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Bittere Weihnacht
Die folgende Darstellung konzentriert sich auf den Stand der Verhandlungen zwischen Griechenland und dem Quartett seiner Gläubiger. Dabei versuche ich aufzuzeigen, wie sich die Differenzen innerhalb dieses Quartetts auf die Erfolgschancen dieser Verhandlungen und damit auf die wirtschaftlichen Perspektiven Griechenlands auswirken. In einem zweiten Teil (Mitte Januar 2017) werde ich analysieren, was die geschilderten Konflikte und Komplikationen für die griechische Innenpolitik und für die Überlebenschancen der Regierung Tsipras bedeuten.
Ein Drama von internationaler Dimension
Die griechische Schuldenkrise sei eine der großen internationalen Dramen des frühen 21. Jahrhunderts, schreibt Tony Barber in der Financial Times vom 19. Dezember. Allerdings habe das Publikum in diesem Jahr 2016 das Interesse für das griechische Drama verloren, das von der Brexit-Entscheidung, der Regierungskrise in Italien oder dem Wahlsieg Trumps in den Hintergrund gedrängt wurde.
Nachlassende Aufmerksamkeit kann zweierlei bedeuten: Die Krise ist überwunden, zumindest entschärft – oder man hat sich an sie gewöhnt. Für den Fall Griechenland gilt die zweite Erklärung. Denn das Drama geht weiter. Und ein „glückliches oder unglückliches Ende“ ist nicht absehbar, meint der FT-Kommentator: Seine Protagonisten, die politische Klasse Griechenlands, die Partner in der Eurozone und der Internationale Währungsfonds (IWF) liefern „Jahr für Jahr neue Rollentexte und Regieanweisungen, aber das Stück zieht sich endlos hin, und der Vorhang fällt nie.“
Barber beschreibt Griechenland zu Beginn des achten Krisenjahres als ein von Schulden erdrücktes, verzweifelt auf Wirtschaftswachstum hoffendes Land. Und zugleich als „eine Art Protektorat“ des Westens, das “die äußerlichen Merkmale eines souveränen Staates aufweist, aber der engen und unerbittlichen Aufsicht von Fremden untersteht“.
Die Evaluierung des Sparprogramms verzögert sich erneut
Das Instrument dieser Aufsicht ist das dritte Sparprogramm, das die Griechen Memorandum (mnimónio) nennen, und dessen Laufzeit erst im Juli 2018 endet. Das erklärte Ziel der Regierung Tsipras ist, die Bedingungen dieses Programms zu erfüllen, um Griechenland wieder zu einem souveränen Staat zu machen. Die nächste Etappe auf dem langen Marsch in die Normalität ist die zweite Evaluierung. Die sollte spätestens im Dezember 2016 abgeschlossen sein, aber dieser Termin konnte – wie viele gute Vorsätze zuvor - nicht eingehalten werden.
Am Ende dieses Jahres steht nur eines fest: Die Evaluierung wird frühestens im März 2017 abgeschlossen sein. Die Gründe der Verzögerung werde ich weiter unten darstellen. Vorab müssen wir uns allerdings klarmachen, dass auf die Regierung Tsipras, ganz unabhängig von der endlosen Schuldenkrise, sehr schwere Zeiten zukommen. Der internationale Bühnenhorizont für das griechische Drama hat sich in den letzten Monat bedrohlich verdunkelt. Das Land hat eine dramatische Flüchtlingskrise zu bewältigen, deren Bedingungen maßgeblich vom Nachbarland Türkei diktiert werden, das sich auf dem direkten Weg in eine Diktatur befindet. Sollte das Erdogan-Regime irgendwann in eine wirtschaftliche Krise geraten, könnte es sich in außenpolitische Abenteuer flüchten – auch und gerade auf Kosten Griechenlands (dazu mehr in meinem nächsten Report im Januar 2017).
Was die Auseinandersetzung um einen Schuldenerlass für Griechenland betrifft, so verliert die Athener Regierung nächstes Jahre ihre wichtigsten Verbündeten: François Hollande und seine „sozialistische“ Regierung, aber auch US-Präsident Obama und dessen Finanzminister Lew, die nicht gerade laut, aber deutlich auf die Notwendigkeit einer Schuldenentlastung hingewiesen haben. Und die Wahlen in anderen EU-Ländern (Niederlande, Frankreich, Deutschland) versprechen keine Resultate, die den politischen Horizont der EU für Griechenland aufhellen könnten.
Das ist die Szenerie vor Beginn des Jahres 2017, für das die Athener Regierung erstmals einen deutlichen Konjunkturaufschwung erwartet, nachdem sich seit Mitte 2016 die ersten Knospen einer zaghaften Erholung entwickelt haben. Doch eine neue Wirtschaftsblüte wird es nur geben, wenn besagte Evaluierung rasch vorankommt - und nicht an einer der vielen Klippen scheitert.
Von einer Krise zur nächsten
Am 9. Dezember hat die Regierung Tsipras die erste dieser Klippen umschifft. Sie konnte mit ihrer knappen parlamentarischen Mehrheit den Staatshaushalt für 2017 verabschieden. (1) Doch kaum hatte sie diese Etappe auf dem Weg zur Evaluierung des 3. Memorandums bewältigt, steuerte sie auf die nächste Klippe zu, an der ihre Hoffnung auf Einigung mit den Gläubigern – und auf weitere 6,1 Milliarden Euro aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) – zu zerschellen drohte.
Was ist geschehen? Während der Haushaltsdebatte verkündete Alexis Tsipras, seine Regierung werde noch vor Jahresende 617 Millionen Euro an den ärmeren Teil der Rentner auszahlen. Der Weihnachtsbonus sollte allen zugutekommen, die weniger als 850 Euro monatlich beziehen, was für etwa 60 Prozent aller Rentner gilt. Die meisten der 1,6 Millionen Anspruchsberechtigten sollen etwa 300 Euro erhalten, die Bedürftigsten können mehr als 500 Euro erwarten.
Ein weiteres Weihnachtsgeschenk machte Tsipras den Bewohnern der Inseln vor der türkischen Küste, die von der Flüchtlingswelle besonders stark betroffen sind. Für diese Inseln verkündete er die Reduzierung der Mehrwertsteuer für die meisten Produkte, die seine Regierung zum 1. Juni dieses Jahres von 16 auf 24 Prozent heraufgesetzt hatte. (2)
Die 617 Millionen Euro stehen der Regierung zur Verfügung, weil der Primärüberschuss des Staatshaushalts im zweiten Halbjahr 2016 deutlich über den Vorausschätzungen liegen wird. Er wird bei Jahresende nicht 0,5 Prozent des BIP betragen, wie mit der Troika der Gläubiger vereinbart, sondern zwischen 0,75 Prozent und 1,1 Prozent. Der Primärüberschuss ist das Haushaltssaldo ohne Berücksichtigung des Schuldendienstes; er soll 2017 auf mindestens 1,75 Prozent und 2018 auf 3,5 Prozent gesteigert werden (mehr dazu weiter unten).
Schäuble zeigt, wo der Hammer hängt
Die erste Reaktion auf die Ankündigung von Tsipras kam aus Berlin. Finanzminister Schäuble sah in der Weihnachtsbescherung einen Verstoß gegen die Vereinbarung über das 3. Memorandum, die Tsipras im August 2015 unterschrieben hatte. Danach dürfe Athen solche Entscheidungen nicht ohne Rücksprache mit den Gläubigern treffen. Deshalb forderte Schäuble die „Institutionen“ (wie das Qartett der Gläubiger heute offiziell heißt) zu einer Bewertung der Frage auf, „ob die aktuell beschlossenen Maßnahmen der griechischen Regierung mit den Verpflichtungen aus dem Hilfsprogramm vereinbar sind."
