Nach dem Sieg droht das Chaos
IM Juni soll der aus dem Exil zurückgekehrte afghanische Exkönig Sahir Schah in Kabul die Große Ratsversammlung, die „Loja Dschirga“, eröffnen, um eine neue Übergangsregierung auf breiter Basis zu bilden. Aber das Land ist alles andere als befriedet, und mancher „weise Führer“ ist hauptberuflich nach wie vor als Warlord tätig. In der Provinz Paktia etwa liefern sich die Clans von Khan Sadran und Mohammed Mustafa einen unerbittlichen Machtkampf. Attentate sind an der Tagesordnung. Unterdessen setzen US-Truppen und ihre Verbündeten die Jagd auf Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer fort. Wenn es keinen großen gemeinsamen Aufbruch und keine substanzielle Auslandshilfe für eine politische und wirtschaftliche Konsolidierung gibt, wird Afghanistan wieder im Chaos versinken.
Von SELIG S. HARRISON *
Auf die Frage, was er von den sich in die Länge ziehenden Kämpfen in seinem Lande halte, gab der afghanische Exkönig Mohammed Sahir Schah folgende unverblümte Antwort: „Das ist ein dummer und sinnloser Krieg. Ich verfolge ihn mit äußerst schmerzlichen Empfindungen, und es wäre besser, wenn er sofort zu Ende wäre. Denn jetzt stünde eigentlich der Wiederaufbau an.“1 Sahir Schah wusste nicht, dass bei seinem Gespräch mit dem Leiter der italienischen Hilfsmission in Afghanistan auch ein Journalist zugegen war, sonst hätte er diese kritische Äußerung vielleicht nicht gemacht. Die wurde zwar von den meisten US-amerikanischen Medien ignoriert, aber sie sollte doch ernst genommen werden. Sahir Schah wird den Vorsitz in der Loja Dschirga übernehmen. Die Große Ratsversammlung wird im Juni dieses Jahres eine neue Regierung wählen, die an die Stelle von Hamid Karsais Interimsregierung treten soll. Und es gilt als nicht ausgeschlossen, dass man in späteren Wahlen den Exkönig, der am 18. April aus seinem römischen Exil nach Kabul zurückgekehrt ist, auch zum neuen Staatsoberhaupt bestimmen wird.
Der bittere Kommentar des Exkönigs rührt von der Empörung her, die in Afghanistan wegen der zivilen Opfer der Militäroperationen unter US-amerikanischer Führung immer weiter um sich greift. Es ist wahrlich an der Zeit, dass die USA eine neue Strategie für Afghanistan entwickeln; ansonsten könnte sich diese Empörung weiter verschärfen und zu einem allgemeinen Antiamerikanismus verhärten. Damit würde die proamerikanische Regierung von Hamid Karsai bald an Glaubwürdigkeit verlieren, und auch das allgemeine Wohlwollen, das die USA sich mit dem Sturz des repressiven Taliban-Regimes erworben haben, könnte alsbald verschlissen sein.
