zentrale Konfliktursache verstellt: die Revision der alten Besitzverhältnisse. Eine Politik der Privatisierungen setzte in Jugoslawien mehr als anderswo die Entstehung einer neuen Staatlichkeit voraus. Anders formuliert: An die Stelle der alten sozialistischen Selbstverwaltung musste eine neue Staatsmacht für eigene „kommunitaristische“ Garantien sorgen, was natürlich die Befürchtungen der Minderheiten nährte, zu Bürgern zweiter Klasse zu werden. Da Milošević ein möglichst großes Territorium beherrschen wollte – zu dem nicht nur Serbien mit einem nichtserbischen Bevölkerungsanteil von 40 Prozent (einschließlich der zu 80 Prozent albanischen Bevölkerung im Kosovo), sondern auch Montenegro gehören sollte –, kamen ihm „rein serbische“ Konzepte nicht gelegen. Vetternwirtschaft und Korruption waren in seinem Regime genauso verbreitet wie in allen anderen Kreisen, die im Zuge der Privatisierungen das große Geld machen wollten.

„Das schlimmste Vergehen von Slobobodan Milošević und seiner Frau Mira, die an der Spitze der ‚Vereinigten Linken‘ stand, bestand darin, dass sie die Linke in Verruf gebracht haben“, meint Nina Udovicki, Witwe eines hohen kommunistischen Funktionärs und einstigen Spanienkämpfers. Diese Auffassung ist in Serbien weit verbreitet. Für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft ist es eine schwere Belastung, wenn Verbrechen ungesühnt bleiben. Aber womöglich wäre dem Prinzip der Gerechtigkeit mit einem jugoslawischen Tribunal doch besser gedient gewesen. Mit einer Instanz also, die, mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet, vor Ort und auf der gesetzlichen Basis der neuen Staaten entschieden hätte.

dt. Edgar Peinelt

Fußnoten: 1 Le Monde vom 20. März 2002. 2 Der erste jugoslawische Staat entstand in der Zwischenkriegszeit und wurde 1929 zur königlichen Diktatur Jugoslawien. Das zweite Jugoslawien entstand unter der Führung Titos am Ende des Zweiten Weltkrieges (neue Verfassung 1946), das dritte Jugoslawien wurde 1992 von Serbien und Montenegro proklamiert. 3 Die Anklage bezog sich anfangs nur auf die Ereignisse im Kosovo von 1999, wurde aber vor kurzem rückwirkend auf den Krieg 1992–1995 in Kroatien und Bosnien ausgeweitet. 4 Siehe dazu Michel Roux, „Le Kosovo, dix clés pour comprendre“, Paris (La Découverte) 1999. 5 Catherine Samary, „Autodetermination: le cas yougoslave“, Actes du colloque „La Justice et la Guerre“, Dialogue, Nr. 31/32, Bd. 8, Herbst/Winter 1999. 6 Siehe Dusan T. Batakovic, „Kosovo, la spirale de la haine, L‘Age de l‘homme 1993. 7 Siehe Jean-Arnault Dérens und Catherine Samary, „Les conflits yougoslaves de A à Z“, Editions de l‘Atelier 2000. 8 Die 1929 gegründete Ustascha-Bewegung, deren erster Führer, Ante Pavelic, dem italienischen Faschismus nahe stand, herrschte während des Zweiten Weltkriegs von 1941 bis 1945 über ein Großkroatien, das auch Bosnien einschloss. Die Ustascha betrieb in diesen Jahren eine Politik der Ausrottung gegenüber Serben, Juden und Roma. 9 Die Tschetniks, Anhänger des exilierten serbischen Königshauses, leisteten im Zweiten Weltkrieg mit Unterstützung der Alliierten Widerstand gegen die deutschen und italienischen Besatzungstruppen. Ihre Ideologie war strikt antikommunistisch und serbisch-nationalistisch. 10 Seselj ist allerdings auch Führer einer extrem rechtsgerichteten und der faschistischen Tradition verbundenen Bewegung.

Le Monde diplomatique vom 12.04.2002, von CATHERINE SAMARY