In dasselbe Horn stieß sogleich der Vorsitzende der Eurogroup, Jeroen Dijsselbloem. Das war zu erwarten, da der niederländische Finanzminister als Schäubles Wachhund in Brüssel gilt. Erstaunlicher war, was unmittelbar darauf ESM-Chef Klaus Regling verkündete: Wegen der Athener Sonderausgaben habe der ESM die kurzfristigen Maßnahmen zur Schuldenentlastung Griechenlands eingefroren, die die Eurogroup am 5. Dezember verabschiedet hatte (der Inhalt dieses Beschlusses wird weiter unten erörtert). Damit setzte Regling einen offiziellen Beschluss der Euro-Finanzminister außer Kraft, die der ESM-Chef ebenso wenig konsultiert hatte wie die EU-Kommission.(3) Finanzkommisar Pierre Moscovici kritisierte diese Eigenmächigkeit Reglings ganz offen: „Die Entscheidung über die Schuldenentlastung basiert auf robusten Daten, daher gibt es keinen Grund, sie in Frage zu stellen“. (4)
Formell hat Regling seine Einfrier-Entscheidung ebenso „einseitig“ verkündet wie die Athener Regierung ihre Weihnachtsgaben. Man darf allerdings davon ausgehen, dass er in dieser Frage direkt aus dem Berliner Finanzministerium inspiriert wurde. Schäuble ist zwar nicht Reglings Vorgesetzter, aber Deutschland ist der größte Kapitalgeber der Finanzinstitution, die den Euro-Rettungsschirm finanziert. Der ESM-Chef weiß also, wo der Hammer hängt. Seine Reaktion auf die „einseitigen“ Beschlüsse Athens ist jedenfalls ein ironischer Kontrapunkt zu der Auskunft, die Tsipras drei Tage später von seiner Kollegin Angela Merkel bekam: Berlin sei nicht der Ort, „an dem die Entscheidungen gefällt werden“, erklärte die Kanzlerin, um zu begründen, dass sie mit Tsipras über dieses Themas nicht diskutieren wollte.
Ein Verstoß gegen die Kommunikationsregeln
Dennoch: Auf den ersten Blick hat die Athener Regierung gegen die Kommunikationsregeln verstoßen, die sie mit dem Abkommen vom 11. August 2015 unterschrieben hat. Darin verpflichtet sie sich, „alle zur Verwirklichung der Ziele des Memorandum of Understanding erheblichen Maßnahmen mit der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds zu beraten und zu vereinbaren, bevor sie ausgearbeitet und rechtsgültig verabschiedet werden.“ (5)
Diese Verpflichtung wäre nur dann hinfällig, wenn die Ausgabe von 637 Millionen Euro für die Erreichung der Memorandums-Ziele „unerheblich“ wäre. Davon geht die Regierung Tsipras allerdings aus. Sie macht geltend, da es sich um eine Einmalzahlung handle, werde der Spielraum für die Überschüsse, die bis 2018 erzielt werden müssen, nicht eingeschränkt.(6) In Athen stützt man sich zudem auf das „ergänzende“ Memorandum vom Juni 2016, das den Griechen explizit gestattet, einen „verfügbaren finanziellen Spielraum“ für den Ausbau sozialer Schutzmaßnahmen“ zu nutzen – vorausgesetzt, „das Erreichen der fiskalischen Ziele ist gesichert.“ Auch nach diesem Zusatzabkommen muss dies jedoch „im Einvernehmen mit den Institutionen“ erfolgen.
Es gibt allerdings einen interessanten Präzedenzfall, der zeigt, dass auch die Gläubiger diese Klausel nicht immer ernst genommen haben. Als die Tsipras-Regierung Anfang September dieses Jahres glaubte, 257 Millionen Euro aus der Versteigerung von TV-Lizenzen eingenommen zu haben, wollte sie mit diesen Geldern ebenfalls die Arbeitslosen und die Ärmsten unterstützen. Gegen diesen Plan gab es keinen Einspruch, obwohl Athen auch damals kein „Einvernehmen mit den Institutionen“ gesucht hatte. (7)
Auch der aktuelle Fall der Weihnachtsgaben hat eine Vorgeschichte: Die Regierung Tsipras hat ihr Vorhaben schon vor einiger Zeit gegenüber den Partnern erwähnt, aber danach nicht mehr kommuniziert, heißt es in einem internen Report der Eurogruppe (publiziert in der Kathimerini vom 20. Dezember). Die Euro-Finanzminister hätten Athen vor Sonderzuwendungen an die Rentner gewarnt und stattdessen empfohlen, die Schulden des Staates bei der Privatwirtschaft zu abzutragen. Auch hätten sie darauf hingewiesen, dass die Höhe des Haushaltsüberschusses 2016 erst im April 2017 feststehe, wenn die offiziellen Eurostat-Zahlen publiziert werden.
Bedenken auch in der Athener Regierung
Solche inhaltlichen Einwände kamen nicht nur aus Brüssel. Nach einem Bericht der linken Zeitung Efimerida ton Syntaktion (EfSyn) vom 14. Dezember wurden sie auch in der Regierung Tsipras diskutiert. Demnach wollte ein Teil des ökonomischen Stabs die offiziellen Eurostat –Zahlen abwarten und auch nur ein Drittel des erwarteten Überschusses ausgeben, also etwa 300 Millionen Euro. Die EfSyn berichtet auch von Vorschlägen aus dem Finanzministerium, die frei werdende Gelder lieber für öffentlichen Investitionen einzusetzen, die 2016 um 860 Millionen hinter den Planzielen zurück gebliebensind.(8)
Dass Tsipras auf den Zahlungen an die Rentner und die Steuernachlässe für die Inseln bestand, hat natürlich innenpolitische Gründe. Bei der Abstimmung im Parlament konnte er nicht nur auf die Koalitionsfraktionen setzen, sondern auch die Stimmen der Pasok-Abgeordneten gewinnen. Zudem konnte er die Widersprüche in der ND vorführen: Die stärkste Oppositionsfraktion enthielt sich der Stimme, nachdem einige Abgeordnete die Zustimmung zur Extrarente angedeutet hatten. Und die verminderte MWS für die Inseln wurde von der ND-Fraktion sogar mitgetragen, was die Position von Tsipras gegenüber seinen Kritikern in Berlin und Brüssel stärkt.
Entscheidung erst im Januar
Die in Athen gehegte Hoffnung, der Konflikt könne noch vor Weihnachten beigelegt werden, hat sich nicht erfüllt. Nach dem Stand der Dinge vom 22. Dezember (basierend auf einem Bericht der Kathimerini) wird der griechische Finanzminister Tsakalotos einen Brief verfassen, in dem er auf mehrere von den Institutionen geforderte Klarstellungen und Zusicherungen eingehen wird. So erklärt die griechische Seite verbindlich: 1. Die Gelder für die Rentner sind eine einmalige Sonderleistung, auch die MWS-Ermäßigung für die Inseln gilt nur für das Jahr 2017; 2. Im Fall einer „Entgleisung“ der Haushaltsziele werden die nötigen Einsparungen auf Kosten der zu Weihnachten 2016 Begünstigten, also der Rentner vorgenommen; 3. Sollten die geplanten Primärüberschüsse künftig erneut übertroffen werden, werden die verfügbaren Gelder für die Abzahlung von Schulden des Staates an die Privatwirtschaft und für die Finanzierung eines Mindestgrundeinkommens eingesetzt werden.