Heute weiß niemand genau, wie viele zivile Todesopfer dieser Krieg gefordert hat. Marc W. Herold, Ökonom an der University of New Hampshire, kommt nach einer gründlichen Untersuchung, die alle Berichte von Mitgliedern der Hilfsorganisationen und Journalisten auswertet, zu dem Ergebnis, dass es in den ersten acht Wochen der Kampfhandlungen unter der afghanischen Zivilbevölkerung 3 742 Tote gegeben hat.2
Die Grenzen afghanischer Geduld
ZU Beginn des Krieges hatte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld noch sein Bedauern über solche „Kollateralschäden“ geäußert, doch mittlerweile hält er sich mit Entschuldigungen nicht mehr auf. Die 16 unschuldigen Zivilisten, die am 24. Januar bei einem Luftangriff nördlich von Kandahar getötet wurden, kommentierte Rumsfeld nur noch mit der Bemerkung: „Ich denke nicht, dass das ein Irrtum war. Wir haben es in Afghanistan eben mit schwierigen Bedingungen zu tun. Die Lage ist einfach unübersichtlich. Es ist keine klare Situation. Es gibt nicht die Bösen auf der einen und die Guten auf der anderen Seite.“3
Die afghanische Bevölkerung, die acht Jahre gegen die sowjetische Armee gekämpft und anschließend dreizehn Jahre Bürgerkrieg erlebt hat, ist gegen das Unglück des Krieges mittlerweile abgehärtet. Als US-amerikanische Reporter zu Beginn der Kämpfe afghanische Zivilisten interviewten, hielten sich viele von ihnen mit kritischen Bemerkungen über die USA deutlich zurück und räumten ein, dass jeder einmal Fehler machen könne. Doch die Anzeichen mehren sich, dass die Geduld der Afghanen bald aufgebraucht sein wird und dass die Popularität Karsais durch die gleichgültige Reaktion auf das Leid der Afghanen, wie sie in den Rumsfeld-Sprüchen zum Ausdruck kommt, bereits Schaden nimmt.
Bei der „Operation Anaconda“ in der Nähe der Stadt Gardes, bei der acht US-Amerikaner ums Leben kamen, sahen sich die US-Truppen – nach ersten Berichten – in einer relativ eindeutigen Situation, in der sie tatsächlich einer größeren Ansammlung von „Bösen“ gegenüberstanden.
Nach Auffassung Karsais ist die Umgebung von Gardes jedoch „die letzte, isolierte Basis der Terroristen innerhalb Afghanistans“. Die US-Truppen werden bei ihren weiteren Operationen gegen versprengte Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer also kaum noch in ähnlich eindeutige Situationen geraten. Und selbst aus Gardes berichtete John. E. Burns, ein Reporter der New York Times, er habe von einem Dorfbewohner gehört, dass „die Bombenangriffe der Amerikaner sehr viele Zivilisten getötet haben“.4
Ein anderer Reporter, Charles Clover von der Financial Times, berichtete aus Gardes, dass es unter den Einheimischen praktisch keine Unterstützung für die US-amerikanischen Militäroperationen gebe: „Die Menschen in dieser Region haben den Krieg einfach satt.“ Und während die US-Kommandeure behaupten, die meisten der feindlichen Kräfte in den umliegenden Bergen gehörten zum Kern von al-Qaida, „beharren die Einheimischen darauf, dass sie Afghanen sind, geflohene ehemalige Taliban-Anhänger, die nur noch in Ruhe gelassen werden wollen“. Diese Ex-Taliban-Leute hätten also keineswegs die Absicht, sich neu zu formieren und weiterzukämpfen.5
In den Augen der Afghanen ist es ein großer Unterschied, ob die USA „ausländische“ Al-Qaida-Mitglieder, also Araber, Pakistanis und Tschetschenen, oder eben afghanische Taliban-Kämpfer und deren Familien töten. So machte etwa der Gouverneur der Provinz Paktia, Mohammed Wardak, gegenüber dem Washington-Post-Reporter Peter Baker klar, „dass es einen Unterschied gibt zwischen einfachen Taliban-Mitgliedern und Taliban-Hardlinern, die mit al-Qaida zu tun haben“.6
Eine Neubestimmung der US-amerikanischen Strategie in Afghanistan hätte mit einer reduzierten militärischen Rolle zu beginnen. Die US-Streitkräfte müssten also ihre Bombenangriffe auf ein Minimum begrenzen, zugleich aber den afghanischen und US-Bodentruppen weiterhin mit Hubschraubereinsätzen und logistischer Luftunterstützung den Rücken freihalten. In einer erweiterten politischen Perspektive sollten die USA dem Regime in Kabul helfen, die Kontrolle über das Land zu festigen. Zu diesem Zweck sollten sie, solange eine afghanische nationale Armee noch im Aufbau begriffen ist, US-amerikanisches Personal und Unterstützung für eine größere internationale Friedenstruppe bereitstellen sowie die ökonomische Wiederaufbauhilfe beträchtlich aufstocken. Sahir Schah hat die bislang getätigte Hilfe als unzureichend kritisiert, denn das Pentagon hilft der Regierung in Kabul zwar mit dem Aufbau einer eigenen Armee, enthält ihr aber die dafür nötigen militärischen Ausbilder und finanziellen Mittel vor.
