Bizarre Institutionen
Die Abkommen von Dayton und Paris beendeten im Dezember 1995 einen Krieg, der seit April 1992 mindestens 100 000 Tote gefordert hatte. Die Verträge waren ein Kompromiss: Der Staat Bosnien und Herzegowina blieb erhalten, wenn auch um den Preis seiner Aufteilung in zwei „Gebietseinheiten“: die kroatisch-bosniakische Föderation und die serbische Republika Srpska. In einem Anhang wurde eine Übergangsverfassung festgelegt.
Die mit dem Abkommen geschaffenen Institutionen konnten nicht funktionieren, aber der wacklige Kompromiss von Dayton war ja auch nur dazu da, die Kampfhandlungen zu beenden. Das wurde zwar erreicht, doch Bosnien musste fortan mit den kompliziertesten Institutionen der Welt leben. Die meisten staatlichen Aufgaben wurden dezentralisiert und den einzelnen Gebietseinheiten zugeschrieben, wobei sich die kroatisch-bosniakische Föderation noch in zehn Kantone (mit jeweils bosnischer oder kroatischer Bevölkerungsmehrheit) mit eigener Regierung aufgliederte. Damit gibt es in Bosnien-Herzegowina insgesamt dreizehn Regierungen, was natürlich dazu führt, dass in den vielen Gebietseinheiten die herrschenden politisch-ethnischen Cliquen wunderbar in die eigene Tasche wirtschaften können. Über der schwachen Zentralregierung thront ein Präsidium, dessen drei Mitglieder (ein Bosniake, ein Serbe und ein Kroate) sich alle acht Monate im Vorsitz ablösen.
Die „Aufsicht“ über die bosnischen Institutionen liegt beim internationalen Hohen Repräsentanten (HR), den die Europäische Union ernennt. Dieses Amt hat seit Juli 2007 der slowakische Diplomat Miroslav Lajcak inne. Zu seinen Sondervollmachten, den sogenannten Bonner Befugnissen, gehört das Recht, parlamentarisch beschlossene Gesetze für unwirksam zu erklären und Staatsdiener oder Politiker ihrer Ämter zu entheben. Damit agiert er als allmächtiger Gouverneur, dessen Entscheidungen keiner demokratischen Kontrolle unterliegen.
Das Amt des HR war eigentlich nur bis Mitte 2007 vorgesehen. Doch der internationale Friedensimplementierungsrat für Bosnien und Herzegowina (das oberste Kontrollgremium, in dem 55 Länder vertreten sind) beschloss, die internationale Aufsicht zu verlängern. Seitdem wird das Amt des Hohen Repräsentanten aus EU-Haushaltsmitteln finanziert, die eigentlich der Wirtschaftsförderung dienen sollen.