Wenn die Institutionen EU-Kommission, EZB, ESM und IWF diese Zusicherungen akzeptieren, wird der Verwaltungsrat des ESM in seiner Januar-Sitzung die (am 5. Dezember beschlossenen) kurzfristigen Maßnahmen für eine Schuldenentlastung wieder „entsperren“.(9)
In jedem Fall hat dieser Konflikt mit den Gläubigern bereits seine Spuren auf den internationalen Finanzmärkten hinterlassen. Auf dem Bondsmarkt notierten griechische 10-Jahres-Papiere am 21. Dezember zum Zinssatz von 7,3 Prozent, der hatte Anfang Dezember noch bei 6,5 Prozent gelegen. Und die Rating-Agentur Moody‘s sah durch die Komplikationen mit der Eurogroup den Zeitplan der Evaluierung gefährdet, und damit die Auszahlung von 6.1 Milliarden Euro. Das könnte die Rückzahlung von Staatobligationen erschweren, die im Juli 2017 fällig werden. (Kathimerini vom 19. Dezember und Guardian vom 21. Dezember).
Bald vorzeitige Neuwahlen?
Gefährdet sieht der Bericht von Moody’s auch die parlamentarische Mehrheit der Tsipras-Regierung. Damit kommt das Szenario vorzeitiger Neuwahlen ins Spiel, das noch vor wenigen Monaten als sehr unwahrscheinlich galt. Obwohl es immer wieder vom ND-Vorsitzenden Mitsotakis beschworen wird, war die öffentliche Meinung bis vor kurzem mehrheitlich gegen vorgezogene Neuwahlen.(10) Aber die Stimmung ist auf der Kippe, was zweifellos auch für die Wirtschaftskreise gilt, die sich mit einer gezähmten „Linksregierung“ schon aus Gründen der Stabilität arrangiert hatten.(11)
Tatsächlich ist das Schicksal der Tsipras-Regierung stärker gefährdet als je zuvor. Ihre einzige Chance, sich bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2019 zu halten, liegt in einer wirtschaftlichen Erholung. Voraussetzung dafür ist ein möglichst rascher Abschluss der zweiten Evaluierung des 3. Memorandums. Die Hoffnung, diese noch vor Jahresende beenden zu können, hat sich nicht erfüllt. Nach dem Streit um die Athener Weihnachtsgeschenke heißt es aus „Brüsseler Kreisen“, im besten Fall werde dies im März gelingen, also auf der Eurogroup-Sitzungen vom 20. März.
Neue Liquidität von der EZB erhofft
Damit würde sich auch der nächste Schritt verzögern, der aus Athener Sicht für den wirtschaftlichen Aufschwung entscheidend ist: Die Einbeziehung griechischer Staatsanleihen in das Quantitative Easing-Programm (QE) der Europäischen Zentralbank. Von diesem Schritt verspricht man sich zwei positive Wirkungen: zum einen könnten die griechischen Banken einen Gutteil der dringend benötigen Liquidität zurückgewinnen, der neue Kredite an die Realwirtschaft ermöglichen würde. Zum anderen wären Finanzmittel aus dem QE-Programm der EZB ein willkommener Zuschuss an Vertrauen in die griechische Volkswirtschaft, was ausländische Investoren beeindrucken könnte.
Eine Eurogroup-Entscheidung erst im März würde bedeuten, dass der EZB-Rat frühestens Mitte April die Einbeziehung griechischer Bonds in das QE-Programm beschließen könnte. Ob ein solcher Beschluss tatsächlich gefasst wird, ist allerdings ungewiss. Um griechische Staatspapiere als „sichere“ Werte einzustufen, hat der EZB-Rat die Frage nach der „Tragfähigkeit“ der griechischen Staatsschuld zu stellen. Das wiederum setzt voraus, dass sich die anderen Mitglieder des Gläubiger-Quartetts (EU-Kommission, ESM und IWF) zur Frage einer mittel-und langfristigen „Schuldenentlastung“ für Athen äußern müssen.(12)
Keine substantielle Schuldenentlastung vor den Bundestagswahlen
Eine ernsthafte Erörterung dieses Problems wird seit Monaten beharrlich und systematisch verschoben. „The can is being kicked down the road“, wie die Engländer sagen - und zwar von der Regierung in Berlin. Finanzminister Schäuble verzögert durch seine Verweigerungshaltung die griechische Beteiligung am QE-Programm der EZB. Schäuble versichert etwa alle zwei Tage, ein Beschluss über die mittel-und langfristige Schuldenentlastung für Griechenland komme vor Ablauf des 3. Memorandums im Juli 2018 nicht in Frage. Das heißt: Keine Gnade für den lästigen Schuldner vor den Bundestagswahlen im Herbst 2017.
Ohne die Liquidität aus dem QE-Programm kann die Athener Regierung auch die nächste Etappe vergessen, die in ihrer Erholungsstrategie vorgesehen ist: die Rückkehr Griechenlands auf die internationalen Finanzmärkte. Tsipras hat diesen Schritt, der den proklamierten Austritt aus der „Epoche der Memoranden“ bedeuten würde, seit Monaten für das Jahr 2017 angekündigt. Inzwischen ist er kleinlauter geworden. Vize-Ministerpräsident Dragasakis spricht nur noch von einem möglichen „Testlauf“ in der zweiten Jahreshälfte 2017 und datiert die eigentliche „Rückkehr“ auf die Anleihemärkte ins Jahr 2018. Auch Zentralbankpräsident Stournaras sieht den Zeitpunkt frühestens im Sommer 2018 gekommen – unter der Voraussetzung, dass bis dahin die „Schulden-Tragfähigkeit“ seines Landes garantiert ist.(13)
It`s the economy, stupid!
Damit es 2018 keine Bruchlandung gibt, müssen aber auch die realwirtschaftlichen Bedingungen stimmen. Der Wirtschaftsjournalist Ilias Bellou zitiert in der Kathimerini vom 4. Dezember die Einschätzung „konservativer“ Finanzkreise, wonach die „tatsächliche Rückkehr Athens auf die Märkte“ nicht nur die Reduktion der öffentlichen Verschuldung voraussetze, sondern auch ein „eindeutiges und anhaltendes Wachstum“. Das ist der Grund, warum die Regierung in Athen bei jeder Gelegenheit beteuert, dass die griechische Wirtschaft kurz vor dem Abheben in ein Konjunkturhoch sei.
Diese Annahme ist nach Ansicht vieler Ökonomen, trotz eines seit zwei Quartalen wachsenden BIP, wahrscheinlich zu optimistisch. Das gilt auch für die Prognose von 2,7 Prozent Wachstum für 2017, die dem jetzt verabschiedeten Haushaltsplan zugrunde liegt.(14) Bis zu einem „eindeutigen und anhaltenden“ Wirtschaftswachstum und zu einer Rückkehr auf die Kapitalmärkte ist noch ein mühsamer Weg von unbestimmbarer Länge zurückzulegen. Alexis Tsipras hat am 5. Dezember nach der Brüsseler Eurogroup-Sitzung erklärt: „Wir legen gerade die letzten schwierigen Meter eines sehr schwierigen Marathonlaufes zurück“, an dessen Ende Griechenland „aufrecht und stark aus der Krise herauskommen“ werde. Das mag – unter gewissen Voraussetzungen – zu schaffen sein, aber nüchtern betrachtet ist die Marathondistanz allenfalls zur Hälfte bewältigt. Und die restlichen Kilometer gehen eher bergauf.