Angesichts der zivilen Opfer bei Karam (am 11. Oktober 2001), in den Tora-Bora-Bergen (am 1. Dezember 2001) und in Paktia (am 20. Dezember 2001), die durch alle Medien gingen, hat Ministerpräsident Karsai durch sein bewusstes Schweigen dazu beigetragen, die Empörung der afghanischen Bevölkerung einzudämmen. Als aber am 29. Dezember 2001 in Niazi Qala amerikanische Bomben auf eine Hochzeitsgesellschaft niedergingen, machte Karsai seine Kritik auch öffentlich. Und nach seiner Forderung, die Bombenangriffe vom 24. Januar zu untersuchen, sah sich das Pentagon genötigt, die „versehentliche Tötung“ von 16 Zivilisten zuzugeben.
Beim Angriff auf das Dorf Niazi Qala, wie auch bei den Operationen in der Nähe von Kandahar, wurden die „Guten“ versehentlich für „Böse“ gehalten, weil afghanische Warlords den Agenten der US-Nachrichtendienste falsche Informationen geliefert hatten, um sich ihrer lokalen Konkurrenten zu entledigen.
Die Zahl von 3 742 zivilen Todesopfern, die Marc W. Herold bis zum 6. Dezember 2001 ermittelt hat, ist zwar nur eine provisorische Schätzung, sie basiert jedoch auf einer äußerst sorgfältigen, mit ausführlichen Belegen versehenen Zusammenstellung der Befunde vor Ort. Diese Berichte stammen entweder von offiziellen UN-Vertretern in Afghanistan oder von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen wie Médecins sans Frontières oder auch aus journalistischen Quellen, wie zum Beispiel von US-amerikanischen, britischen, französischen, kanadischen, australischen, indischen und pakistanischen Reportern.
In sämtlichen Untersuchungen (auch in denen, die auf eine deutlich niedrigere Anzahl von Todesopfern kommen)7 wird der hohe Prozentsatz ziviler Bombenopfer auf drei Faktoren zurückgeführt. Erstens hat die sowjetische Armee ihre Militärkasernen in Bevölkerungszentren hineingebaut, wo man sie am leichtesten schützen konnte. Diese Kasernen bauten die Taliban dann zu Festungen aus, die von der US-Luftwaffe angegriffen wurden. Zweitens versuchten die Taliban häufig, ihre Munitionslager in bewohnten Vierteln zu verstecken. Der dritte Grund ist zugleich der wichtigste: Die US-Luftwaffe operierte nicht mehr, wie noch im Kosovokrieg, mit Laserlenkwaffen, sondern mit dem weniger genauen Global-Positioning-Zielsystem, das sich auf Satellitensignale stützt.
Die verheerende Wirkung von Fehltreffern wurde noch dadurch verstärkt, dass die US-Luftwaffe bei ihren Flächenbombardements mit B-52- und B1-B-Flugzeugen CBU-87-Clusterbomben abwerfen ließ. Die CBU-87 ist eine fast 500 Kilo schwere „Mutterbombe“, die 202 Minibomben freigibt, von denen jede an einem kleinen Fallschirm hängt. Diese kleinen Bomben verteilen sich über eine Fläche, die zwei bis drei Fußballfeldern entspricht. Jeder B-1-Bomber kann dreißig solcher CBU-87-Clusterbomben tragen; bis Ende Januar hatte die US-Luftwaffe etwa 600 von ihnen über Afghanistan abgeworfen. Obwohl die Minibomben eigentlich bei der Landung explodieren sollen, kommt es in mindestens 5 Prozent der Fälle nicht dazu. Das bedeutet nach Einschätzung von Herold, dass noch etwa 6 000 nicht explodierte Bomben in der Gegend herumliegen könnten, wo sie genauso gefährlich sind wie Landminen.