Drei Schlüsselfragen
Wie mühsam die Wegstrecke noch ist, ergibt sich aus einer Analyse der drei wichtigsten Probleme, für die noch eine Lösung mit den Gläubigern gefunden werden muss, wenn Griechenland am Ende des 3. Memorandums, also Mitte 2018, „aufrecht“ aus der Krise herauskommen soll.
Diese drei Problemkreise sind: 1. der Abschluss der zweiten Evaluierung (der am Ende des Programms im Sommer 2018 eine dritte folgen wird); 2. die Frage einer substantiellen Schuldenentlastung; 3. der „Primärüberschuss“, der für den griechischen Staatshaushalt in den Jahren nach 2018 gefordert wird.
Alle drei Problemkreise sind eng miteinander verknüpft. Als wäre das Ganze nicht kompliziert genug, kommt in allen drei Fragen ein weiterer Faktor ins Spiel, der eine Lösung erschwert oder gar prinzipiell gefährdet: der „Kampf der Titanen zwischen den europäischen Institutionen, dem deutschen Finanzminister Schäuble und dem Internationalen Währungsfond (IWF)“ (Kostas Kallitsis in Kathimerini vom 18. Dezember). Wenn die Titanen keinen Frieden oder Waffenstillstand vereinbaren, könnte der IWF aus dem griechischen Programm aussteigen – mit noch nicht absehbaren Folgen.
1. Abschluss der zweiten Evaluierung
Dies ist das kleinste der noch offenen Probleme. Der technische Abschluss der Evaluierung, das sogenannte staff-level agreement (SLA), ist fast unterschriftsreif. Was die Haushaltszahlen betrifft, so liegt die griechische Regierung auf dem vereinbarten Kurs. Der für 2016 vereinbarte Primärüberschuss (von 0,5 Prozent) wird übertroffen, die für 2017 angestrebte Marke von 1,75 Prozent ist in den verabschiedeten Haushaltsplan eingespeist. Ein gewisser Unsicherheitsfaktor ist die optimistische Erwartung von 2,7 Prozent Wirtschaftswachstum für 2017. Auch deshalb fordert die Eurogruppe, das SLA müsse weitere Maßnahmen beinhalten, „um das vereinbarte Haushaltsziel für 2018“, also einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent abzusichern.
Streit um die „Reformierung“ des Arbeitsmarkts
Allerdings gibt es eine gravierende Frage, die noch nicht gelöst ist: Die Gläubiger mahnen „weitere substantielle Reformen des Arbeitsmarkts“ an, zuletzt tat dies Eurogruppen-Chef Dijsselbloem nach der Sitzung vom 5. Dezember.
Wie ist der Stand der Dinge? Im August 2015 hatten sich die damalige Troika und die griechische Regierung auf die Einsetzung einer Experten-Kommission geeinigt, die ein Gutachten erstellen soll, das die Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der „best practice“-Standards innerhalb der Europäischen Union berücksichtigt.
Die Einsetzung dieses Gremiums und die Einbeziehung der ILO war das einzige Zugeständnis, das Athen damals der Troika abringen konnte. Die Mitglieder der Kommission wurden je zur Hälfte von den Institutionen und von der griechischen Regierung nominiert. Angesichts dessen fielen die Empfehlungen der Expertengruppe, die am 27. September veröffentlicht wurden, überraschend eindeutig aus. Alle acht Mitglieder bestehen auf dem Grundsatz, dass die „grundlegenden Prinzipien des Europäischen Sozialmodells und der ILO-Normen“ auch im Griechenland der Krise gelten müssen. Und zwar nicht nur um der soziale Stabilität des Landes willen, sondern auch im Sinne „des künftigen Zusammenhalts der EU“, insbesondere nach dem Brexit.
Die meisten Empfehlungen der Expertengruppe erfolgten einstimmig. In einzelnen Fragen gibt es eine Minderheitenmeinung (von zwei oder drei der Mitgliedern); doch die weichen nur in Nuancen von den Empfehlungen der Mehrheit ab, zu der auch die beiden deutsche Experten gehören (der Arbeitssoziologe Gerhard Bosch von der Uni Duisburg-Essen und der Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler von der Uni Bremen). Eine kurze Zusammenfassung der Empfehlungen der Gruppe, verfasst von Gerhard Bosch, ist in einem Informationsblatt der Initiative „Europa neu beginnen“ nachzulesen.
Ein hilfreiches Gutachten
Nach diesem Text lauten die wichtigsten Empfehlungen der Kommission: „die Tarifautonomie der Sozialpartner wieder herzustellen, was auch dem einstimmigen Wunsch der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände in Griechenland entspricht, .... Branchentarife sollen künftig wieder – wie in vielen andern EU-Ländern – für allgemeinverbindlich erklärt werden können“... Weiterhin soll der Mindestlohn, wie in Deutschland oder Belgien, allein durch die Sozialpartner festgelegt werden“. Für die geforderte Aufhebung des Verbots von Aussperrungen (durch die Arbeitgeber bei Streiks) sieht die Kommission „keinen dringenden Grund“, das Aussperrungsverbot sei vielmehr Teil der „etablierten Machtbalance zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften“.
In all diesen Punkten stützt die Kommission die Positionen der griechischen Regierung gegen den Versuch der Gläubiger, die Rechte der Gewerkschaften und der Arbeitnehmer einzuschränken. Das gilt auch für die beiden Forderungen, die das Quartett der Gläubiger – und am entschiedensten der IWF – von Anfang an als „essentials“ definiert hat: restriktivere Bedingungen für die Ausrufung von Streiks und die Erleichterung von Massenentlassungen.
Bei der ersten Frage sehen die Experten keine Notwendigkeit für engere Streikregeln: „Es obliegt dem griechischen Gesetzgeber, die Bedingungen eines legalen Streiks unter Berücksichtigung des verfassungsmäßigen Rahmens festzulegen.“ Die Kommission widerspricht damit eindeutig dem Ansinnen der Gläubiger, das Organisieren von Streiks zu erschweren.
Kurzarbeit statt Massenentlassungen
Bedenken erheben die Experten auch gegen die Forderung, „kollektive Entlassungen“ zu erleichtern. Hier verlangen die Institutionen insbesondere zwei Änderungen: erstens soll die Zahl der Beschäftigten, die pro Monat entlassen werden dürfen, deutlich erhöht werden; zweitens will man die Bestimmung kippen, dass kollektive Entlassungen - falls sich die Tarifpartner nicht einig sind – von staatlichen Stellen (letztlich dem Arbeitsministerium) genehmigt werden müssen. Wobei der Staat bei seiner Entscheidung die Interessen der Volkswirtschaft, die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt und die Situation des Unternehmens zu berücksichtigen hat.
Für die Zahl der Entlassenen gilt bislang, dass bei Betrieben mit mehr als 150 Beschäftigten monatlich höchstens 5 Prozent der Belegschaft gekündigt werden dürfen. Diese Schwelle wollen die Gläubiger auf 10 Prozent erhöhen.(15) Die Experten nehmen zu diesem Detail keine Stellung, verweisen aber darauf, dass Massenentlassungen in Griechenland ohnehin die Ausnahme seien, da 99 Prozent der Unternehmen weniger als 20 Beschäftigte haben. Deshalb sei die Abschaffung „keine aktuelle Priorität“ der Arbeitgeberseite.