Als sich US-Verteidigungsminister Rumsfeld Anfang Februar vom Kongress einen „Dringlichkeitsvorschuss“ bewilligen ließ, um den globalen Feldzug zur Terrorismusbekämpfung weiterführen zu können, betonte er, die Militäroperationen in Afghanistan würden noch bis mindestens Oktober 2003 weitergehen. Zugleich lehnte er jedoch die Unterstützung der USA für eine erweiterte UN-Friedenstruppe ab, obwohl Karsai wie auch Lakhdar Brahimi, der Afghanistan-Beauftragte des UN-Generalsekretärs, darum gebeten hatten. Rumsfeld argumentierte, eine US-Beteiligung würde finanziell wie personell auf Kosten der amerikanischen Kriegsanstrengungen gehen.
Die Frage einer erweiterten Friedenstruppe wurde über die Medien in einer ungewöhnlich offenen Kontroverse zwischen dem US-Außenministerium und dem Pentagon ausgetragen. Während die jetzige Afghanistan-Truppe 4 500 Mann umfasst und ihr Einsatzgebiet auf Kabul beschränkt ist, visiert die UN für eine erweiterte Truppe eine Stärke von 20 000 Mann an, die nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch in Herat, Kandahar, Dschalalabad und Masar-i Scharif stationiert werden sollen. Dabei sollen die USA ein symbolisches Truppenkontingent und Flugzeuge stellen, um Soldaten und Nachschubgüter von anderen Ländern nach Afghanistan zu fliegen. Außerdem sollen die Amerikaner nachrichtendienstliche Informationen liefern und Mitglieder der Friedenstruppe, die in Gefahr geraten, mit Flugzeugen in Sicherheit bringen.
Erweiterte UN-Friedenstruppe ohne die USA
DEM Argument, dass die Erweiterung der Friedenstruppe gewisse Ressourcen von direkten US-Militäroperationen abziehen würde, sind zwei Einwände entgegenzuhalten. Erstens sollten diese Operationen ohnehin reduziert werden, um das negative politische Echo auf die vielen zivilen Opfer einzudämmen; und zweitens wird die militärische Rolle der USA in dem Maße an Bedeutung verlieren, in dem die Taliban keine Bedrohung mehr darstellen. Die neue Bedrohung ist dagegen eine ganz andere – das Chaos. Der Position des Pentagons liegen zum einen ideologische Vorbehalte gegen multilaterale Militäraktionen zugrunde, bei denen die USA nicht die alleinige Kommandogewalt haben, zum anderen der Wunsch, amerikanische Opfer zu vermeiden. Mit dieser Haltung machen sich die USA weder bei ihren Koalitionspartnern noch bei den Afghanen beliebt. Wobei Letztere mit angesehen haben, wie afghanische Zivilisten durch aus sicherer Entfernung abgeworfene US-Bomben getötet wurden.
Seit‘ an Seit‘ mit dem Pentagon wehrt sich das Weiße Haus heftig gegen die Beteiligung von US-Truppen an einer größeren Friedenstruppe, erklärt jedoch zugleich, dass es eine Ausweitung der Aktionen unterstützen könnte, falls die bereits in Afghanistan engagierten Länder zusätzliche Soldaten abstellen würden. Diese Haltung missfällt sowohl den Briten, die ihr militärisches Engagement reduzieren wollen, als auch den Türken, die die militärische Führung übernehmen sollen. Es besteht nun die große Gefahr, dass die Afghanistan-Truppe sich allmählich auflöst, wenn die USA nicht bereit sind, ein eigenes kleines Kontingent abzustellen, eine neue UN-Resolution für ein erweitertes Mandat zu unterstützen und andere Länder zur Teilnahme zu drängen. Eine solche erweiterte Friedenstruppe müsste schnell beschlossen werden, auch um sichere Bedingungen für die Loja Dschirga zu schaffen, deren Sitzungen gewiss stürmisch verlaufen werden.