Zu diesem Argument ist allerdings anzumerken, dass die Frage der Obergrenze bei „Massenentlassungen“ durchaus von aktueller Relevanz ist. Zum Beispiel stehen im griechischen Bankensektor, aber auch bei der Privatisierung weiterer öffentlicher Unternehmen, größere Rationalisierungswellen bevor. Dabei wollen die Manager einen möglichst großen Spielraum haben – auch gegenüber einer zu arbeiterfreundlichen Regierung.
Für den Fall kollektiver Entlassungen fordern die Gutachter im Interesse der Arbeitnehmer, die Unternehmen seien verbindlicher auf die Erstellung von Sozialplänen zu verpflichten. Zudem empfehlen sie als Alternative zu Entlassungen das Instrument der Kurzarbeit, das in Griechenland fast unbekannt ist.
Die Rolle des Arbeitsministeriums
Was den eigentlichen Knackpunkt, die Genehmigung kollektiver Entlassungen durch das Arbeitsministerium betrifft, so sehen die Experten keinen Grund, diese Vorschrift abzuschaffen. Sie argumentieren erstens, dass es diese Regelung auch in anderen EU-Ländern gibt (best practice-Prinzip). Und sie machen zweitens geltend, dass Griechenlands Oberstes Gericht exakt diese Frage (nach der Rolle der Regierung) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt hat (Case C-201/15), der befinden muss, ob die griechische Gesetzeslage mit den einschlägigen Direktiven der EU kompatibel ist oder nicht. Deshalb empfiehlt die Kommission, die Klärung der „ambivalenten Rechtslage“ abzuwarten und die Bedingungen für kollektiver Entlassungen erst nach Vorliegen der EuGH-Entscheidung zu regeln.
Was besagt die Entscheidung des EuGH?
Das Votum des EuGH wurde am 21. Dezember veröffentlicht (die deutsche Fassung unter: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=186481&pageIndex=0&doclang=DE). So weit ich den höchst komplexen Urteilstenor (und die juristische Terminologie) verstehe, ist das Ergebnis ambivalent. Einerseits wird Griechenland bescheinigt, dass es sehr wohl ein Gesetz haben kann, das kollektive Entlassungen von der Zustimmung einer staatlichen Behörde abhängig macht. Diese Befugnis des Staates dürfe allerdings nicht dazu führen, „dass jede tatsächliche Möglichkeit des Arbeitgebers, solche Massenentlassungen vorzunehmen, in der Praxis ausgeschlossen wäre“.
Aufgrund dieser Erwägung bemängelt das höchste EU-Gericht an dem griechischen Gesetz, dass die Kriterien, mit denen der Arbeitsminister die Verweigerung kollektiver Entlassungen begründen kann, zu unbestimmt seien. Zugleich erkennt der EuGH zwei dieser Kriterien, nämlich „wirtschaftliche Verhältnisse des Unternehmens“ und „Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt“ als legitim an, weil „diese von vornherein zweifellos mit den berechtigten Zielen des Allgemeininteresses verknüpft (sind), die der Schutz der Arbeitnehmer und der Beschäftigung darstellen.“(Dazu eine Anmerkung: eine kompetente Interpretation und Würdigung dieses Urteils ist von den deutschen Mitgliedern der Expertengruppe zu erwarten; sobald sie veröffentlich ist, werden wir sie an dieser Stelle zugänglich machen.)
Die abgewogenen und wohl begründeten Empfehlungen, die das Experten-Gremium zu den beiden wichtigsten strittigen Fragen formuliert hat, wurden von den EU-Finanzministern am 5. Dezember schlicht ignoriert. Und auch die EU-Kommission scheint nicht bereit, wichtige und rechtlich bindende Prinzipien der EU gegen den neoliberalen Dogmatismus des IWF zu verteidigen. Diese passive Haltung hat die griechische Arbeitsministerin Evi Achtsioglou mit den Worten kritisiert, in Brüssel scheine man nicht einmal mehr zu wichtigen Inhalten des eigenen „acquis communitaire“ zu stehen. (16) Derselbe Vorwurf wird in dem Offenen Brief erhoben, den eine Gruppe um den Bremer Ökonomen Rudolf Hickel am 14. Dezember an die Bundesregierung gerichtet hat. Hier wird präzisiert, dass die Pläne der Gläubiger gegen Art. 6 der Europäischen Sozialcharta und Art. 28 der Europäischen Grundrechtscharta verstoßen.
Dass die Vorstellungen, die den Griechen in der letzten Phase der Evaluierung aufgedrängt werden sollen, mit EU-Recht unvereinbar sind, betont auch der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. Und Luca Visentini, der Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbunds (ETUC), bezeichnet die Forderungen nach „weiteren sogenannten Reformen“ gegenüber Athen als „rein ideologisch motiviert“ und dazu als „ökonomisch unsinnig“.
In Fragen der „Arbeitsreformen“ hat es den Anschein, als sei der Einfluss des IWF so übermächtig, dass die EU-Partner bereit sind, ihre eigenen Prinzipien zu verletzen, um dem Währungsfonds keinen Anlass zum Ausscheiden aus dem Aufsichts-Quartett zu bieten. Das ist umso bemerkenswerter, als die Position des IWF in den beiden anderen wichtigen Frage, von den europäischen Mitspielern nicht beherzigt werden: in Sachen Schuldenentlastung respektive Primärüberschüsse nach 2018.
2. Problem Schuldenentlastung
Das Thema hat eine lange Vorgeschichte. Der IWF war schon zu Beginn der Krise 2010 zu dem Schluss gekommen, dass Griechenlands einen radikalen Schuldenschnitt brauche. Doch mit dieser Forderung konnten sich die Entschuldungs-Experten aus Washington in Brüssel und Berlin nicht durchsetzen. Der Schuldenschnitt von 2012, der nur die privaten Besitzer griechischer Staatspapiere traf (daher das Kürzel PSI für private sector involvement) kam aus Sicht des IWF viel zu spät. Diese Verspätung entsprach aber den Interessen der Großbanken (v.a. der deutschen und französischen), die mittlerweile große Kontingent ihrer griechischen Bonds abgestoßen hatten.(17)
Seitdem war immer wieder ein weiterer haircut für die Papiere im Besitz der Zentralbanken im Gespräch (OSI oder „official sector involvement). Ein Wertverlust dieser Bonds würde erstmals auch die europäischen Steuerzahler direkt betreffen. Die Troika hat den Griechen einen weiteren Schuldenerlass mehrfach in Aussicht gestellt. Im Vorfeld des 3. Memorandums vom August 2015 gab es über diesen Punkt sogar eine verbindliche Vereinbarung. (18) Aber auch in diesem Fall wurde die Zusage alsbald wieder vergessen.
Der Gedächtnisverlust hatte stets denselben Namen: Wolfgang Schäuble. Der deutsche Finanzminister hat fast im Alleingang durchgesetzt, dass bei allen weiteren Verhandlungen mit Athen eine substantielle Schuldenentlastung nie auf den Tisch kam. Nicht vor den deutschen Wahlen, lautet das Dogma Schäuble, dem sich die EU-Partner – zum Teil zähneknirschend – unterworfen haben.(19)
Schäubles Schizophrenie in Sachen IWF
Weit lästiger war und ist für Schäuble die Position des IWF. Die Technokraten in Washington beharren – wie ihre Chefin Christine Lagarde – auf der Einschätzung, dass die griechische Wirtschaft ohne einen substantiellen Schuldenerlass nicht auf die Beine kommen könne. Damit steht der IWF keineswegs allein: Das Urteil wird von einem breiten Spektrum ökonomischer Experten geteilt, das von prominenten Linkskeynesianern bis zu den Kommentatoren der Financial Times reicht. Gegenüber dieser „herrschende Meinung“ kann der deutsche Finanzminister keine überzeugenden Argumente aufbieten, sondern lediglich eine schizophrene und nachgerade paradoxe Position beziehen.