Im Verhalten der USA tritt eine weitere Schizophrenie zutage. Obwohl die Bush-Regierung Karsai erklärtermaßen Erfolg wünscht, blockiert das Pentagon nicht nur die erweiterte Friedenstruppe, sondern untergräbt auch noch das neue Regime, indem es den Warlords reichlich Waffen und Geld liefert – weshalb diese mittlerweile stark genug sind, um sich Karsais Autorität zu widersetzen. In Dschalalabad und Gardes, wo rivalisierende Warlords um die Macht rangeln, unterstützt das Pentagon nach wie vor die Karsai-Gegner. Etliche Beobachter machen geltend, dass getötete Zivilisten und die Unterstützung korrupter Warlords nun einmal die unvermeidliche Kehrseite des Siegs über die Taliban seien. Es ist jedenfalls höchste Zeit, dass die USA heute andere Prioritäten setzen. Sie müssen ihre militärischen Aktionen gegen die Taliban zurückfahren und gleichzeitig den Aufbau der militärischen und paramilitärischen Kapazitäten des Kabuler Regimes beschleunigen, damit dieses aus eigener Kraft mit den noch vorhandenen Kräften der Taliban fertig werden kann. Die Vereinigten Staaten sollten einerseits eine politische Strategie vermeiden, die lokale Warlords auf Kosten Karsais stärken würde, andererseits aber dürfen sie auch nicht in das andere Extrem verfallen und sich militärisch gegen Karsais Rivalen engagieren, selbst wenn er das von ihnen verlangen sollte.
Die Gefahr einer „schleichenden Intervention“ in Afghanistan ist exemplarisch am 17. Februar deutlich geworden, als die US-Luftwaffe in der Nähe von Khost mit zwei Bombenangriffen eine Anti-Karsai-Miliz zerschlagen wollte. Danach deutete ein Mitarbeiter des Weißen Hauses an, die USA könnten lokale Konflikte zu entschärfen versuchen, indem sie im ganzen Land militärische Beraterteams aufstellen, die auch ermächtigt wären, Bombenflugzeuge anzufordern, sollte dies zur Durchsetzung des Friedens nötig sein.
Eine stabile zentrale Regierungsautorität wäre wünschenswert, um ein für alle Mal zu verhindern, dass Afghanistan erneut als Basis für terroristische Aktivitäten genutzt wird, aber auch um den Drogenhandel einzudämmen und um den ökonomischen Wiederaufbau eines der ärmsten Länder der Welt zu fördern. Die USA sollten alles in ihrer Macht Stehende tun, um dieses Ziel zu verfolgen; das hieße auch die Wirtschaftshilfe aufstocken und eine größere internationale Friedenstruppe durch ein eigenes Kontingent so lange unterstützen, bis eine nationale afghanische Armee aufgebaut ist.
Allerdings gibt es für das, was die USA tun können und sollten, auch gewisse Grenzen. Die Geschichte lehrt uns, dass es selbst bei dauerhafter internationaler Unterstützung viele Jahre dauern wird, bis Afghanistan wieder auf die Beine kommt. Ein direktes militärisches Eingreifen der USA während dieses langfristigen Prozesses hätte einige fatale Folgen: Es würde erstens neue Ressentiments schaffen, über diejenigen hinaus, die seit den eingetretenen „Kollateralschäden“ bereits entstanden sind und weiter schwelen; es würde zweitens das Vertrauen, das sich die USA durch die Vertreibung der Taliban erworben haben, weiter erodieren lassen; und es würde drittens die islamistischen Extremisten in Pakistan und Afghanistan stärken, die den Aufstieg der Taliban überhaupt erst möglich gemacht haben.
aus dem Engl. von Niels Kadritzke
* Direktor des National Security Project Center for International Policy in Washington und Autor von „Out of Afghanistan“, Oxford University Press 1995.