Schäuble besteht unnachgiebig auf der Beteiligung des IWS am Quartett der Gläubiger, ohne die angeblich eine neue Abstimmung im deutschen Bundestag nötig wäre. Er will also den IWF unbedingt im Quartett haben, aber nichts dafür tun, um dem Fonds die weitere Teilnahme zu ermöglichen (über die in Washington im April 2017 entschieden werden soll). Doch um solche offensichtlichen Paradoxien scheint er sich nicht zu scheren.
Wie lässt sich diese Haltung erklären? Die günstige Interpretation (aus Athener Sicht) wäre, dass der deutsche Finanzminister fest damit rechnet, der IWF werde am Ende nachgeben. Die düstere Interpretation lautet, dass ihm ein Bruch mit dem IWF egal oder gar willkommen ist, weil er zu dem ohnehin angestrebten Grexit führen würde: dem vorübergehenden oder endgültigen Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone.
Athens Spielraum in Sachen Schuldenerlass
Die Regierung Tsipras musste sich im August 2015 mit der Richtlinienkompetenz Schäubles in Sachen Griechenland abfinden. Seitdem ist auch das Wort „Schuldenschnitt“ (oder haircut) auf dem offiziellen Athener Vokabular gestrichen. Finanzminister Tsakalotos und seine Kollegen sprechen nur noch von einem (teilweisen) Schuldenerlass, wie kürzlich im taz- Interview (vom 15. November) mit Ulrike Herrmann: „Um die griechische Krise zu überwinden, sollte es keinen harten Schuldenschnitt geben, der dann alle zwingt, die Kredite offiziell abzuschreiben. Stattdessen sollte der Schuldenerlass dadurch zustande kommen, dass die Zinsen sinken, die Laufzeiten länger werden und die Tilgung später beginnt.“
Für einige Zeit hegte man in Athen die Hoffnung, die Gläubiger würden im Zuge der Evaluierung ein Gesamtpaket von Maßnahmen bewilligen, die sich zu einer substantiellen Schuldenentlastung summieren. Auch das hat Schäuble verhindert, als er im Mai 2016 darauf bestand, dieses Paket aufzuschnüren. Seitdem unterscheiden die Gläubiger zwischen kurzfristigen und mittel- bzw. langfristigen Umschuldungsmaßnahmen.
Die „kurzfristigen“ Maßnahmen des ESM
In den Verhandlungen über die 2. Evaluierung kamen nur die kurzfristigen Maßnahmen auf den Tisch, die vom ESM ausgearbeitet wurden. Dieses Konzept hat ESM-Präsident Klaus Regling der Eurogroup am 5. Dezember vorgelegt, die es verbindlich verabschiedet hat. Die vorgesehenen Maßnahmen sollen auf jeden Fall vor Ablaufen des 3. Memorandums umgesetzt werden.Die Details dieses Konzepts sind im Wall Street Journal vom 30. November nachzulesen. Die wichtigsten sind: eine Verlängerung der Vakanzzeit bis Beginn d. Rückzahlungen; die Ablösung einiger Anleihen durch niedriger verzinste ESM-Kredite und die Deckelung des Zinsniveaus für laufende und künftige Kredite.
Der Wert dieser „kurzfristigen“ Schuldenentlastung wurde vom EMS-Chef auf „potentiell“ 20 Prozentpunkte (bezogen auf das griechische BIP) beziffert, aber der genaue quantitative Effekt wird sich erst am Ende herausstellen. Gegenüber der Financial Times (vom 5. Dezember) sprach Regling von einem „erheblichen Beitrag zur Erleichterung der griechischen Schuldenlast“. Die meisten Kommentatoren hoben die Bedeutung der Zinsdeckelung (bei 1,5 Prozent) hervor, die Griechenland vor möglichen künftigen Zinssteigerungen abschirmen werde.
Nach Einschätzung der Financial Times bringen diese kurzfristigen Maßnahmen allerdings „weitaus weniger als die Verbesserung der mittel- und langfristigen Bedingungen, wie sie von der Eurogroup im Mai 2015 skizziert wurden“. Doch diese nachhaltigen Maßnahmen zur Schuldenentlastung wollen die Euro-Regierungen frühestens 2018 konkretisieren. Noch bedeutsamer ist, was Eurogroup-Chef Dijsselbloem nach der Sitzung vom 5. Dezember hervorgehoben hat: Diese mittelfristigen Maßnahmen am Ende des Programms kämen nur , „falls und wenn das notwendig wird“. (http://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2016/12/05-eurogroup-statement-greece/)
Mit der Einschränkung „falls notwendig“ wiederholte der Niederländer wortgetreu den Vorbehalt, den sein deutscher Vorgesetzter auf Schritt und Tritt formuliert. Allerdings spricht Dijsselbloem nicht für alle Euro-Länder, und schon gar nicht für die EU-Kommission. Nach einem Bericht der FAZ vom 6. November wird Schäuble in Brüssel zunehmend dafür kritisiert, dass er auf der Beteiligung des IWF bestehe, zugleich aber dessen Forderung nach Schuldenerleichterungen erst nach der Bundestagswahl 2017 erörtern wolle. „Das eine geht nicht ohne das andere“, zitiert die FAZ einen EU-Diplomaten.
3. Der griechische Primärüberschuss
Die Differenzen mit dem IWF betreffen aber nicht nur die Frage nach der Tragfähigkeit der griechischen Schulden. Ebenso gravierend – und sogar aktueller – ist die Kontroverse um den „Primärüberschuss“, den die Athener Regierungen nach 2018 erwirtschaften sollen. Beide Problemkreise hängen allerdings eng miteinander zusammen, wie zwei ranghohe IWF-Vertreter dargelegt haben. In einem viel beachteten Text auf dem IWF-blog vom 4. Dezember schreiben der IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld und der Direktor der Europa-Abteilung Poul Thomsen: „Je höher der Primärüberschuss, den Griechenland erzielt, desto niedriger der Umfang der Schuldenentlastung, um die Schuldentragfähigkeit zu sichern“. Das Verhältnis dieser beiden Größen entscheide also darüber, „wie man die Lasten zwischen Griechenland und seinen Partnern verteilen soll“. (https://mignatiou.com/2016/12/the-imf-is-not-asking-greece-for-more-austerity-obstfeld-and-thomsen-said-in-their-imf-blog/
Aus Athener Sicht heißt dies: Je größer der Primärüberschuss des Staatsbudgets, desto kleiner der Spielraum der Regierung für eine eigene Konjunktur- und Wirtschaftspolitik; etwa für die Unterstützung der sozial Schwächsten, für die Reduzierung von Steuern (die heute fast alle Ökonomen für nötig halten) oder für staatliche Investitionen.
Die Frage Primärüberschüsse besteht aus zwei Aspekten: 1. die Höhe dieses Überschusses (des Saldos von Staatseinnahmen und –ausgaben ohne Berücksichtigung des Schuldendienstes); 2. die Frage, wie lange dieser Primärüberschuss nach Auslaufen des 3. Bailout-Programms im Sommer 2018 erzielt werden soll. Zu diesen beiden Fragen heißt es im Memorandum vom August 2015 ziemlich vage: „Griechenland strebt einen mittelfristigen Primärüberschuss von 3,5 Prozent des BIP an.“ Der unbestimmte Begriff „mittelfristig“ (medium term) taucht auch in allen weiteren Vereinbarungen und Fortschrittsberichte über die griechischen Primärüberschüsse auf. Die deutsche Seite, sprich Schäuble, hat jedoch wiederholt kundgetan, dass sie von mindestens zehn Jahren ausgeht.
Athen will den Primärüberschuss nach 2018 reduzieren
Die Regierung Tsipras hat die 3,5 Prozent für 2018 nie in Frage gestellt, wohl aber für die Zeit danach. Sie fordert für die Jahre nach 2018 eine Reduktion auf 2,5 Prozent . Damit ist sie „bescheidener“ als viele ökonomische Experten, die darauf hinweisen, dass die Zielgröße von 3,5 Prozent ein Wirtschaftswachstum voraussetzt, das für Griechenland völlig utopisch ist. Zumal dieses Wachstum gerade durch einen überhöhten Primärüberschuss untergraben würde.
Obstfeld und Thomsen argumentieren, 3,5 Prozent Überschuss würde ein zu „hohes Maß an Austerität“ mit sich bringen, das die wirtschaftliche Erholung wieder im Keim ersticken könnte. Deshalb hält der IWF einen Überschuss von 1,5 Prozent für angemessen, bis ein stetiges Wachstum erreicht ist. Ähnlich argumentiert die Financial Times (vom 23. November); die schon zitierte Bremer Gruppe plädiert sogar für eine Absenkung des Überschusses auf 1 Prozent.
Dissens über die Zeit nach 2018
Entschiedener ist die Athener Regierung in ihrer Ablehnung einer längeren Dauer der Überschüsse. Finanzminister Tsakalotos hält eine Prognose über 2020 hinaus für unmöglich, will also die 3,5 Prozent nur bis 2020 garantieren. Bei den Euro-Finanzministern besteht in dieser Frage keine Einigkeit. Nach der Sitzung vom 5. Dezember sagte deren Vorsitzender Dijsselbloem, dazu gebe es 19 Meinungen, die zwischen drei und zehn Jahren liegen (wobei die deutsche Seite zehn Jahre als Minimum ansieht).
Wegen dieses Dissenses wurde die Entscheidung über die Primärüberschüsse nach 2018 auf die nächste Sitzung vertagt. Damit ist diese Frage zu einem weiteren großen Hindernis für die zweite Evaluierung geworden. Für Griechenland stellt dies ein besonders Problem dar, weil der IWF auch hier wieder seine bekannte Spezialwaffe in Stellung gebracht hat: das zynische Ultimatum an das Schuldnerland. Wenn die anderen Institutionen auf 3,5 Prozent Überschuss für einen längeren Zeitraum bestehen, müssen die Griechen den Gürtel noch enger schnallen, fordert der IWF. Das würde konkret weitere Rentenkürzungen und die Absenkung der Schwelle für das steuerfreie Einkommen (auf etwa 6000 Euro Jahreseinkommen) bedeuten. Der IWF fordert sogar, Athen habe diese weiteren Sparmaßnahmen vorab per Gesetz zu beschließen, um die Verpflichtung auf den Primärüberschuss von 3,5 Prozent „glaubwürdiger“ zu machen.
Der IWF als verkappter Verbündeter Athens?
Der IWF ist mit seiner erpresserischen Haltung für die Tsipras-Regierung zum Intimfeind im Quartett der Gläubiger geworden. Das ist einerseits verständlich. Andererseits fragen sich manche Beobachter, warum Athen nie versucht hat, ein Bündnis mit dem IWF in den Fragen anzustreben, in denen dieser den griechischen Positionen viel näher steht als der andere Intimfeind Schäuble. Die Antwort, die man darauf in Athen bekommt, lautet ungefähr: Der IWF spielt immer wieder über Bande, auf einen solchen Partner kann man sich nicht verlassen. Zudem habe man in Washington regelmäßig mit falschen Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung Griechenlands operiert. Und schließlich empfehle der IWF immer nur einen haircut für die Kredite der anderen Institutionen, ein Schuldenschnitt zu eigenen Lasten stehe dagegen nie zur Debatte.
Die Argumente sind richtig, aber nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte ist die Macht der europäischen Partner gegenüber dem ohnmächtigen Griechenland. Wie diese Machtverhältnisse aussehen, hat vor drei Jahren der damalige griechische Finanzminister Stournaras ausgeplaudert. In einem Interview mit der Financial Times (vom 9. Januar 2014) erzählte er, IWF-Chefin Lagarde und ihr Griechenland-Beauftragter Thomsen hätten ihn einmal aufgefordert, die Forderung des Fonds nach einem Schuldenschnitt für Griechenland zu unterstützen. Die Antwort von Stournaras: „OK, wenn ich mich auf eure Seite stelle, würde das Griechenland zwar tatsächlich helfen, aber so was ist völlig ausgeschlossen.“ Ausgeschlossen warum? „Schäuble hat mir gesagt: Yiannis, vergiss es. Also geht es nicht. Was kann ich da tun?“ (https://www.ft.com/content/62d24966-7944-11e3-91ac-00144feabdc0)
Der Wolf, das Schaf und das Heu
Nikos Konstandaras, der weiseste Kolumnist der Kathimerini, vergleicht die Blockade der vertrackten Beziehung zwischen Griechenland, dem IWF und den EU-Institutionen mit dem Problem, das sich dem Schiffer in der bekannten Geschichte mit dem Wolf, dem Schaf und einem Heuballen stellt: Wie kann er alle drei mit seinem Boot über den Fluss bringen, ohne dass der Wolf das Schaf oder das Schaf den Heuballen auffrisst.
Die drei Protagonisten des aktuellen Dramas, schreibt Konstandaras, vertreten drei unterschiedliche Positionen in drei sehr wichtigen Fragen: der Schuldenentlastung für Griechenland, den weiteren Reformen und Sparmaßnahmen, und dem Problem des „moral hazard“, das sich stellen könnte, falls die Griechen von einem Teil ihrer Schulden entlastet werden.
„Der IWF tritt für Schuldensenkung ein. Aber weil er selbst keinen Verlust von Geldern, die ihm die Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen, hinnehmen kann, fordert er die EU-Institutionen (und die europäischen Steuerzahler) auf, einen Teil der an Griechenland verliehenen Gelder abzuschreiben. Wenn es keine Schuldenentlastung gibt, sieht der IWF die Notwendigkeit weiterer Reformen und Sparprogramme. Die griechische Regierung wünscht sich natürlich Schuldenentlastung, aber keine neuen Sparmaßnahmen. Die EU-Institutionen wollen keinen Schuldenerlass, wollen aber, dass Griechenland mehr Reformen und andere Maßnahmen umsetzt. Die Frage des 'moral hazard' scheint man beim IWF nicht zu sehen, und auch nicht in Griechenland, wo man gewohnt ist, Probleme entweder weiterschmoren zu lassen oder durch politische Intervention zu lösen. Für unsere europäischen Gläubiger ist dies jedoch ein riesiges Thema; zum Beispiel für Schäuble, der behauptet, wenn man Griechenland eine Schuldenentlastung gewähre, werde es notwendige Reformen unterlassen.“
Ein Schiffer namens Schäuble
Konstandaras sieht deshalb alle Beteiligten in einer Sackgasse: „Die griechische Regierung muss ihre Wähler besänftigen, die ihr schon den Bruch von so vielen Versprechungen verübeln. Aber wenn es keine Vereinbarung mit den Gläubigern gibt, wird es die Stabilität nicht geben, die für unsere ökonomische Erholung notwendig ist. Allerdings sind auch die EU-Institutionen ihren Mitgliedsländern verantwortlich - und deren Regierungen zeigen keinerlei Neigung, ihren Wählern den Erlass der griechischen Schulden ans Herz zu legen." Konstandaras kommt zu dem deprimierenden Schluss, dass weder die Athener Regierung noch die Gläubiger über den Fluss setzen, also zu einer positiven Evaluierung kommen können: „Der kluge Schiffer, der verhindert, dass das Schaf weder das Heu frisst noch vom Wolf gefressen wird - in der europäischen Realität von heute gibt es ihn nicht.“
Aber im Grunde ist alles noch schlimmer. Es gibt ja einen, der sich als der kluge Schiffer sieht, dem der Wolf und das Schaf sich anvertrauen sollen. Das ist der deutsche Finanzminister. Das Problem für Griechenland ist nur, dass Schäuble seine eigene Agenda verfolgt, die am Ende den Grexit vorsieht - oder billigend in Kauf nimmt.
Der IWF als Berater im Boot?
Ein vorläufiger Ausweg aus der Sackgasse könnte die Idee sein, dass der IWF als beratende Institution an Bord bleibt, aber als Finanzier ausscheidet. Sie wird zum Beispiel in der FAZ vom 6. November durchgespielt: Schäuble könnte gegenüber dem Bundestag geltend machen, dass nicht die finanzielle Beteiligung des IWF entscheidend sei, sondern deren Expertise. Dass also der Fonds an Bord bleiben soll, um die strikte Einhaltung der Auflagen zu überwachen.
Für die Regierung Tsipras könnte eine solche Entwicklung bedeuten, dass sie am Ende vor einem bösen Dilemma steht. Wenn ihr geplanter Kurs, der das Land aus dem Memorandum heraussteuern soll, blockiert werden sollte, wird die wirtschaftliche Erholung sich verzögern oder hinter den Erwartungen zurückbleiben. Dies wiederum würde die angestrebte Rückkehr auf die Finanzmärkte sehr kostspielig machen. Damit würde Athen vor einer fatalen Alternative stehen: Finanzielle Souveränität mittels Anleihen zu prohibitiven Zinsen, oder ein neues Unterstützungsprogramm der EU.
Mit anderen Worten: Es würde sich die Frage nach dem „vierten Memorandum“ stellen, das in Athen schon seit Monaten durch die Schreckensszenarien geistert. Die Frage ist nur, ob EU-Europa nach den 2017 anstehenden Wahlen, noch so aussieht, dass ein viertes Memorandum für Griechenland überhaupt zur Debatte steht.
22. Dezember 2016
Anmerkungen
1) Mit 152 Stimmen gegen 146 Stimmen der Oppositionsparteien. Bei den Koalitionsfraktionen fehlte eine Stimme wegen Abwesenheit.
2) Die MWS-Minderung um 30 Prozent gilt zunächst für ein Jahr; begünstigt werden die Inseln Lesbos, Chios, Samos und Samothrake, sowie die Inselgruppe der Dodekanes mit Ausnahme von Rhodos (da diese boomende Touristeninsel fast keine Flüchtlinge beherbergt). Der ursprüngliche Plan der Regierung, alle Inseln von der MWS-Erhöhung auszunehmen, war im Sommer am Einspruch der Gläubiger gescheitert, siehe dazu meinen Text: Herbstlese (II) vom 10. Oktober 2016.
3) So die Darstellung der Athener Zeitung Efimerida ton Syntaktion (EfSyn) vom 15. Dezember.
4) Zitiert nach Kathimerini vom 15. Dezember; ähnlich kritisch äußerte sich auch Frankreichs Finanzminister Sapin.
5) Der Text unter: www.europa-neu-begruenden.de/wp-content/uploads/2015/08/Griechenland-Memorandum-of-Understanding-für-ein-dreijähriges-ESM-Programm.pdf )
6) Das scheint auch ESM-Präsident Regling so zu sehen. Er räumte gegenüber der spanischen Zeitung „El Mundo“ ein, die Haushaltsziele der nächsten Jahre seien durch die Weihnachtsgaben von Tsipras nicht gefährdet. (Bericht in EfSyn vom 17. Dezember).
7) Das Geld war dann allerdings nicht verfügbar, weil die Versteigerung vom höchsten Gericht am 26. Oktober als verfassungswidrig verworfen wurde; zu dem höchst fahrlässig betriebenen Projekt siehe meinen Blog-Text vom 14. Oktober 2016.
8) So auch: Kathimerini vom 21. Dezember.
9) Wird dieser Zeitplan eingehalten, hätte sich die deutsche Position nicht durchgesetzt, wonach die Sperrung der ESM-Maßnahmen erst zum Abschluss der Evaluierung (also wahrscheinlich im März) wieder aufgehoben werden soll.
10) Die letzte Umfrage ermittelte Mitte Dezember, dass nur 32 Prozent für Wahlen und 62 Prozent dagegen sind (EfSyn vom 16. Dezember).
11) Ein Indiz für diese Stimmung ist auch ein Kommentar von Alekos Papachelas, dem wirtschaftsnahen Chefkommentator der Kathimerini, der am 21. Dezember erstmals Neuwahlen als „vernünftigste Lösung“ bezeichnet hat. Bis vor kurzem hatte Papachelas den Vorteil der Tsipras-Regierung darin gesehen, dass sie die „Drecksarbeit“ überfälliger Reformen erledigt, zu der die griechische Rechte keine Lust und keine Kraft hätten.
12) Darauf verweisen Vassilis Ziras und Sotiris Nikas in Kathimerini vom 13. Dezember.
13) EfSyn vom 6. Dezember unter Hinweis auf ein Interview von Stournaras mit dem „Handelsblatt vom 5. Dezember 2016.
14) Die griechische Zentralbank geht von 2,5 Prozent aus, das Wirtschaftsforschungsinstitut IOBE von nur 1,5 bis 2,0 Prozent; Analysten aus dem Privatsektor sehen 0,6 Prozent als Obergrenze für das griechische Wachstum. Siehe Kathimerini vom 11. Oktober und The Guardian vom 2. Oktober 2016.
15) Die Details sind komplizierter und auf S.14 f. des englischen Textes nachzulesen.
16) ) Interview vom 13. Dezember mit „Radio Kokkino“.
17) : Der Schuldenschnitt entwerte die griechischen Papiere um ca. 70 Prozent, wurde aber dennoch als eine günstige Regelung für die Gläubiger erachtet, siehe die Kommentare von Nouriel Rubini und IIF-Direktor Charles Dallara unter: http://www.cnbc.com/id/46651030)
18) In einer Erklärung der EU-Kommission vom 27. Juni 2015 hieß es: „Es bestand die gemeinsame Auffassung aller beteiligten Seiten, dass diese Sitzung der Eurogruppe eine umfassende Übereinkunft über Griechenland erzielen sollte, … welche die künftigen Finanzierungsbedürfnisse wie auch die Tragfähigkeit (viability) der griechischen Schulden beinhalten sollte.“ (zitiert nach Nach Kathimerini vom 28. Juni 2015).
19) Siehe die Darstellung auf diesem Blog vom 14. Juni 2016.